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1996 | Buch

Der „Information Superhighway“

Amerikanische Visionen und Erfahrungen

herausgegeben von: Hans J. Kleinsteuber

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Einleitung

Einleitung
Zusammenfassung
Vor dem National Press Club hielt der amerikanische Vizepräsident Al Gore im Dezember 1993 eine Rede, die mit Anekdoten und Anspielungen gespickt war, von dem Untergang der Titanic bis zu Michael Faraday, dem Erfinder des elektrischen Generators. Geschickt flocht er dabei neue Vorstellungen von einer National Information Infrastructure ein, für deren Verdeutlichung er mit einer berühmt gewordenen Metapher arbeitete. „Today, commerce rolls not just on asphalt highways but along information highways“ (Gore 1993: 19). Mit diesem Topos stieß der Politiker eine neue Tür auf.
Hans J. Kleinsteuber

Metaphern und Visionen

Frontmatter
Der Information Superhighway: Analyse einer Metapher
Zusammenfassung
Zur Funktion einleitender Beiträge zählt gemeinhin, das Thema in seiner Breite zu umreißen. Dieser sucht eine Annäherung an den Begriff durch Zerteilung des Wortungetüms Information Superhighway in die einzelnen Komponenten ‘Information’, ‘Super’ und ‘Highway’, wobei Nachfragen zu Metaphorik und Symbolik, aber auch deren Verhältnis zur Realität im Mittelpunkt stehen. Dabei sollte betont werden, daß die Begrifflichkeit variiert, inbesondere fehlt mitunter der Zusatz ‘Super’, ohne das Substanz verlorengeht. Erfolgreiche Begriffe - wie der hier behandelte - leben nicht von ihrer unmittelbaren Aussagekraft, viel wichtiger sind die vielfältigen Assoziationen, die sie bei ganz unterschiedlichen Adressaten auslösen und die darauf bauenden emotionalen Reaktionen. Den Begriff Information Superhighway zeichnet ja gerade aus, daß es ihm offensichtlich gelingt, einen breiten positiv gestimmten Konsens in den USA über einen keineswegs unumstrittenen Sachverhalt zu schaffen.
Hans J. Kleinsteuber
Das Media Lab — Konzept und Visionen
Zusammenfassung
Nicholas Negroponte, Direktor des Media Läboratory (Media Lab) am Massachusetts Institute of Technology (M.I.T.), verdichtet die Veränderungen auf dem Weg in die multimediale Zukunft in einer einfachen Formel: den Übergang von der Welt der Atome in die Welt der Bits und Bytes. Das Informationszeitalter, das sieh schon heute durch eine bisher nicht gekannte Vielfalt von Informations- und Kommunikationsangeboten auszeichnet, tritt damit in eine neue Phase. Auf der Ebene der medialen Inhalte verschmelzen Bild, Bewegtbild, Text und Ton miteinander zu Multimedia (die sog. Negroponte-Implosion).
Arnold C. Kulbatzki
A Road to Electronic Democracy? — Politische Theorie, Politik und der Information Superhighway in den USA
Zusammenfassung
„Electronic Republic“, „Virtual Washington“, „Digital Democracy“, „Hyperdemocracy“: Mit einer Vielzahl von Schlagwörtern wird in den USA zur Zeit über die Zukunft des politischen Systems diskutiert. Medienwirksam werden dabei Hoffnungen und Ängste gegeneinander ausgespielt. Während Nerwsweek die Constitution im Ansturm der digitalen Medien „verbrennen“ sieht (Levy 1995: 26), feiert Kevin Philipps in Time die neuen Technologien „als einen Schlüssel zur Revitalisierung amerikanischer Politik“ (Philipps 1995: 65). Utopien beschwören die Ankunft einer neuen Demokratieform, in der sich die Bürger mit Hilfe besserer Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten die Regierung aus den Händen einer elitären politischen Klasse zurückerobern. Pessimistische Szenarien dagegen befurchten einen Orwell’sehen Staat im Stile von big brother, der mit bisher ungeahnten Kontrollund Manipulationsfähigkeiten die Freiheit und den pursuit of happiness der Bevölkerung bedrohen könnte.
Martin Hagen

Entscheidungsprozesse und Planungsverfahren

Frontmatter
Von der Agenda for Action zum Telecommunications Act von 1996 — US-Kommunikationspolitik zwischen Deregulierung und öffentlichem Interesse
Zusammenfassung
Kommunikationspolitik1 gehörte in den Vereinigten Staaten bis zum Beginn der neunziger Jahre nicht zu den beherrschenden innenpolitischen Themen. In der öffentlichen Diskussion und auf der politischen Agenda tauchten Fragen der Regulierung von Massenmedien und Telekommunikation in der Regel nur dann auf, wenn ein konkreter Problemdruck bestand. Die weitgehende kommunikationspolitische Abstinenz hatte ihre Ursache nicht zuletzt im ökonomischen Erfolg des USModells: „Praktisch alle Teilnehmer an diesem Industriezweig erwirtschafteten Gewinn. Es gibt und gab nie eine ‘Krise’ im Kommunikationssektor der USA“ (Robinson 1995: 36). Vor dem Hintergrund einer starken libertären Tradition, die staatlichen Eingriffen in den seit jeher privatwirtschaftlich organisierten Kommunikationssektor ohnehin skeptisch gegenübersteht, sah die US-Politik darnit in den vergangenen Jahrzehnten kaum kommunikationspolitischen Handlungsbedarf.
Marcel Rosenbach
Kanadas Initiativen zum Aufbau des Information Highway — Die Empfehlungen des Canadian Information Highway Advisory Council (IHAC)
Zusammenfassung
In Kanada hat die Einsetzung von Sachverständigenkommissionen, die neue technologische Herausforderungen für das bestehende Kommunikationssystem untersuchen und Vorschläge für ihre Bewältigung erarbeiten sollen, eine lange Tradition. Bereits die Einführung des öffentlichen Rundfunks beruhte auf dem Bericht der Aird Commission, die diese Maßnahme 1929 als Gegenreaktion auf amerikanische Hörfunksendungen, die aus kommerziellem Interesse auf kanadisches Hoheitsgebiet ausgestrahlt wurden, vorgeschlagen hatte (Aird Commission 1989). Im Frühjahr 1994 setzte die kanadische Regierung daher den Information Highway Advisory Council (IHAC) ein, um die Möglichkeiten des Ausbaus und der Nutzung des Information Highway zu untersuchen. Das 29-köpfige Gremium, das unter der Leitung von David Johnston, dem ehemaligen Präsidenten der renommierten McGill University, tagte, hat im September 1995 über dreihundert Empfehlungen vorgelegt, mit denen Kanadas Weg in die Informations- und Wissensgesellschaft geebnet werden soll (IHAC 1995; vgl. ausführlich IHAC 1995b; Beacon Initiative 1994). Die kanadische Regierung hat bereits angekündigt, einen Großteil dieser Vorschläge in das nationale Telekommunikations- und Rundfunkrecht zu übernehmen.
Bernd Holznagel, Philipp Plog
Das Internet als Beispiel dezentraler Techniksteuerung — Konsequenzen für Technologiepolitik in Deutschland
Zusammenfassung
Der „Information Highway“, so schrieb der Economist (1995), muß nicht geschaffen werden, sondern existiert bereits — in Form des Internets. Das Kernargument dieses Beitrags ist, daß der Erfolg des Internets nicht den Sieg der Anarchie gegenüber der gesteuerten Technikentwicklung markiert, sondern den Sieg einer spezifischen gegenüber einer anderen Form der Techniksteuerung: den Sieg einer Techniksteuerung, die verbindliche Rahmendaten setzt, damit einen Entwicklungskorridor etabliert und dessen detaillierte Ausgestaltung dezentralen Akteuren überläßt, gegenüber einem zentralistischen Modell, in dem Techniksteuerung von oben bis ins Detail betrieben wird.
Jörg Meyer-Stamer

Ökonomie des Information Superhighway

Frontmatter
The Virtual Internet Economy — Information Industries und die Entwicklung des Internets in den USA
Zusammenfassung
1995 war in den USA das Jahr, das einen öffentlichkeitswirksamen Durchbruch für das Internet brachte. Eine vormals nur vereinzelt genutzte Technik (EMail/Internet) fand zunehmend massenhafte Verbreitung und erzeugte eine regelrechte Goldrausch-Stimmung, die nicht nur die Printmedien in ihrer Berichterstattung erfaßte,1 sondern auch die Börse zu Höhenflügen bei ausgewählten Technologieaktien veranlaßte und große industrielle Investorengruppen zu Umorientierungen ihrer Strategien zwang.2
Peter Wilke
Mit Allianzen in die Digitalisierung: Akteure, Interessen und Strategien
Zusammenfassung
Der Information Superhighway läute eine industrielle Revolution ein, schreibt Don Tapscott im Vorwort seines Buches „Digital Economy“ (Tapscott 1995: xxi). Ein neues Kommunikationsmedium entstehe, das alle bisherigen Errungenschaften wie die Druckpresse, das Telefon und das Fernsehen in den Schatten stelle. Firmen wie AT&T werben mit entsprechenden Slogans wie „Wherever you’re going, it’s easy to stay in touch“ für die digitalen Errungenschaften (AT&T 1996). Netzbetreiber wie AT&T sollen den Bau der Netze vorantreiben. Sie verlangen als Gegenleistung mehr Freiräume durch Deregulierung, die ihnen im Februar 1996 auch eingeräumt wurden. Mehr Vielfalt und weniger Konzentration versprachen dabei die Befürworter der Deregulierung (Gingrich, Broadcasting&Cable, 20.3.1995) - mehr Konzentration und Nachteile für die Verbraucher erwarteten die Gegner aus der Demokratischen Partei, die vor einer ungezügelten Deregulierung warnten (Markey 1995:12, Gore 1995: 3).
Ranjana S. Sarkar

Erfahrungen — Auf dem Weg in den Alltag

Frontmatter
Community Networks und der Information Highway — Von der Counterculture zum Mainstream
Zusammenfassung
Wenn in Deutschland von Information Highways oder Multimedia die Rede ist, dann geht es in erster Linie urn kommerzielle Anwendungen wie Teleshopping oder Video-on-Demand, urn Telelearning, Telemedizin oder Telearbeit. Lokale Informationssysteme von grassroots-lnitiativen für die Befriedigung alltäglicher Informationsbedürfnisse und für den kommunikativen Austausch von Bürgerinnen und Bürgern assoziiert man damit im allgemeinen nicht. In den USA ist das anders. Dort sind sogenannte Community Networks mittlerweile recht bekannt und ihr weiterer. Ausbau wird sogar verstärkt gefördert. Dies hängt einerseits mit bestimmten Traditionen bei der Anwendung von Computertechnologien sowie der besonderen Rolle von sozialen Bewegungen zusarnmen, aber auch damit, daß im Rahmen der National Information Infrastructure (NII) andere Akzente gesetzt werden als hierzulande (vgl. Kubicek 1995). Die entsprechende europäische Initiative konzentriert sich wesentlich stärker auf ökonomische Anwendungen. Wenn in der EU „City Information Highways” initiiert werden sollen, geht es weniger urn Systeme für die Alltagskommunikation als urn Netze zwischen Verwaltungen.2 Die amerikanischen Community Networks gelten dagegen bei Politikern als ‘lokale Auffahrten’ auf den Information Highway. Sie weisen ihnen eine wichtige Funktion zur Vermeidung einer befürchteten Kluft zwischen den sogenannten Information Haves und den Information HaveNots zu.
Heiderose Wagner, Herbert Kubicek
Mehr als eine virtuelle Welt — Soziale Bewegungen im Internet
Zusammenfassung
Prognosen über gesellschaftliche Konsequenzen des Information Superhighway abzugeben, ist ein risikoreiches Vorhaben. Die Problematik beginnt bereits beim Versuch einer Begriffsdefinition und endet, je nach Schwerpunktsetzung, bei der Beschreibung sehr unterschiedlicher Szenarien, in denen die Möglichkeiten der Nutzung elektronisch vermittelter Angebote geschildert werden.1 Der Begriff des Information Superhighway verheißt zwar technischen Fortschritt, doch das ist wenig in einem Prozeß, dessen Konturen unscharf, dessen Umsetzung unklar und dessen Inhalte ungewiß sind. Bereits durchschaubarer definiert und in Ansätzen erforscht ist computervermittelte Kommunikation im Internet. Zu den unterschiedlichen sozialwissenschaftlichen Überlegungen, die im Rahmen der Etablierung des neuen Mediums Internet entwickelt werden, gehört auch das Konzept einer Chance auf eine Global Civil Society. Dieses Konzept, abgeleitet von John Lockes Idee einer Civil Society, dreht sich um den Erhalt und die Gestaltung von Räumen, die außerhalb des Einflusses von Regierungs- und Marktmechanismen liegen. Soziale Bewegungen spielen bereits bei Locke eine entscheidende Rolle. Howard Frederick überträgt diesen Gedanken auf elektronisch geschaffene Räume, an deren Gestaltung insbesondere Nichtregierungsorganisationen (NGOs) aus dem Feld der sozialen Bewegungen wie die Friedens-, die Ökologie- und die Frauenbewegung teil haben (Frederick 1993).
Dorothee Greve
Electronic Publishing und Computer-Assisted Reporting: Auswirkungen des Information Superhighway auf den Journalismus
Zusammenfassung
Wenn sich die Art der Informiationsverbreitung grundlegend ändert, so zieht dies zwangsläufig Konsequenzen für den Journalismus nach sich. Nicholas Negroponte vom Media Lab des MIT zeichnete bereits in den achtziger Jahren ein kühnes Bild von den Umwälzungen, die der Information Superhighway seiner Meinung nach für diesen Berufsstand bringen wird. Er rechnet mit dem Siegeszug des Daily Me, der elektronischen Zeitung, die die Leser nach ihren eigenen Themenpräferenzen zusammenstellen (Brand 1990: 60 – 63). Nicht mehr Journalisten bestimmen nach dieser Vision, was für die Zeitungsabonnenten wichtig ist, sondern selbstbewußte und sehr gut vorinformierte Leser wählen anhand eines Rasters ihrer Lieblingsthemen aus, welche Nachrichten der Computer für sie über Nacht sammeln soll. Das Frühstück beginnt dann mit der maßgeschneiderten Zeitung - wahlweise am Bildschirm oder mit der ausgedruckten Version des Daily Me. Der Politikteil einer solchen ‘Zeitung’ könnte nur die Themenfelder abdecken, die als Interessensgebiete angegeben wurden, dafür aber ausführlichere Informationen bringen als bei herkömmlichen Publikationen. Der Wirtschaftsteil ließe sich problemlos auf Nachrichten und Marktanalysen zu den Unternehmen beschränken, deren Aktien der Leser bzw. die Leserin besitzt oder zu kaufen gedenkt. Das Zeitalter der Individulisten hätte damit die individuelle Zeitung hervorgebracht.
Manfred Redelfs
Backmatter
Metadaten
Titel
Der „Information Superhighway“
herausgegeben von
Hans J. Kleinsteuber
Copyright-Jahr
1996
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-322-83273-3
Print ISBN
978-3-531-12895-5
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-322-83273-3