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30.04.2015 | Automobil + Motoren | Nachricht | Online-Artikel

Software zeigt Ladelast in Stromnetzen

verfasst von: Christiane Brünglinghaus

3:30 Min. Lesedauer

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Elektromobilität braucht leistungsfähige Stromnetze. Doch die aktuellen Leitungen sind für die kommenden Lasten nicht ausgelegt. Fraunhofer-Forscher haben daher einen Software-Prototyp entwickelt. Dieser soll Netzbetreibern künftig anzeigen, wie viele E-Autos sich an ihr Ortsnetz anschließen lassen.

Die Niederspannungsnetze der Haushalte sind nicht für Lasten ausgelegt, die entstehen, wenn E-Mobile zuhause mit Strom aufgeladen werden. "Ein Fahrzeug benötigt bis zu 22 Kilowatt. Falls mehrere Autos gleichzeitig laden, erreichen aktuelle Netze schnell die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit", sagt Dr. Michael Agsten vom Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB, Institutsteil Angewandte Systemtechnik AST in Ilmenau.

Der Wissenschaftler hat zusammen mit seinem Team eine Software entwickelt, die Netzbetreibern anzeigt, wie viel Ladelast ihr Niederspannungsnetz verträgt. Das lasse Rückschlüsse darauf zu, wie viele Elektrofahrzeuge angeschlossen werden können, ohne dass Grenzwerte verletzt werden. Ein Prototyp ist während des Projekts "Gesteuertes Laden 3.0" entstanden, das vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) gefördert wird. "Die IT-Plattform funktioniert mit Testdaten im Labor bereits sehr gut. Im nächsten Schritt wollen wir reale Verteilernetze analysieren", so Agsten.

Simulation mit Monte-Carlo-Methode

Die Software bildet nach, wie viele Ladevorgänge sich realisieren lassen, ohne dass die vorgeschriebenen normativen oder betrieblichen Grenzwerte verletzt werden, erklären die Forscher. Üblicherweise werden 150 und mehr Haushalte von einer Ortsnetzstation versorgt. Unter der Annahme, dass ein Teil der Haushalte zukünftig ein E-Mobil besitzen wird und dieses zu einer beliebigen Zeit lädt, entstehe eine unvorstellbar hohe Zahl an Ladeszenarien. Der Grund: Es ist schlicht nicht vorsehbar, welcher Haushalt zu welchem Zeitpunkt ein Elektrofahrzeug laden wird. "Es ist unmöglich, das in adäquater Zeit auszurechnen", so Agsten.

Die Forscher simulierten ihr Modell deshalb mit der "Monte-Carlo-Methode", einem Verfahren aus der Stochastik. Dabei wird versucht, eine möglichst heterogene Gruppe von Kombinationen zu erzeugen. Deren Anzahl ist wesentlich kleiner, als die Gesamtzahl aller möglichen Kombinationen. "1000 bis 10.000 Fälle lassen sich schneller analysieren und ergeben trotzdem einen sehr guten Näherungswert", sagt Agsten. Innerhalb weniger Sekunden soll die Software anzeigen, wie hoch das Überlastungsrisiko ist und wie viel E-Mobile in einem Ortsnetz gleichzeitig geladen werden können.

Laden der Elektrofahrzeuge war bislang nicht eingeplant

Mit den Grenzwerten schützen die Verteilnetzbetreiber ihre elektrischen Netze vor langfristigen Schäden und akuten Ausfällen. In Deutschland gibt es laut den Wissenschaftlern etwa 560.000 Ortsnetze, die auf circa 800 Verteilernetzbetreiber aufgeteilt sind. Jeder Betreiber ist für den zuverlässigen und stabilen Betrieb seines Verteiler- und Ortsnetzes verantwortlich und muss im Bedarfsfall durch Maßnahmen wie den Ausbau und intelligente Steuerung die notwendigen Kapazitäten bereitstellen. Um manuell auszurechnen, wie viel E-Mobile jedes einzelne Netz verträgt, haben die Unternehmen nicht genug Personal. Das wäre darüber hinaus auch mit einem hohen wirtschaftlichen Aufwand verbunden. Wie oft und wie viele Haushaltsgeräte wie Waschmaschinen, Herde, Fernseher oder Computer gleichzeitig angeschaltet sein dürfen, war nach Angaben der Forscher schnell berechnet. Nur in Ausnahmefällen wurden die üblichen Obergrenzen - je Hausanschluss bis zu 44 KW/63A - erreicht.

Das Laden der Elektrofahrzeuge war jedoch bisher nicht eingeplant. "Das führt zu signifikant höheren Lasten bei den betreffenden Haushalten und das Problem verschärft sich, wenn mehrere E-Mobile zu unterschiedlichen Zeiten zuhause geladen werden", so Agsten. Die Kennwerte Spannungshaltung, thermische Belastung der Betriebsmittel und Unsymmetrie der Spannung verändern sich in Abhängigkeit der zeitlich und räumlich verteilten, volatilen Last durch Elektrofahrzeuge. Mit jedem weiteren Elektrofahrzeug vergrößere sich die Anzahl möglicher Kombinationen zeitlich und räumlich verteilter gleichzeitiger Ladesituationen. Die aktuellen Abläufe der Prüfung und Installation könnten nicht alle Randbedingungen vor Ort berücksichtigen. "Bei einem stetigen Wachstum ist es für die Netzbetreiber zukünftig wichtig, frühzeitig zu wissen, wie viel Spielraum noch zur Verfügung steht. Andernfalls werden sie es nur dann erfahren, wenn sich ihre Kunden bei Problemen direkt melden", sagt Agsten.

Die Plattform des IOSB setzt am Niederspannungsnetz an, der untersten Ebene des elektrischen Übertragungs- und Verteilernetzes. Es verbindet die Steckdosen der Haushalte über mehrere Netzstufen mit den Hoch- und Höchstspannungsnetzen, in welchen ein weiter steigender Anteil an fluktuierenden erneuerbaren Energien zu erwarten ist. E-Mobile könnten diese Schwankungen ausgleichen, denn sie lassen sich auch als Stromspeicher nutzen. "Aber nur, wenn das Stromnetz ihren Anschluss zulässt", so Agsten.

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