1996 | OriginalPaper | Buchkapitel
Die Konstruktion der Realität
verfasst von : Niklas Luhmann
Erschienen in: Die Realität der Massenmedien
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Enthalten in: Professional Book Archive
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Wir kehren nunmehr zum Leitproblem dieser Abhandlung, zur Frage der Konstruktion der Realität der modernen Welt und ihres Gesellschaftssystems zurück. Im Alltag setzt man normalerweise voraus, daß die Welt so ist, wie sie ist, und daß Meinungsverschiedenheiten ein Resultat verschiedener „subjektiver“ Perspektiven, Erfahrungen, Erinnerungen seien.1 Die neuzeitliche, posttheologische Wissenschaft hat diese Annahme noch verstärkt und hat versucht, sie methodologisch abzusichern. Während die Naturwissenschaften dieses Jahrhunderts sie bereits in Frage gestellt haben, scheinen die Sozialwissenschaften, auch wo sie von „Chaostheorie“ und Ähnlichem reden, methodologisch immer noch auf der Suche nach „der“ Realität zu sein und nur einen historischen, ethnischen oder kulturell bedingten Relativismus zuzulassen.2 Damit überhaupt geforscht werden kann, müsse doch irgend ein „Gegenstand“ angenommen werden, so läuft das Argument, auf den die Forschung sich beziehe; denn sonst rede man ständig über vieles und immer anderes zugleich.