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1996 | Buch

Das Ladenschlußgesetz auf dem Prüfstand

Beschäftigungseffekte einer Flexibilisierung der Ladenöffnungszeiten

verfasst von: Torsten George

Verlag: Deutscher Universitätsverlag

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Über dieses Buch

Das geltende Ladenschlußgesetz in der Bundesrepublik Deutschland ist 1956 nur mit einer Zufallsmehrheit im Deutschen Bundestag zustande gekommen; es ist im inter­ nationalen Vergleich sehr restriktiv, und ordnungspolitisch widerspricht es dem herr­ schenden liberalen Credo. Aber diese Regelungen haben nun auch eine lange Geschichte, beide Tarifpartner wehren sich mehrheitlich gegen eine weitgehende Liberalisierung, und es werden unterschiedliche Motive angefuhrt, die fur eine Regulierung sprechen. In der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation mit erheblicher und nachhaltiger Ar­ beitslosigkeit ist die Frage nach den Beschäftigungswirkungen einer Liberalisierung der Öffnungszeiten besonders wichtig. Die vorliegende Arbeit untersucht das und findet, daß positive oder negative Beschäftigungswirkungen auftreten können je nach­ dem, wie weitgehend und in welcher Form eine Liberalisierung durchgefuhrt wird. Es ist insbesondere auch zu befurchten, daß manche gegenwärtig diskutierten Modelle zu einem Beschäftigungsrückgang fuhren könnten. Der Verfasser stellt demgegenüber ein eigenes umfassendes Modell vor, von dem erhebliche positive Beschäftigungswir­ kungen zu erwarten sind. Um eine Regelung, die ungefähr dem entspricht, wird man bei der Neuformulierung des Gesetzes in der nächsten Zeit nicht herumkommen; das ist ein praktischer Verdienst dieser Arbeit. Eine solche Neuregelung beeinflußt natürlich auch die Struktur des Einzelhandels und der Beschäftigung in ihm. Das vorgestellte Modell dürfte etwa dem Facheinzelhandel mehr förderlich sein als die gegenwärtige Regelung, und es dürfte der Offensive der Bundesregierung fur mehr Teilzeitbeschäftigung entgegenkommen. Auch insoweit wird es zweifellos Befurworter finden. Der Arbeit möchte man wünschen, fur die anstehende zeitgemäßere und sachge­ rechtere Regelung der Ladenöffnungszeiten zur Kenntnis genommen und auch beher­ zigt zu werden.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Einleitung
Zusammenfassung
Das Ladenschlußgesetz ist bereits seit seinem Inkrafttreten im Jahre 1956 heftig umstritten. Allen Vorstößen zu einer Liberalisierung, d. h. einer staatlich kontrollierten Freigabe der Gesamtladenöffnungszeit, bei gleichzeitigem Fortbestand der derzeitigen wöchentlichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer und somit einer weitergehenden Entkoppelung der persönlichen Arbeitszeit von den Ladenöffnungszeiten (Definition des Autors) war bisher nur ein bescheidener Erfolg beschieden.
Torsten George
2. Historische Entwicklung der Ladenöffnungszeiten
Zusammenfassung
Die rechtliche Ausgestaltung des heutigen Ladenschlußrechts in Form des Ladenschlußgesetzes ist das Ergebnis einer mehr als hundertjährigen Entwicklung. Die im Laufe dieser Zeit erworbenen Erfahrungen dienten in der Vergangenheit dazu, die Regulierung des Einzelhandels in bezug auf die Ladenschlußzeiten zu rechtfertigen.
Torsten George
3. Die rechtliche Ausgestaltung des Ladenschlußgesetzes
Zusammenfassung
Nachdem im letzten Abschnitt die historische Entwicklung dargestellt wurde, die zu einem staatlichen Eingriff und schließlich zur Errichtung eines repressiven Verbots mit Erlaubnisvorbehalt (Ausnahmevorbehalt) hinsichtlich der einzuhaltenden Schlußzeiten des Handels führten, sollen nachfolgend die derzeit gültigen gesetzlichen Regelungen für den Ladenschluß betrachtet werden.
Torsten George
4. Das Ladenschlußgesetz in der rechtlichen Diskussion
Zusammenfassung
Betrachtet man das Ladenschlußgesetz unter rechtlichen Aspekten, so haben die Ergebnisse des letzten Kapitels gezeigt, daß seine Ausgestaltung nicht unproblematisch ist. Zudem sind auch die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und sozialen Veränderungen der letzten Jahrzehnte zu berücksichtigen. Das jetzige Ladenschlußkonzept kann weder die Bedürfnisses der Verbraucher noch die Rechtssicherheit der Händler befriedigen. Angesichts der veränderten Bedingungen erscheint eine Überprüfung des Ladenschlußrechts auf seine Vereinbarkeit mit den einschlägigen Rechts-sätzen notwendig. Aus diesem Grunde wird nachfolgend zunächst untersucht, ob die im Grundgesetz statuierte Wirtschaftsverfassung überhaupt die Regulierung von Wirtschaftsbereichen erlaubt. Anschließend werden die Gründe der Urteile des Bundesverfassungsgerichts von 1961 dargestellt, die bis heute die wesentliche Grundlage für das Ladenschlußgesetz darstellen. Darauf aufbauend wird die Konformität des Ladenschlußrechts mit den einschlägigen verfassungsrechtlichen Normen geprüft und der Frage der Zulässigkeit von tarifvertraglichen Regelungen über Ladenschlußzeiten unter wettbewerbsrechtlichen Aspekten nachgegangen. Die veränderten gesellschaftlichen und sozialen Aspekte finden dabei besondere Berücksichtigung.
Torsten George
5. Liberale Ladenschlußkonzepte im Ausland
Zusammenfassung
Die Ladenschlußregelungen in Deutschland stellen eine der rigidesten Ausgestaltungsformen im internationalen Vergleich dar. Dabei reichen die ausländischen Arten des Ladenschlusses vom Fehlen jeglicher gesetzlicher Bestimmungen (z.B. Frankreich, Luxemburg, Schweden, USA) über Regelungen, die die Ladenöffnungszeiten in die Obhut der kommunalen Verwaltungen gegeben haben (Schweiz, Norwegen) bis hin zu Gesetzen, die den Rahmen für die wöchentliche Öffnungszeit festlegen (Niederlande, Italien, Schweiz) (vgl. BMA [b] 1993; DAG 1990, S. 33 ff.).
Torsten George
6. Die Erfordernisse zur Flexibilisierung der Ladenöffnungszeiten in der Bundesrepublik Deutschland
Zusammenfassung
Das Ladenschlußgesetz entstand - wie bereits beschrieben - während der Aufbauphase der Bundesrepublik Deutschland. In diesem Zeitraum waren die nachfolgenden wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Entwicklungen noch nicht abzusehen. Ebenso waren die Schutzrechte der Arbeitnehmer, in den sich erst zu diesem Zeitpunkt herausbildenen Rechtsquellen unterrepräsentiert. Eine Notwendigkeit für ein Ladenschlußgesetz ist demnach aus damaliger Sicht nachvollziehbar. Jedoch haben sich seit der Verabschiedung des Gesetzes über den Ladenschluß im Jahre 1956 erhebliche Veränderungen ergeben, die Anlaß dazu geben, die Ladenschlußregelungen auf den Fortbestand ihrer Notwendigkeit hin zu überprüfen. Haben sich aus dem wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Wandel Erfordernisse entwickelt, die dem derzeitigen Ladenschlußkonzept entgegenstehen, könnte dies ein Überdenken und in konsequenter Verfolgung wohlfahrtsorientierter Grundüberlegungen eine Abschaffung des antiquierten Rechts erfordern. Der Flexibilisierungsgedanke - in diesem Falle die Flexibilisierung der Ladenöffnungszeiten - trüge diesem Wandel Rechnung, da er als Antwort auf Umweltveränderungen zu verstehen ist und im Gegensatz zum Individualisierungsgedanken äußere Situationswandlungen umsetzt (vgl. Drumm 1989, S. 1 ff.; Gaugier 1984, S. 259 ff.). Insofern stehen solche Erfordernisse, d. h. Umweltveränderungen, die eine Flexibilisierung des Ladenschlußrechts erfordern könnten, im Mittelpunkt der nachfolgenden Betrachtungen.
Torsten George
7. Das Grundkonzept liberaler Ladenöffnungszeiten
Zusammenfassung
Die Ergebnisse des vorangegangenen Kapitels lassen erkennen, daß man selbst bei einer kritischen Auseinandersetzung mit den wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahren und im Hinblick auf noch zu erwartende Entwicklungen zum Schluß gelangen muß, daß ein Wandel des bestehenden Ladenschlußgesetzes anzustreben ist. Gelangt man zu der Erkenntnis, daß ein konkreter Handlungsbedarf für eine Änderung des Gesetzes besteht, stellt sich die Frage, welche Veränderungen vorzunehmen sind, um das als bewährten Kompromiß (vgl. z.B. Volkmar 1984, S. 217 ff.) geltende Ladenschlußgesetz abzulösen, ohne dabei die derzeit bestehende Situation zu verschlechtern. Eine Änderung der Ladenschlußgesetzgebung ist nur dann zu akzeptieren, wenn sie den Bedürfnissen der Unternehmen, der Beschäftigten und ihrer Interessenvertreter (Gewerkschaften), der Verbraucher und potentieller Arbeitnehmer gerecht wird. So muß es ein Ziel einer neuen Ladenschlußordnung sein, kreativen und innovativen Unternehmen ihre Ge-staltungs- und Wettbewerbsfreiheit zurückzugeben; klein- und mittelständische Unternehmen aber gleichzeitig so zu fördern (nicht zu schützen), daß sie sich im Markt behaupten können. Den Forderungen der Beschäftigten und der Gewerkschaften folgend muß ein verändertes Ladenschlußmodell zugleich eine Verschlechterung der derzeit bestehenden Arbeitsbedingungen (Arbeitszeitvolumen und -läge) ausschließen können als auch bestrebt sein, den jetzigen Zustand zu verbessern. Dem Verbraucher muß je nach seinen individuellen Bedürfnissen und Zeiterfordernissen die Möglichkeit gewährt werden, zu den von ihm am besten empfundenen Zeiten Einkaufen zu können, wodurch sich ebenfalls die Aussicht auf eine verbesserte Markttransparenz erreichen ließe. Ein zeitgerechtes und den Erfordernissen angepaßtes Ladenschlußkonzept muß zumindestens die Chance auf die Schaffung neuer Arbeitsplätze bzw. die Absicherung der bestehenden Arbeitsverhältnisse bieten.
Torsten George
8. Effekte des Grundmodells (Modellrechnung)
Zusammenfassung
Nachdem im vorherigen Kapitel ein sozial- und wettbewerbsorientiertes Modell und dessen Rahmenbedingungen abgeleitet worden sind, sollen nunmehr unter diesen Gesichtspunkten die möglichen Effekte einer solch gestalteten Liberalisierung näher analysiert werden. Hierzu werden die einzelnen Wirkungsfelder separat dargestellt, um dem Leser einen besseren Überblick zu ermöglichen. In der Realität hingegen werden diese Einzeleffekte eng miteinander verknüpft sein und zum Teil simultan ablaufen. Gesicherte Erkenntnisse, welche Auswirkungen eine vollständige Aufhebung des restriktiven deutschen Ladenschlußrechts mit sich bringen wird, bestehen nicht. Zwar sprechen die im Ausland gesammelten Erfahrungen für eine Liberalisierung des bundesdeutschen Ladenschlußrechts. Um sich jedoch mit hinreichender Sicherheit ein Urteil bilden zu können, welche sozialen und ökonomischen Folgewirkungen ein liberales Ladenschlußgesetz im vorgestellten Sinne bewirken wird, muß man letztlich auf die praktische Umsetzung warten.
Torsten George
9. Umsetzbarkeit des Modells
Zusammenfassung
Bei der Untersuchung möglicher Folgen einer Liberalisierung des Ladenschlußgesetzes soll und kann sich die vorliegende Analyse nicht allein auf theoretische Zusammenhänge beschränken, sondern sollte durch empirische Daten abgesichert werden, welche die praktische Umsetzbarkeit der hier abgeleiteten Ergebnisse auch belegen. Zwar liegen zum Thema einer Flexibilisierung der Ladenöffnungszeiten zahlreiche repräsentative Erhebungen unterschiedlicher Interessengruppen und Stichprobenräume vor, doch erschien es sinnvoll eine eigenständige Erhebung durchzuführen, um so einen möglichst hohen Grad an Aktualität der Zahlen und eine bessere Vergleichbarkeit der Ergebnisse untereinander zu erreichen. Da nicht alle abgeleiteten Ergebnisse direkt in der Analyse der Effekte einer Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten verarbeitet werden konnten, soll dies nun nachgeholt werden. Im Rahmen der Arbeit ist es allerdings nicht möglich, alle Fragestellungen eingehender zu behandeln, so daß die in den nächsten Unterabschnitten vorgestellten Ergebnisse nur die zentralen Fragestellungen abdecken können. Die vollständigen Daten sind daher im Detail dem Anhang zu entnehmen.
Torsten George
10. Exkurs: Übertragbarkeit auf den industriellen Sektor
Zusammenfassung
Im Zusammenhang mit dem Industriestandort Deutschland werden immer wieder zu hohe Lohnnebenkosten und die rigide Handhabung des Sonn- und Feiertagsverbots als eine Gefahr für die internationale Konkurrenzfähigkeit angesehen (vgl. Czada/Tolksdorf/Yenal 1992, S. 342). Im Rahmen dieser Arbeit ist daher die Frage zu stellen, ob nicht die im Zuge einer Liberalisierung des Ladenschlußgesetzes angestrebte weiterführende Entkoppelung von Betriebs- und Arbeitszeit, auch auf den industriellen Sektor zu übertragen ist. Schließlich könnte dies mit dazu beitragen, die Interessen des Arbeitnehmers im Hinblick auf die Gestaltung seiner Arbeitszeit und die Wünsche der Arbeitgeber nach einem möglichst kontinuierlichen Produktionsprozeß zur Erhöhung der besseren Kapazitätsauslastung zu erfüllen.
Torsten George
Fazit
Zusammenfassung
Wie die letzten Kapitel dieser Arbeit gezeigt haben, schienen die Ängste und Befürchtungen, die mit einer liberalisierung der Ladenöffnungszeiten oftmals verbunden werden und dazu beitragen, die Flexibilisierungsbestrebungen zu unterbinden, wenig begründet. Mehrheiten in den Meinungsbildern spielen keine Rolle, wenn man bedenkt, daß Veränderungen bzw. Innovationen — wie es auch eine Deregulierung des Ladenschlußgesetzes bedeuten würde — oftmals von einer Minderheit initiiert werden.
Torsten George
Backmatter
Metadaten
Titel
Das Ladenschlußgesetz auf dem Prüfstand
verfasst von
Torsten George
Copyright-Jahr
1996
Verlag
Deutscher Universitätsverlag
Electronic ISBN
978-3-663-08333-7
Print ISBN
978-3-8244-6317-6
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-663-08333-7