Skip to main content

2023 | Buch

Die Inszenierung von Rassismus in der Kulturindustrie

Eine ideologiekritische Filmanalyse

insite
SUCHEN

Über dieses Buch

Rassismus zeigt sich auf unterschiedlichste Art und Weise: verbal, in physischer Gewalt, ungleicher Repräsentation, sozialer Segregation oder institutionellem Ausschluss. Diese vielfältigen Erscheinungsformen zeigen, dass es verkürzt wäre, Rassismus auf individuelle Vorurteile zu reduzieren. Aus diesem Grund befasst sich diese Arbeit mit Rassismus in seiner Komplexität zwischen Individuum und Gesellschaft. Der Forschungsgegenstand ist dabei die Kulturindustrie, welche exemplarisch anhand des 2011 erschienenen Hollywood-Films The Help untersucht wird. Die Analyse ist gleitet von der Frage, wie Rassismus im Film dargestellt, von den Rezipient:innen angeeignet und dadurch reproduziert wird. Darüber hinaus werden die internen Widersprüche dieser Darstellung sowie die Mechanismen, die zur Verdeckung dieser Widersprüche führen, herausgearbeitet. Theoretisch stützt sich die Arbeit auf die Einsichten der Kritischen Theorie. Es werden sozialpsychologische sowie ideologiekritische Überlegungen aufeinander bezogen. Dies ermöglicht es, die kulturindustrielle Darstellung von Rassismus in seiner Vielschichtigkeit zu untersuchen und die Wechselwirkung zwischen materiellen Verhältnissen, Ideologie, Kulturindustrie und Subjekt zu betrachten.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Kapitel 1. Einleitung
Zusammenfassung
Nachdem George Floyd am 25. Mai 2020 in Minneapolis im US-Bundesstaat Minnesota von einem Polizisten getötet wurde, gab es für einige Zeit ein selten gesehenes öffentliches Interesse an der Lebensrealität Schwarzer Menschen. Das traurige Ereignis führte der weißen Dominanzgesellschaft die tödlichen Folgen von Rassismus vor Augen. Jedoch muss man dafür nicht erst in die USA schauen, wie die rassistischen Morde an N’deye Mareame Sarr (2000), Michael Paul Nwabuisi (2001), Oury Jalloh (2005), Laye-Alama Condé (2005), Dominique Koumadio (2006) oder Christy Schwundeck (2011) zeigen (Kelly 2021: 7). Rassismus umfasst mehr als brutale physische Gewalt, die zum Tode führt.
Helen Greiner
Kapitel 2. Kritische Theorie des Rassismus
Zusammenfassung
Vertreter der älteren Kritischen Theorie haben sich nicht explizit mit Rassismus beschäftigt. Ihre Überlegungen zu Antisemitismus bieten dennoch wichtige Einsichten zum Thema Rassismus, an die jüngere Vertreter:innen der Kritischen Theorie (Marz 2017: 251), wie Alex Demirović (1992) Detlev Claussen (1994), Gerhard Scheit (2000) und Ulrike Marz (2017) anknüpfen. Dieses Kapitel beginnt mit den Erkenntnissen, die Simon Clarke aus einer Verbindung von soziologischer und psychoanalytischer Theorie zum Thema Rassismus zieht.
Helen Greiner
Kapitel 3. Kulturindustrie und gesellschaftliche Reproduktion
Zusammenfassung
Mit Blick auf die Kulturindustrie als Bindeglied zwischen Individuum und Gesellschaft verbindet die Kritische Theorie eine psychoanalytische Perspektive mit Kapitalismuskritik. Eine entscheidende Instanz für die Reproduktion der kapitalistischen Herrschaft stellt die Kulturindustrie nach Horkheimer und Adorno in zweierlei Hinsicht dar. Zum einen reproduziert sie die körperliche und geistige Arbeitskraft durch Amüsement.
Helen Greiner
Kapitel 4. Psychoanalytische Filmtheorie
Zusammenfassung
Der Spielfilm, als Produkt der hochkapitalistischen Monopolwirtschaft, bietet sich als Forschungsmaterial zur Analyse von Ideologien besonders an, weil er durch seine Nähe zur Alltagswahrnehmung ein leicht zu konsumierendes Medium ist, das die Massen ergreift. Die Theorie der Kulturindustrie weist zwar den vornehmlichen Ort der ideologischen Produktion aus, kann aber nichts über den dahinterliegenden Prozess, der sich zwischen Film und Individuum abspielt, aussagen. Hierfür beruft sich diese Arbeit auf die psychoanalytische Filmtheorie, die die „Beziehung zwischen Kamera und schauendem Subjekt als die Stelle der ideologischen Produktion darstellt, welche den Zuschauenden einen zentralen und illusionären Platz im kinematografischen Arrangement zuweist“.
Helen Greiner
Kapitel 5. Tiefenhermeneutische Kulturanalyse
Zusammenfassung
Mit der tiefenhermeneutischen Kulturanalyse hat Alfred Lorenzer Erkenntnisinstrumente aus der Psychoanalyse in die Kultur- und Sozialforschung übertragen und modifiziert, um unbewusste Prozesse zu verstehen und aufzuzeigen, wo diese relevant für den sozialpsychologischen, soziologischen, politik- und kulturwissenschaftlichen Erkenntnisprozess sind. Zunächst wurden kulturelle Bedeutungsträger wie Literatur, Filme, Kunst und später auch empirische Forschungsmaterialien, beispielsweise Interviews oder Gruppendiskussionen, zur Rekonstruktion von „gesellschaftlichen Lebenspraxen und psychosozialen Erfahrungen“ herangezogen. Grundlage der Methode ist die Symbol- und Sozialisationstheorie von Lorenzer, in der er sich der Frage widmet, wie sich die Welt in die Psyche der Menschen einschreibt und wie die Subjekte damit umgehen.
Helen Greiner
Kapitel 6. Tiefenhermeneutische Filmanalyse
Zusammenfassung
Nach einer kurzen Skizzierung der Handlung und Vorstellung der wichtigsten Filmfiguren beginnt die Analyse mit der Darstellung des manifesten Sinns, der sich ohne Schwierigkeiten sprachlich fassen lässt. Im Anschluss wird der verborgene Sinn, der nicht im Einklang mit den durch den Film in Anspruch genommenen Normen und Werten steht (König 2019b: 211), Schritt für Schritt entschlüsselt. Durch die Rekonstruktion der manifest-latenten Fallstruktur wird die Darstellung von Rassismus und die darin enthaltenen Mechanismen der Reproduktion von Rassismus in den folgenden Kapiteln dargelegt.
Helen Greiner
Kapitel 7. Fazit
Zusammenfassung
Der ideologiekritsche Blick dieser Arbeit hat es ermöglicht, die kulturindustrielle Darstellung von Rassismus in seiner Vielschichtigkeit zu untersuchen und die Wechselwirkung zwischen materiellen Verhältnissen, Ideologie, Kulturindustrie und Subjekt zu betrachten. Mithilfe der tiefenhermeneutischen Kulturanalyse wurde die Darstellung von Rassismus zwischen manifestem und latentem Sinn schrittweise aufgeschlüsselt und in ihrer Widersprüchlichkeit betrachtet und so die Mechanismen der Reproduktion herausgearbeitet. Indem die Tiefenhermeneutik die Subjektivität der Forschenden als Erkenntnisinstrument nutzt, konnten nicht nur die verborgenen Bedeutungsfacetten aufgedeckt, sondern auch die Verbindung zwischen Bedeutungsproduktion und -aneignung in den Blick genommen werden.
Helen Greiner
Backmatter
Metadaten
Titel
Die Inszenierung von Rassismus in der Kulturindustrie
verfasst von
Helen Greiner
Copyright-Jahr
2023
Electronic ISBN
978-3-658-40646-2
Print ISBN
978-3-658-40645-5
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-40646-2