2010 | OriginalPaper | Buchkapitel
Die Medien in Osteuropa – eine Erfolgsgeschichte?
verfasst von : Marc Stegherr, Kerstin Liesem
Erschienen in: Die Medien in Osteuropa
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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Wenn man mit Zeitgenossen über Osteuropa im Allgemeinen und die Medien im Speziellen spricht, hört man oft, dort sei es ja mit der Freiheit noch nicht so weit her. Dabei wird gerne übersehen, dass es neben Russland, wo es um die Medienfreiheit tatsächlich nicht gut bestellt ist, durchaus auch Erfolgsgeschichten zu erzählen gibt, wenn es um die Entwicklung der Medien in Osteuropa geht. Die Staaten Südosteuropas konnten sich nach den postkommunistischen Umwälzungen, nach Bürgerkrieg und autoritärer Herrschaft allmählich dem doktrinären Erbe von Nationalismus und Meinungsdiktatur entwinden. Man könne heute von einem Erfolg sprechen, wenn es um die Entwicklung der Medien auf dem Balkan geht, meinte Aaron Rhodes, der für den „Stabilitätspakt für Südosteuropa“ eine Einschätzung der letzten Jahre wagte. Das Wichtigste, schrieb Rhodes, sei „die Glaubwürdigkeit der angestammten unabhängigen Medien“ und es müsse alles getan werden, damit die Finanzierung nicht aufgrund ideologischer Prämissen geschehe. Genau um diese beiden Punkte ist es in den letzten Jahren in osteuropäischen Ländern extrem schlecht bestellt gewesen. Die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ stellte in ihrem Jahresbericht für das Jahr 2007 fest, das vergangene Jahr sei ein „besorgniserregendes Jahr“ gewesen, nicht nur in jenen Ländern, die ohnehin im Verdacht stehen, nicht viel für die Pressefreiheit übrig zu haben, sondern auch in den angeblich freien westlichen Ländern. Freiwillige, vorauseilende Selbstzensur der Presse, die angeblich zu kritisch über den Islam berichtet hätte, wie im Falle des französischen Philosophen Robert Redeker oder der Mohammed-Karikaturen des dänischen „Aftenposten“, standen neben schwerwiegenden Einschränkungen der Pressefreiheit von Seiten des Staates in Russland, wo die berühmte Kreml-kritische Journalistin Anna Politkovskaja am 7. Oktober 2006 vor ihrer Moskauer Wohnung ermordet worden war. Sie war mit Jevgenji Gerasimenko und Ilja Zimin, Korrespondent des landesweiten Fernsehsenders NTV, das dritte Opfer des Jahres 2006, und der 21. Journalist, der seit der Machtübernahme Putins im März 2000 gewaltsam ums Leben kam. Diese Entwicklung zeige, so „Reporter ohne Grenzen“, wie schwer es den Staaten des ehemaligen Ostblocks falle, mit ihrer totalitären Vergangenheit fertig zu werden.