Skip to main content

2011 | Buch

Bilder der Wandlung

Visualisierung charakterlicher Wandlungsprozesse im Spielfilm

verfasst von: Andrea Gschwendtner

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

insite
SUCHEN

Über dieses Buch

In diesem Band werden acht Spielfilme untersucht, deren Hauptfiguren in kurzer Zeit, d.h. über wenige Wochen bis zu eineinhalb Jahren, einen grundlegenden charakterlichen Wandlungsprozess erleben. Es wird eine Palette typologischer, filmischer Gestaltungsmittel herausgearbeitet, die
als Visualisierungsmuster für Prozesse des Scheiterns und der Reifung eingesetzt werden. Spezifische Gestaltungsweisen von z.B. Kostüm, Schauplätzen und Blickweisen der Kamera, aber auch in der narrativen Konstruktion, der Wissensgabe und Zeitdarstellung zählen zu den typologisierbaren Visualisierungselementen für charakterliche Wandlungsprozesse.
Die zentralen Erkenntnisse dieser Studie eröffnen innovative Perspektiven auf filmische Gestaltung - sowohl für die Filmpraxis (Drehbuchautoren, Regisseure, Kameraleute, Szenografen, Produzenten u.a.) als auch für die Film- und Medienwissenschaft.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Einleitung

1. Wandlungsmomente – Funktionen des Erzählens
Zusammenfassung
Das Erleben von Todesfurcht, die Integration des Sterbens und des Todes in das eigene Leben, erfordert den umfassendsten Wandlungsprozess, den ein Mensch auf seinem Weg von der Geburt zum eigenen Tod durchschreitet. „‚Versuche nie zu ergründen, wem die Stunde schlägt; sie schlägt Dir.‚ So wie John Donne vor fast vierhundert Jahren bemerkte, schlägt die Stunde zur Beisetzung nicht nur den Toten, sondern auch dir und mir – wir sind zwar Überlebende, o ja, aber nur für begrenzte Zeit. Diese Einsicht ist so alt wie die Geschichte. (…) Der Tod des anderen konfrontiert uns mit dem eigenen [und kann] eine positive persönliche Veränderung bewirken.“ (Yalom 2000: 175 f.) Durch den Verlust eines nahe stehenden, geliebten Menschen wird die eigene Sterblichkeit plötzlich deutlich spürbar und bewusst. Für viele Menschen steht dieses Erleben in einem „signifikanten Zusammenhang mit einer Zunahme persönlichen Wachstums. [Als] Ergebnis einer existenziellen Konfrontation werden sie reifer, bewusster, weiser.“
Andrea Gschwendtner

Theorie und Methodik

2. Theorie der Prozesshaftigkeit Teil I: Begriffe aus der Erzähltheorie
Zusammenfassung
Im nun folgenden Kapitel werden alle theoretischen Begriffe und Annahmen der behandelten erzähltheoretischen Ansätze zusammengefasst aufgeführt, welche für die Untersuchung der Forschungsfrage von besonderer Bedeutung sind. In den Erzähltheorien wird für bestimmte gestalterische Mittel und Zusammenhänge festgestellt, dass diese in den komplexen Gestaltungsstrukturen eines Films besonders deutlich formale Entwicklungs- und Veränderungsdynamiken aufweisen. Diese hierfür in den Ansätzen entwickelten Kategorien werden als methodische Analysekriterien für die Bearbeitung der Forschungsfrage am Gegenstand ausgewählt. Der Fokus innerhalb der Filmanalysen wird dadurch auf die erzählerische und visuelle Darstellung von Prozesshaftigkeit ausgerichtet.
Andrea Gschwendtner
3. Theorie der Prozesshaftigkeit Teil II: Begriffe aus den Theorien zur fiktiven Figur
Zusammenfassung
Eine intrapersonelle Wandlung stellt ein dynamisches Geschehen dar. Es ist daher anzunehmen, dass dieser erzählerisch-inhaltliche Vorgang über gestalterische Elemente einer Figurenkonstruktion visualisiert ist, die von formalen Entwicklungsund Veränderungsprozessen gekennzeichnet sind. Zur Beantwortung der Fragestellung gilt es, das figurenbezogene filmgestalterische Datenmaterial auf darin aufgebaute Strukturen zu untersuchen, die von Prozesshaftigkeit gekennzeichnet sind. Im nun Folgenden werden diejenigen theoretischen Begriffe und Kategorien aus den Theorien zur Figur herausgestellt, deren Begriffsdefinitionen und zugrunde liegende abstrakte Denkfiguren bereits ein Verständnis von Prozesshaftigkeit als Gestaltungsphänomen beinhalten. Mit diesen ausgewählten Theoriebegriffen und methodischen Instrumentarien lassen sich die Gestaltungsmuster erforschen, welche für die Visualisierung einer charakterlichen Wandlung eingesetzt werden. Ebenso kann herausgearbeitet werden, ob in den Visualisierungsmustern der Figur und ihrer charakterlichen Entwicklung die Etablierung prozesshafter Strukturen besonders auffällig ist.
Andrea Gschwendtner

Filmanalyse und Ergebnisse

4. Gesamtmodell: Forschungsdesign und Analyseraster
Zusammenfassung
Die Bearbeitung der zentralen Forschungsfrage dieser Studie ist in zwei große thematische Blöcke und darin wiederum in mehrere Teilfragen aufgefächert: Im ersten der beiden Blöcke werden die aufgestellten Hypothesen zur Visualisierung charakterlicher Wandlungsprozesse mittels methodischer Untersuchungen auf der Grundlage narrationstheoretischer Modelle überprüft. Analyseinstrumentarien aus Theorien zur Konstruktion von Figuren werden für die Beantwortung der zweiten thematischen Gruppe von Hypothesen eingesetzt. Im Folgenden werden die narrationstheoretisch fundierten Analyseschritte und die an Theorien zur Figur orientierten Untersuchungsoperationen zusammenfassend dargestellt. Die Themen und Teilfragen der eigenen Forschungshypothesen werden dabei kurz beschrieben und die für ihre Beantwortung am filmischen Material eingesetzten Analyseinstrumentarien jeweils zugeordnet.
Andrea Gschwendtner
5. Visualisierung charakterlicher Wandlung im Gesamtverlauf der Narration
Zusammenfassung
Die charakterliche Wandlung ereignet sich im Innenleben einer Person. Diese intrapersonelle Entwicklung ist eingebettet in eine sichtbare Ursachen- und Wirkungslogik der äußeren Handlung der Geschichte. Es gilt nun, die Bezüge zwischen der charakterlichen Veränderung und dem äußeren Handlungsverlauf zu beschreiben. Dabei können Gestaltungsmuster in der Konstruktion der erzählerischen Bauelemente herausgearbeitet werden, die in den Beispielfilmen zur Visualisierung eines intrapersonellen Wandlungsprozesses eingesetzt werden. Im Folgenden werden Bezüge zwischen diesem Wandlungsprozess und den Gestaltungsstrukturen in drei narrativen Ordnungssystemen aufgezeigt, sowie Zusammenhänge zwischen der Ursache-und-Wirkungs-Kette des äußeren Handlungsverlaufs und dem Ereignisgang der inneren Wandlung untersucht. Das System der kernels und satellites wird gleichfalls unter dieser Prämisse betrachtet. Mit Hilfe des narrative schema wird erkennbar, in welcher inhaltlichen Korrespondenz die goals der Figur zu deren innerer Wandlung stehen. Ebenso wird der inhaltliche Duktus der initiating events bzw. der complicating actions in ihrem Bezug auf die Ziele der Figur und deren innerer Veränderung beschrieben.
Andrea Gschwendtner
6. Visualisierung charakterlicher Wandlung in ausgewählten Sequenzen der Narration
Zusammenfassung
Für die folgenden Untersuchungsschritte werden aus jedem Beispielfilm mehrere Sequenzen ausgewählt; diese Auswahl basiert auf den bisher gewonnenen Erkenntnissen zur Relevanz der zur Visualisierung des intrapersonellen Wandlungsprozesses dienenden Gestaltungsmuster der erzählerischen Konstruktion. Aus jedem Film wird die Sequenz von opening und ending für eine eingehende Untersuchung ausgewählt. Die Länge dieser Abschnitte wird für jeden Beispielfilm anhand der erzählerischen Konstruktion festgelegt. Zudem werden jeweils weitere Szenenanteile ausgewählt, die sich in den bisherigen Untersuchungsschritten als besonders relevant für Aufbau und Visualisierung des charakterlichen Wandlungsprozesses erwiesen haben.
Andrea Gschwendtner
7. Visualisierung charakterlicher Wandlung durch prozesshafte Gestaltungsmuster im filmischen Bild (Raum, Gegenstand, Figur)
Zusammenfassung
Die Analyseperspektive des nächsten Untersuchungsschritts fokussiert die Gestaltungsmittel der dreidimensionalen Szenerie vor dem Kameraauge. Gemäß dem neoformalistischen Modell (Bordwell/Thompson 1986: 117 ff.) werden dabei aus den vier Gruppen filmgestalterischer Mittel vor allem visuelle Elemente aus der Gruppe des mise-en-scene untersucht. Zunächst werden dabei die verschiedenen Schauplätze einer Geschichte im Zusammenhang mit den damit verbundenen erzählerischen Ereignissen betrachtet, um die in diesem räumlichen System gestalteten prozesshaften Strukturen in Bezug zur inhaltlichen Wandlungsfigur herauszuarbeiten. Im nächsten Schritt wird die visuelle Ausgestaltung der Szenen analysiert. Hier werden solche Gestaltungsphänomene der räumlich-gegenständlichen Welt benannt, die über den gesamten Filmverlauf eine augenfällige Veränderung ihrer visuellen Erscheinungsart zeigen. Anschließend werden die Gestaltung der visuell-körperlichen Erscheinung der zentralen Figuren und die Gestaltungsmuster von Kostüm und Maske sowie der Duktus des körpersprachlichen Verhaltens – Gestik und Mimik – analysiert. Dabei ist auch zu untersuchen, ob zwischen der visuellen Erscheinung der zentralen Figur und der Ausgestaltung von Kostüm, Maske Physiognomie etc. anderer Figuren Bezugssysteme mit prozesshaften Strukturen bestehen.
Andrea Gschwendtner
8. Visualisierung charakterlicher Wandlung durch Prozesshaftigkeit in der Figurenkonstruktion
Zusammenfassung
Im Rahmen des letzten großen Untersuchungskomplexes gilt das Interesse der Frage, ob Elemente der Figurenkonstruktion prozesshafte Gestaltungsmuster zeigen und ob sie zur Visualisierung der charakterlichen Wandlung beitragen. Dazu werden zunächst die Rollen benannt, welche die Hauptfigur im Verlauf der Handlung übernimmt. Es wird zu klären sein, welche davon genrebedingt und welche als soziale Handlungsrollen angelegt sind. Das Profil dieser Rollen wird über den gesamten Filmverlauf hinweg beobachtet und nach strukturellen Veränderungen befragt.
Andrea Gschwendtner

Diskussion Analyseergebnisse und Arbeitshypothesen

9. Visualisierungsmuster charakterlicher Wandlung – zwischen zwei idealtypischen Inszenierungsweisen
Zusammenfassung
Die Untersuchungsergebnisse werden jeweils in der Perspektive der drei Ausgangsthesen gelesen, diskutiert und zusammengefasst. Als Ziel dieser Ergebnisdiskussion steht die Entwicklung einer eigenen Typologie besonders signifikanter ästhetischer Gestaltungsweisen bei der filmischen Visualisierung von intrapersonellen Wandlungsprozessen.
Andrea Gschwendtner
10. Visualisierungsmuster charakterlicher Wandlung – Phänomen Prozesshaftigkeit
Zusammenfassung
In der zweiten Arbeitshypothese dieser Studie wird angenommen, dass die Visualisierung intrapersoneller Wandlung in den untersuchten Filmen durch Gestaltungsstrukturen mit prozesshaften Eigenschaften oder Erscheinungsprofilen aufgebaut sein müsste (vgl. 1.3: 23 f.). Diese Annahme stützt sich auf das Verständnis der charakterlichen Entwicklung als ein an sich unsichtbares prozesshaftes Geschehen. Es werden besonders solche filmästhetischen Mittel untersucht, deren modellhafte Definitionen prozesshafte Phänomene der formalen Gestaltung filmischer Ästhetik fassen und abstrakt umschreiben. Aus den Theoriemodellen werden Begriffe gewählt, die prozesshafte Gestaltungsphänomene filmästhetischer Mittel definieren (z. B. Transformation des initial term, cause-effect chain in time and space u. A. m.). Zudem werden Einsatzprofile filmischer Gestaltungsmuster während des Filmverlaufs daraufhin betrachtet, ob sich in ihnen prozesshafte Strukturen abbilden (z. B. das Verteilungsprofil erzählerischer Elemente auf den drei Strukturebenen des PKSModells, das Einsatzprofil der levels of narration während des Filmverlaufs u. A. m.).
Andrea Gschwendtner
11. Visualisierungsmuster charakterlicher Wandlung – Unterschiede zwischen Reifung und Scheitern
Zusammenfassung
Die für diese Studie ausgewählten filmischen Erzählungen sind zwei thematisch unterschiedlichen Gruppen zuzuordnen. Zur ersten Gruppe zählen die vier Filme, die einen charakterlichen Reifungsprozess schildern. Dabei verändert sich die Lebenssituation der Hauptfigur positiv – die Lebensbewältigung gelingt ihr um einiges besser (Das Piano, Dead Man, Der mit dem Wolf tanzt, Kleine Fluchten). In der zweiten Gruppe werden vier Geschichten erzählt, in deren Verlauf die Hauptfigur scheitert (Taxi Driver, Rocco und seine Brüder, Betty Blue, Breaking Glass). Die charakterliche Wandlung führt zu einer Verschlechterung der Lebenssituation – die Lebensbewältigung wird zunehmend problematischer.
Andrea Gschwendtner

Conclusio

12. Typologie, Theoriebildung und Ausblick
Zusammenfassung
Im ersten Teil der Conclusio dieser Forschungsarbeit wird eine abschließende Interpretation der Untersuchungsergebnisse gegeben. Es gelingt dabei die Zusammenfassung von typologischen Gestaltungsmustern für die filmische Visualisierung intrapersoneller Wandlungsprozesse in Form einer definierten Typologie.
Andrea Gschwendtner
Backmatter
Metadaten
Titel
Bilder der Wandlung
verfasst von
Andrea Gschwendtner
Copyright-Jahr
2011
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-531-92734-3
Print ISBN
978-3-531-17488-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-92734-3