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1987 | Buch

Beschäftigung und Konjunktur

Versuch einer Integration verschiedener Erklärungsansätze

verfasst von: Prof. Dr. Hans Jürgen Ramser

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

Buchreihe : Studies in Contemporary Economics

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Über dieses Buch

Das Buch gibt eine weitgehend vollständige Darstellung und Analyse der Beschäftigungs- und Konjunkturtheorie. Mit dem Ziel der Erklärung der sogenannten stilisierten Fakten kurz- und mittelfristiger ökonomischer Prozesse (Beschäftigung und Konjunktur) werden die wesentlichen, gegenwärtig verfügbaren Denkansätze systematisiert, ergänzt und in einem einheitlichen theoretischen Modellrahmen zusammengefaßt. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei - der Analyse der Qualität der jeweiligen mikroökonomischen Begründung (Berücksichtigung intertemporaler Entscheidungen bei Unsicherheit und unvollständiger Information); - der jeweiligen Konzeption des Marktmechanismus (market clearing/non market clearing) und der Marktorganisation (perfect/imperfect competition). Die Besonderheit des Buches besteht in der Vermeidung lexikalischer Aufzählung verschiedener zeitgenössischer Theorien zugunsten des Versuchs einer integralen Darstellung und Analyse auf dem Hintergrund eines gemeinsamen Verständnisses des ökonomischen Prozesses als Sequenz temporärer Gleichgewichte. Damit erhält die Abhandlung einerseits Züge eines lehrbuchhaften Überblicks, andererseits verdeutlicht die spezielle Sichtweise die Grenzen der die neuen Makroökonomiken charakterisierenden kompetitiven Grundannahmen. Es wird die Auffassung vertreten, daß eine Weiterentwicklung der makroökonomischen Theorie nur auf der Grundlage einer mikroökonomischen Theorie allgemeinen (temporären) Gleichgewichts bei unvollständiger Konkurrenz zu erwarten ist; erste Ansätze werden diskutiert.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Einführung

1. Gegenstand und stilisierte Fakten
Hans Jürgen Ramser
2. Konzeption der Untersuchung
Zusammenfassung
Ziel der Untersuchung ist die Entwicklung eines mittel/langfristigen ökonomischen Modells, das nicht bis zur Erklärung technologischer Veränderungen reicht, aber Akkumulation von Kapital und Vermögen einbezieht.3) Es liegt daher nahe, die Analyse nach der Fristigkeit des betrachteten ökonomischen Prozesses zu strukturieren, d.h. die Analyse kurzfristiger ökonomischer von einer Analyse mittel/langfristiger ökonomischer Prozesse zu unterscheiden. Kriterium für Kurzfristigkeit ist momentane Kapazitätsunwirksamkeit der Investitionsausgaben. Problematisch ist die Einführung von Vermögensveränderungen, die unter bestimmten Bedingungen kurzfristig relevant sein sollen.
Hans Jürgen Ramser

Methodik

1. Mikroökonomische Basis
Zusammenfassung
Makroökonomische Modelle hier vertretenen Zuschnitts sind Systeme makroökonomischer Teilmärkte, d.h. Märkte, die durch geeignete Zusammenfassung dafür geeigneter realer Einzelmärkte entstehen. Diese Position steht im Gegensatz zu einer u.a. von fundamentalistischen Post-KEYNESianern praktizierten ad hoc-Kombination bzw. -Verknüpfung makroökonomischer Schlüsselgrößen wie Profitrate, Wachstumsrate, Kapitalkoeffizient, Arbeitslosenquote etc. zu einem makroökonomischen Modell. Im Sinne unserer Konzeption sind alle Aussagen, die aus einem makroökonomischen Totalsystem resultieren, letztlich Ergebnis der Hypothesen über die Funktionsweise makroökonomischer Teilmärkte. Für den Funktionsmechanismus eines derartigen Teilsystems sind natürlich genau wie für den Funktionsmechanismus eines realen mikroökonomischen Teilmarkts Aktion und Reaktion, d.h. Verhaltensweisen zugeordneter Akteure einschl. relevanter wirtschaftspolitisch tätiger Instanzen verantwortlich. Sie sind erklärungsbedürftig. Diese Erklärung erfolgt nach modernem Theorieverständnis im Rahmen einer konsistenten mikroökonomischen Analyse des Entscheidungsproblems der einzelnen Akteure und daraus resultierender “Qualitä” von Reaktionen auf exogene Störungen.
Hans Jürgen Ramser
2. Vereinfachte Systeme
Zusammenfassung
Bereits im Zusammenhang mit der Diskussion der akzeptablen Aggregationsstufe eines makroökonomischen Systems (s. 1.1.) wurde als unverzichtbar bezeichnet, daß ein makroökonomisches Modell analytisch handhabbar bleibt. Handhabbarkeit wird natürlich durch geringe Größe des Modells, insbesondere durch eine geringe Anzahl von Variablen mit endogen erklärter Dynamik begünstigt. Sie wird ferner auch durch Linearisierung ursprünglich nicht-linearer Beziehungen erleichtert.
Hans Jürgen Ramser

Beschäftigung und Konjunktur in Modellen Preisgeräumter Wettbewerbsmärkte

1. Vorbemerkung
Zusammenfassung
Es wurde einleitend erläutert, daß und warum der ökonomische Prozeß allgemein als Sequenz temporärer Gleichgewichte verstanden wird. In diesem Kapitel wird angenommen, daß temporäres Gleichgewicht durch ausreichend schnelle Reaktion sämtlicher Preise bei kompetitivem Verhalten der Marktteilnehmer hergestellt wird. Als eine spezielle Version dieser Modellklasse, zu der natürlich auch die Standardlehrbuchversion des “klassischen” Modells (s. SARGENT 1979, Ch. I) zählt, ist der Ansatz der Neuen Klassischen Makroökonomik (NCM) zu bezeichnen.
Hans Jürgen Ramser
2. Das NCM-Modell
Zusammenfassung
Im folgenden wird nach alternativen Annahmen an die für die Durchführung von Schätzungen relevante, grundsätzlich exogen gegebene Informationsstruktur unterschieden. Unter Informationsstruktur wird die vollständige Beschreibung der den einzelnen Individuen im SchätzZeitpunkt vorliegenden Informationsmengen verstanden. Für Schätzungen relevant ist natürlich nur die jeweils benutzte oder benutzbare Teilmenge. Im ersten Abschnitt wird grundsätzlich von identisch unvollständiger Information bei allen Individuen einschließlich Staat ausgegangen. Dafür wird unterstellt, daß die entscheidungsrelevante Informationsmenge “verzögert vollständig”, d.h. nur insofern unvollständig ist, als die benötigten ökonomischen Aggregatvariablen nur mit Verzögerung von einer Periode bekannt sind.1) Natürlich haben auf dieser Basis auch Schätzungen für die weitere Zukunft zu erfolgen. Diese Annahme wird durch die Schreibweise Et-1Xt+j, j= o,1,…, für den Erwartungswert von Xt+1gekennzeichnet; die Zeitindizierung des Erwartungsoperators markiert also den Zeitpunkt, bis zu dem das Individuum über volle Information verfügt. Im zweiten Abschnitt wird identisch partielle Information postuliert. Das bedeutet, daß nicht sämtliche relevanten Aggregatvariablen der laufenden Periode (incl. Schocks) unbekannt sind bzw. de facto nicht verwendet werden können, daß aber weiterhin die Informationsmengen sämtlicher Entscheidungsträger identisch sind.
Hans Jürgen Ramser
3. (Neo-)Klassische Beschäftigungs- und Konjunkturtheorie
Zusammenfassung
Der NCM-Version eines Makromodells auf Basis preisgeräumter kompetitiver Märkte wurden mikroökonomische Defizite zur Last gelegt. McCALLUM (198o) versucht, diesem Vorwurf von vornherein damit zu begegnen, daß SARGENT/ WALLACE (1975) ihr Modell ausdrücklich als ad hoc etikettiert hätten. Das Problem ist, daß sich die NCM-Theorie bis heute damit begnügt hat, ohne daß gezeigt worden wäre, daß ihre zentralen Behauptungen auch einer Begründung des Ansatzes standhalten (s. AZARIADIS 1981). Es sollen daher in diesem Abschnitt die mikroökonomischen Grundlagen von IS-, LM- und Arbeitsmarktbeziehungen diskutiert und eine entsprechende Revision des NCM-Ansatzes vorgenommen werden. Dabei ist es sinnvoll, von den Akteuren auszugehen, da sich die Entscheidungen z.B. des Haushalts auf alle drei betrachteten aggregierten Teilmärkte auswirken. Insofern wiederholt sich die Gliederung von 1.2; genauer gesagt: die folgenden Abschnitte stellen die Ausführung des dort entwickelten Programms für den Fall preisgeräumter kompetitiver Märkte und damit praktisch den Versuch einer Auslotung anderer Möglichkeiten dar, neoklassische Grundideen für das Beschäftigungsproblem “auszubeuten”. Denn - wie HAHN (1982) als Neoklassiker oft genug betont hat -: die NCM ist weder die einzige noch eine besonders überzeugende Adaption neoklassischen Denkens.1)
Hans Jürgen Ramser

Beschäftigung und Konjunktur Bei Mengenrationierung

1. Vorbemerkung
Zusammenfassung
In Teil III wurde dargelegt, daß und wie Arbeitslosigkeit und konjunkturelle Schwankungen der ökonomischen Aktivität in Modellen neoklassischen Typs erklärt werden können. Es wurde Wert auf die Feststellung gelegt, daß die NCM nur eine sehr spezielle Version der neoklassischen Idee ist, die aus den im einzelnen erklärten Gründen nicht sonderlich überzeugt. Eine allgemeinere, von uns favorisierte beschäfti- gungs- und konjunkturtheoretische Interpretation des neoklassischen “Entwurfs” leidet natürlich ebenso wie die NCM unter der… dotty view that economies are at all time in perfectly competitive equilibrium (HAHN 1985, S. 369).1)
Hans Jürgen Ramser
2. Mikroökonomische Elemente
Zusammenfassung
Die Diskussion der mikroökonomischen Elemente des Rationierungsansatzes ist, selbst wenn man auf der relativ oberflächlichen Ebene etwa des parallelen Abschnitts III.3.1 bleibt, erheblich komplexer als im Fall preisgeräumter Märkte. Dies gilt sowohl für die Analyse der Entscheidungen der verschiedenen Akteure als insbesondere auch für die Modalitäten des Zustandekommens des Rationierungsgleichgewichts.
Hans Jürgen Ramser
3. Die kurze Frist: NKM-Beschäftigungstheorie
Hans Jürgen Ramser
4. Die mittlere/lange Frist: NKM-Konjunkturtheorie
Hans Jürgen Ramser

Analyse Kurz- und Mittelfristiger Ökonomischer Prozesse Bei Veränderter Marktstruktur

1. Preise und Löhne im makroökonomischen Modell: Probleme konsistenter Hypothesenbildung
Zusammenfassung
In den vorangegangenen Teilen dieser Untersuchung sind praktisch die beiden Klassen makroökonomischer Modelle betrachtet worden, die gegenwärtig die wissenschaftliche Diskussion dominieren. Zur Wiederholung sei hier noch einmal erwähnt, daß beide den ökonomischen Prozeß als Sequenz temporärer kompetitiver Gleichgewichte vis-à-vis einer nur unvollständigen Menge kontingenter Zukunftsmärkte abbilden. Die wesentlichen Unterschiede liegen in differierenden Annahmen darüber, welche ökonomischen Variablen ausreichend flexibel sind, um jenen Zustand der Konsistenz von (u.U. ursprünglich widersprüchlichen) Dispositionen der Marktteilnehmer herzustellen, der die Durchführung von Transaktionen ermöglicht.
Hans Jürgen Ramser
2. Preise und Löhne im Rationierungsmodell
Hans Jürgen Ramser
3. Preis- und Lohnbildung in einem Modell allgemeinen temporären Gleichgewichts bei unvollkommener Konkurrenz
Zusammenfassung
Geeignete Paradigmata zur Erfassung von Preis-Lohnbildungs-Prozessen in nicht-WALRASianisehen Systemen stehen in Gestalt der Modelle oligopolistischer oder monopolistischer Konkurrenz zur Verfügung (s. DRAZEN 1980, S. 29o). Dabei läßt sich entweder das aus der Sicht traditioneller mikroökonomischer Theorie nächstliegende Szenario benutzen, wonach bei gegebener monopolistischer oder oligopolistischer Marktstruktur auf sämtlichen oder den wesentlichen Märkten eines ökonomischen Systems den Marktteilnehmern vollkommene Information zugestanden wird.1) Oder man kann von der Annahme ausgehen, daß — z.B. am Gütermarkt — unvollständige Information bei den Nachfragern besteht. Selbst dann, wenn eine Firma im Verhältnis zum Gesamtmarkt eine so geringe Größe aufweist, daß ihre Nachfragekurve bei perfekter Information der Käufer nur horizontal sein kann, kann unter diesen Umständen — wie im voranstehenden Abschnitt stets angenommen worden ist — die relevante (i.d.R. natürlich konjekturale) Nachfrage geneigt sein.2) In diesem Falle schafft also das Informationsdefizit der Käufer die Möglichkeit, daß ein nicht-WALRASianisches Gleichgewicht und damit eine Unterbeschäftigungslage resultiert. Im ersten Ansatz wird man sinnvollerweise Heterogenitäten bei den Anbietern annehmen, im zweiten Ansatz kann Homogenität postuliert werden.
Hans Jürgen Ramser
4. Konjunkturtheoretische Implikationen
Zusammenfassung
Die voranstehend referierten Versuche, das Problem der Bildung von Löhnen und Preisen simultan mit der Bestimmung der Transaktionen (“Mengen”) in einem Makromodell konsistent zu lösen, sind wichtige Beiträge zu einer mikroökonomisch abgesicherten makroökonomischen Beschäftigungstheorie. Ohne auf artifizielle Konstruktionen angewiesen zu sein, liefern sie Erklärungen für eine Reihe empirischer Beobachtungen, die i.a. als KEYNESianisch apostrophiert werden. Dabei stehen allerdings die vorläufig sehr vereinfachenden Rahmenbedingungen einer unmittelbaren wirtschaftspolitischen Schlußfolgerung entgegen. Auf einige Gesichtspunkte wurde bereits eingegangen. Darüber hinaus ist die Optik dieser Ansätze im Vergleich mit den üblichen Lehrbuchmodellen insofern enger, als auf die Existenz jeder Art von Finanzmarkt verzichtet wird — ein Mangel, der auch den gängigen, BARRO-GROSSMAN-MALINVAUDsehen Typ der Rationierungstheorie kennzeichnet, aber nicht unbedingt essentiell ist.1) Ferner beschränken sich die Überlegungen auf die Frage der Existenz von Unterbeschäftigungsgleichgewichten (und ihren Eigenschaften) bei gegebener Erwartungsstruktur und ohne den Versuch zu machen, das Systemverhalten außerhalb des SS-Gleichgewichts zu diskutieren. Schließlich bleiben auch weitere intertemporale Zusammenhänge,die kurzfristig bereits zu beachten sind — wie z.B. Lagerhaltungsvorgänge — unberücksichtigt. Eine Erweiterung in Richtung einer Konjunkturtheorie schließlich verlangt einmal mehr natürlich die Erfassung kapazitativer Effekte der Investitionen. Dabei ist auch für die Investitionstätigkeiten der Firmen die Wirkung einer veränderten Marktstruktur zu beachten (s.o).
Hans Jürgen Ramser

Fazit und Offene Fragen

1. Rückblick
Zusammenfassung
Gemessen an der zeitgenössischen Lehrbuchliteratur ist die “moderne” Konjunkturtheorie immer noch weitgehend identisch mit dem Konzept der sog. neoklassischen Synthese, d.h. dem IS/LM-Modell und seiner mittelbzw. langfristigen Interpretation i.S. mehr oder weniger “ausgebauter” SAMUELSON-HICKSscher Multiplikator-Akzelerator-Ansätze mit u.U. stochastischen Elementen. In der Tat hat sich diese Theorie nahezu ein Vierteljahrhundert als tragfähig erwiesen: Modell und Realität waren bis auf Details konsistent, wirtschaftspolitische Maßnahmen, die im Einklang mit Empfehlungen entsprechend angelegter ökonometrischer Modelle standen, i.a. auch erfolgreich. Mit Beginn der 7oer Jahre wandelt sich dieses Bild. Schwächen des Modells werden insbesondere bei der Erklärung des Zusammenhangs von Inflation und Beschäftigung deutlich; sie beeinträchtigen im gleichen Zuge seine wirtschaftspolitische Brauchbarkeit. Beispielsweise hätte in den USA angesichts der faktisch betriebenen Geld- und Fiskalpolitik die durchschnittliche Arbeitslosenquote in den 7oer Jahren beträchtlich geringer ausfallen müssen als in den vorangegangenen dreißig Jahren; tatsächlich übertraf sie alle seit 1930 dagewesenen Ziffern. So sprechen Gegner KEYNESscher Wirtschaftspolitik bei der Beurteilung der auf entsprechenden makroökonomischen Modellen basierenden Maßnahmen mit Vorliebe von Irrtümern “großen Stils” (LUCAS/SARGENT 1979).
Hans Jürgen Ramser
2. Darstellungslücken
Zusammenfassung
Die vorliegende Studie hatte nicht zum Ziel, eine vollständige Bestandsaufnahme zu bieten, und sie konnte selbst die vorgetragenen Ansätze nicht erschöpfend ausdiskutieren. Letzteres gilt insbesondere für die in Teil V behandelten Konzeptionen, wenn auch vorläufig keine wesentlich weitergehenden Beiträge vorhanden sind. Zu den angedeuteten Auslassungen sollen abschließend einige rechtfertigende Anmerkungen gemacht warden; dabei wird zwischen Lücken im Rahmen des ökonomischen Räsonnements und der Vernachlässigung politischer Konzeptionen unterschieden.
Hans Jürgen Ramser
Backmatter
Metadaten
Titel
Beschäftigung und Konjunktur
verfasst von
Prof. Dr. Hans Jürgen Ramser
Copyright-Jahr
1987
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-642-72706-1
Print ISBN
978-3-540-17859-0
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-642-72706-1