1996 | OriginalPaper | Buchkapitel
Die Realität der Konstruktion
verfasst von : Niklas Luhmann
Erschienen in: Die Realität der Massenmedien
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Enthalten in: Professional Book Archive
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Jede konstruktivistische Kognitionstheorie, und so auch diese, wird sich dem Einwand ausgesetzt sehen, daß sie der Realität nicht gerecht wird. Im traditionellen Schema der menschlichen Vermögen hatte man Erkenntnis von Willen unterschieden und nur dem Willen Freiheit der Selbstbestimmung (Willkür) konzediert. Erkenntnis dagegen sei dem Widerstand der Realität ausgesetzt und könne nicht beliebig verfahren, ohne damit ihre Funktion zu verfehlen. Diese Arbeitsteilung scheitert jedoch schon daran, daß es, empirisch gesehen, Beliebigkeit überhaupt nicht gibt; und daß auch Selbstdetermination (Autonomie) nur möglich ist in einem System, das sich selbst von der Umwelt unterscheidet und sich durch die Umwelt zwar nicht determinieren, wohl aber irritieren läßt. Aber damit wird die Frage nur um so dringender, wie denn der Widerstand zu begreifen sei, den die Realität dem Erkennen wie auch dem Wollen entgegensetzt.