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13.11.2013 | Automobil + Motoren | Nachricht | Online-Artikel

Mit Kia nach Korea: durch Seoul mit dem Elektroauto Soul EV

verfasst von: Michael Reichenbach

9:30 Min. Lesedauer

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In der letzten Oktoberwoche 2013 hat Kia in einer Vorabpräsentation für deutsche Journalisten zwei Prototypen des Soul EV zur Verfügung gestellt. Diese konnten mit dem Elektrokleinwagen Kia Ray EV verglichen werden. Dies jedoch nicht in Deutschland, sondern im Heimatland des Herstellers: in Korea. Bei ersten Testfahrten über Stadt-, Land- und Autostraßen rund um Seoul konnten sich die Journalisten - vertreten war auch die Redaktion ATZ - vom hohen Reifegrad der Entwicklung überzeugen.

Während manche OEMs noch zögern, setzt Kia Motors voll auf die Elektromobilität. Der südkoreanische Automobilhersteller entwickelt dafür das bekannte Crossover-Modell Soul weiter und bietet es als reine Elektrovariante an. Dieser Soul EV weist 81 kW Motorleistung und eine 27-kWh-Batterie auf, die auf der Lithium-Ionen-Polymer-Technik basiert. Kia wird in der zweiten Jahreshälfte 2014 die vollelektrische Version international in den Handel bringen. Der Kia Soul EV wird somit das erste rein elektrisch betriebene Serienmodell sein, das die Marke außerhalb Koreas anbietet. Zuvor war in 2011 für den lokalen Markt Südkorea der Kleinwagen Ray EV in einer Stückzahl von 2500 für Behörden und neuerdings Carsharing auf den Markt gekommen.

Elektrovariante mit 200 km Reichweite

Das für den Alltagsgebrauch zugeschnittene Elektrofahrzeug zeigt sich aufgrund seiner hohen Reichweite zum Beispiel für Pendler in Ballungsräumen gut geeignet. Die Hochleistungsbatterie im Soul EV mit Lithium-Ionen-Polymer-Technik (LiPoly) ermöglicht mit einer Akkuladung eine Reichweite von über 200 km. BMW gibt für sein Vorzeige-Elektroauto i3 nur 140 km an. Ist der Soul EV vollständig entladen, dauert der Ladevorgang an einem 240-V-Standardanschluss etwa 5 h (bei 110 V rund 24 h). An einer Schnellladestation (100 kW) lässt sich der Akku in nur 25 min zu 80 Prozent aufladen. Die Batterie ist platzsparend im Unterboden ohne Beschränkung des Innenraumvolumens untergebracht. Diese Möglichkeit war auch der Grund, warum der Soul aus der Kia-Modellpalette ausgewählt wurde, ein Elektroauto zu werden. Für die Batterie ist ein spezielles Heiz- und Kühlsystem vorgesehen. Es reduziert die Schnellladezeit um 50 min bei Außentemperaturen um -20 °C. Somit wird das Laden und Entladen der Batterie effizienter.

Flotte getarnter Prototypen

Im Vorfeld der Serienproduktion, die 2014 beginnt, durchläuft zurzeit eine Flotte von getarnten Prototypen des neuen Modells ein umfangreiches Testprogramm in Europa und Nordamerika sowie im zentralen Forschungs- und Entwicklungszentrum von Kia im koreanischen Namyang. Diese frontgetriebenen Prototypen basieren auf modifizierten Versionen des neuen Kia Soul und verfügen über einen permanentmagneterregten Elektromotor, der eine Leistung von 81,4 kW und ein Drehmoment von 285 Nm mobilisiert. Die Anzahl der teuren Permanentmagnete konnten durch eine Mehrlagenbauweise reduziert werden, wodurch auch das Geräusch (NVH) gesenkt wurde.

Soul EV fährt sich wie ein normales Auto

Wie fährt sich nun ein Elektroauto, also der Soul EV? Zunächst einmal ganz unspektakulär wie ein normales Auto auch. Und das war von den Kia-Entwicklern auch so gewollt, man soll sich gleich heimisch fühlen. Nach dem bequemen Einsteigen erfolgt der Spurt aus dem Stand eine Spur kraftvoller als beim Benziner. Anders ist natürlich auch die Anzeige im Cockpit mit Nennung des Ladezustands und restlicher Reichweite. Die Kraftübertragung auf die Vorderräder erfolgt über ein Ein-Gang-Getriebe mit fixer Übersetzung; die Räder bringt man sogar zum Durchdrehen beim Ampelstart. Nach vorläufigen Messungen beschleunige der Soul EV in weniger als 12 s aus dem Stand auf 100 km/h und erreiche eine Höchstgeschwindigkeit von etwa 145 km/h. Dies konnten wir auf den koreanischen Autobahnen mit Tempolimit 110 km/ h nicht verifizieren.

Die Effizienz des Kia Soul EV wird durch das regenerative Bremssystem erhöht, sodass die Reichweite gegenüber dem Ray um drei Prozent verbessert wurde. Eine sinnvolle Sache, aber bei den Testfahrten rund um Seoul zeigte sich, dass der Bremseffekt durch Rekuperieren durchaus stärker hätte sein können. So fährt man an eine rote Ampel heran, geht vom Fahrpedal, tippt wie gewohnt leicht auf die Bremse, merkt aber, dass die Bremswirkung zu schwach ist, und muss dann um so stärker das Bremspedal treten, um rechtzeitig zum Stehen zu kommen. Aber die Auslegung der Steuerungstechnik mit der Balance zwischen Rekuperieren und mechanischen Bremsungen ist ja noch im Prototypenstand. Bis zum Serienproduktionsstart wird sie sicher noch verbessert.

Lesen Sie mehr auf Seite 2.

Teil 2: Mit Kia nach Korea: der Kia Ray EV, ein emissionsfreies und temperamentvolles Stadtauto

Teil 3: Mit Kia nach Korea: Ovalbahn im Forschungszentrum ermöglicht Tests unter härtesten Bedingungen

Teil 4: Mit Kia nach Korea: K7 und K9 für die Oberklasse

Soul und Soul EV basieren auf neuer Plattform

Der herkömmliche Soul und der Soul EV basieren nun auf einer völlig neuen Plattform (angelehnt an die des aktuellen Ceed) mit längerem Radstand (2,57 m; der Ceed misst 2,65 m) mit einer um 29 Prozent steiferen Karosserie und einer überarbeitete Radaufhängung. Das Resultat sind deutliche Verbesserungen bei Fahreigenschaften sowie ein ausgereiftes, ruhiges Straßenverhalten. Diese Vorteile bei Handling und Kultiviertheit merkt man dem Soul EV gegenüber dem doch etwas rumpligen Ray deutlich an.

Der Kia Soul EV wird unter anderem mit LED-Tagfahrlicht, LED-Rückleuchten und aerodynamisch geformten 16-Zoll-Leichtmetallfelgen angeboten werden. Zur Innenausstattung gehören eine spezielle Supervision-Instrumentenanzeige und eine Zentralkonsole mit 8-Zoll-Display. Passend zum umweltfreundlichen Charakter des Fahrzeugs werden die Interieur-Elemente und -Verkleidungen zum großen Teil aus Recycling-Materialien bestehen, darunter Kunst- und Schaumstoffe, Sitzbezüge und PET-Filz (Bio-PET aus Zuckerrohr und Biopolyester aus Getreide). Hinzu kommen Komponenten aus organischen Schaumstoffen (Bio-Polyurethan auf Palmölbasis), die besonders wenige flüchtige Bestandteile enthalten, sowie neu entwickelte, antibakterielle Materialien und Farben.

Im Jahr 2012 wurden vom herkömmlichen Kia Soul in Deutschland 1041 Einheiten verkauft. Von Januar bis Oktober 2013 fanden 479 Exemplare einen Käufer. Zum Vergleich wurde der Ceed, das bestverkaufte Modell im Kia-Haus, 13.902-mal in 2012 verkauft. Gefertigt wird das Crossover-Modell Soul mit traditionellem Antrieb im koreanischen Werk Gwangju. Da auch beim Ray die Elektro- und die Benzinervariante auf einer Linie laufen, ist dies auch für den Soul EV zu erwarten. Über den Preis schweigt sich Thomas Oh, Thomas Oh, Executive Vice President und COO der Kia Motors Corporation in Seoul, noch aus; er wird aber sicher unter den 34.950 Euro des BMW i3 sein müssen.

Design ausgezeichnet

Die erste Studie zum Kultauto Soul wurde 2006 auf der Naias in Detroit präsentiert, sie sorgte in Designerkreisen für Furore, gewannt später den Red Dot Design Award. Das Fahrzeug war im B-Segment positioniert. Auf dem Genfer Automobilsalon 2008 stand das Lifestyle-Modell als seriennahes Konzeptfahrzeug. Nach einem Facelift 2010 überarbeitete Peter Schreyer, Chefdesigner von Kia, den Soul für zweite Generation, sodass er dank Änderungen des Außendesigns jetzt selbstbewusster auftritt. Das Design ist durch die Studie Kia Trackster inspiriert, die erstmals auf der Chicago Auto Show 2012 und dann auf der IAA 2013 als Europapremiere vorgestellt wurde. Der Soul der zweiten Generation basiert auf der Ceed-Plattform und ist von den Abmessungen her dem C-Segment nahegerückt. Die neuen Designelemente betonen die Breite der Fahrzeugbasis und lassen das Crossover-Modell besonders standfest wirken. Dazu trägt auch die gestreckte Front bei. Die neue Elektrovariante wird sich wahrscheinlich äußerlich nur durch Zierteile in hellem Metallicblau vom normalen Soul unterscheiden.

Melodie warnt die Passanten in der verkehrsberuhigten Zone

Da beim Kia Soul EV das herkömmliche Motorgeräusch wegfällt und zudem spezielle schalldämmende Materialien zum Einsatz kommen, wird sich der Innenraum der Serienversion durch einen extrem niedrigen Geräuschpegel auszeichnen. Die Insassen kommen damit in den Genuss einer Fahrkultur, die sich sonst nur in Fahrzeugen des Premiumsegments findet. Auch für die Außenwelt bewegt sich der Kia Soul EV vor allem bei niedrigen Geschwindigkeiten nahezu geräuschlos. Zum Schutz von Fußgängern wird er daher über ein künstliches Motorgeräusch (Virtual Engine Sound System, VESS, wie beim Kia Ray) verfügen, das bei Geschwindigkeiten von unter 20 km/h aktiviert wird und ein bisschen wie eine Kindermelodie klingt. Beim Rückwärtsfahren ertönt ein leises Piepen - wie bei einem kleinen Lastwagen, wenn er zurücksetzt.

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Teil 2: Mit Kia nach Korea: der Kia Ray EV, ein emissionsfreies und temperamentvolles Stadtauto

Teil 3: Mit Kia nach Korea: Ovalbahn im Forschungszentrum ermöglicht Tests unter härtesten Bedingungen

Teil 4: Mit Kia nach Korea: K7 und K9 für die Oberklasse

In Sachen Elektro erfahren

Erfahrungen hat Kia schon reichlich, wenn es um das Thema Elektroauto geht. In schnellen Schritten wurden seit 1991 mehrere Elektroprototypen entwickelt, die letzten von Venga, Ray und nun Soul. Zusammen mit der Konzernschwester Hyundai ist man seit über 20 Jahren in der Elektromobilität aktiv. Die Arbeit an dieser Antriebsalternative begann Hyundai zu Beginn der 1990er-Jahre mit einem Elektrofahrzeug auf Basis der Mittelklasselimousine Sonata. Besaß der Sonata EV (Electric Vehicle) noch eine Blei-Säure-Batterie, zeichnete den Nachfolger 1993 eine sowohl umweltfreundlichere als auch leistungsstärkere Nickel-Metall-Hydrid-Batterie aus. Mit dem i10 BlueOn stellte Hyundai im Herbst 2010 ein weiteres rein elektrisch betriebenes Fahrzeug des Konzerns vor. Dieser Kleinwagen hat mit einer Lithium-Ionen-Polymer-Batterie aus dem Hause SK Energy eine Reichweite von 130 km, in die Entwicklung wurden rund 27 Millionen Euro investiert. Die Batterie hat eine Kapazität von 16,4 kWh. Der Elektromotor kommt bei einem Drehmoment von 210 Nm auf eine Leistung von 61 kW. Die Stückzahl des Prototyps war auf eine Testflotte von 30 Fahrzeugen bei Regierungseinrichtungen und Behörden beschränkt. Eigentlich sollte bis Ende 2012 eine Produktion von 2500 Einheiten abgeschlossen und ab Ende 2013 in Serie hergestellt werden.

Mit der Elektroauto-Studie Kia Venga EV (Weltpremiere: Genfer Autosalon 2010) begann für Kia ein neues Kapitel. Der Elektroauto-Prototyp basierte auf der Serienversion des Mini-MPV und war mit einem 80 kW starken Elektromotor ausgerüstet, der ein maximales Drehmoment von 280 Nm liefert. Gespeist wurde der Motor durch eine Batterie mit 24 kWh Kapazität. Dieser "Twin-Pack"-Akku arbeitet mit der Lithium-Ionen-Polymer-Technik, die dem Venga EV eine Reichweite von 180 km ermöglicht.

Gegenüber anderen Batterietypen bietet die Lithium-Ionen-Polymer-Technik verschiedene Vorteile. Sie hat zwar eine geringere Energiedichte, Kia betont aber, dass dadurch auch die Brandgefahr geringer sei. Dies ist in Zeiten ein wichtiger Faktor, wo zum Beispiel Tesla innerhalb weniger Wochen den dritten Brand eines Model S zu beklagen hatte. Für die Batteriesicherheit bei Brand und Crash hat Kia ein Vier-Ebenen-Modell aufgesetzt, das Vorgänge in der Zelle bis hin zu Prozessen im Fahrzeug kontrolliert.

Tipp der Redaktion Automobil- und Motorentechnik:

Lesen Sie zu diesem Thema auch weitere Teile unseres Reiseberichts nach Korea: beispielsweise über den Kia Ray EV sowie in Kürze über das Entwicklungszentrum in Namyang und über zwei neue Oberklassen-Limousinen für den koreanischen Markt.

Teil 2: Mit Kia nach Korea: der Kia Ray EV, ein emissionsfreies und temperamentvolles Stadtauto

Teil 3: Mit Kia nach Korea: Ovalbahn im Forschungszentrum ermöglicht Tests unter härtesten Bedingungen

Teil 4: Mit Kia nach Korea: K7 und K9 für die Oberklasse

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