2002 | OriginalPaper | Buchkapitel
Anomie/Entfremdung
verfasst von : Helmut Klages
Erschienen in: Handwörterbuch zur politischen Kultur der Bundesrepublik Deutschland
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Enthalten in: Professional Book Archive
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Herkunft und Entwicklungsgeschichte beider Begriffe sind unterschiedlich. Sie haben sich jedoch im Zuge ihrer sozialwissenschaftlichen Verwendung einander angenähert und weisen heute zentrale gemeinsame Dimensionen auf, so daß es gerechtfertigt erscheint, sie im Rahmen eines Stichworts gemeinsam zu behandeln. Grob gesagt bezieht sich der Begriff Anomie (A.) auf Zustände gesellschaftlicher Normenlosigkeit und mangelnder sozialer Ordnung, wie auch auf die — als problematisch vorausgesetzte — subjektive Befindlichkeit von Individuen unter solchen Bedingungen. Der Begriff Entfremdung (E.) zielt demgegenüber auf Diskrepanzen zwischen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und individuellen Wünschen, Werten, Bedürfnissen, oder Erwartungen, sowie auf hiermit zusammenhängende subjektive Befindlichkeitsfolgen. Die Überschneidungszone der beiden Begriffe ist dementsprechend in der Beschreibung negativer subjektiver Erlebnis- und Erfahrungssachverhalte, wie auch pathogener psychischer Problemlagen zu suchen, deren Kausalität in gesellschaftlichen Verursachungsfeldern verortbar ist. Innerhalb dieser Überschneidungszone erscheint eine Trennung der beiden Begriffe wenig sinnvoll, da die Phänomene, um die es geht (Angst, Isolation, Deprivation, Streß, Depression, Gefühle der Ohnmacht und Sinnlosigkeit, Orientierungslosigkeit, Frustration, Aggressivität, abweichendes Verhalten, Kriminalität) in der Literatur der beteiligten Disziplinen (Soziologie, Politische Wissenschaft, Sozialpsychologie) meist ohne deutlich erkennbare Schwerpunktbildung wahlweise den beiden Begriffen zugeordnet werden.