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2004 | Buch

Adaption und Lernen von und in Organisationen

Beiträge aus der Sozionik

herausgegeben von: Michael Florian, Dr., Frank Hillebrandt, Dr.

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Einführung: Sozionische Beiträge zu Adaption und Lernen von und in Organisationen

Einführung: Sozionische Beiträge zu Adaption und Lernen von und in Organisationen
Zusammenfassung
Die Fähigkeit, sich möglichst schnell an stetig wandelnde Anforderungen und an sich offenbar immer dynamischer verändernde Umfeldbedingungen anzupassen, wird heute als eine grundlegende Voraussetzung dafür gesehen, dass Organisationen auf Dauer ihren Fortbestand sichern können. Meist werden Adaption und Lernen als zwei unterscheidbare Modi der Veränderung von Organisationen in Relation zu ihren äußeren und inneren Umwelten gesehen. Der Adaptionsbegriff wird dabei für bloße (eher defensiv angelegte) Veränderungsprozesse und Anpassungsleistungen benutzt, die kein tiefer greifendes Wissen und Verständnis darüber enthalten, wie und warum eine Änderung stattgefunden hat, wieso diese Veränderung überhaupt eine Verbesserung der Umweltbeziehungen im Sinne bestimmter Erfolgskriterien bedeutet und auf welche Weise vorgenommene Modifikationen gegebenenfalls wiederholt oder auch zurückgenommen werden können. Ein emphatischer Lernbegriff dagegen bindet Veränderungen grundsätzlich an einen (zumeist auch intentional) nachvollziehbaren Zugewinn an Wissen, Verständnis und Kompetenzen als Grundlage dafür, dass die verbesserten Aktionschancen zu einer entsprechend geänderten Verhaltensweise führen. Adaption kann aus dieser Sicht auch ohne Lernprozesse erfolgen, während Lernen (vor allem im Sinne einer gezielten oder planmäßigen Modifikation des Verhaltens) zu einer Verbesserung der Adaptabilität einer Organisation beitragen kann.
Michael Florian, Frank Hillebrandt

Soziologie

Frontmatter
Über das Lernen in und von Organisationen: Einblicke in Diskussionen zum Forschungsfeld „organisationales Lernen“
Zusammenfassung
Gemessen an der Vielzahl an wissenschaftlichen (Teil-)Disziplinen, die mittlerweile an der Diskussion über und der Entwicklung von Konzepten „organisational Lernens“(OL) beziehungsweise „lernender Organisationen“(LO) partizipieren (Easterby-Smith/Araujo 1999: 1; Dodgson 1993: 375f.), sowie der wachsenden Anzahl an diesbezüglichen Publikationen erscheint es berechtigt zu behaupten, dass der Thematik in Wissenschaft und Praxis eine enorm hohe Bedeutung beigemessen wird. Vor allem in der anwendungsorientierten Organisationsforschung verzichtet kaum eine Veröffentlichung auf Referenzen zur lernenden Organisation, gilt sie doch als Ausdruck für die Überlebens-, Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit von Organisationen in sich dynamisch verändernden Umwelten (Yeung et al. 1999: 3ff.; Nonaka 1991: 96). Zwar leiten sich dabei sowohl Konzepte zur lernenden Organisation als auch zu organisationalem Lernen aus der Vorstellung ab, dass nicht nur Individuen in der Lage sind, aufgrund von Erfahrungen ihr Verhalten zu ändern, also zu lernen, sondern auch Organisationen die systemimmanente Fähigkeit zu erfahrungsbasierten und selbstreflexiven Lernprozessen aufweisen. Gleichwohl spiegelt die Differenzierung zwischen OL-Konzepten einerseits und LO-Konzepten andererseits keineswegs nur se-mantische Vorlieben der einzelnen Autoren wider.
Tanja Kopp-Malek
Systemevolution und Lernen in der Organisation
Zusammenfassung
Im weiten Feld der organisationstheoretischen Ansätze hat sich in den letzten zwei bis drei Jahrzehnten ein wichtiger Trend der Theorieentwicklung abgezeichnet: Es.fällt auf, dass der wissenschaftliche Blick auf Organisationen zusehends danach forscht, wie sich diese eigenständigen sozialen Gebilde über die Zeit strukturell wandeln. Von Interesse sind nicht mehr so sehr Fragen nach der strukturellen Form, dem Design der Organisation sowie nach dem Passungsverhältnis zwischen den organisationalen Strukturen und der Umwelt der Organisation. Die verschiedenen Spielarten der Kontingenztheorie fanden hierin hauptsächlich ihren empirischen Problembezug der Organisationsanalyse.1 Der Trend der Organisationsforschung richtet sich vielmehr gegen das kontingenztheoreti-sche Konzept von Organisation, das Organisation lediglich als ein statisches Gebilde annehmen konnte. Mit Türk (1989: 51ff.) lässt sich eine „Dynamisierung der Organisationstheorie“ausmachen, eine stärkere theoretische Schwerpunktsetzung auf die Prozessualität der Organisation. Die Organisation gerät als dynamisches Phänomen in den Blick, als ein System, das sich im Laufe der Zeit Wandlungsprozessen unterzieht, die zumeist auf zweierlei Weise theoretisch beschrieben werden: als Evolution und als Lernen. Im Folgenden geht es in aller gebotenen Prägnanz, aber doch theoretisch exakt, darum, diese beiden theoretischen Perspektiven auf den organisationalen Wandel systemtheoretisch auszu-buchstabieren.
Kai Paetow
Organisationales Lernen als soziale Praxis. Der Beitrag von Pierre Bourdieu zum Lernen und Wissen von und in Organisationen
Zusammenfassung
In einschlägigen Publikationen der Organisations- und Managementforschung lässt sich die Beschäftigung mit dem Lernen und Wissen von und in Organisationen unter der Bezeichnung „organizational learning“bis in die 1960er Jahre hinein zurückverfolgen. Es dauerte jedoch noch bis gegen Ende der siebziger und Anfang der achtziger Jahre, bevor das Thema „Organisationales Lernen“und „Organisationslernen“als eigenständiges Label anerkannt und populär wurde, um schließlich im Verlauf der neunziger Jahre eine wahre Hochkonjunktur zu erleben, die bis heute unvermindert anhält.1 Die rasante und inhaltlich dynamische Entwicklung des Forschungsfeldes lässt sich mittlerweile kaum mehr überschauen, worauf die zahlreichen Überblicks-Beiträge hindeuten, so dass selbst erfahrene Chronisten vorsichtig sind mit einer vorschnellen historischen Klassifizierung von gegeneinander unterscheidbaren Entwicklungsphasen (z.B. Berthoin Antal et al. 2001: 925).
Michael Florian, Bettina Fley

Verteilte Künstliche Intelligenz

Frontmatter
„Selbstlernprozesse“ in der Agentenkommunikation
Zusammenfassung
Autonome, intelligente Agenten scheinen ein vielversprechender Ansatz zur Modellierung kommunikativer Systeme in unterschiedlichsten Zusammenhängen zu sein. Dies gilt in den Wirtschaftswissenschaften insbesondere für den elektronischen Geschäftsverkehr (eBusiness) und das computerunterstützte Management von Unternehmenskooperationen. Bei der Unterstützung von Management und Integration von Planungs-, Dispositions- und Steuerungsprozessen können autonome, intelligente Agenten als Unternehmensrepräsentanten behandelt werden (Knirsch & Timm 1999). Dieses fuhrt aber zu neuen Problemen: Gängige Agentenarchitekturen sind primär nicht entwickelt worden, um komplexe Entscheidungs- und Verhandlungsprozesse zwischen autonomen Entscheidungsträgern nachzubilden oder zu unterstützen. Solche Kommunikationen müssen schnell, effektiv und effizient ablaufen. Die einfache Anwendung von standardisierten Kommunikationsabläufen löst diese Aufgabe häufig nur unzureichend. Besonders schwierig gestaltet sich die Aufgabe, wenn die Agenten in wechselnden Umgebungen sich unterschiedlichen Verhaltensweisen der Partner in der Kommunikation anpassen müssen (,,Weltenbummler“-Problem). Deshalb ist es wichtig, neben der Entwicklung von Standards auch ein adaptives Kommunikationsverhalten zu realisieren, das es den Agenten erlaubt, auf Grundlage von Erfahrungen die Protokolle und das Verhandlungsverhalten dynamisch anzupassen (Carron et al. 1999).
Ingo J. Timm
Autonomy Comes at a Price: Performance and Robustness of Multiagent Organizations
Abstract
Market-based approaches have a good tradition for supporting the development of task-assignment multiagent systems. Such systems consist of customer agents that have jobs to assign, and provider agents that have the resources to perform the jobs. Jobs can be complex, requiring the collaboration of several provider agents. We present a set of sociological forms of collaboration between firms that have the potential to increase performance through the structure they impose. This gain of structure, which comes with a loss of autonomy, is especially valuable in settings where communication is limited, which is an appropriate assumption in large-scale applications. We empirically evaluate these organizational forms according to the amount of communication required and the rate of failed task-assignments. Furthermore, we investigate the behaviour of each form in the face of agents dropping out during runtime and compare them to settings without organizational forms.
Michael Schillo, Tore Knabe, Klaus Fischer
Simulation von Selbstorganisation und Evolution in Multiagentensystemen
Zusammenfassung
Multiagentensysteme mit ihren autonomen Akteuren und zahlreichen Interaktionen sind weder einfach zu verstehen noch ad hoc zu entwickeln. Effekte von nicht betrachteten Nebenläufigkeiten, undurchsichtige Rückkopplungsschleifen, verteiltes, mehr oder weniger konsistentes Wissen in den Agenten erschweren die Analyse von natürlichen und das Design von künstlichen Multiagentensystemen. Der Mikro-Makro-Link wird von emergenten Phänomenen beherrscht, die eine analytische Untersuchung auf Gesamtsystemebene erschweren oder sogar verhindern. Aus vielerlei Gründen ist Simulation das Mittel der Wahl, um natürliche Multiagentensysteme zu untersuchen, bei emergenten Phänomenen oft sogar das einzige Mittel (Darley, 1994). Das Modellsystem ist beliebig zugänglich und manipulierbar, Teilsysteme sind beobachtbar und die Komplexität des untersuchten Modells lässt sich iterativ steigern, um relevante Einflussfaktoren genauer zu analysieren oder auch um das Modellsystem ausführlich testen zu können. Multiagentensimulation hat dabei den Vorteil, dass insbesondere Adap-tivität im Verhalten auf unterschiedlichen Ebenen abbildbar ist. Dies gilt sowohl für flexibles Verhalten auf Agentenebene (Klügl et al, 2001), aber auch für Modifikationen im Verhaltensprogramm einer ganzen Population. In diesem Beitrag soll gezeigt werden, wie Simulation von Selbstorganisation und Evolution umgesetzt werden können.
Franziska Klügl

Sozionik und Sozialsimulation

Frontmatter
Die Simulation von Lernen in Innovationsnetzwerken
Zusammenfassung
In diesem Beitrag stellen wir ein Multiagenten-System vor, welches das Lernverhalten von Akteuren in sogenannten Innovationsnetzwerken simuliert (vgl. Gilbert/Pyka/Ahrweiler 2003). Die Akteure, in unserem Modell meist Firmen, versuchen, in Auseinandersetzung mit sich ständig ändernden technologischen und ökonomischen Umweltanforderungen ihre Innovationsleistungen zu optimieren. Dabei kann ein einzelnes Unternehmen externe Ressourcen nutzen, welche allerdings oft auch Konkurrenten zur Verfügung stehen, sowie auf interne Ressourcen zurückgreifen, die jedoch in ihrer Verteilung auch bei den Konkurrenten zu finden sind. Hier kommt es für die einzelne Firma darauf an, die zur Verfügung stehenden Ressourcen kreativer und intelligenter zu nutzen, als es den Konkurrenten möglich ist. Um solche Konkurrenzvorteile zu erhalten, müssen Firmen ständig lernbereit sein und zwischen verschiedenen Möglichkeiten, sich in Lernaktivitäten zu engagieren, wählen.
Petra Ahrweiler, Andreas Pyka, Nigel Gilbert
Sozialsimulation, Gabentausch und soziales Lernen. Konzeptionelle Überlegungen aus der Sozionik
Zusammenfassung
Tauschvorgänge gelten traditionell als wichtiges Thema der Soziologie. Sie firmieren dabei häufig als die operative Basis der ökonomischen Praxis. Der Tausch wird deshalb in der Regel nicht als Ausgangspunkt für soziale Lernprozesse verstanden, sondern als selbstverständliche Praxisform der Ökonomie, der sich in Gewinn und Verlust aufrechnen lässt. Betrachtet man jedoch neben dem die Ökonomie scheinbar beherrschenden Äquivalententausch weitere Formen der Tauschpraxis, ergibt sich schnell ein anderes Bild. Tauschvorgänge sind unter bestimmten Bedingungen Ausgangspunkte für soziale Lernprozesse in und zwischen Organisationen. Zur Aufklärung dieses Zusammenhangs muss eine Soziologie des Tausches nach Mechanismen suchen, die unterschiedliche Tauschbeziehungen erklären können. Dann wird es möglich, die Unterschiede zwischen verschiedenen Formen der Praxis des Tauschens zu charakterisieren. Dies wollen wir im Folgenden am Beispiel des Gabentausches illustrieren, indem wir ihn mit Hilfe der Praxistheorie, wie sie von Bourdieu formuliert wird, vom Äquivalententausch unterscheiden. Darüber hinaus wollen wir verdeutlichen, unter welchen Bedingungen der Gabentausch als Ausgangspunkt und Ausdrucksform für soziale Lernprozesse in und zwischen Organisationen des ökonomischen Feldes angesehen werden kann.
Frank Hillebrandt, Daniela Spresny, Matthias Hambsch
Backmatter
Metadaten
Titel
Adaption und Lernen von und in Organisationen
herausgegeben von
Michael Florian, Dr.
Frank Hillebrandt, Dr.
Copyright-Jahr
2004
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-322-80530-0
Print ISBN
978-3-531-14164-0
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-322-80530-0