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2016 | Buch

Die Pauschalbesteuerung im Investmentsteuerrecht

EuGH-Rechtsprechung in der Praxis

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Über dieses Buch

Dieses Buch erläutert praxisnah die rechtlichen Grundlagen der Pauschalbesteuerung im deutschen Investmentsteuerrecht, wobei allgemein auf die Grundlagen der transparenten Besteuerungen auf den Begriff der transparenten, der semi-transparenten sowie der intransparenten Besteuerung der Investmentfonds eingegangen wird. Ferner wird die Besteuerung sog. „schwarzer Fonds“ nach § 18 Abs. 3 AuslInvestmG beleuchtet.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Einleitung
Zusammenfassung
Allein schon der Terminus „intransparente Investmentfonds“ suggeriert bereits keine Anlage, die Vertrauen beim Investor erweckt. Investoren erwarten und legen heute Wert auf größtmögliche Transparenz, immerhin möchte ein Investor wissen, wie und wo sein Geld investiert ist und vor allem, wie die Besteuerung erfolgt. Der Begriff des intransparenten Investmentfonds ist kein Schlagwort, sondern beschreibt eine Konzeption im deutschen Investmentsteuerrecht, welches sich von sogenannten „transparenten Fonds“ deutlich abgrenzt.
Die Europäische Union (EU) mit ihren derzeit 28 Mitgliedstaaten repräsentiert einen mehr oder weniger einheitlichen Wirtschaftsraum mit über 500 Millionen potenziellen Investoren. Innerhalb der EU ist es erlaubt, einen in einem Mitgliedstaat zum öffentlichen Vertrieb zugelassenen Investmentfonds mit niedrigen aufsichtsrechtlichen Hürden zu vertreiben.
Insgesamt stechen in Europa insbesondere drei Jurisdiktionen hervor, in denen der öffentliche Vertrieb von ausländischen Investmentfonds am weitesten verbreitet ist. Dabei handelt es sich in erster Linie um Deutschland, Österreich und die Schweiz. So investieren deutsche Investoren zunehmend in entsprechende ausländische Vehikel – bevorzugt über Plattformen aus Luxemburg und Irland. Hierbei teilen alle ausländischen Beteiligten, die Investmentfonds an deutsche Investoren vertreiben, ein gemeinsames Schicksal mit den in Deutschland domizilierten Fonds.
Johannes Höring
2. Die rechtlichen Grundlagen der Pauschalbesteuerung
Zusammenfassung
Dem InvStG liegt der Gedanke zugrunde, dass es für den Investor in steuerlicher Hinsicht keinen Unterschied machen soll, ob er direkt in die vom Investmentfonds gehaltenen Vermögensgegenstände oder in den Investmentfonds selbst investiert. Zur Realisierung wird das sogenannte „eingeschränkte Transparenzprinzip“ herangezogen.
Der Besteuerung unterliegt nicht das Sondervermögen selbst, vielmehr sollen die vom Investmentfonds erzielten Erträge dem Anleger zugewiesen werden. Das Transparenzprinzip kommt allerdings nur zum Tragen, wenn das InvStG es ausdrücklich anordnet.
Hinzuzufügen ist, dass das im InvStG verankerte Transparenzprinzip nicht identisch mit dem etwa für Personengesellschaften geltenden Transparenzprinzip ist. § 2 Abs. 1 Satz 1 InvStG qualifiziert die Erträge aus Investmentfonds um. Das heißt, die verwirklichte Einkunftsart auf Anlegerebene ist unabhängig davon, welchen Einkunftsarten die Erträge auf Ebene des Investmentfonds zugeordnet wurden.
Das Transparenzprinzip kann nur umgesetzt werden, wenn die Investmentgesellschaften die nach § 5 Abs. 1 InvStG für die Besteuerung der Anleger notwendigen Daten bekannt machen.
Infolgedessen kennt das InvStG drei Besteuerungssysteme, deren Anwendung davon abhängig ist, ob der Investmentfonds als transparent, semitransparent oder intransparent einzustufen ist.
Johannes Höring
3. Das Urteil des EuGH vom 9. Oktober 2014 in der Rs. C-326/12, Rita und Patrick van Caster
Zusammenfassung
Die Regelung der Pauschalbesteuerung des § 6 InvStG wurde verfassungs‐ wie europarechtlichen Zweifeln ausgesetzt, auch wenn diese als im Vergleich zu § 18 Abs. 3 AuslInvestmG als „abgemildert“ bezeichnet werden kann. Die Praxis hat nämlich gezeigt, dass die pauschalen Werte des § 6 InvStG meist sehr viel höher sind als die tatsächlichen Erträge. In der Literatur und Rechtspraxis wurde diese Gesetzesregelung seit ihrer Einführung im Jahr 2004 heftig kritisiert, weil nur überwiegend ausländische Fonds betroffen waren und § 6 InvStG dazu führen kann, deutsche Anleger von der Anlage in ausländische Investmentfonds abzuhalten.
Während das FG Hamburg und das FG Berlin Brandenburg im Ergebnis von der Europarechtskonformität der Regelung des § 6 InvStG ausgegangen sind, sah sich das FG Düsseldorf veranlasst, dem EuGH die Frage nach der Vereinbarkeit der Pauschalbesteuerung mit dem Unionsrecht zur Vorabentscheidung vorzulegen. Das entsprechende EuGH‐Urteil in der Rs. C‐326/12 gilt es nachfolgend zu untersuchen.
Im Einzelnen ging es um die Frage der Pauschalbesteuerung von Anteilen an ausländischen thesaurierenden Investmentfonds, welche von im Inland unbeschränkt steuerpflichtigen Klägern in einem belgischen Bankdepot gehalten wurden. Von 2003 an wurden die Erträge aus diesen Kapitalanlagen für die Kläger gesondert und einheitlich festgestellt und ihnen jeweils hälftig zugerechnet.
Johannes Höring
4. Das Verfahren des EuGH in der Rs. C-560/13, Wagner-Raith
Zusammenfassung
Nach dem EuGH‐Urteil vom 9. Oktober 2014 zu Fragen der Pauschalbesteuerung von Investmentfonds nach den Vorgaben des ab 2004 geltenden § 6 InvStG liegt dem EuGH mit der Rs. C‐560/13, Wagner‐Raith, nun die Frage vor, ob die bis einschließlich 2003 geltende Pauschalbesteuerung gebietsfremder Investmentfonds nach § 18 Abs. 3 AuslInvestmG auch in Drittstaatenfällen gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt.
Die Regelung des § 18 Abs. 3 AuslInvestmG unterlag seit jeher Zweifeln hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem GG und dem Unionsrecht. Die verfassungsrechtlichen Bedenken ergaben sich hauptsächlich aus der Ungleichbehandlung von ausländischen und inländischen Investmentanteilen und der Frage, ob die Ausgestaltung des § 18 AuslInvestmG allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsätzen standhält.
Johannes Höring
5. Fazit
Zusammenfassung
Mit dem Inkrafttreten des InvStG im Jahr 2004 glaubte man die europarechtliche Problematik der pauschalen Investmentbesteuerung gelöst zu haben. Spätestens seit 2014 mit der entsprechenden Entscheidung des EuGH zu § 6 InvStG sind die Stimmen nicht mehr zu überhören, die die Pauschalbesteuerung als europarechtswidrig qualifizieren. Für die Besteuerung von intransparenten ausländischen Investmentfonds ist die vorstehend dargestellte Rechtsentwicklung von enormer Bedeutung, weil den Steuerpflichtigen statt der ungünstigen Pauschalversteuerung (zumindest der nach § 6 InvStG) nun die Möglichkeit offen steht, tatsächlich niedrigere Besteuerungsgrundlagen in geeigneter Form nachzuweisen.
Die aufgrund der Pauschalversteuerung zu beachtende Steuer wird ab 2009 im Falle der Veräußerung der Anteile angerechnet. Die pauschale Besteuerung nach § 6 InvStG führt nicht mehr zu einem endgültigen Steuernachteil, wenn die Investmentfondsanteile veräußert werden, sondern ist als Vorauszahlung für die endgültige Steuer bei der Anteilveräußerung zu sehen; insoweit kann ein Zinsnachteil bewirkt werden. Von daher ist im konkreten Fall immer zu untersuchen, ob sich der Nachweis der tatsächlich niedrigeren Besteuerungsgrundlagen lohnt.
Nach wie vor kann am einfachsten der Nachweis der Besteuerungsgrundlagen dadurch erfolgen, dass der jeweilige Investmentfonds für seine Anleger die Besteuerungsgrundlagen und ihre zutreffende Ermittlung durch einen Berufsträger bescheinigen lässt.
Johannes Höring
Metadaten
Titel
Die Pauschalbesteuerung im Investmentsteuerrecht
verfasst von
Johannes Höring
Copyright-Jahr
2016
Electronic ISBN
978-3-658-12486-1
Print ISBN
978-3-658-12485-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-12486-1