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2023 | Buch

Der Code der Mathematik

Beweis und Wahrheit

verfasst von: Stefan Müller-Stach

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

Motiviert durch aktuelle Entwicklungen in der abhängigen Typentheorie und bei Unendlichkategorien präsentiert dieses Buch die Ideengeschichte der Begriffe Wahrheit, Beweis, Gleichheit und Äquivalenz. Neben ausgewählten Ideen von Platon, Aristoteles, Leibniz, Kant, Frege und anderen werden Resultate von Gödel und Tarski über Unvollständigkeit, Unentscheidbarkeit und Wahrheit in deduktiven Systemen und ihren semantischen Modellen vorgestellt. Der Hauptgegenstand dieses Textes ist die abhängige Typentheorie und neuere Entwicklungen in der Homotopy Type Theory. Diese Theorien beinhalten Identitätstypen, die neue Möglichkeiten für Gleichheit, Symmetrie, Äquivalenz und Isomorphie auf konzeptuelle Weise eröffnen. Die Interaktion von Typentheorie und Unendlichkategorien ist ein neues Paradigma für eine strukturelle Sichtweise auf die Mathematik. Sie fördert auch den neuen Trend zur Formalisierung von Mathematik in Form von Beweisassistenten.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Kapitel 1. Grundlegende Fragen
Zusammenfassung
Was ist Mathematik und was sind ihre Gegenstände? Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten. Aus der Beobachtung der Welt schöpfen wir seit jeher Inspiration für mathematische Konzepte. Im Grunde ist sie jedoch eine a priori Wissenschaft, denn sie beruht weder auf Erfahrung noch auf anderen Voraussetzungen. Ihre einfachsten Grundzüge scheinen in unserem Gehirn evolutionär angelegt zu sein.
Stefan Müller-Stach
Kapitel 2. Wissenschaftssprachen
Zusammenfassung
Die Suche nach einer Universalsprache der Menschheit ist ein alter Wunschtraum. Die babylonische Sprachverwirrung, durch die sich die Menschheit nur schwer verständigen kann, warf schon immer Probleme auf. Im Lauf der Jahrhunderte gab es unterschiedliche Ansätze zur Erfindung neuer künstlicher interlinguistischer Plansprachen für die einfachere Verständigung im Alltag und formaler Sprachen als Unterstützung der Wissenschaft.
Stefan Müller-Stach
Kapitel 3. Mathematisches Denken
Zusammenfassung
Sätze wie „In Mathe war ich immer schlecht“ oder „Was gibt es in der Mathematik noch zu forschen?“ sind in den Medien und bei privaten Treffen an der Tagesordnung und bereiten den Fachleuten regelmäßig unangenehme Gefühle. Viele Menschen sind stolz auf ihre fehlenden Kenntnisse in Mathematik, selbst wenn sie sich für ihre sonstigen intellektuellen Defizite schämen. Auch wenn wir nicht erwarten können, dass Mathematik allen Menschen wichtig ist, sollten wir das mathematische Curriculum in den Schulen weiterentwickeln und diese Situation zu verändern versuchen.
Stefan Müller-Stach
Kapitel 4. Mathematik in unserer Kultur
Zusammenfassung
Die Mathematik ist eine multikulturelle Wissenschaft mit reicher Vergangenheit. Wir wissen nicht genau, wann und wo sie zuerst entstand. Anfänge, die über einfache Zählverfahren hinausgehen, finden sich im alten Orient bereits vor der griechischen Antike, bei den Maya, in China und Indien sowie an vielen weiteren Orten in der Welt. Mit Sicherheit war sie von Anfang an eine Kulturtechnik, die konkrete Anwendungen in praktischen Bereichen der damaligen Gesellschaften hatte. Erst in der griechischen Antike entwickelte sich langsam eine mathematische Wissenschaft mit den grundlegenden Gebieten Arithmetik, Geometrie und Logik.
Stefan Müller-Stach
Kapitel 5. BerechenbarkeitBerechenbarkeit und EntscheidbarkeitEntscheidbarkeit
Zusammenfassung
Die Idee der Rekursion und der vollständigen Induktion ist sehr alt. Aber erst im 19. Jahrhundert hat Richard Dedekind mit seinen Büchern\(^\text {148}\) „Stetigkeit und Irrationalzahlen“ und „Was sind und was sollen die Zahlen?“ die grundlegenden Eigenschaften der natürlichen Zahlen auf ein solides Fundament gestellt und den Aufbau des Zahlsystems mit den ganzen, rationalen und reellen Zahlen aus den natürlichen Zahlen heraus definiert. Eine seiner wichtigsten Leistungen war die Entdeckung und der Beweis des Rekursionssatzes.
Stefan Müller-Stach
Kapitel 6. Deduktive Systeme und Unvollständigkeit
Zusammenfassung
In der Antike entwickelte sich der wissenschaftliche Diskurs rasant. Arithmetische und geometrische Theoreme wurden unter Annahme von Axiomen präzise hergeleitet. Euklids einflussreiches Buch „Elemente“ ist Ausdruck dieser Kultur. Aus heutiger Sicht liegt jedem mathematischen Beweis ein syntaktischer Kalkül zugrunde, den wir als deduktives System bezeichnen. Dieses Konzept umfasst eine formale Sprache und logische Schlussregeln. Nach Weiterentwicklungen der aristotelischen Logik bei Llull, Leibniz, Bolzano und anderen, führte erst Frege in seiner „Begriffsschrift“ ein deduktives System heutiger Art ein. Gleichzeitig entwickelte sich die Rekursionstheorie und die Axiomatik der Arithmetik durch Dedekind. Wenig später legte Peano die Grundlagen der heutigen Notation in der Logik.
Stefan Müller-Stach
Kapitel 7. Kategorientheorie
Zusammenfassung
Die Kategorientheorie ist – neben der Mengenlehre und der Typentheorie – eine der drei möglichen Grundlagen der Mathematik. Sie inkorporiert das strukturelle mathematische Denken auf abstrakte Weise und eignet sich gut für die Begründung einer mathematischen Semantik. Richard Dedekind hat in gewisser Weise den Strukturalismus in der Mathematik begründet. Er erkannte, dass mathematische Objekte, wie zum Beispiel die Zahlen, viele isomorphe Mengenrealisierungen besitzen können. Es sind nur ihre Operationen und strukturellen Eigenschaften, denen eine Eindeutigkeit zukommt. Dedekind hat die natürlichen Zahlen in seinem Buch „Was sind und was sollen die Zahlen?“ als Ketten axiomatisch charakterisiert und ihre Eindeutigkeit bis auf Isomorphie mit dem Rekursionssatz bewiesen.
Stefan Müller-Stach
Kapitel 8. TypentheorieTypentheorie
Zusammenfassung
Aus der Entdeckung der Antinomien der Mengenlehre zog Bertrand Russell die Schlussfolgerung, dass eine Hierarchisierung mathematischer Objekte notwendig ist. Als Ausweg erfand er die Typentheorie. Seine Ideen gingen in das Buch „Principia Mathematica“ mit Alfred North Whitehead ein. Die Darstellung darin wirkte kompliziert und setzte sich zunächst nicht durch. Leon Chwistek und Frank P. Ramsey versuchten, einige dieser Probleme zu beheben und schufen die einfache Typentheorie. Jedoch machte erst ein Artikel von Alonzo Church diesen Ansatz unter Verwendung des \(\lambda \)–Kalküls allgemein bekannt.
Stefan Müller-Stach
Kapitel 9. Semantik und Wirklichkeit
Zusammenfassung
In heutigen Gesellschaften ist der Prozess der Wahrheitsfindung mit Schwierigkeiten verbunden. Die Wahrheit von wissenschaftlichen Thesen muss ständig hinterfragt werden, weil wir ihr nur in Einzelschritten näher kommen und selbst der Wissenschaftsbetrieb nicht fehlerfrei arbeitet. Im nichtwissenschaftlichen Bereich sind komplexe oder konditionale Aussagen schwer zu vermitteln und manche Erkenntnisse gelangen gar nicht oder langsam in die Öffentlichkeit. Zudem gibt es unterschiedliche Denkschulen, Vorurteile, Beeinflussungen von Meinungen und nicht zuletzt Dummheit und Ignoranz.
Stefan Müller-Stach
Backmatter
Metadaten
Titel
Der Code der Mathematik
verfasst von
Stefan Müller-Stach
Copyright-Jahr
2023
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-66562-6
Print ISBN
978-3-662-66561-9
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-66562-6