Skip to main content
Erschienen in: Leviathan 4/2009

01.12.2009 | Essay

Der „Berlusconismus“ – eine Mutation des demokratischen Systems in Italien?

verfasst von: Prof. Dr. Gian Enrico Rusconi

Erschienen in: Leviathan | Ausgabe 4/2009

Einloggen

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
loading …

Auszug

1.
Im Sommer 2009 erlitt Silvio Berlusconi die schwerste Imagekrise seiner politischen Laufbahn. Warum überstand er sie politisch unbeschadet? Warum überlebte er die massiven Attacken der ausländischen Presse, die jeden anderen westlichen Politiker das Amt gekostet hätten?1 Zur Erklärung dieses Phänomens verwiesen fast alle ausländischen Kommentatoren auf die komplizenhafte Toleranz „der Italiener“ angesichts der privaten Vergehen ihres Ministerpräsidenten; auch von Berlusconis effizienter Medienkontrolle war die Rede, obwohl die öffentliche Meinung über die Ereignisse in seinem Privatleben informiert war.
Tatsächlich steckt der Schlüssel zum Verständnis der gesamten Angelegenheit in der Qualität und Dynamik der italienischen Politik, die man als Ausdruck einer zutiefst zerrütteten und allgemein politikverdrossenen „Zivilgesellschaft“ lesen muss. Dabei ist daran zu erinnern, dass während der peinlichen Enthüllungen des unehrenhaften privaten Verhaltens des Premiers Berlusconis Regierungsmehrheit voll hinter und zu ihm stand. Die Verteidigung des Ministerpräsidenten bestand darin, immerfort von politischer Diffamierung durch einige linke Zeitungen zu sprechen. Auch die Kirche, die in Italien das Monopol der „öffentlichen Ethik“ verwaltet, hat Berlusconis Verhalten nur halbherzig und erst sehr spät verurteilt.2 Wer also einen Konsensverlust des Cavaliere in den Tiefen der italienischen „Zivilgesellschaft“ erwartet hatte, der sah sich enttäuscht. Politische Rückendeckung von der Parlamentsmehrheit, Medienkontrolle, Toleranz seitens der katholischen Kirche in einer voyeuristischen, aber im Grunde genommen gleichgültigen Gesellschaft, das sind einige plausible Erklärungen der jüngsten Emanationen des Berlusconismus, die auch Licht auf seine Geschichte werfen. Einige Fragen stehen jedoch noch offen: Wird sich die Rolle Silvio Berlusconis im Vergleich zu den vorhergehenden Etappen seiner Regierung ändern? Muss man eine Veränderung des politischen Gleichgewichts in Italien erwarten? Und was wird aus der Opposition? Während ich diese Zeilen schreibe, gibt es in Italien keine politische Kraft oder Partei, die als ernste Alternative zu Berlusconi betrachtet werden könnte. Die Mitte-Links-Koalition (bis April 2008 unter der Führung von Romano Prodi) hat nicht nur ihre Chance vertan, eine andere Regierung zu bilden, sondern hat ein Gebilde hinterlassen (PD, Partito Democratico), das zunehmend in politischer Bedeutungslosigkeit versinkt. Die Folgen sind nur schwer absehbar.
 
2.
Eine gründliche Analyse muss von drei Prämissen ausgehen: (1) Das Phänomen Berlusconi ist Ausdruck einer konfliktreichen, tief unzufriedenen, aber politisch wachen Zivilgesellschaft. (2) Jenseits der Person Berlusconis ist es sinnvoll von „Berlusconismus“ zu sprechen, um eine Weltanschauung zu verstehen, die alles „Linke“ (was immer das bedeuten mag) verabscheut und weit verbreitet ist, insbesondere in der politischen Klasse, die Berlusconi die Verbesserung ihrer sozialen Position verdankt. (3) Die politische Umsetzung dieser Weltanschauung lässt sich mit „demokratischer Populismus“ umschreiben, ein Phänomen, das noch eingehend zu untersuchen ist. Falsch wäre es jedenfalls, diesen Populismus als eine leichte Variante von Faschismus3 zu präsentieren oder ihn schlechthin als eine antidemokratische Politikform zu betrachten. Der „Berlusconismus“ ist eine Demokratieform, die in ihrer Eigentümlichkeit analysiert werden muss. Es ist Zeit, das vereinfachende Bild eines Silvio Berlusconi als „verführerischem Medienmogul“ ad acta zu legen, der dank seines privaten Reichtums und seines Einflusses als Besitzer der Hälfte der italienischen Fernsehsender an die Macht gekommen ist, eines Berlusconi, der diese Macht ausübt, indem er die Italiener hinters Licht führt oder von seinem „Interessenkonflikt“ ablenkt. Der „Berlusconismus“ deckt sich mit den politischen Erwartungen breiter politischer Kreise, die sich auf eine Ära nach Berlusconi vorbereiten, im Augenblick aber noch nicht ohne ihn auskommen, Kreise, die das vom Cavaliere Geschaffene verwalten – und keineswegs aus der Welt schaffen – wollen. So lässt sich erklären, warum Berlusconis „Interessenkonflikt“ (der weiterhin in der europäischen Öffentlichkeit negative Wellen schlägt) weder beim Mitte-Rechts-Bündnis, noch bei der Mehrheit der Italiener ausreicht, um ihn aus der Regierung zu entfernen oder zumindest sein politisches Gewicht einzuschränken. Der Berlusconismus geht einher mit einer radikalen Erneuerung der Politikerklasse, auch wenn viele ihrer Vertreter aus traditionellen politischen Gruppierungen stammen (aus der so genannten „Ersten Republik“). Ja, es sind gerade die ehemaligen Christdemokraten und die ehemaligen Sozialisten, die zusammen mit den Exponenten der post-faschistischen Alleanza Nazionale und der Lega das technisch-professionelle Rückgrat der Regierung bilden. Berlusconiwähler stammen nicht exklusiv aus der Mittel- und Unterschicht. Wer sich heute wirtschaftlich und sozial benachteiligt fühlt – wo auch immer auf der sozialen Leiter er stehen mag – wendet sich dem Berlusconismus zu, der eine Änderung des Status quo verspricht, neue Spielregeln (da die alten als Bremsklotz für die Wirtschaft gelten), eine bürokratische Deregulierung und größere lokale Handlungsspielräume. Es gibt zwar heute – im Klima der großen Rezession –Versicherungen der Regierung, den in Schwierigkeiten geratenen Bürgern helfen zu wollen, aber in Italien überwiegt die Resignation. Es ist schwierig, die programmatischen Erklärungen der Regierung und ihre „politische Philosophie“ a priori zu deuten. In seinem Programm bezieht sich der Berlusconismus ganz allgemein auf „liberale“ Werte, auf „Modernität/Modernisierung“ und nebenbei bemerkt, wenn es um Fragen der Bioethik oder der zivilen Ethik geht, bezieht er sich ganz ehrerbietig auf rigoros „christliche Werte“ im Sinne der Katholischen Kirche. Im täglichen Politikgeschäft zählt jedoch nur die systematische und frontale Konfrontation mit der Linken und ihrer Kultur, und seit einiger Zeit wird die Linke der (wirklichen oder angenommenen) Verweigerung beschuldigt, mit der Regierung an der Überwindung der Krise zu arbeiten. Der Berlusconismus lebt von seinem Gegensatz zur linken Kultur – oft unter dem Vorzeichen eines posthumen „Antikommunismus“. Die Linke und ihr politisches und wirtschaftliches Erbe werden für alle italienischen Probleme verantwortlich gemacht. Dennoch gilt es zu betonen, dass die Prioritäten der Regierung Berlusconi heute nicht wirtschaftlicher Natur sondern „riforme“ der Gewaltenteilung sind, in Politik und Justiz. Im Gegensatz zu dem am Beginn seiner Karriere von ihm kultivierten „antipolitischen“ Bild, neigt der Cavaliere heute dazu, sich immer mehr als „Politiker und Staatsmann“ aufzuspielen. Als Berlusconi Anfang der 90er Jahre die politische Bühne betrat, stellte er sich polemisch und bewusst im Gegensatz zum Professionalismus der alten politischen Klasse als „l’uomo nuovo“ vor. Er schuf und entwickelte eine „Ein-Personen- Partei“ ganz neuen Zuschnitts (Forza Italia), ohne bürokratische Strukturen, mit Führungskräften, die er koordiniert und die von seiner Person abhängig sind. Heute präsentiert sich Berlusconi als derjenige, der das etablierte Parteienbild Italiens verändert hat, und – gestärkt durch die Unterstützung seiner Bündnispartner Alleanza Nazionale und Lega, die ihm ihre Regierungsbeteiligung verdanken – strebt er auch eine Verfassungsänderung in Richtung eines Präsidialsystems an.
 
3.
Wenn man sich all dies vor Augen hält, muss man den Begriff „Medienpopulismus“ neu überdenken, der auch in Deutschland so gerne benutzt wird, um dem „Phänomen Berlusconi“ beizukommen. Der Ausdruck ist viel zu vage und erklärt nicht sehr viel, wurde er doch auch schon aus anderen Anlässen und für andere politische Persönlichkeiten verwendet (beispielsweise für die Kanzler Helmut Kohl und Gerhard Schröder). Die These, in Italien herrsche eine Art Mediendiktatur oder eine Einschränkung der Meinungsfreiheit in der Öffentlichkeit, liefert ein falsches Bild. Zweifelsohne gibt es heute in Italien eine Überwachung des öffentlichen Fernsehsystems durch die Regierung Berlusconi, die eine zu lautstarke Kritik an der Regierung verhindert. Aber das ist zum einen kein exklusiv italienisches Phänomen, zum andern kann sich auch weiterhin eine Minderheit mit einigen regierungskritischen Fernsehsendungen identifizieren. Festzustellen ist jedoch eine zunehmende Selbstzensur von Journalisten bei Fernsehen und Presse. Gegenüber Berlusconi hat sich der Tonfall und der Stil vieler Kommentatoren auffällig verändert. Das italienische Mediensystem ist von zwei Faktoren gekennzeichnet: (1) dem absoluten Vorrang des Fernsehens im Vergleich zu den Printmedien (im Verhältnis zu seiner Bevölkerungszahl hat Italien eine der niedrigsten Zeitungsauflagen in Europa), und (2) dem bestehenden „Duopol“ des Fernsehsystems von öffentlich-rechtlicher RAI und dem privaten Konzern Mediaset, der sich im Besitz Berlusconis befindet. Ohne Frage schränken beide Faktoren den Pluralismus erheblich ein. An diesem Übel trägt jedoch nicht Berlusconi die Schuld, sondern die überkommene Parteiendemokratie; Berlusconi hat diese Entwicklung lediglich zu nutzen verstanden. Die Mitte-Links-Parteien aber, die von 1996 bis 2001 an der Regierung waren, haben keine gesetzlichen Maßnahmen ergriffen, um hier Abhilfe zu schaffen. Berlusconi ist nicht der Erfinder der Mediendemokratie überhaupt, sondern nur der Ausdruck ihrer italienischen Variante. Man muss hier das Zusammenspiel von Medientechnik und politischen Zielen der Mitte-Rechts-Koalition analysieren. In ihm liegt die besondere Qualität von Berlusconis Politainment beziehungsweise seines Medienpopulismus. Nur zu gern präsentiert sich der Cavaliere Berlusconi als jemand, der die alte als handlungsunfähig bezeichnete Parteienpolitik durch eine „Politik der Taten“ ersetzt. Ihm gelang die Schaffung eines unmittelbaren Vertrauensverhältnisses zwischen den Wählern und ihrem leader – ein in Italien durchweg geläufiger Ausdruck. Die Beziehung Berlusconis zu seiner eigenen Partei, der Forza Italia, dient dabei als Idealbild für die Schaffung einer Beziehung zu allen potentiellen Wählern. Dieser Prozess vollzieht sich vornehmlich mit Hilfe des Fernsehens, aber auch durch die Wahlwerbung, die immer wieder auf das persönliche Engagement des Cavaliere Bezug nimmt. Da es hier ohne Zweifel um ein mediales Vertrauensverhältnis zwischen Parteichef und Volk geht, kann man analytisch auf das klassische Konzept des Populismus zurückgreifen. Allerdings muss betont werden, dass es sich beim „Volk“ in diesem Fall nur um das Wahlvolk handelt, oder besser gesagt: um die Gruppe der „Wahlsieger“. Auf diesen Punkt werden wir später noch zurückkommen. An dieser Stelle möchten wir einige allgemeinere und durchaus bekannte Aspekte des Fernsehens behandeln, wie die Fiktion einer direkten Beziehung zwischen den Wählern und dem leader, die geschaffen wurde, um dem Image einer gewissen Lebensferne von Berufspolitikern entgegenzuwirken. Teil dieser Illusion ist die „fiktive Intimität“, die zwischen demjenigen entsteht, der im Fernsehen spricht, und demjenigen, der zu Hause vor dem Bildschirm sitzt. Sie begünstigt den Niedergang der elaborierten politischen Kultur und den Aufstieg der Alltagssprache, die voll von Gemeinplätzen und Vorurteilen ist. Abgesehen von der Sprache verleiht auch die Inszenierung dem politischen Ereignis die Atmosphäre einer reality show, in der die Fiktion realer erscheint als die Realität selbst. In diesem Ambiente präsentiert sich Berlusconi nicht unnahbar und lebensfern, sondern als ein erfolgreicher – weil fleißiger – Mann und als verantwortungsbewusstes Familienoberhaupt. Bekanntermaßen wird die politische Auseinandersetzung in der Fernsehdemokratie durch Talkshows ersetzt – eine Form der öffentlichen Debatte zwischen Politikern, die zwar in allen westlichen Ländern weit verbreitet ist, in Italien jedoch eine außergewöhnliche Bedeutung hat. Einige Talkshows entsprechen inoffiziellen politischen Gesprächsrunden, in denen Politiker Erklärungen abgeben, die eigentlich in ein Parteibüro oder Parlament gehören. Vor allem aber ist die Talkshow der politische Ort par excellence, an dem komplexe Argumentationen vermieden werden können. Bei entsprechender Schlagfertigkeit lässt sich der Gegner rhetorisch außer Gefecht setzen, ohne auf seine Argumente wirklich eingehen zu müssen. Einen siegreichen Eindruck bei den Zuschauern hinterlassen und den Gegner in Verlegenheit gebracht zu haben – das ist es, worauf es ankommt. Auch wenn Berlusconi den Soloauftritt vorzieht, ist er mit seiner überschwänglichen, mitunter aggressiven, immer aber außerordentlich emotionalen Präsenz auch Talkshow-Auftritten gewachsen. Dennoch sollte man Berlusconis Fernsehpopulismus nicht zu viel Gewicht beimessen. Er war zwar bei seinem Wahlsieg 2001 ein ausschlaggebender Neuheitsfaktor, aber schon 2005 konnte damit die Niederlage nicht mehr verhindert werden. Der Wahlsieg 2008 wiederum war jedoch (einmal abgesehen von der Enttäuschung über die Regierung Prodi) mehr als das Ergebnis von geschickt ausgeschlachtetem Alarmismus gegenüber der organisierten Kriminalität, der fehlenden Sicherheit der Bürger, der illegalen Einwanderung usw., zehrte also nicht nur von den üblichen Leitmotiven der europäischen Rechten.
 
4.
Für ein Verständnis der aktuellen Phase des Berlusconismus müssen weitere Punkte betrachtet werden. Wie schon gesagt, steht die Beseitigung von Berlusconis „Interessenkonflikt“ nicht mehr auf der Tagesordnung. Wenn die Frage angeschnitten wird, betrachten die Bundesgenossen des Cavaliere dies als unangebrachte Politisierung eines privaten und persönlichen Umstandes, der nicht als anormal betrachtet wird. Ähnliches gilt auch für die Serie von Gerichtsverfahren, die gegen Berlusconi angestrengt wurden, aus denen er im Wesentlichen unbeschadet hervorging. Diese Tatsache gilt seinen Unterstützern als Beweis dafür, dass der Cavaliere wirklich ein Opfer der „politischen Verfolgung“ durch die Gerichte war; ein deutliches Zeichen für die Dysfunktion der italienischen Justiz, die daher „eine Reform“ nötig habe. Berlusconi ist es tatsächlich gelungen, die Probleme der italienischen Justiz als Teil eines nationalen Notstands darzustellen: die Ineffizienz der Richterschaft (insbesondere was die Dauer der Verfahren betrifft), den überzogenen Einsatz polizeilicher Mittel (etwa die wahllose Telefonüberwachungen in der Vorphase von Ermittlungen) und insbesondere die Politisierung der Richter. Es muss gesagt werden, dass im Laufe der Zeit auch unparteiischen Beobachtern (und sogar Berlusconis Gegnern) die Missstände der italienischen Justiz nachdrücklich klar geworden sind. Dementsprechend wächst auch das Verlangen nach einer Justizreform, aber noch gibt es keine konkreten, von allen politischen Gruppierungen getragenen Reformkonzepte. Stattdessen verdächtigt man sich gegenseitig der politischen Instrumentalisierung der Reform für eigene Zwecke. Das andere vorrangige Ziel Berlusconis ist es, die Regierungsarbeit wirksamer zu gestalten und den Entscheidungsfindungsprozess im Parlament zu beschleunigen. So übersetzt er den Wunsch eines Großteils der Italiener nach schnellen, drastischen und klaren Beschlüssen. Berlusconis Entschlussfreudigkeit gründet also in der Verfassung Italiens, die an der Zentralität des Parlaments festhält. Der Cavaliere macht aus seinem Ehrgeiz, die Verfassung in präsidentiellem Sinn zu ändern, keinen Hehl. Auf diesen Punkt werden wir noch zu sprechen kommen.
 
5.
Wenn man nach einem Ausdruck suchte, der die Natur des Berlusconismus heute am besten zusammenfassen könnte, so müsste man von „demokratischem Populismus“ sprechen. Der Ausdruck – historisch keineswegs ein Original – ist freilich in diesem Fall weniger allgemein zu verstehen, als er normalerweise verwendet wird. Beginnen wir mit dem Begriff „popolo/Volk“, der hier genau im Sinne von „popolo-degli-elettori/Wahlvolk“ zu verstehen ist: die Mehrheit der Wähler verkörpert automatisch „den souveränen demos“, der sogar die Verfassung nach seinem Willen gestalten kann. Jeder Wahl – charakterisiert in ihren kommunikativ-medialen Aspekten von typisch plebiszitären Zügen, mit einer Art Hyper-Personalisierung und dem Verfall der Politik zum Spektakel – wird ein virtuell verfassungsgebender Charakter zugeschrieben. Hinter Wahlversprechen wie „Veränderung“ und „Innovation“ wird der Verzicht auf das klassische Verständnis der Verfassung als Gleichgewicht und Gewaltenteilung im prinzipiellen Einverständnis der gegnerischen politischen Kräfte versteckt. „Demokratisch“ bleibt nur der Wahlmechanismus, dessen Ergebnis ein radikal angewandtes spoils system zu rechtfertigen scheint (bei dem der Gewinner die Verteilung der Posten bestimmt). Die andere Komponente dieses demokratischen Populismus ist die mediale Beziehung zwischen den Wählern und dem leader, dem charismatische Eigenschaften zugeschrieben werden. (Derzeit stammen die emphatischen Huldigungen an den leader – seien sie spontan, naiv oder gesteuert – noch weitgehend aus dem Bereich der italienischen Subkultur). Sicherlich schwindet die Zentralität der parlamentarischen Mediation, auch wenn natürlich die Rolle der parlamentarischen Vertretung nie offiziell negiert wird. Doch die Abgeordneten der Forza Italia spielen beispielsweise eher die Rolle von Vertretern des leaders (auf den sie sich im Wahlkampf ausdrücklich beziehen). Inzwischen hat Berlusconi die Forza Italia aufgelöst und eine neue politische Gruppierung geschaffen: „Popolo della Libertà“, die auch die „Alleanza Nazionale“ einschließt. Der neue Verband, obwohl er nur allzu deutlich das Konzept „Volk“ („popolo“) heraufbeschwört, hat nichts mit einem „Partito Popolare“ (Volkspartei) traditionellen Zuschnitts zu tun. Noch weniger hat er mit der alten Democrazia Cristiana zu tun, die heute von vielen als Modell neu bewertet wird. Dem „Popolo della Libertà“ fehlt nicht nur die Organisationsstruktur einer traditionellen Massenpartei, auch ihre soziale Basis (das Volk) ist grundlegend anders. Das Wahl-Volk ist im Verhältnis zu der Klassenunterteilung der traditionellen Gesellschaft und ihrer parteipolitischen Interessenprojektionen sozial entstrukturiert. Das Phänomen ist bekannt: die soziale Schichtung ist – ohne ihre grundlegend klassenspezifischen Eigenschaften zu verlieren – sehr komplex geworden, und zwar wegen der unterschiedlichen Einkommensquellen und Arbeitspositionen, wegen der Vielfalt an Lebens- und Konsumstilen, wegen der verbreiteten sozialen Selbstperzeption als freischwebendes Individuum. Es ist kein Zufall, dass Berlusconi nie von „sozialen Klassen“ spricht, sondern – ganz politically correct – von „erfolgreichen/weniger erfolgreichen Bürgern“, von „Privilegierten/ Unterprivilegierten“, die unteren Klassen bestehen aus denjenigen, die „zurück geblieben“ sind. Die soziale Homogenität entsteht nur in der (vorgeblichen) Unmittelbarkeit der Beziehung leader-Wähler. Bei genauerem Hinsehen sieht man jedoch, dass die gesamte direkte Beziehung zwischen leader und Wahlvolk nicht mehr als eine – vornehmlich mediale – Fiktion ist.
Es gibt auch in präsidentiellen Regierungssystemen (amerikanischer oder französischer Spielart) eine direkte Beziehung zwischen Wählern und leader, die unter Umständen populistische Züge annehmen kann, nur fehlt im Falle des Berlusconismus die eigentlich präsidentielle Legitimation. Berlusconi als charismatische Person möchte die Machtfülle und die institutionelle Rolle eines (amerikanischen oder französischen) Präsidenten besitzen. In diesem Sinn kann man von einem informellen oder schleichenden Präsidentialismus sprechen, der – im Namen seines Wählervolkes – die existente Verfassungsordnung bedroht. Um die italienische Anomalie zu erklären, sprach und spricht man gerne von einer Trennung, wenn nicht gar von einer Entfremdung, zwischen dem „politischen System“ („ineffizient“ und „inadäquat“) und der „Zivilgesellschaft“ (vermutlich „aktiv“ und „dynamisch“). Unter diesem Blickwinkel appellieren viele Linke an die italienische „Zivilgesellschaft“, sich Berlusconi entgegenzustellen. Das aber ist eine naive Fehleinschätzung. Der Berlusconismus ist ja selbst Ausdruck der italienischen „Zivilgesellschaft“. Oder, wenn man will, könnte man auch von einer Verirrung der Zivilgesellschaft in ihrem Inneren sprechen, auf die der Berlusconismus eine Antwort sucht. Man darf jedenfalls nicht vergessen, dass viele soziale Pathologien (endemische Komplizenschaft weiter sozialer Kreise mit Mafia und Camorra, ein ganz allgemeines Fehlen von Gemeinsinn und Staatssinn, asoziales Verhalten und latenter Rassismus) nicht von außen kommen, sondern aus dem Inneren der Zivilgesellschaft. Es hat also keinen Sinn, „die Zivilgesellschaft“ und das „politische System“ antagonistisch einander gegenüber zu stellen, als ob es sich um zwei Pole oder autonome Größen handele. Ein Großteil der Mitglieder der linken politischen Kultur fällt diesem Missverständnis anheim. Ihnen kann man vorhalten, was sie seit Jahren wiederholen, dass die italienische „Zivilgesellschaft“ eine „menschennahe“ Politik fordere, politische leader erwarte, die keine „Spielbälle von Palastintrigen“ sind, sondern zu großen Entscheidungen fähig, die das politische System vereinfachen und den innerparteilichen Streitigkeiten ein Ende bereiten. Und Berlusconi verkündet heute, genau diese Kriterien zu erfüllen. Seine Antworten mögen die falschen sein, aber man kommt nicht gegen sie an, indem man eine idealisierte „Zivilgesellschaft“ imaginiert, die es gar nicht gibt. Wenn man eine passendere und realistischere Vorstellung der Zivilgesellschaft hat, verstanden als Zusammenspiel von sozialen Vereinigungen, Gruppen und Bewegungen, die Ressourcen wie Vertrauen, Kommunikations- und Teilnahmefähigkeit aktivieren, und gleichzeitig eine oft untereinander zerstrittene Interessen- und Rechtspluralität vertreten, die Autonomie vom Staat verlangen, aber zusammen seinen Schutz brauchen – dann wird das Bild vielschichtiger und nicht mehr so einfach zu handhaben. Niemand kann das Monopol der Interpretation der Anliegen der „Zivilgesellschaft“ für sich einklagen, denn die Anliegen der Zivilgesellschaft sind so heterogen wie ihre Zusammensetzung.
 
6.
Werfen wir jetzt kurz einen Blick zurück, um in großen Linien die Ära Berlusconi mit ihren Kontinuitäten und Brüchen nachzuzeichnen. Wenn Italien seit Anfang der neunziger Jahre eine Krise der traditionellen Parteiendemokratie durchlebt hat, so ist dies vor allem auf die Europäisierung zurückzuführen, nicht etwa auf die vermeintliche „Kolonisierung“ der Politik durch das von einem Medienzar dominierte Informationswesen. Dass es mit Berlusconi zum größten Umbruch in der politischen Klasse seit 1945/48 gekommen ist, steht außer Frage. Möglich wurde dieser jedoch erst aufgrund einer strukturellen Krise des traditionellen Parteiensystems, die Berlusconis Weg in die Politik vorausging. So ist Berlusconi gewiss nicht für den Untergang der alten Democrazia Cristiana, die Auflösung des Partito Socialista Italiano und die Wandlung des Partito Comunista Italiano verantwortlich. Die Umstrukturierung des traditionellen politischen Systems, die mit „Tangentopoli“ einsetzte, wurde durch Berlusconi lediglich zu einem Ende geführt. Zugleich gelang es ihm, sich der als „politisiert“ gebrandmarkten Justiz zu entziehen und ein allgemeines Klima des Misstrauens gegenüber der „Justizrevolution“ zu schaffen. Dieses Klima veranlasste die Parlamentsmehrheit dazu, innerhalb weniger Jahre eine umstrittene Reform des italienischen Rechtssystems zu beschließen. Indem Berlusconi in der ganz auf ihn zugeschnittenen Partei Forza Italia zum einen die Alleanza Nazionale (die ehemaligen Neofaschisten), zum anderen mit der UDC (Unione die Democratici Cristiani) auch einen Teil der ehemaligen Christdemokraten integrieren konnte und überdies die Lega Nord andockte, trieb er die Polarisierung des politischen Systems weiter voran. Die Opposition bestand zuerst aus der Mitte-Links-Koalition um den ehemaligen Präsidenten der Europäischen Kommission, Romano Prodi, die sich Ulivo und schließlich Unione nannte. Nach der Niederlage der Unione sind heute die wesentlichen politischen Gegner von Berlusconi der Partito Democratico, der ideelle Nachfolger des Ulivo, und „Italia dei Valori“, eine Gruppierung, die von dem ehemaligen Ermittler im Tangentopoli-Skandal, dem Mitglied des Europäischen Parlaments und italienischen Senats, Antonio Di Pietro, geleitet wird. Die Entstehung zweier gegnerischer Lager, die von Berlusconi beschleunigt worden ist, hat zu einer Repolitisierung der Gesellschaft geführt – und nicht zu einer Entpolitisierung, wie sie von einigen Wissenschaftlern vorhergesagt, ja geradezu befürchtet worden ist. Allerdings führt diese Repolitisierung nicht nur zu einem verschärften Lagerdenken, sondern begünstigt bisweilen politikfeindliche Einstellungen – bis hin zur Diffamierung von Berufspolitikern. Mit einer Entpolitisierung haben diese Phänomene gleichwohl nichts gemein.
 
7.
Nun einige Bemerkungen zur Justiz. Nichts bringt Berlusconis Vorstellung der Justiz besser zum Ausdruck als eine Erklärung aus dem Jahr 2003. Ende Januar 2003, einen Tag nachdem das Mailänder Gericht als Verhandlungsort für die Prozesse gegen Berlusconi und seinen Freund und Anwalt Cesare Previti wegen Richterbestechung bestätigt worden war, wurde eine Videoaufnahme ausgestrahlt, in der der Ministerpräsident wörtlich erklärte: „In einer liberalen Demokratie kann derjenige, der durch souveränen Wählerwillen regiert, solange er im Amt ist und die Staatsangelegenheiten leitet, nur von seinesgleichen, das heißt von vom Volk gewählten Vertretern, verurteilt werden. Die Regierungsgewalt obliegt dem Volk und dem, der es repräsentiert. Sie kommt nicht demjenigen zu, der nach einem erfolgreichen Bewerbungsverfahren und in eine Robe gekleidet, die Aufgabe hat, Recht zu sprechen“. Diese Thesen spiegeln zwar keineswegs die allgemeine Meinung der Bevölkerung, aber es besteht kein Zweifel, dass sich die Idee der Notwendigkeit einer Justizreform inzwischen in Italien durchgesetzt hat. Die Positionen der politischen Parteien sind jedoch weit voneinander entfernt. Wie schon erwähnt, dominiert bei der Rechten wie der Linken die Überzeugung, dass die Reformen oder ihr Ausbleiben nichts mit der Effizienz der Justiz, sondern mit ihrer Politisierung zu tun hätten (da sie von einer bestimmten politischen Ausrichtung abhängen). Die Anhänger von Berlusconi möchten den heute in Gerichtsverhandlungen „dominierenden“ Staatsanwalt in einen einfachen „Anwalt der Anklage“ mit der Verteidigung ähnlichen Rechten und Pflichten verwandeln. Auf diese Weise werde ein Gleichgewicht zwischen den Parteien in einem Verfahren hergestellt, in dem heute – so Berlusconi – die Anklage begünstigt sei. Die neue Figur des Staatsanwaltes soll in einen eigenen Verband organisiert werden, mit eigenen Zugängen und Karrieren, und einem eigenen Consiglio Superiore (Oberster Rat). Die Gegner dieses Konzepts, darunter die linksliberalen Richter, fürchten die Schaffung eines autonomen Verbandes von Staatsanwälten, aus dem eine unkontrollierbare Körperschaft mit eigenen politischen Zielen entstehen könnte – schlimmstenfalls eine Körperschaft im Dienste von Regierungsanweisungen. Die Kritiker sehen in Berlusconis Vorschlägen (die auch das Recht der Polizei enthalten, Untersuchungen ohne richterliche Autorisierung durchzuführen) einen Versuch, die Generalstaatsanwaltschaften zu schwächen, die in den letzten Jahren hervorragende Arbeit bei der Kontrolle der Politik geleistet haben. Berlusconi und seine Förderer sehen das genau umgekehrt und denunzieren die Politisierung der heutigen Justiz, die zur Einschüchterung der aktivsten Elemente der italienischen Gesellschaft geführt habe. Die Reform der italienischen Justiz scheint deshalb ein komplexes Problem zu sein, weil die Neuerungen, die zur Erhöhung ihrer Effizienz für nötig gehalten werden, eng an politische Beurteilungen gebunden sind und damit als Spiegel einer aktuellen Verfassungskrise gelten müssen. Etwas Ähnliches kann man auch bei den Vorschlägen zur konstitutionellen Reform selbst beobachten. Zur Zeit hat die Regierung kein genaues Reformkonzept in Sinne einer Präsidialverfassung oder in Richtung eines sogenannten „Premierato“ (d. h. eine Verstärkung der Kompetenzen des Ministerpräsidenten). Seit Jahrzehnten spricht man in Italien – erfolglos – von diesen Reformen. Der einzige Fixpunkt für die Mitte-Rechts-Gruppierung ist die Absicht, die Entscheidungsfähigkeit der Exekutiven, insbesondere des Premiers, zu stärken. Mitte-Links andererseits ist gegen jede Initiative, die zu schleichenden Formen von Autoritarismus führen könnte. Im Augenblick erleben wir die Konfrontation zweier kontrastierender Positionen: Auf der einen Seite wird vom Mitte-Links Lager und dem Präsidenten der Republik die Unantastbarkeit der bestehenden Verfassung verfochten und auf der anderen Seite sehen wir die Position des Mitte-Rechts Lagers, das auf der Notwendigkeit einer Verfassungsänderung besteht – ohne jedoch über konkrete Instrumente zur Umsetzung zu verfügen. Abgesehen von seiner medialen Hauptdarstellerrolle gibt sich Berlusconi im Übrigen – ganz im Stil des „Dezisionismus“ – damit zufrieden, systematisch Rechtsverordnungen im Parlament durchzudrücken und einzelne Elemente der institutionellen Struktur in seinem Sinne umzubauen. Was als Verfassungsreform nicht durchsetzbar ist, versucht er, über die Regierungspraxis zu erreichen. In diesem Sinne ist es durchaus angebracht, von Berlusconis Neigung zu einem informellen Präsidentialismus zu sprechen, einer Neigung, die ihm von günstigen politischen Bedingungen erleichtert wird.
 
8.
Eine kurze provisorische Bilanz. Der Wandel des italienischen demokratischen Systems im Zusammenhang mit dem Berlusconismus ist das Ergebnis einer Vielfalt von Faktoren. Er kann nicht auf den Willen oder die Persönlichkeit eines Mannes und seiner Anhänger zurückgeführt werden. Wenn meine Analyse korrekt ist, ist der Berlusconismus das Symptom einer Krise sowohl der politisch-parteilichen Repräsentation in Italien wie auch der Regierungsfähigkeit – und somit eine Antwort darauf. Allerdings würde ich nicht von einer Krise der Demokratie tout court sprechen. Der „demokratische Populismus“ mit seinen oben beschriebenen plebiszitär-medialen Charakteristika ist eine von mehreren Möglichkeiten, auf die beiden Defizite in der Repräsentation und der Entscheidung zu antworten und sie zu ersetzen. Dies ist nicht der Ort, um über den Sinn einer Reform im Sinne einer Präsidialdemokratie (nach französischem oder amerikanischem Muster) oder zumindest über Möglichkeiten zur Stärkung der Exekutiven in Italien zu spekulieren. Seit Jahren wird darüber diskutiert, aber gegen die Opposition nicht nur der Linken, sondern auch anderer Parteien der Mitte (einschließlich der ehemaligen Christdemokraten) ließ sich das Vorhaben nicht durchsetzen. Der Ruf nach stärkeren Entscheidungskompetenzen für die Regierung wird in Italien jedoch nicht leiser, sondern lauter. Es führt an dieser Stelle auch zu weit, zu diskutieren, ob es sich um ein ernsthaftes Desiderat und eine reale Notwendigkeit für die italienische Demokratie handelt oder nur um ein Ablenkungsmanöver, hinter welchem die konkreten sozio-ökonomischen Probleme des Landes versteckt werden. Berlusconis Erfolg steht und fällt auch mit der Erfüllung der Erwartung, dass seine Regierung klare Entscheidungen fällt, die im Gegensatz zu der (scheinbaren) Unentschlossenheit anderer Regierungen (inklusive der Romano Prodis) nicht als Kompromisslösungen angesichts lähmender Interessengegensätze angesehen werden. Daher der präsidentielle Stil, den Berlusconi auch ohne formell konstitutionelle Reformen praktiziert. Vor diesem Hintergrund müssen die politischen Angelegenheiten betrachtet werden, die am Anfang angesprochen wurden. Wird Silvio Berlusconi in dieser Legislaturperiode in eine andere Rolle schlüpfen? Wird sich das politische Gleichgewicht in Italien ändern? Sollte es gar zu einer Kehrtwende kommen? Meiner Meinung nach steht in der nächsten Zeit keine drastische Änderung der politischen Gewichtsverteilung ins Haus. Besonders die traditionelle Linke („radikal“ oder „gemäßigt“) scheint keine besonders großen Wachstumschancen zu haben, während die anderen kleineren Parteien, wie Lega oder UDC, ihr Gewicht zu verstärken scheinen. Wahrscheinlich hat Berlusconi mit der Gründung des Popolo della Libertà, das er monopolisieren und unangefochten führen wollte, auch die Grenzen seines persönlichen Einflusses über das Mitte-Rechts Spektrum erreicht. Er wird sich mehr als bisher mit seinen Freunden im Inneren und Verbündeten außen (insbesondere der Lega) auseinandersetzen müssen. Diesen Preis wird er zahlen müssen für seine privaten Fehltritte, die dem Bild vom großen Leader zugesetzt haben. Anstatt die Rolle des „entschlussfreudigen Präsidenten“ zu genießen, wird er Kompromisse machen und zwischen anspruchsvoll gewordenen Freunden und Alliierten vermitteln müssen. Auch mit einem Cavaliere in der Bredouille ist das Ende des Berlusconismus nicht zu erwarten. In Italien ist eine neue stabile Rechte entstanden, es hat eine Veränderung des demokratischen Denkens und Handelns in Italien eingesetzt, das nicht mehr rückgängig zu machen sein wird.
 

Sie haben noch keine Lizenz? Dann Informieren Sie sich jetzt über unsere Produkte:

Springer Professional "Wirtschaft+Technik"

Online-Abonnement

Mit Springer Professional "Wirtschaft+Technik" erhalten Sie Zugriff auf:

  • über 102.000 Bücher
  • über 537 Zeitschriften

aus folgenden Fachgebieten:

  • Automobil + Motoren
  • Bauwesen + Immobilien
  • Business IT + Informatik
  • Elektrotechnik + Elektronik
  • Energie + Nachhaltigkeit
  • Finance + Banking
  • Management + Führung
  • Marketing + Vertrieb
  • Maschinenbau + Werkstoffe
  • Versicherung + Risiko

Jetzt Wissensvorsprung sichern!

Springer Professional "Wirtschaft"

Online-Abonnement

Mit Springer Professional "Wirtschaft" erhalten Sie Zugriff auf:

  • über 67.000 Bücher
  • über 340 Zeitschriften

aus folgenden Fachgebieten:

  • Bauwesen + Immobilien
  • Business IT + Informatik
  • Finance + Banking
  • Management + Führung
  • Marketing + Vertrieb
  • Versicherung + Risiko




Jetzt Wissensvorsprung sichern!

Fußnoten
1
Die Polemik in der Auslandspresse um Berlusconi ist alles andere als neu. Einige Beispiele: Angefangen hat The Economist: „Why Berlusconi is Unfit to Lead Italy“ (28. April 2001); „Dear Mr. Berlusconi, Our Challenge to Italy’s Prime Minister“ (30. Juli 2003). Aber siehe auch Le Monde, „L’Italie qui refuse Berlusconi“ (24. März 2002); Der Spiegel „Berlusconi: der Pate, jetzt auch in Europa“ (30. Juni 2003): Im April 2009 schlägt The Economist wieder in dieselbe Kerbe „Berlusconisation of Italy“; in Deutschland versteigt sich die Presse in einer Titelgeschichte des Stern (Juni 2009) zur Kommödie: Macht & Amore. Wie Berlusconi unser Urlaubsland regiert, während Der Spiegel (Juli 2009) Italien als „Berlusconistan“ definiert.
 
2
Anfang September 2009 war in der (Auslands-)Presse nach der schweren Attacke einer von Berlusconis Zeitungen gegen den Direktor der offiziellen Zeitung der italienischen Bischofskonferenz (Avvenire) von einem unüberwindbaren Konflikt zwischen der katholischen Kirche und der Regierung zu lesen. In der Tat trat der Direktor unter dem Wehgeschrei der Katholiken zurück, aber der Kirchenhierarchie gelang es, den Konflikt schnell beizulegen. Zu stark ist das Interesse der italienischen Kirche an den Vorteilen, die eine – in der Geschichte Italiens beispiellos – „freundliche“ Regierung zu bieten weiß.
 
3
Die Suche möglicher Analogien zum historischen Faschismus setzt eine Neuuntersuchung des italienischen Faschismus unter Mussolini in seiner ersten Phase – von 1922 bis in die frühen dreißiger Jahre – voraus, in der man eindeutig trennen kann zwischen repressiven Elementen des autoritären Regimes, getragen von der Komplizenschaft breiter sozialer Kreise, und den spätliberalen politischen Institutionen. Aber es ist ein historisch problematisches Unterfangen. Zum Fall Berlusconi könnte man eventuell Analogien in den Haltungen und Projekten von Bettino Craxi finden. Craxi war der sozialistische leader der PSI und Ministerpräsident in den 80er Jahren (und Freund von Berlusconi). Aber der damalige politische und Parteienrahmen war radikal anders.
 
Metadaten
Titel
Der „Berlusconismus“ – eine Mutation des demokratischen Systems in Italien?
verfasst von
Prof. Dr. Gian Enrico Rusconi
Publikationsdatum
01.12.2009
Verlag
VS-Verlag
Erschienen in
Leviathan / Ausgabe 4/2009
Print ISSN: 0340-0425
Elektronische ISSN: 1861-8588
DOI
https://doi.org/10.1007/s11578-009-0057-y

Weitere Artikel der Ausgabe 4/2009

Leviathan 4/2009 Zur Ausgabe

Premium Partner