2006 | OriginalPaper | Buchkapitel
Homo Sociologicus
verfasst von : Ralf Dahrendorf
Erschienen in: Homo Sociologicus
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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Wir sind gemeinhin wenig beunruhigt durch die Tatsache, daB der Tisch, der Braten, der Wein des Naturwissenschaftlers sich in paradoxer Weise von dem Tisch, dem Braten und dem Wein unserer alltaglichen Erfahrung unterscheiden. Wenn wir ein Glas abstellen oder einen Brief schreiben wollen, dann bietet sich ein Tisch als geeignete Unterlage an. Er ist glatt, fest und eben, und ein Physiker wüurde uns mit seiner Bemerkung wenig stören, daB der Tisch ≫in Wirklichkeit≪ ein keineswegs solider Bienenkorb von Atomteilchen ist. Ebensowenig kann uns der Chemiker den Geschmack am Diner verderben, indem er Braten und Wein in Elemente auflöst, die als solche zu verzehren wir schwerlich je versucht sein werden. Solange wir das Paradoxon des wissenschaftlichen und des Alltagstisches nicht in philosophischer Absicht anvisieren, lösen wir es auf einfache Weise. Wir handeln so, als seien der Tisch des Physikers und unser Tisch zwei verschiedene Dinge, die in keiner relevanten Beziehung zueinander stünden. Während wir auf der einen Seite durchaus bereit sind, dem Physiker einzuräumen, daB
sein
Tisch für ihn ein höchst wichtiger und nützlicher Gegenstand ist, sind wir auf der anderen Seite mit
unserem
Tisch gerade darum so zufrieden, weil er nicht ein vielfach durchlöcherter Bienenkorb von bewegten Teilchen ist
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