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2010 | Buch

Die Macht der Worte und der Medien

verfasst von: Jo Reichertz

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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Über dieses Buch

1 Einleitung Zweifel und Zuversicht schließen sich (scheinbar) aus. Denn dort, wo Zweifel ausgesät und gediehen ist, da zaudert und zögert man. Und dort, wo Zuversicht herrscht, da handelt man voll Vertrauen darauf, dass ein Unternehmen erfo- reich sein wird. Für den Zweifel ist in der Regel die Wissenschaft zuständig: sie produziert immer und überall ein ‚obwohl‘ und ein ‚dennoch‘. Obwohl es doch gerade gut läuft, könnte es dennoch ganz anders sein! Wissenschaft produziert also systematisch Zweifel – und das ist auch gut so. Beratung jeder Art pro- ziert dagegen systematisch Zuversicht. Dies allerdings auch mit einem ‚obwohl‘ und ‚dennoch‘: Obwohl die Situation nicht so optimal aussieht, wird es dennoch gelingen. Vertraue mir und vertraue auf Dich. In und mit diesem Buch will ich als Wissenschaftler einmal Fahnenflucht begehen. Ich möchte nämlich nicht nur darüber schreiben, was in Zweifel steht und unsicher ist. Stattdessen will ich (zumindest ein wenig)Zuversicht verbr- ten: Zuversicht in die Leistungen von Kommunikation und Medien. Ich will zeigen, dass Kommunikation und auch die Medien erfolgreicher sind, als (ins- sondere von der Wissenschaft) oft angenommen – auch wenn die Gründe für die ‚Kraft‘ von Kommunikation und Medien am falschen Ort gesucht werden. Kommunikation und die Medien haben die Welt verändert und werden sie auch weiter verändern. Mit Kommunikation und Medien beschäftigten sich vor allem die Kom- nikationswissenschaft und die Soziologie – gewiss auch mit gutem Recht die Pädagogik und die Psychologie. Allein:Dieses Buch wird vor allem aus kommu-

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Einleitung

Einleitung
Zusammenfassung
Zweifel und Zuversicht schließen sich (scheinbar) aus. Denn dort, wo Zweifel ausgesät und gediehen ist, da zaudert und zögert man. Und dort, wo Zuversicht herrscht, da handelt man voll Vertrauen darauf, dass ein Unternehmen erfolgreich sein wird. Für den Zweifel ist in der Regel die Wissenschaft zuständig: sie produziert immer und überall ein ‚obwohl‘ und ein ‚dennoch‘. Obwohl es doch gerade gut läuft, könnte es dennoch ganz anders sein! Wissenschaft produziert also systematisch Zweifel – und das ist auch gut so. Beratung jeder Art produziert dagegen systematisch Zuversicht. Dies allerdings auch mit einem ‚obwohl‘ und ‚dennoch‘: Obwohl die Situation nicht so optimal aussieht, wird es dennoch gelingen. Vertraue mir und vertraue auf Dich.
Jo Reichertz

Das Fernsehen als Akteur

Frontmatter
1. Die Realität der Massenmedien
Zusammenfassung
„Was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen, wissen wir durch die Medien“ (Luhmann 1996: 9). Dieser Satz besitzt eine gewisse Eleganz. Er ist fast schön. Er ist einfach und eingängig und bringt scheinbar Undurchschaubares auf einen klaren Punkt. Auch deshalb wird er oft und gerne zitiert. Dennoch ist der Satz, selbst wenn man bereit ist, die einzelnen zentralen Begriffe wie ‚Gesellschaft‘, ‚Welt‘, ‚Massenmedien‘, ‚wissen‘ und natürlich das ‚Was‘ sehr weit und metaphorisch zu interpretieren, ziemlich übertrieben. Oder besser: Er ist falsch. Der Satz legt nämlich das Missverständnis nahe, als sei uns das, was wir wissen – und zwar alles – von den Medien überbracht worden, er klingt danach, als könnten wir ohne Medien in der heutigen Zeit nichts mehr wissen. Die These von den Medien als alleinige Wissensüberbringer stimmt auch dann nicht, wenn man den Satz (in der Absicht, ihn zu retten) auf folgende Weise neu formuliert: „Das oder schärfer: Alles, was wir von der Welt wissen, ist auch irgendwo auf der Welt von Massenmedien gespeichert und somit zugänglich und deshalb geht all unser Wissen direkt oder indirekt auf die Medien zurück.“
Jo Reichertz
2. Institutionalisierung als Voraussetzung einer Kultur der Performativität
Zusammenfassung
„Sehr geehrtes Brautpaar, mit Ihrem Wunsch, in Bad Brückenau heiraten zu wollen, liegen Sie genau richtig. Wir, d.h. das Standesamt Bad Brückenau, verschiedene Wirte und Hoteliers, unser Reisebüro Rittig und ich als Bürgermeister möchten Ihnen Ihre Hochzeit zu einem unvergessenen Erlebnis machen.
Jo Reichertz
3. Kinder brauchen (auch) die ‚Power Rangers‘
Zusammenfassung
„Etwa 20 bis 30 Millionen Dollar will der US-Anwalt Joe Simpson von Hollywood-Regisseur Oliver Stone erkämpfen. Er handelt im Auftrag seiner Klientin Patsy Ann Byers, die seit einem Raubüberfall durch eine Schußverletzung querschnittgelähmt ist. Simpson hat auch eine Klageschrift an das Studio Warner Bros. gerichtet, das an der Produktion und dem Vertrieb von Stones Film ‚Natural Born Killers‘ beteiligt war. Die Täter – beide noch Teenager – hatten sich nach Darstellung des Anwalts präzise an das Vorbild des Films gehalten. (…).“
Jo Reichertz
4. „…denn sie wissen nicht, was sie tun“. Von James Dean zu Alexander Klaws
Zusammenfassung
Nun pöbelt Bohlen wieder. Öffentlich. Im Fernsehen. Er darf nicht nur. Er soll sogar! Auf diese Weise erfährt so mancher gerade mündig Gewordene, dass er „unterirdisch“, „absolut talentfrei“ oder dass er „weniger als ein Frosch“ sei – aus dem könne man wenigstens noch ein Kilo Hackfleisch machen. Freundlich ist das gerade nicht und niemand weiß, was die so Gescholtenen sich später angetan haben. Und mancher wird sich fragen, weshalb die Angehörigen einer Generation, von denen viele von Kindesbeinen an von ihren Eltern entweder auch angesichts miserabler Leistungen mit kritikloser Zustimmung motiviert oder mit einem desinteressierten Achselzucken übergangen wurden, sich bei Deutschland sucht den Superstar oder ähnlichen Casting Shows freiwillig einer solchen, keineswegs nur spaßigen Pöbelei aussetzen. Ist (unbemerkt von der Wissenschaft) gar eine Generation von Masochisten herangewachsen?
Jo Reichertz
5. „Ich könnte schreien vor Glück“ oder: Formen des Glücks in den Massenmedien
Zusammenfassung
„Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die glücklichste Frau im ganzen Land?“ Hätte man diese Frage nicht dem ‚märchenhaften“ Spiegel gestellt, sondern der BWZ, also dem bunten TV-Programm, das einmal die Woche kostenfrei der Tageszeitung WAZ beiliegt, dann hätte die BWZ geantwortet: Jennifer Aniston, eine der Stars aus der vor allem bei Jugendlichen beliebten USamerikanischen Fernsehserie ‚Friends“ ist die „Glücklichste Frau in Hollywood“! Zumindest im Heft vom November 2001 titelte nämlich so das Blatt auf der Frontpage. Den Grund für die Ernennung zur glücklichsten Frau Hollywoods liest man wenige Seiten später: „Sie mag sich wie sie ist“ (BWZ, Nov. 2001: 4) – obwohl sie an Po und Brust etwas rundlich ist. Aber der wahre Grund für ihr überdimensioniertes Glück ist deutlich handfester: Denn mit Brad Pitt, mit dem sie seit einem Jahr verheiratet ist, (so verrät uns die BWZ) angelte sie sich „einen wahren Frauenschwarm“. Und der zeigte auch öffentlich, wie glücklich er mit Jennifer ist, was wiederum diese glücklich machte, denn: „Es gibt nichts Bewegenderes, als einen Mann an seiner eigenen Hochzeit weinen zu sehen.“ Da kann auch Jen nicht zurückstehen. Ihr Kommentar im bunten Blatt: „Ich könnte schreien vor Glück“ (ebd.).
Jo Reichertz
6. Becker und Häkkinen beim Golfen. Das Altenbild in der Mercedeswerbung
Zusammenfassung
Boris Becker erscheint groß im Bild, man erkennt ihn in der Nahaufnahme trotz der tiefen Falten, die sein Gesicht zerfurchen, und dem langen Haar, das farbund kraftlos bis auf die Schultern reicht. Sein Gesichtsausdruck ist konzentriert, wirkt allerdings wenig zuversichtlich an diesem frühen Morgen, an dem sich die Sonne hinter Wolken und Dunst versteckt und nur ein einsamer Vogel irgendwo in der Ferne krächzt. Aufschlag Becker! Wir sind im Jahr 2029 – informiert uns der Untertitel des Fernsehspots. Dann geht die Kamera in die Totale, und im Bild sind zwei alte Männer, die etwas unbeholfen auf einem Golfplatz stehen. Unschwer erkennt man in ihnen den alten Boris Becker und den ebenfalls stark gealterten Mika Häkkinen. Sie befinden sich an einer höher gelegenen freien Stelle, hinter ihnen Golftaschen, Bäume und Dunstschwaden, die über dem ansonsten menschenleeren Platz hängen. Beide scheinen das Golfspielen eher als Zeitvertreib im Freien und nicht als ernsthaften (Leistungs-)Sport anzusehen. Sie bewegen sich steif und etwas schwerfällig.
Jo Reichertz
7. Der Mediensport Olympia – ein globales Integrationsritual?
Zusammenfassung
Die olympischen Spiele von Athen haben es erneut gezeigt: Obwohl immer wieder wegen der starken Kommerzialisierung gescholten, ziehen die internationalen Wettkämpfe Millionen von Zuschauern aus aller Welt in ihren Bann – wenn auch nur für kurze Zeit. In dieser Zeit verbindet der Sport die Zuschauer – über Länder-, Kultur- und Rassengrenzen hinweg – und die Menschen feiern mit den Siegern und Siegerinnen die Leistung als Mittel menschlicher Selbstüberschreitung. Olympischer Sport ist ohne Zweifel ein Mediensport, und gerade deshalb ist er mehr als ein lukratives Geschäft, politische Demonstration oder unterhaltsames Event. Gerade mit Hilfe der Medien werden die olympischen Spiele der Neuzeit ein wichtiger Integrationsritus einer neuen, sich globalisierenden Welt.
Jo Reichertz

Netzkommunikation – Rahmen und Bedingungen

Frontmatter
1. ‚Navigieren‘ oder ‚Surfen‘ oder: Das Ende der Bedrohung
Zusammenfassung
„Wenn Sie mir (..) sagen, daß es an einer bestimmten Stelle, von der ich noch nie gehört habe und von deren Standort ich nicht die geringste Ahnung habe, eine Diamantenmine gibt, so teilen Sie mir nichts mit; wenn Sie mir aber sagen, daß ich sie finden kann, wenn ich einem bestimmten Weg folge, dessen Anfang ich gut kenne, so ergänzen Sie einfach meine Kenntnis dieses Wegs.“ (Peirce 1990: 242 f.) Diese Worte richtete vor gut neunzig Jahren der amerikanische Philosoph und Semiotiker Charles Sanders Peirce nicht an bärtige Pioniere, die sich auf die mühevolle Suche nach Diamanten begaben, sondern Peirce adressierte diese Worte an seine akademischen Fachkollegen. Ihnen wollte er damit seine Behauptung plausibilisieren (d.h. anschaulich darstellen und für die Akzeptanz werben), dass ‚ein vollkommen neues Zeichen niemals durch einen Akt der Kommunikation erzeugt werden kann, sondern höchstens ein schon existierendes Zeichen weiter ergänzt und verbessert werden kann‘ (vgl. ebd.).
Jo Reichertz
2. Browsen im Internet oder: Der Einfall trifft nur den vorbereiteten Geist
Zusammenfassung
Über die Nutzung des Internet lässt sich zurzeit gefahrlos sehr viel sagen. Dies liegt vor allem daran, dass im Moment niemand etwas Genaues weiß – mithin haben wir gute Zeiten für jede Art von Prognose und Spekulation. Diese für die Spekulation günstige, für die wissenschaftliche Reflexion jedoch sehr unvorteilhafte Situation resultiert aus zwei Besonderheiten: Zum einen existieren nur sehr wenige Studien zur tatsächlichen Aneignung dieses neuen Mediums, zum anderen erlebt die Entwicklung des Internet immer noch und immer wieder teils dramatische Innovationsschübe und Umbrüche.
Jo Reichertz
3. Vertrauen in der Internet-gestützten Unternehmenskommunikation
Zusammenfassung
Geschichtliche Entwicklungsprozesse fließen nicht im gleichen Zeittakt voran. Manchmal verläuft die Entwicklung langsam und stetig, so dass leicht der Eindruck entstehen kann, nichts bewege sich, das stets Gleiche wiederhole sich nur, und wenn, ereigne sich die Veränderung lediglich unter der Oberfläche. Dann gibt es aber auch Zeiten, in denen sich Entwicklungen rasant und teilweise auch sprunghaft vollziehen: Für jeden ist der tiefgreifende Wandel erkennbar und auch spürbar. Solche Zeiten, in denen mancher glaubt, er sehe den Mantel der Geschichte wehen, nennt ein bekannter deutscher Historiker, nämlich Koselleck, Sattelzeit (Koselleck 1973).
Jo Reichertz

Medienkommunikation als Teil der Berufsarbeit

Frontmatter
1. Zur neuen Logik der (sozial-)wissenschaftlichen Mediennutzung
Zusammenfassung
Ralf Dahrendorf, ohne Zweifel einer der international prominentesten und reputierlichsten zeitgenössischen Sozialwissenschaftler, widmet in seiner kürzlich erschienenen Autobiographie Lebenserinnerungen einem seiner akademischen Lehrer von einst ein ganzes Kapitel. Bei dem Geehrten handelt es sich um den Altphilologen Ernst Zinn, der der Nachwelt vor allem als sorgsamer Herausgeber der Werke von Rainer Maria Rilke in Erinnerung geblieben ist. Über ihn, bei dem Dahrendorf in den frühen 50er Jahren die Kunst der Philologie lernte, schreibt er, durchaus in bester Absicht, Folgendes: „Er war (…) einer jener Gelehrten, die nur schwer und selten zum Schreiben kamen, weil es immer noch etwas zu erforschen und zu bedenken gab. Er war ein Gelehrter alten Stils“ (Dahrendorf 2002: 131).
Jo Reichertz
2. Abschied vom Glauben an die Allmacht der Rationalität? oder: Der Unternehmensberater als Charismatiker
Zusammenfassung
Im Folgenden wollen wir versuchen, die erste Seite der Homepage einer österreichischen Firma für Unternehmensberatung mit dem Verfahren der hermeneutischen Wissenssoziologie zu interpretieren. Dies kann und will nur ein erster Versuch sein, dem weitere folgen müssen.
Jo Reichertz, Nadine Marth
3. Spaß für Millionen. Harald Schmidt und Co. als moderne Hofnarren?
Zusammenfassung
„Und Joschka Fischer?“ so fragte die Zeit, Deutschlands führende Wochenzeitung für Politik, Wirtschaft, Wissen und Kultur, in ihrer Ausgabe vom 24. Februar 2005 den Late Night Talker Harald Schmidt: „Und Joschka Fischer, übersteht er die Visa-Affäre?“ „Nicht nur das.“, so die Antwort von Schmidt, der seit Dezember 2004 bei der ARD unter Vertrag steht, „Er wird stärker sein als vorher. Ohne ihn sind die Grünen wie Queen ohne Freddie Mercury“ (vgl. Zeit vom 24.02.05: 61 f.). Diese Bemerkung, die den (in den letzten Jahren) immer elegant, aber eher konservativ gekleideten, weltmännisch auftretenden Außenminister Deutschlands mit dem extrovertierten und extravaganten Sänger von Queen, der am 24. November 1991 an Aids starb, parallelisiert, ist sicherlich nicht ohne Witz. Fraglich ist aber, ob die Bemerkung Schmidts für jeden verständlich ist.
Jo Reichertz

Die Macht des Wortes

Frontmatter
1. Verstehen ist nicht das Problem – oder: Über die Macht der Worte
Zusammenfassung
Der Sinn des Gesprochenen und der Sinn von Handlungen sind grundsätzlich verstehbar – sowohl für die Menschen im Alltag als auch für die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, die sich berufsmäßig (zum Beispiel als Sozial- oder Kommunikationswissenschaftler) mit dem Sprechen und dem Handeln beschäftigen.
Jo Reichertz
2. Einladung zum Gruppentanz
Zusammenfassung
Ich habe nichts Anspruchsvolles zu sagen. Das, von dem ich hier erzählen will, ist weder neu noch besonders überraschend, sondern es ist augenfällig, offensichtlich. Jeder hat es schon erlebt. Es ist für die, die es betreiben, selbstverständlich und vielleicht deshalb auf den ersten Blick nicht sichtbar. Merkwürdig ist allerdings, und das lässt aufmerken, dass es so eine Art – na ja es wäre übertrieben zu sagen, es gäbe ein Aussprechverbot, nein, es gibt so eine Art von Tabu, darüber zu sprechen, so als würde das Aussprechen den Glanz von der Sache nehmen, die Sache ihrer Aura berauben: sie entzaubern.
Jo Reichertz
Backmatter
Metadaten
Titel
Die Macht der Worte und der Medien
verfasst von
Jo Reichertz
Copyright-Jahr
2010
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-531-92020-7
Print ISBN
978-3-531-17242-2
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-92020-7

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