2011 | OriginalPaper | Buchkapitel
Das Unbehagen an der Biopolitik
no spoon
verfasst von : Marianne Pieper, Thomas Atzert, Serhat Karakayalı, Vassilis Tsianos
Erschienen in: Biopolitik – in der Debatte
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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In linken Debatten um die Thesen von
Empire
kehrt der Einwand immer wieder, dass die Beschreibung der post-fordistischen Konstellation mit dem Konzept der Biopolitik in letzter Konsequenz politisches Handeln suspendiere. So sympathisch die eingenommene Immanzperspektive auch sei, wenn sie unter dem Label Biopolitik die Felder von Politik, Produktion, Leben, Sprache, Wissen und Affekten zusammenführe, so problematisch sei sie zugleich. Dabei lassen sich zwei Typen von Argumentationen unterscheiden. Die einen fürchten um die
Grundlagen
der linken Politik: So argumentiert etwa Susanne Schultz in ihrer Auseinandersetzung mit
Empire
, wenn » alles produktiv « werde, so mache dies jede Kritik an den bestehenden Verhältnissen unmöglich, da bestehende Unterschiede und Hierarchien nicht mehr benannt und damit zum Ausgangspunkt von politischen Kämpfen werden könnten. Wird strukturell nicht mehr zwischen Reproduktions- und Produktionsarbeit differenziert, so wird verleugnet, dass auf sozial praktische Weise diese Arbeiten gesellschaftlich unterschiedlich gewichtet und anerkannt werden und genau diese Trennung einem Genderbias folgt. Die geschlechterpolitische Dimen sion des Kampfplatzes Arbeit respektive Produktion werde somit, so Schultz, unsichtbar gemacht. Während also Hardt und Negri aus einer Perspektive der Deterritorialisierung diejenigen Elemente der Konstellation betonen, die nicht eine eindeutige Deckungsgleichheit zwischen der binären Spaltung des Geschlechts und der Unterscheidung zwischen Produktion und Reproduktion nahe legen, betont Schulz gerade umgekehrt den Aspekt der Binarität, nämlich dass, so könnte man auch sagen, die binäre Geschlechterspaltung » trotz allen « Veränderungen weiterbesteht. In diesem Sinne schreibt sie etwa, dass es » ein bestimmtes, zunehmend hegemoniales Bild weiblicher Subjektivität [gibt], in dem die Reproduktionsarbeit in den Nischen des neoliberalen Patchworkalltags als individuell zu managende verschwindet und noch unsichtbarer wird, als sie im Modell der Hausfrau war « (Schultz 2002, 704).