2010 | OriginalPaper | Buchkapitel
Die statistische Analyse dynamischer Netzwerke
verfasst von : Christian Steglich, Andrea Knecht
Erschienen in: Handbuch Netzwerkforschung
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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Das sozialwissenschaftliche Interesse an dynamischen Netzwerkfragestellungen ergibt sich aus dem oft vorläufigen Charakter von Analysen einzelner Messungen eines Netzwerks. Solche Querschnittsanalysen lassen im Allgemeinen wenig kausale Rückschlüsse zu und bieten daher lediglich ein eingeschränktes Verständnis des Netzwerkes. So kann man mit herkömmlichen (d.h., beschreibenden) Querschnittsverfahren beispielsweise den Zusammenhang zwischen strukturellen Eigenschaften der Akteure im Netzwerk und ihren individuellen Eigenschaften studieren. Beispiele hierfür finden sich überall in der Netzwerkliteratur, zu denken wäre etwa an den Zusammenhang zwischen
strukturellen Löchern
in Netzwerken von Managern und deren
Leistung
(Burt 1992), zwischen
strukturell kohäsiven
Netzwerkregionen und
Kooperation
der Akteure (Gould 1993) oder zwischen
Segregation
von Netzwerken und
Ethnizität
,
Geschlecht
oder
Verhaltensdimensionen
der Akteure (Moody 2001; Vermeij et al. 2009). Solche beschreibenden Analysen einzelner Netzwerke werfen aber vor allem die Frage auf, wie sich der gefundene Zusammenhang erklären lässt. Oft gibt es verschiedene Erklärungen für denselben Sachverhalt. Beim Beispiel der Theorie struktureller Löcher wäre die Frage zu klären, ob tatsächlich die Fähigkeit eines Manager, unverbundene Netzwerkregionen zu vernetzen, zu seinem Berufserfolg beiträgt – oder ob nicht vielmehr umgekehrt der Berufserfolg ihm erst eine Reputation zuteil werden lässt, aufgrund derer andere Netzwerkakteure ihn als Mittelsmann akzeptieren. Empirisch lassen sich diese Erklärungen nur dann voneinander unterscheiden, wenn man longitudinale Daten zur Verfügung hat. Wie das Beispiel verdeutlicht, sind es oft gerade die Prozesse, die zur Entstehung eines beobachteten Netzwerks führten, die von inhaltlichem Interesse sind. In vielen Fällen lassen sich Netzwerkdaten daher als Momentaufnahme eines Evolutionsprozesses verstehen. Dem beschreibenden Schritt der Analyse einer solchen Momentaufnahme folgt dann auf natürliche Weise der im Verständnis tiefer gehende Schritt der Analyse von generierender Netzwerkdynamik, den wir in diesem Kapitel behandeln wollen.