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2003 | Buch

Beiträge zur ökonomischen Theorie im Öffentlichen Recht

herausgegeben von: Dr. iur. Lic.rer.pol. Anne van Aaken, Stefanie Schmid-Lübbert, Dipl.-Volkswirtin

Verlag: Deutscher Universitätsverlag

Buchreihe : Ökonomische Analyse des Rechts

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Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Anwendungen

Konstitutionelle Ökonomie des GATT/WTO-Rechts
Zusammenfassung
Das 1995 in Kraft getretenen Übereinkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO) enthält in seinen Anhängen multilaterale Übereinkommen über den Waren- und Dienstleistungshandel und handelsbezogene Aspekte des geistigen Eigentums. Die WTO zählt inzwischen 144 Mitglieder2. Durch die 2001 erfolgte Aufnahme Chinas und die Beitrittsverhandlungen mit Russland und knapp 30 weiteren Staaten kann das WTO-Recht daher in naher Zukunft als universelles Regelwerk für den internationalen Handel angesehen werden. Dies rechtfertigt das steigende wissenschaftliche und öffentliche Interesse an seiner Struktur und seinen Wirkungsmechanismen. Bereits unter dem Vorgängerregime der WTO, dem GATT 1947 (General Agreement on Tariffs and Trade), spielte die Analyse des Welthandelsrechts mit den Methoden der konstitutionellen Ökonomie (constitutional economics) eine zentrale Rolle in der wissenschaftlichen Diskussion3. Sie hat in verfassungs- und völkerrechtliche Auseinandersetzungen mit dem WTO-Recht Eingang gefunden und liegt vielen rechtlichen Bewertungen des GATT/WTO-Systems sowohl explizit als auch implizit zu Grunde (Petersmann 1991, Stoll 1997).
Markus Krajewski
Constitutional Economics and the Federal Constitution of the European Union
Abstract
Since the creation of a Political Union with the Maastricht Treaty of 1992, both politicians and legal scholars have often stressed the necessity to create a Constitution for the European Union. The debate has recently reached its peak with the “Convention on the Future of Europe” launched in 2002. Among other issues, the Convention is expected to elaborate a proposal for a Constitution of the European Union. For the European Union as an international federal system the constitutional question is different from the analysis of historically grown national constitutions. This paper demonstrates what economics can contribute to the discussion of a Constitution for the European Union. Using insights from Constitutional Economics we develop an analytical framework for investigating constitutional rules (Treaty provisions) of the European Union, and apply it to the specific problem of the constitutional assignment of competences between Member States and the European Union. Based on a simple model we show how insights from (Positive) Constitutional Economics can provide arguments for or against the centralization of specific policy fields, and thus a basis for recommendations concerning institutional reform in the EU.
Stefanie Schmid-Lübbert
Zum Wandel der Kriterien europäischer Entscheidungsfindung: Vom Binnenmarkt zur politischen Union
Zusammenfassung
Nachfolgende Überlegungen zur ökonomischen Analyse der Europäischen Verfassung zeichnen in einem ersten Schritt die Entscheidungsstrukturen der Europäischen Union nach und leiten hieraus einen Wandel der maßgeblichen Kriterien europäischer Entscheidungsfindung ab. Die festgestellten Unterschiede zwischen der technisch-bürokratischen Regelungsstruktur des Binnenmarkts und der Demokratie der politischen Union sind ein wichtiger Faktor bei einer positiven ökonomischen Analyse einzelner Entscheidungsfindungsprozesse (2). In einem zweiten Schritt sollen die Eckpfeiler einer europäischen Verfassungstheorie vorgestellt werden. Der Vergleich mit klassischen staatlichen Verfassungen wird zu dem Ergebnis führen, dass eine normative ökonomische Analyse nach den Maßstäben der Verfassungsökonomik auf die Europäische Union dieselben Kriterien anwenden kann wie auf der Ebene des Nationalstaats. Dies gilt etwa für die Frage der Kompetenzabgrenzung, welche den gegenwärtigen europäischen Verfassungsdiskurs maßgeblich prägt (3).
Daniel Thym
Wirtschaftstheorie statt wirtschaftlicher Betrachtungsweise — Zur Rolle der Ökonomik im Steuerrecht
Zusammenfassung
Wer im Steuerrecht das Schlagwort, Wirtschaft’ hört, denkt unwillkürlich an vergangene Auseinandersetzungen zum Thema, wirtschaftliche Betrachtungsweise’. Lange ist unter diesem Schlagwort ein erbitterter Streit darüber geführt worden, ob sich das Steuerrecht akzessorisch an zivilrechtliche Begrifflichkeiten anzulehnen hat oder ob es ein autonomes Teilrechtsgebiet darstellt.1 Enno Becker, der die Abgabenordnung 1918/19 im Alleingang schrieb,2 nahm in § 4 AO eine Klausel auf,3 nach der bei der Auslegung der Steuergesetze auch die wirtschaftliche Bedeutung zu beachten war. Dessen Sinn war aber nicht, ökonomische Modelle zu rezipieren; vielmehr sollte im Anschluß an Rudolf von Jhering (1865: 302) ein allgemeines Korrektiv geschaffen werden zum „bloß zufälligen formalen Erscheinungsbild“ als Ergebnis der Anknüpfung an zivilrechtliche Begrifflichkeiten. Der Richter solle nicht von den Begriffen ausgehen und die Wirklichkeit in seine Begriffe pressen, sondern er müsse von den Dingen ausgehen, die Sache selber erfassen. Er müsse Augen für die Wirklichkeit, für die wirkliche Bedeutung der Dinge haben, so daß die „Lebenswirklichkeit“ oder auch „das wirtschaftliche Ist“ erfaßt würde.4 Kurz zusammenfassend läßt sich diese Position beschreiben mit dem im englischen Steuerrechtsdiskurs gebräuchlichen Schlagwort ,Substance over Form’.5 Nach den Mißbräuchen während der NS-Zeit6 entstand die Gegenposition, die zwecks Rechts-Sicherheit und Sicherung der „Einheit der Rechtsordnung“ von einem Primat des Zivilrechts ausging.7 Mittlerweile hingegen ist weithin anerkannt, daß die wirtschaftliche Betrachtungsweise nichts anderes ist als eine Spielart der objektiv-teleologischen Auslegung zur Ermöglichung einer Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.8
Roland Ismer

Grundlagen

Normative Grundlagen der ökonomischen Theorie im öffentlichen Recht
Zusammenfassung
Die ökonomische Theorie des Rechts untersucht das Recht mit ökonomischen Methoden im Hinblick auf seine Anreizwirkungen, prognostiziert seine Folgen und macht zumeist auch normative Aussagen darüber, wie Recht gestaltet sein sollte, um „effizient“ zu sein.
Anne van Aaken
Der Konsensbegriff in Vertrags- und Diskurstheorien
Zusammenfassung
Wer in unseren Breitengraden an Verträge denkt, sieht sich in der Warteschlange im Supermarkt. Die vertraute Situation an der Ladenkasse offenbart die Alltäglichkeit von Konsensen, d.h. der Einigung aller Beteiligten, die als ein zentraler und, wie es zunächst scheint, verbindender Baustein in Vertrags- wie auch Diskurstheorien fungiert2. Bestünde diese Gemeinsamkeit tatsächlich, so würde sich darin eine Chance bieten, um zwischen den bisher unversöhnlichen Forschungsrichtungen der rationalen Entscheidung einerseits (rational choice), also demjenigen Paradigma, das diverse Strömungen der ökonomischen Theorie nach wie vor eint, und diskursiver Rechtsbegründung andererseits, verstanden als Basistheorie des demokratischen Verfassungsstaates3, zu vermitteln. Bei genauerer Betrachtung entpuppt sich das vermeintlich Gemeinsame und Verbindende aber als trügerisch. Die Theoriegruppen unterscheiden sich nicht nur grundlegend in ihrem Konsensverständnis, sondern der Konsens spielt im normativen Begründungsprogramm der Theorien auch eine weit weniger tragende Rolle als es deren Kennzeichnung als ‘Konsenstheorien’ zunächst vermuten läßt. Beginnend mit der Situation an der Ladenkasse soll diese konvergenzskeptischen These im folgenden belegt werden.
Axel Tschentscher
Die Abwägung konfligierender Interessen in Recht und Wohlfahrtstheorie
Zusammenfassung
Das Abwägen widerstreitender Interessen ist aus der juristischen Tätigkeit nicht wegzudenken. Schon früh wurde dies durch die blinde Iustitia mit Schwert und Waage versinnbildlicht.1 Doch herrscht über den Gehalt des als Abwägungsvorgang bezeichneten Prozess keineswegs Klarheit. Im folgenden wird den verschiedenen dem Abwägen gewidmeten rechtlichen Instituten unter der Fragestellung nachgegangen, wie sie sich aus Sicht der Wohlfahrtstheorie begreifen lassen. Vor allem soll dargelegt werden, dass sich Juristen bei der Abwägung in auffälliger Parallelität mit der ökonomischen Herangehensweise an der Bewertung der Folgen der verschiedenen Handlungsoptionen orientieren, aber, anders als in der Ökonomik üblich, die Bewertung mit Hilfe eines rein verbal vorgenommen Vergleichs der gesellschaftlichen Vorteile (Nutzen) und gesellschaftlichen Nachteile (Kosten) durchführen. Die juristische Selbstbeschränkung auf eine verbale Form der Präsentation hat entscheidende Defizite, die mit Hilfe einer formalen Kosten-Nutzen-Analyse gemildert werden könnten.
Ekkehard Hofmann
Überlegungen zur Rationalität institutionenökonomischer Modelle
Zusammenfassung
Vor etwa zwei Jahren auf einer Tagung zu dem Thema „Globalisierung und Rechtsordnung“ hat sich ein bemerkenswerter Vorfall zugetragen. Im Rahmen der Veranstaltung, auf der einige der namhaftesten Institutionenökonomen aus dem deutschsprachigen Raum vertreten waren, referierte Tanja Rippberger über die Rolle von Vertrauen im Kontext internationaler Transaktionen.1 Aufmerksamkeit verdient vor allem die Reaktion der beiden Korreferenten: Unisono — und das bedeutet ja bekanntlich in der Wissenschaft einiges — gestehen beide in ihren Kommentaren Tanja Rippberger zwar zu, einen äußerst aufschlussreichen Beitrag geliefert zu haben, beklagen jedoch zugleich, dass ihre Argumentation nicht die Form eines formalen Modells besitzt. Anschließend entwickelten beide Korreferenten jeweils ihre formale Rekonstruktion des Sachverhaltes.
Matthias Meyer
Handlungskontexte und Handlungsrationalität — Annäherungsversuche zwischen Ökonomik und Hermeneutik
Zusammenfassung
Die hermeneutisch orientierten Ansätze in den Sozialwissenschaften legen nahe, dass Handeln in varüerenden Kontexten oder Sozialsphären von unterschiedlichen Bedeutungsmustern und Praktiken (inkl. divergenter Güter, Evaluationen und Legitimitäten) durchdrungen ist.1 Dem steht die These der Ökonomik gegenüber, alle sozialen Interaktionen könnten unter die universelle Metrik der subjektiven Nutzenmaximierung subsumiert werden, womit sich zugleich die Annahme verbindet, dass Handeln über homo-oeconomicus-kompatible Anreize gesteuert werden könnte. Damit scheinen sich Hermeneutik und Ökonomik inkompatibel gegenüberzustehen.
Falk Reckling
Backmatter
Metadaten
Titel
Beiträge zur ökonomischen Theorie im Öffentlichen Recht
herausgegeben von
Dr. iur. Lic.rer.pol. Anne van Aaken
Stefanie Schmid-Lübbert, Dipl.-Volkswirtin
Copyright-Jahr
2003
Verlag
Deutscher Universitätsverlag
Electronic ISBN
978-3-322-81480-7
Print ISBN
978-3-8244-7789-0
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-322-81480-7