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Erschienen in: Informatik Spektrum 1/2022

Open Access 16.12.2021 | HAUPTBEITRAG

Digital Literacy

Wie die digitale Urteilsfähigkeit der Studierenden gestärkt werden kann

verfasst von: Arno Rolf

Erschienen in: Informatik Spektrum | Ausgabe 1/2022

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Zusammenfassung

In diesem Beitrag geht es nicht um fachspezifische Inhalte der Informatik. Um sie kümmern sich viele Lehrende in Forschung und Lehre und seit mehr als einem Jahr unter den erschwerten Bedingungen der Pandemie. Es geht um das Innovative der digitalen Transformation, um die Herausforderungen und Potenziale für Gesellschaft, Ökonomie und Umwelt und wie diese Teil der Informatiklehre werden können. Orientierung und Urteilsfähigkeit über den Prozess der digitalen Transformation zu erwerben, sollte im Zentrum von Digital Literacy stehen. Der Beitrag basiert auf Lehrerfahrungen aus mehreren Semestern, über die wir berichten werden.
Hinweise

Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.

Die gesellschaftliche Einbettung der Disziplin hat in der Informatik Tradition

Die Informatik hat schon früh gesellschaftliche Kontexte berücksichtigt. Die Geschichte der Erfolge wie Irrtümer wurden ausführlich dokumentiert [1, 2]. Die Aufmerksamkeit, die „Informatik im Kontext“ – vielen geläufiger als „Informatik & Gesellschaft (I&G)“ 1– in der Epoche der Datenverarbeitung seit den 1970er-Jahren erfuhr, hat viel mit einigen Persönlichkeiten zu tun. Dafür stehen Namen wie Joseph Weizenbaum und Christiane Floyd. Weizenbaum, einer der frühen Insider der KI-Forschung am Massachusetts Institute of Technology (MIT), kritisierte in seinem Buch „Die Macht der Computer und die Ohnmacht der Vernunft“ schon früh die Vorstellung, Bedeutung könne von einer Maschine erzeugt werden [3].
Christiane Floyd, die erste Informatikprofessorin an deutschen Universitäten, wandte sich in den 1990er-Jahren gegen eine rein „technikreduzierte“ Informatik. Sie verknüpfte die Softwaretechnik mit den Geistes- und Sozialwissenschaften. Konkret wurde dies mit der Entwicklung der humanzentrierten Methode STEPS „Softwaretechnik für evolutionäre und partizipative Systemgestaltung“ [4].
Mehr als eine Handvoll Informatiker waren schon früh im Fachbereich „Informatik und Gesellschaft“ der Gesellschaft für Informatik (GI) aktiv. So versuchte etwa die Forschungsgruppe „Sichtweisen der Informatik“ um Wolfgang Coy für eine Theorie der Informatik in der Informatik zu werben, die damals nur die Theoretische Informatik kannte [1].
Folgenforschung und Wirkungsforschung waren verbreitete Metaphern, die schon sprachlich das Design nicht in den Fokus stellte. Die Arbeiten waren nicht häufig empirisch abgesichert, in vielen Fällen wurde vermutet oder „logisch“ geschlossen. Von der Innovationskette, ausgehend von der Forschung über die Anwendungsentwicklung bis zur Nutzung, wurde in den meisten Fällen nur der letzte Teil und hier die Folgen für Arbeit und den Datenschutz, thematisiert.
Ein Defizit der damaligen Diskussion war auch die fehlende Auseinandersetzung über geeignete didaktische Konzepte für die Hochschullehre, die Informatik und Gesellschaft in ihren Potenzialen und Risiken eine Struktur hätte geben können. Die Folge war, dass die für I&G berufenen Hochschullehrer sich zumeist auf ihre, aus den Heimatdisziplinen erworbenen Kompetenzen und Interessen konzentrierten, beispielsweise die Juristen unter ihnen auf Datenschutz, die Informatiker auf die Mensch-Maschine-Kommunikation und die Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler auf ökonomische und soziale Folgenforschung. Das Lehrbuch Informatik und Gesellschaft, an dem über 40 Autoren beteiligt waren, zeigt dieses Defizit. Sie beschäftigten sich nur am Rande mit einer Didaktik von I&G [5]. Die Diskurse um die digitale Transformation sollten daraus lernen.
Digital Literacy wird zuweilen mit Medienkompetenz gleichgesetzt. Gesellschaftliche Potenziale und Herausforderungen, beispielsweise zwischen Plattformen und Gesellschaft, kommen dabei kaum in den Blick. Deshalb ist eine Erweiterung bzw. Erneuerung bestehender Konzepte im Kontext von Digital Literacy geboten [6]. Digital Literacy sollte vor allem für den Erwerb von Orientierungskompetenz über den Prozess der digitalen Transformation stehen. Es ist ein Angebot, die Urteilsfähigkeit der Studierenden über das informatische Fachwissen hinaus zu stärken. Es unterscheidet sich von Data Literacy Education, das Studierenden unterschiedlicher Disziplinen Datenanalysekompetenzen vermitteln möchte, damit sie zukünftig in der Lage sind, in ihren jeweiligen Domänen bislang unentdeckte Muster aufspüren zu können [7]. Beide Angebote können sich sinnvoll ergänzen.

I. Das Innovative und die Herausforderungen der digitalen Transformation

Vorab steht die Klärung einer viel diskutierten Frage: Ist der Übergang von der Datenverarbeitung zur digitalen Transformation ein Epochenbruch? Verbreitet ist die Einteilung von analog und digital. Damit wird es allerdings nicht möglich, eventuelle Unterschiede von DV-Epoche und digitaler Transformation zu erkennen. Und sind Digitalisierung und digitale Transformation eigentlich gleichzusetzen?
Die Digitalisierung begann mit der Einführung des PET oder des Apple-Computers, die vor allem für Privatpersonen gedacht waren und von ihnen auch schnell zum digitalen Einstieg genutzt wurden. Die Gründung von Amazon und Google erfolgte schon gegen Ende der 1990er-Jahre. Erst die Verknüpfung mehrerer technischer Entwicklungen, vor allem vom PC für jedermann mit schnellen Netzen wie dem Internet, ihrer Ausdehnung auf alle Orte und dem „Always-on-Verhalten“ der Nutzer, legten das Fundament zu einem sich ankündigenden Epochenbruch, der dann eintrat, als Plattformen die Bündelung technischer Entwicklungen aufnahmen und begannen, die private Lebenswelt mit schlauen Ideen und Narrativen ökonomisch zu besiedeln. Nach und nach gelang es vor allem den Big Five mit ihren Angeboten, Teile der globalen Ökonomie abgesichert durch viel Kapital zu dominieren. Der Epochenbruch wurde schlagartig umfassend und für jeden fühlbar als Apple sein iPhone auf den Markt brachte.
Nicht die Digitalisierung war also die alleinige Ursache für die Transformation von Ökonomie und Gesellschaft. Die Digitalisierung war schon Teil der DV-Epoche. Deshalb sind Digitalisierung und digitale Transformation nicht gleichzusetzen. Die digitale Transformation meint die Umwälzung aller ökonomischen wie gesellschaftlichen Bereiche auf Basis neuer Technologien und ihrer Vernetzung.
Mit der „Besiedlung“ und Vernetzung der privaten Lebenswelt, dem Makrokontext, fällt der Unterschied zur DV-Epoche heute sofort ins Auge. Google & Co. weckten zunächst mit ihren Angeboten vor allem bei Privatnutzern Neugier, heute sind sie überall zu Bedürfnissen geworden. Es sind vor allem Dienste, die weder viele Handelsstufen noch komplizierte Zahlungsmodalitäten erfordern, allerdings den individuellen Logistikaufwand durch kleinteilige Paketanlieferungen in die Höhe treiben. Vorteile sind auch, dass sie in vielen Fällen über das Internet sofort verfügbar und oft kostenlos sind.

Das Innovative der digitalen Transformation

Mit der Besiedlung wird die Lebenswelt zur Zone einer neuen Ökonomie, deren Kapitalkraft lange Zeit von europäischer Politik wie von traditionellen Unternehmen ebenso unterschätzt wird, wie die damit verbundenen neuen Unternehmensstrategien nicht gesehen werden. Die komfortablen Internetdienste legen sich mittels Personal Computern, Laptops, Smartphones und zahlreichen App-Anwendungen wie ein Schwarm zunächst vor allem über junge Nutzer, erreichen aber bald große Teile der Bürger und sind heute Teil der Infrastruktur.
Mit Facebook, Google, Amazon, Apple, in deren Schatten zahlreiche andere Konzerne, wie Airbnb, Uber, Twitter u. v. m. ausschwärmen, entsteht rasch eine global wachsende Plattformökonomie. Durch Ausnutzen von Netzwerkeffekten erobern sie mit ihren neuen Geschäftsmodellen und Plattformen Monopole in ihren Märkten.
Mit ihren Geschäftsmodellen, ihren Aufkäufen und Allianzen bedrohen sie bald die traditionellen Unternehmen im Mikrokontext in ihrer Existenz. Ein oft genanntes Beispiel ist Amazon mit seinem Angriff zunächst auf den stationären Buchhandel, dann auf den gesamten globalen Einzelhandel. Für traditionelle Unternehmen wird es durch die Macht der Plattformen unübersichtlich und ungemütlich, auch weil die Konkurrenten in beiden Feldern agieren: Neben der Besiedlung der privaten Lebenswelt bauen sie ihre Position als klassische „IT-Lieferanten“ für Unternehmen aus, wie etwa Microsoft und Apple mit der Entwicklung ihrer Software bzw. Hardware zeigen. Amazon beispielsweise ist mit seinen Cloudprodukten für traditionelle Unternehmen und ihre IT mittlerweile unentbehrlich. Klassische IT-Systeme werden in manchen Unternehmen zum Bremsklotz der Digitalisierung, exemplarisch zu beobachten bei Banken, die unter ihrer veralteten IT-Architektur leiden und Schwierigkeiten haben, mit auf IT-Bankdienstleistungen spezialisierte Start-ups mithalten zu können, da sowohl diese kostengünstige Cloudlösungen nutzen als auch an die Bedürfnisse ihrer Kunden anpassbare Geschäftsmodelle anbieten.
Die Internettechnologie stellt andererseits den traditionellen Unternehmen, u. a. durch Smartphones und Apps, neue Möglichkeiten der Automatisierung und Innovationsentwicklung zur Verfügung; beispielsweise wird so das Outsourcing von Arbeit bzw. die Überwälzung von Routinetätigkeiten über Smartphones, Tablets und Apps an die Konsumenten möglich.
Der Privatnutzer schlüpft zwar durch Übernahme von Abwicklungsaufgaben, etwa bei Onlinebuchungen, in die Rolle des kostenlosen Mitarbeiters („Überwälzung auf die Quelle des Geschehens“). Da bald viele Apps mit komfortablen Benutzeroberflächen einfach zu bedienen bzw. schnell zu erlernen sind, wird dies von den Nutzern kaum noch als „Arbeit“ empfunden. Vielmehr steht für viele der Vorteil im Vordergrund, ihre Bedarfe jederzeit an jedem Ort und zu jeder Zeit abwickeln zu können.
Dies geht zulasten des Mittelbaus der Sachbearbeiter, da ihre ursprünglichen Tätigkeiten zu einem guten Teil in Apps verlagert und automatisiert werden. Dennoch anstehende Rückfragen der Kunden werden über spezialisierte und oft global ausgelagerte Callcenterkräfte abgewickelt, die zumindest in Teilen zukünftig durch KI-Programme ersetzt werden können. Eine neue Klasse der Abgehängten, der Service Class Worker, wie Callcenterkräfte und Paketfahrer etc., breitete sich aus. Beliebt ist auch die Strategie der „interaktiven Wertschöpfung“ – gern mit dem Euphemismus „Schwarmintelligenz“ bedacht –, die Unternehmen in die Lage setzen, die „Intelligenz und Kreativität des Konsumentenschwarms“ mehr oder minder kostenlos abzuschöpfen.

Die Herausforderungen der Digitalisierung

Mit der digitalen Transformation wird es möglich, Privatpersonen, die in der Epoche der Datenverarbeitung (DV) primär als Konsumenten gefragt waren, durch Überwälzung von Tätigkeiten in die Dienstleistungs- und Produktionsprozesse einzubinden. Manche von ihnen werden zu kostenlosen Beschäftigten, die private Lebenswelt wird zu einem weiteren Geschäftsmodell.
Mit dem Vordringen der Konzernplattformen kämpfen manche traditionellen Unternehmen um ihre Existenz. Sie sind gezwungen, entweder selbst Plattformen zu etablieren oder sich bestehenden Plattformen anzuschließen. Viele Konsumenten verlagern ihre Einkäufe auf Plattformen wie Amazon, die dadurch viele, meist schlecht bezahlte Arbeitsplätze in Großlägern schaffen.
Die digitale Transformation steht für eine Steigerung der gesellschaftlichen Komplexität, was kaum verwundert, angesichts des revolutionären Schubs an neuen Informationstechnologien, wie Smartphones, Tablets, Suchmaschinen, Datenbanktechnologien, Robotik, Webtechnologien, der künstlichen Intelligenz, Blockchain, Algorithmen u. v. m., die seit kaum einem Jahrzehnt die globalen Märkte bestimmen. Gleichzeitig verflüssigen sich die Hierarchien auf der mittleren Ebene, Team- und Projektarbeit rücken nach.
Digitale Medien bieten neue Bedürfnisse für Freizeit und Berufe an. Die Lebenswelt hat sich durch amerikanische Plattformen bzw. Messengerdienste wie Facebook, Google, Instagram, Whatsapp, durch Tausende Apps und Podcasts u. v. m. in eine Freizeit-, (Des‑)Informations- und Eventkultur verändert, wobei die neuen Kulturtechniken von Nutzern oft zu Aggressionsmaschinen aufgeladen werden. Vieles ist unsichtbarer geworden, unübersichtliche Kräfte treffen im Netz zusammen und formen neue Strukturen und Ordnungen in der Arbeits- und Lebenswelt.
Die Membran war in der Datenverarbeitung eine Metapher, die die Trennung bzw. die Wechselwirkungen deutlich machte von ökonomischer Produktions- und Arbeitswelt einerseits und privater Lebenswelt andererseits. Zwei unterschiedliche Kontexte mit unterschiedlichen Bedingungen, Kulturen und Akteuren wurden so erkennbar. Mit der digitalen Transformation verwischt sich diese scharfe Trennung. Kultur und Akteure der Lebenswelt verändern sich durch die unendliche Welt des Internets und der Internetkonzerne.
Während also die Membran zwischen Mikro- und Makrokontext mit der digitalen Transformation unübersichtlicher wird, rückt die Membran von Welt und Privatheit durch das Internet in den Fokus. Der Schutz des persönlichen Nahraums, in dem die Individuen geschützt leben wollen und versuchen, diesen von der Öffentlichkeit abzugrenzen, um wenigstens hier selbst bestimmen zu können, wird jetzt zu einer zentralen gesellschaftlichen Herausforderung [8].

II. Potenziale und Narrative der digitalen Transformation

Die Beschreibung des bisherigen Verlaufes der Digitalisierung macht deutlich: Ein Land, das bei der digitalen Metamorphose von Ökonomie und Gesellschaft den Anschluss verliert oder sich ihr verweigert, beschädigt sich nicht nur, sondern wird aus dem internationalen Wettbewerb ausscheiden, was nicht heißt, dass es nur die Wahl hat, die vorhandene „Logik“ zu adaptieren und fortzuschreiben.
Das berührt unsere Kernfrage: Was können tragfähige Narrative für die informatische Lehre zur digitalen Transformation sein? Wir schlagen 3 Ankerpunkte vor, die helfen können, eine digitale Identität zu entwickeln und gleichzeitig das Anliegen unterstützen, dass Deutschland und die EU beim globalen Wettbewerb um Realisierung der digitalen Potenziale im Spiel bleiben.
1.
Regulierung der globalen Internetmonopole durchsetzen.
 
Die US-Konzerne haben mit ihren Plattformen innerhalb eines guten Jahrzehnts die globale Ökonomie zu ihren Gunsten umgekrempelt. Ohne Regulierung ihrer Internetmonopole im Rahmen der EU wird es nicht gehen. Gleichzeitig sind die chinesischen Internetmonopole zu beobachten, damit gegebenenfalls die rechtzeitige Einhegung möglich wird. Google & Co. haben, was in der DV-Epoche trotz der Macht der IBM unvorstellbar war, die Rolle von hoheitlichen Akteuren übernommen, die wie Ulrich Dolata schreibt, „die zentralen Zugänge zum Internet strukturieren; sie observieren die Bewegungsmöglichkeiten der Nutzer, kuratieren und korrigieren im großen Stil Inhalte, Informationsflüsse und Diskussionen“ [9, S. 7].
Mit dieser „Regulierung durch Plattformen“, mit der sie den staatlichen Institutionen das Heft aus der Hand nahmen, haben die Plattformen die Koordination der Marktprozesse übernommen, sie bestimmen die Wettbewerbsbedingungen. Über alle nationalen Grenzen hinweg haben Google & Co. ihre Werte und Interessen in die Technik, in Standardeinstellungen und in ihre Nutzung eingekapselt, durchgesetzt und sie sind so stillschweigend zur „Logik“ des Digitalisierungspfads geworden. Diese „Landnahme“ lenkt den Fokus auf die Macht der Plattformen und auf Regulierungsfragen des Internets.
2.
Big Data mit maschinellem Lernen (ML) für unseren ökonomischen, ökologischen, sozialen und wissenschaftlichen Fortschritt nutzen und fördern.
 
Big Data, die mittlerweile inflationär genutzte Metapher, die das Zusammenspiel von Wissenschaft, Technologie, Ideologie und Mythen in sich vereint [10], wird zukünftig zusammen mit Methoden der Mustererkennung und ausdifferenzierten Algorithmen des maschinellen Lernens (ML) das zentrale Werkzeug zur Aufdeckung vieler Dinge sein, weil es bislang Unsichtbares in vielen gesellschaftlichen und ökonomischen Bereichen sichtbar machen kann, im Positiven wie Negativen.
Die Datenmassen resultieren aus den rasant wachsenden Möglichkeiten der Entstofflichung vieler Dinge und der unaufhaltsamen Verwandlung von Handlungen und Bedürfnissen in Daten. Pentland [11] nennt das „examine society in fine-grained details“. Die Wirtschaft kann große Produktivitätsgewinne erwarten, die Forschung Erkenntnisse, die der Gesellschaft Nutzen bringen werden oder aber im negativen Fall durch Verhaltensüberwachung und -steuerung der Bürger zur Beschädigung demokratischer Strukturen führen kann.
Die darin liegenden Potenziale wurden mittlerweile von Politik und Hochschulen erkannt, was die schnelle Einrichtung von Data Science und Data Literacy Education an Hochschulen deutlich macht [6]. Data Literacy Education soll in nichttechnische und nichtnaturwissenschaftliche Fächer ausschwärmen und wird dort Studierenden Kompetenzen der Datenanalyse vermitteln. Wissenschaft und Wirtschaft werden die hierin liegenden Potenziale nur heben können, wenn ausreichend gut ausgebildete Datenanalytiker verfügbar sind. Wünschenswert ist die Ausbildung reflektierender Datenanalytiker, die in der Lage sind, statistisch-informatisches Fachwissen mit gesellschaftlichen Werten zu verbinden, was bedeutet, die unterschiedlichen gesellschaftlichen Datentypen – personenbezogene, anonyme und Forschungs- und Produktionsdaten – hinsichtlich ihrer Datenschutzrelevanz einschätzen zu können.
3.
Potenziale der digitalen Transformation systematisch entdecken, unsere Werte dabei stabil halten und die digitale Souveränität stärken.
 
Wo sind Infrastrukturen und gesellschaftliche Bereiche für Plattformgründungen noch offen, wo sind Nischen zu identifizieren, um sie dem Zugriff für europäische Interessenten zu sichern? Wo liegen unsere Stärken und Erfahrungen, die nicht so leicht zu übernehmen sind und wo wird es für dominierende Internetkonzerne schließlich schwierig, weil die EU unsere Werte durch Schutzzonen sichert und die Internetkonzerne ihre Strategien anpassen oder aufgeben müssen? Welche methodischen Konzepte können helfen?
Aus den zahlreichen Potenzialen, die erwähnt werden könnten, wollen wir 2 exemplarisch herausgreifen. Herausforderungen wie Chancen, Plattformen zu gründen und den Internetkonzernen nicht ohne Gegenwehr das Feld zu überlassen, stellen sich vor allem für Industrie- und mittelständische Unternehmen, die seit Jahrzehnten wesentliche Teile des Wohlstands in Deutschland produzieren. Die Studie Digitale B2B-Plattformen – Status quo und Perspektiven der Industrie in Deutschland stimmt hoffnungsvoll: Alteingesessene Industriekonzerne und Mittelständler zusammen mit der IT-Branche, Start-ups und Forschungseinrichtungen sind in ihren jeweiligen Segmenten bei der Entwicklung von plattformbasierten Internet-of-Things-Geschäftsmodellen (IoT) weltweit mit an der Spitze, so eine Aussage der Studie. Zurückzuführen ist das auf Branchenerfahrung und den reichhaltigen Schatz an Maschinen- und Kundendaten. Das ist eine gute Voraussetzung, „ihren relativ hohen Wertschöpfungsanteil zukünftig zu halten oder sogar auszubauen“ [12, S. 2].
Für Unternehmen stellt sich dann die Frage, mit welcher Cloud sie zusammenarbeiten wollen. Die deutsche und französische Politik hat 2020 angekündigt, mit Gaia‑X im Cloudgeschäft gegen Amazon, Google und Microsoft konkurrieren zu wollen. Ihr Pfund, mit dem sie werben, ist hoher Datenschutz. Europäische Unternehmen sollen in einem geschützten Raum zum Datenaustausch und zur Koordination zusammenfinden und so der Daten- wie Wissenstransfer nach Möglichkeit in den EU-Grenzen bleiben. Im Cloudgeschäft wird es besonders schwierig, die technischen Vorsprünge der Konkurrenten aufzuholen.
Die Zukunft der europäischen industriellen- und mittelständischen Produktion ist im besonderen Maße auf den erfolgreichen Übergang in die digitale Transformation angewiesen. Beide Bereiche haben eine besondere gesellschaftliche Bedeutung. Hier sind viele Beschäftigte tätig, die durch Automatisierung, Internet und künstlicher Intelligenz weniger gebraucht werden. Dieser für die Gesellschaft heikle Bereich birgt besondere Gefahren für den sozialen Zusammenhalt. Die digitale Transformation kann die Spaltung der Arbeitnehmerschaft erheblich vorantreiben [13]. Es ist Aufgabe der Politik, sicherzustellen, dass der Fortschritt allen etwas bringt. Es wird auch darum gehen, die Weiterbildung zu stärken und zu steuern, sodass anspruchsvolle Arbeitsplätze erhalten bleiben bzw. geschaffen werden.
Beim zweiten Beispiel geht es um Stadtentwicklung: Was macht eine lebenswerte Stadt in der digitalen Transformation aus? Es interessieren hier nicht Entwürfe „auf der grünen Wiese“ – in einigen Fällen ist die Kennzeichnung „in der Wüste“ angemessener –wie das für 300.000 Bewohner geplante Belmont-Projekt in der Wüste von Arizona oder die Ökostadt Masdar in Abu Dhabi oder Googles Sidewalk in Toronto. Die neuen Städte muss man sich eher als zentrale, mit Daten überwachte Betriebssysteme vorstellen, was die freiwillige Abgabe der Daten durch die Bewohner einschließt. Das demokratische Freiheitsversprechen, weitgehend anonym leben zu können, wird hier aufgehoben. Die anspruchsvollen Vorhaben „in der Wüste“ haben bislang eines gemeinsam: Sie sind gescheitert oder ruhen weit vor ihrer Vollendung [14].
Wie lassen sich unsere Städte digital so gestalten, dass Wohnen, Arbeiten und Zusammenleben aller Schichten entspannt und ohne Verhaltenstransparenz möglich wird? Der Smart-City-Index von Bitkom, der 81 deutsche Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern berücksichtigt [15], sieht viel Potenzial und setzt das in 38 Indikatoren um: dazu zählen u.a. digitale Verwaltungsprozesse, das Angebot an Onlinedienstleistungen und City-Apps, der Stand des IT-Ausbaus sowie der von Energie und Umwelt. Zu Letzterem zählt beispielsweise die Bürgerbeteiligung und ob Open-Data-Plattformen oder lokaler Handel und digitale Gründerzentren vorhanden sind. Durch Indikatoren können die Potenziale für eine lebenswerte smarte Stadt dank Digitalisierung transparent werden.

III. Die Umsetzung von Digital Literacy in die Informatiklehre

In der digitalen Bildung konkurrieren zahlreiche Konzepte: Verbreitet ist die Vermittlung von Medienkompetenz, bei dem das Suchen, Verarbeiten und Aufbewahren, Analysieren und Reflektieren, Schützen und sichere Agieren im Internet im Vordergrund steht. In Schulen sind Lernmanagementsysteme gefragt. Sie werden mit eigenen oder Lernmaterialien von Verlagen und Unternehmen bestückt. Sie können auch Funktionen enthalten, die die Stärken und Schwächen der Lernenden analysieren und speichern können. Neben proprietären Lösungen werden auch freie Software und offene Formate bei Lernmanagementsystemen angeboten, hier sei beispielhaft Moodle genannt [16].
Für Digital Literacy, das vor allem die „scheinbar nebenläufigen Dingen“ zum Thema macht, braucht es andere inhaltliche wie didaktische Konzepte, um bei Studierenden zu punkten, damit sie es zu ihrer Sache machen. Es geht darum, zunächst die Werte und Interessen offenzulegen, die sich in Metaphern und Narrativen verstecken, um dann die aus digitalen Technologien und ihren Anwendungen folgenden Herausforderungen und möglich werdenden digitalen Potenziale zu einer nachhaltigen Entwicklung zu verstehen, z. B. im Privatleben, für eine (Kreislauf‑)Ökonomie, für Produktivität, Klima, Umwelt und vieles mehr.
In der Informatik haben sich Informatiker und Informatikerinnen mit der Value-sensitive-Design-Forschung bereits auf diesen Weg gemacht, die Einschreibung von Werten in Technologien und Technikanwendungen sichtbar zu machen. In einem weiteren Schritt geht es ihnen darum, methodische Ansätze zu entwickeln, um erwünschte Werteinschreibungen, u. a. in Hardware, Software und Algorithmen zu verhindern [17, 18]. Wir fügen den Werten Interessen hinzu, da erst dann Akteure mit Handlungsmacht, wie die Big Five Amazon, Apple, Google, Facebook und Microsoft offengelegt und ihre Strategien erkannt werden können.

Inhaltliche Überlegungen

Aus den 3 Ankerpunkten lässt sich noch kein fertiges Curriculum mit allen Inhalten ableiten. Inhalte wie didaktische Entscheidungen sind an jeweilige Lernsituationen anzupassen.
Wir empfehlen als erstes den Aufbau eines Tutorials als Basis zum Verstehen und zur nachhaltigen Gestaltung der digitalen Transformation, das entlang am Digitalisierungspfad entwickelt werden sollte. Wie ein solches Tutorial aussehen könnte, kann beispielhaft unter mikropolis.org verfolgt werden. Das Tutorial zusammen mit dem Digitalisierungspfad schafft die dramaturgische Klammer für eine Erzählung der digitalen Transformation. Der Digitalisierungspfad ordnet die Dynamik der Entwicklung ein und lässt die Studierenden nicht mit den zahlreichen Technik- und Anwendungssplittern allein.
Zugleich kann die Notwendigkeit zur Regulierung der Internetmonopole besser verstanden werden, wenn Studierende mit den Stationen des bisherigen Pfadverlaufs vertraut sind. Denn im Digitalisierungspfad werden die maßgeblichen Akteure der Vergangenheit mit ihren Interessen und Strategien, ihrer Macht, ihren Konflikten und Kämpfen transparent. All das ist oft mit Metaphern und Narrativen zur Erhöhung der Akzeptanz ausgeschmückt.
Tutorial und Pfad beginnen mit der Geschichte des Kontors und gelangen über das „Fließbandbüro“ zu den Merkmalen des „SAP-Büros“, wenn die Studierenden denn Lust verspüren, soweit in die Geschichte zurückzugehen, aus der aber viel über die Fundamente der digitalen Transformation zu lernen ist.2
Der Einstieg in die digitale Transformation startet mit ihrem Kern, der Entstofflichung vieler Dinge und Handlungen, von dem sich aus Sicht der Plattformkonzerne die „Logik“ des Digitalisierungspfads erschließt: die darauf aufsetzende Etablierung der globalen Plattformökonomie, weiter mit der Janusköpfigkeit von Big Data und ihren Potenzialen zur Mustererkennung, über das Internet der Dinge sowie mit der Entstofflichung des Geldes, etwa durch Bitcoins, bis zur aktuellen digitalen Auseinandersetzung um die Kolonisierung der öffentlichen Infrastrukturen durch Internetkonzerne (siehe Abb. 1).
Weitere Schwerpunkte des Tutorials sollten die Herausforderungen für Privatheit und Demokratie, Arbeitswelt und Berufe, Umwelt und Nachhaltigkeit sein sowie die Potenziale der digitalen Transformation für die Entwicklung einer produktiven, nachhaltigen Ökonomie und für eine leistungsstarke europäische Wissenschaft. Hierbei sind die Studierenden in Seminaren einzubinden, durch Suche nach offenen Bereichen für Plattformgründungen, noch nicht besetzten Infrastrukturen sowie durch Identifizierung von Nischen für gemeinschaftliche digitale Lebens- und Arbeitsformen; dies sollte verbunden werden mit dem Bemühen, die Kreislaufwirtschaft voranzubringen und die Rolle des maschinellen Lernens und die Mustererkennung einzubeziehen. Die europäischen Werte und Stärken sind als Potenziale einzubringen. Was hier eher als Sammlung aufgelistet ist, erhält eine Struktur in Abb. 2.

Didaktische Überlegungen

Die inhaltlichen Überlegungen enthalten bereits ein didaktisches Konzept, denn die „nebenläufigen Dinge“ der digitalen Transformation werden im Pfad bereits sichtbar. Fachdisziplinen dagegen sind in ihrer Lehre und Forschung überwiegend gegenwarts- und zukunftsorientiert. Sie sparen den Kontext ihrer historischen Entwicklung aus. Mit dem Verzicht auf die Dynamik der mikropolitischen Konflikte nehmen sie sich die Möglichkeit, die Akteurs- und Machtkonstellationen sowie die Argumente, die den Ausschlag für Entscheidungen oder gegen bestimmte Optionen gegeben haben, kennenzulernen. Diese überleben in den jetzt sichtbaren oder fühlbaren „Nebenfolgen“. Die Berücksichtigung „der nebenläufigen Dinge“ ist deshalb wichtig, weil sie Voraussetzung für den Erwerb von Orientierungskompetenz sind.
Der Digitalisierungspfad beschreibt rückblickend die „geronnene“ Struktur der Sieger der Konflikte und Kämpfe. Die Pfadanalyse wird auch zum didaktischen Prinzip, weil sie Inhalte nicht nur einordnet, sondern ihnen ihre in der Realität vorhandene Dynamik zurückgibt. Verzweigungen, Abweichungen, Richtungskorrekturen und Alternativen sind je nach Akteurskonstellationen und Regulierungen möglich (gewesen). Handlungen und Entscheidungen wurden innerhalb historisch gewachsener Strukturen und Kulturen getroffen und setzten auf vorhergehende auf. Die Betrachtung der Gegenwart ist nur eine Momentaufnahme, neue Entwicklungen und Orientierungen schreiben den Pfad mit neuen und alten Narrativen und Metaphern fort. Deshalb ist der Pfad auch als didaktisches Mittel zu verstehen.
Um Orientierungswissen bei Studierenden, sei es in einem Seminar oder Studienprojekt etablieren zu können, müssen die Inhalte in passende didaktische Konzepte eingebettet sein. Inhalte zur digitalen Transformation etwa im Rahmen einer Vorlesung zu vermitteln oder die Studierenden aufzufordern, sich in einem Powerpoint-Folienvortrag mit dem Thema auseinanderzusetzen, ist suboptimal. Es wird auf die Ablieferung einer Pflichtaufgabe hinauslaufen, wobei der Hauptertrag für die Studierenden der Scheinerwerb sein wird. Deshalb empfehlen wir nach dem bzw. parallel zum Tutorial kleine Projekte zu organisieren, in denen Studierende selbstständig ein digitales Thema erarbeiten. Dazu finden sich Hinweise im folgenden Abschnitt „Konkrete Lehrerfahrungen“.
Für die Projektarbeit brauchen die Studierenden Hilfestellung. Informatiker und Informatikerinnen tun sich eher schwer mit allgemeinen Beschreibungen, solange sie nicht mit Hinweisen zu strukturiertem Vorgehen verbunden sind. Der Umgang mit Modellen und Werkzeugen liegt ihnen näher. Deshalb empfiehlt es sich, den Studierenden jenseits von Appellen und Wertedeklarationen ein Modell zum strukturierten Vorgehen an die Hand zu geben, an dem sie sich Schritt für Schritt in ihrem Digitalisierungsprojekt orientieren können (siehe Abb. 2).
Das zu diesem Zweck entwickelte Modell „Design im Kontext“ hat 3 Phasen: Nach der Entscheidung für eine Fragestellung bzw. der Auswahl eines Projektthemas geht es in der Phase Die Digitalisierung im Kontext verstehen um die Recherche der gewählten Technikanwendung mit ihren Technologien im Digitalisierungspfad, ihren „scheinbar nebensächlichen Dingen“, nämlich den beteiligten Akteuren, den Strategien, Werten und Interessen, Konflikten und Kämpfen, eingesetzten Metaphern und Narrativen, die im Pfad wieder aufleben.
Um die Herausforderungen und Potenziale zu erkennen, sind eine Reihe von Parametern nützlich: Folgen aber auch Potenziale der Anwendung, u. a. für Privatheit, Nachhaltigkeit, Beschäftigung, Ethik und Kultur. Das Augenmerk wird auf noch nicht besetzte Infrastrukturen sowie die Identifizierung von Nischen für gemeinschaftliche digitale Lebens- und Arbeitsformen liegen.
In der dritten Phase Nachhaltige Gestaltung anstoßen geht es um Empfehlungen, wie identifizierte Potenziale bzw. Wünschenswertes umzusetzen und andere, die dies behindern, zu ersetzen sind. Das kann auf unterschiedlichen Ebenen geschehen: Durch Designvorschläge für Software und Anwendungen, Empfehlungen für Regulierungen und Schutzräume oder durch Entwicklung von Strategien, Metaphern und Narrative, beispielsweise für nachhaltige Pfade.
Die didaktische Herausforderung ist, die Studierenden an das Thema digitale Transformation heranzuführen, ein digitales Basiswissen zu vermitteln, und sie zugleich durch selbstständiges exemplarisches Erarbeiten eines Themas für die digitale Transformation zu motivieren. Im Idealfall kann aus dem Tutorial, das das digitale Basiswissen abdeckt und von einem Projekt begleitet wird, ein weitergehendes Interesse entstehen, das auch für die bessere Einordnung des informatischen Fachwissens nützlich sein wird.

Konkrete Lehrerfahrungen

Nach 6 Semestern Lehrerfahrung empfehlen wir eine 4‑stündige Lehrveranstaltung, in der 2h für die Textarbeit nach dem didaktischen Prinzip Flipped Classroom3 genutzt werden: Die Studierenden bereiten Essays des Tutorials mit vorbereiteten Fragen im „Homeoffice“ vor, die im Seminar diskutiert und gemeinsam vertieft werden. Empfehlungen zu weiterer einschlägiger Literatur werden bekannt gegeben [19].
Neben dieser Form der Aneignung organisieren die Studierenden ein Projekt in den verbleibenden beiden Semesterwochenstunden im Verständnis des Forschenden Lernens.4 Sie wählen ein Digitalisierungsthema und arbeiten es entlang der 3 genannten Phasen ab. Optional können auch der Digitalisierungspfad, Herausforderungen, Potenziale oder die nachhaltige digitale Gestaltung im Projektfokus stehen. Die Projektarbeit soll dazu anregen, nachhaltige Gestaltungsvorschläge zu entwickeln und damit den bisherigen, „logischen“ Verlauf des Digitalisierungspfads mit eigenen Ideen und Werten herausfordern. Am Ende soll ein Produkt der Studierenden in Form eines Videos, Audios, Podcasts oder Essays stehen.
Wir haben dafür eine Plattform eingerichtet, auf der qualitativ befriedigende Arbeiten veröffentlicht werden (mikropolis.org). Die Plattform enthält mittlerweile neben etwa 3 Dutzend Videos und Storyboards eine Vielzahl von Hinweisen und Empfehlungen zur Videoproduktion, zur Erstellung von Storyboards, Hinweise zu Copyrightfragen, Schulungsunterlagen zur Videoproduktion etc. Das Tutorial umfasst zahlreiche Essays und Videos zur digitalen Transformation. Die Plattform wird ihren digitalen Wissensbestand durch Essays, Studierendenvideos und Publikationen kontinuierlich ausbauen. Die Lehrveranstaltung ist problemlos auch in Pandemiezeiten über Videokonferenzsysteme organisierbar.
Die Studierenden lernen über Digitalisierungswissen hinaus mehr Selbstständigkeit, erwerben Kompetenzen in der Videoproduktion und im Copyright, sind in der Lage, für einen Essay oder ein Video zu recherchieren und haben offensichtlich auch Spaß dabei, wie Äußerungen der Evaluation nach den letzten 3 Semestern zeigen: „durch die Eigenarbeit konnte man sich im Rahmen des Seminars interessantes Wissen aneignen“; „dass man sein Thema sehr frei bearbeiten konnte“; „Video ist eine gute frische Idee“; „die eigenen Interessen konnten stark in die Arbeit eingebracht werden – dies motiviert, eine gute Arbeit abzuliefern“; „live läuft die Kommunikation bestimmt noch ein wenig besser, aber mir hat dieses Meetingformat sehr gut gefallen“ (Seminar lief über Big Blue Button); „das Thema und die Abweichung von einem typischen Seminar“; „viel mehr Dynamik in der Gruppe durch die Form des Seminars“; „mal was Neues“; „durch die neue Form des Seminars kann ich mich besser mit dem Thema identifizieren“; „Projektarbeit finde ich besser als 10-seitigen Aufsatz mit Powerpoint-Präsentation“; „abwechslungsreich und viel Wissen auch für das Leben nach der Uni gesammelt“.
Die hier dokumentierte Vermittlung von Digital Literacy zeigt exemplarisch, wie Lernen in der digitalen Kultur aussehen könnte. Dazu braucht es Kollaboration der Studierenden und transdisziplinäre Inhalte. Es geht nicht darum, etwas auswendig zu lernen. Dieses Konzept ist sicherlich nicht auf jede informatische Lehrveranstaltung übertragbar, kann aber vielleicht zu didaktischen Versuchen anregen.

Danksagung

Mein Dank gilt Thomas Ludwig, der mir sehr geholfen hat, mehr Klarheit über den Unterschied von Digitalisierung und digitaler Transformation zu bekommen.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
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Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.

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Informatik-Spektrum

Hauptaufgabe dieser Zeitschrift ist die Publikation aktueller, praktisch verwertbarer Informationen über technische und wissenschaftliche Fortschritte aus allen Bereichen der Informatik und ihrer Anwendungen in Form von Übersichtsartikeln und einführenden Darstellungen sowie Berichten über Projekte und Fallstudien, die zukünftige Trends aufzeigen.

Fußnoten
1
Auch Bezeichnungen wie „Informatikorientierte Folgen- und Wirkungsforschung“ oder „Technikfolgenabschätzung und -bewertung in der Informatik“ waren gebräuchlich.
 
2
Wie ein Tutorial auf der Basis des Digitalisierungspfads aussehen kann, ist unter mikropolis.org zu verfolgen.
 
3
Flipped Classroom („umgedrehte Lehre“) nennt sich ein didaktisches Konzept, das Lerninhalte als Essays, Videos oder Audios den Schülerinnen oder Studierenden zum Selbststudium vor der Präsenzveranstaltung bereitstellt, um die gemeinsame Seminararbeit für vertiefende interaktive Zusammenarbeit zu nutzen.
 
4
Forschendes Lernen ist ein hochschuldidaktisches Format, bei dem die Studierenden im Rahmen von Seminaren oder Projekten selbstständig eine für sie relevante Fragestellung oder Hypothese entwickeln und in unterschiedlichen Formen präsentieren, beispielsweise in einem Video, Audio oder in einem Essay. Es wird ergänzt durch „angeleitete Entdeckung“ der VeranstalterInnen (Guided Discovery).
 
Literatur
1.
Zurück zum Zitat Coy W, Nake F, Pflüger J‑M, Rolf A, Seetzen J, Siefkes D, Stransfeld R (Hrsg) (1992) Sichtweisen der Informatik. Vieweg, BraunschweigMATH Coy W, Nake F, Pflüger J‑M, Rolf A, Seetzen J, Siefkes D, Stransfeld R (Hrsg) (1992) Sichtweisen der Informatik. Vieweg, BraunschweigMATH
2.
Zurück zum Zitat Pohle J, Lenk K (Hrsg) (2021) Der Weg in die „Digitalisierung“ der Gesellschaft. Metropolis, Marburg Pohle J, Lenk K (Hrsg) (2021) Der Weg in die „Digitalisierung“ der Gesellschaft. Metropolis, Marburg
3.
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Metadaten
Titel
Digital Literacy
Wie die digitale Urteilsfähigkeit der Studierenden gestärkt werden kann
verfasst von
Arno Rolf
Publikationsdatum
16.12.2021
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Erschienen in
Informatik Spektrum / Ausgabe 1/2022
Print ISSN: 0170-6012
Elektronische ISSN: 1432-122X
DOI
https://doi.org/10.1007/s00287-021-01425-0

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