Skip to main content
Erschienen in:
Buchtitelbild

Open Access 2022 | OriginalPaper | Buchkapitel

Digitales Lernen – Welche Rolle spielt die Privatheit der Daten von Schüler:innen bei der Nutzung von Lernsoftware?

verfasst von : Judith Meinert, Nicole C. Krämer

Erschienen in: Selbstbestimmung, Privatheit und Datenschutz

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
loading …

Zusammenfassung

Die Nutzung von Smartphones und Tablets ermöglicht auch den Zugang zu Applikationen zum Lernen und Vertiefen von Schulinhalten. Allerdings werden dabei zwangsläufig eine große Anzahl persönlicher Daten gesammelt. Hierbei kann es sich um demografische Daten, administrative Informationen, Daten aus Interaktionen und individuelle Daten wie das Vorwissen oder Testergebnisse handeln. Da die Funktionsweise solcher Lernsysteme oftmals intransparent ist, stellt sich die Frage, inwiefern Kinder und Jugendliche die Bedrohung ihrer Privatheit in horizontaler (durch die Einblicke von Lehr:innen, Eltern und Mitschüler:innen in sensible Leistungsdaten) und vertikaler (durch die kommerzielle Nutzung und Weitergabe an Unternehmen) Hinsicht wahrnehmen. Im Rahmen einer empirischen Befragung von Schüler:innen sowie von Lehrkräften und Eltern wird deshalb untersucht, in welchem Umfang Lernsoftware in den Schulen und Zuhause genutzt wird, und, ob Kenntnisse über potenzielle Bedrohungen der persönlichen Daten durch die Speicherung und Weitergabe bei der Nutzung von Lernsoftware existieren und welche Schutzmaßnahmen im Zuge dessen ergriffen werden, um die eigenen Daten zu schützen.

1 Einführung

Die Nutzung von Smartphones und Tablets beginnt heutzutage bereits im Kindesalter und ermöglicht auch den Zugang zu Applikationen zum Lernen und Vertiefen von Schulinhalten. Seit ein paar Jahren bevölkern unzählige Anbieter verschiedener Software zum Lernen den Markt und werden vermehrt auch im Schulunterricht eingesetzt [9]. Allerdings existiert weder ein Überblick noch eine Systematisierung, welche Software zur Lernunterstützung in den Schulen zum Einsatz kommt, beziehungsweise wofür es Lizenzen gibt und inwieweit übergreifend gehostete Plattformen wie Moodle oder Logineo verwendet werden [11]. Darüber hinaus gibt es zahlreiche private Anbieter wie beispielsweise Sofatutor, die eher ergänzend zur Nachhilfe oder zusätzlichen Unterstützung Zuhause angeboten werden.
Generell bietet Lernsoftware verschiedenartige Lernunterstützung zu spezifischen Themen, Unterrichtsfächern, Aufgaben und Wissensständen, die auch die wechselseitige Kommunikation mit anderen Lernenden (z. B. im Klassenverband) ermöglicht [12]. Weiterhin werden die Lernprozesse und -fortschritte der Nutzenden analysiert, um personalisierte Hilfestellungen darbieten zu können [7]. Das geht zwangsläufig auch mit einer enormen Sammlung von Daten einher. So werden bei der Nutzung von Lernsoftware nicht nur demografische Daten der Nutzenden (wie z. B. Geschlecht und Alter), sondern auch administrative Informationen wie die Schule, Klasse und Ortsangaben als auch Daten aus Interaktionen mit anderen Nutzenden oder dem System wie beispielsweise das Navigationsverhalten, Eingaben in Texte und Quizze, Beiträge in Foren und individuelle Daten wie das Vorwissen, Testergebnisse und teilweise sogar Motivationen oder Stimmungszustände gespeichert [7], [13].
Aufgrund der Tatsache, dass nicht nur das generelle Verständnis der Datenverabeitungsmechanismen von Software limitiert ist, sondern auch die Funktionsweise von Lernsoftware zumeist intransparent für die Nutzenden ist [5], ist unklar, inwiefern Kinder und Jugendliche Risiken, die mit der Speicherung ihrer Daten einhergehen (und der dadurch möglichen Erstellung, Interpretation und Weitergabe von Datenprofilen) überhaupt wahrnehmen und inwiefern Aufklärung, Sensibilisierung und Unterstützung dahingehend durch Eltern und Lehrkräfte im privaten und schulischen Umfeld stattfindet.
Obwohl die Thematisierung von Datenschutzrisiken im Bereich der sozialen Medien teilweise schon Einzug in den Schulunterricht erhalten hat, wird der Umgang mit den Daten im Rahmen von Lernapplikationen bislang gar nicht oder nur wenig thematisiert [3]. Dabei existieren in diesem Kontext nicht nur Datenschutzrisiken in Bezug auf die kommerzielle Nutzung und Weitergabe an Unternehmen und Werbetreibende (vertikale Privatheit), sondern auch die Möglichkeit, dass Lehrkräfte, Eltern und Mitschüler:innen Einblicke in die sensiblen Leistungs- und Lernfortschrittsdaten der Schüler:innen bekommen können (horizontale Privatheit). Dementsprechend liegt die Kontrolle über die eigenen Daten nicht bei den jungen Nutzer:innen selbst. Oftmals muss bereits zur Anmeldung die (Email-) Adresse angegeben werden und die individuellen Leistungsdaten werden im Klassenverband miteinander verknüpft und/oder an die Eltern und Lehrer:innen gesendet [12]. Dadurch entstehen neben den Vorteilen einer innovativen Nutzung kreativer und zugeschnittener Lernmethoden [1] durch die damit verbundene Sammlung personenbezogener und lernbezogener Daten auch erhebliche Risiken für die Privatheit und den Schutz der Daten der Schüler:innen. Insbesondere Kinder und Jugendliche sind als vulnerable Nutzergruppe zu verstehen, die die Risiken, die sich für ihre persönlichen Daten ergeben, nicht vollumfänglich erfassen und ihren Handlungsspielraum bezüglich der Kontrolle ihrer Daten nicht kennen [5].
Studienergebnisse aus Großbritannien zeigten bereits, dass Schüler:innen sich mehr Unterstützung wünschen, um effektive Strategien zu erlernen, mit denen sie ihre Daten bei der Nutzung von Medien und Software schützen können [10]. In Deutschland ist bislang noch nicht ausgiebig untersucht worden, wie der Wissensstand der Schüler:innen zum Thema Datenschutz und Kontrolle über die eigenen Daten ist, und, ob Aufklärung darüber Zuhause oder in der Schule stattfindet. Unklar ist zudem, wer sich in der Rolle des Verantwortlichen für die Aufklärung über mögliche privatheitsbedrohende Einstellungen und datenschutzkonforme Nutzungsstrategien sieht, beziehungsweise, ob Lehrer:innen und Eltern selbst ausreichend Wissen und Medienkompetenz besitzen, um diese Rolle einnehmen zu können. Damit einhergehend stellt sich auch die Frage, ob der soziale Hintergrund eine Rolle spielt bei der Aufklärung von Kindern und Jugendlichen bezüglich ihrer Mediennutzung und dem Schutz ihrer Daten [8].

2 Empirische Befragung

Um detailliertere Einsichten sowohl in die Nutzung von Lernsoftware-Angeboten in der Schule als auch zur Unterstützung der Lernleistung Zuhause zu erhalten, wurde eine empirische Befragung von Schüler:innen sowie Lehrkräften und Eltern durchgeführt. Dabei wurden jedoch Eltern und Lehrkräfte unabhängig von den Schüler:innen rekrutiert, sodass keine relationalen Beziehungen zwischen den drei Stichproben bestehen. An der Befragung nahmen bislang 80 Schüler:innen (36 w, 41 m, 3 divers, Alter: MW = 16.4; SD = 0.51; Range 15–18) der Schulformen Gesamtschule und Gymnasium ebenso wie 69 Lehrkräfte (43 w, 25 m, 1 divers, Alter: MW = 43.49; SD = 11.16; Range: 24–65) und 55 Elternteile (36 w, 17 m, 2 divers, Alter: MW = 42.6; SD = 8.7; Range: 24–60) teil. Durschnittlich hatten die befragten Elternteile 1.76 (SD = 0.43) Kinder mit dem Durchschnittsalter 12.35 (SD = 5.25).
Es wurde untersucht, in welchem Umfang Lernsoftware in den Schulen und Zuhause genutzt wird, und, ob eine Bedrohung (vertikal und horizontal) der persönlichen Daten durch die Speicherung und Weitergabe bei der Nutzung von Lernsoftware empfunden wird. Weiterführend wurde erhoben, wie die generelle Einstellung zur Online-Privatheit ist und welche Schutzmaßnahmen ergriffen werden, um die eigenen Daten zu schützen. Darüber hinaus waren auch die wahrgenommene Selbstwirksamkeit zum Schutz der horizontalen und vertikalen Privatheit und der Zugang zu Informationen über den Schutz der eigenen Daten (Privacy Literacy) Bestandteil der Befragung.
Aufgrund der Schulschließungen im Zuge der Covid-19 Pandemie musste die Befragung unterbrochen werden, sodass die Stichprobengröße bislang noch nicht die geplante Zieldimension erreicht hat und die Befragung aktuell noch fortgesetzt wird. Dementsprechend beziehen sich die nachfolgenden Ergebnisdarstellungen auf die Auswertung der vorläufigen Stichprobe.

3 Nutzung von Lernsoftware

Um ein einheitliches Verständnis der Begrifflichkeiten Lernsoftware und Lernapplikationen zu erlangen, wurde zu Beginn der Befragungen erklärt, dass damit Apps, Programme und Software jeglicher Art gemeint sind, die zum Lernen am Smartphone, Tablet oder PC genutzt werden können. Als Beispiele wurden Antolin, Apps von Schulbuchverlagen (z. B. Klett) oder Sofatutor genannt.
In Bezug auf die generelle Nutzung von Lernsoftware gaben 35 der befragten Schüler:innen (N = 80) an Lernapplikationen zu nutzen, wohingegen die anderen 45 nicht mit Lernsoftware arbeiten. Überraschenderweise gaben jedoch weitaus mehr Schüler:innen an, dass sie gerne mit Lernsoftware arbeiten würden (64). Durchschnittlich wird 15.79 min (SD = 31.46) am Tag mit Internetanwendungen gearbeitet, bei einer durchschnittlichen Gesamtinternetnutzungsdauer von 2.42 Stunden am PC (SD = 4.69) und 4.56 Stunden am Smartphone (SD = 4.23). Überwiegend scheint die Nutzung von Lernsoftware dabei den Schüler:innen Spaß zu machen (MW = 3.38; SD = 1.33; Skala von 1 = Trifft nicht zu bis 5 = Trifft zu). Die Schüler:innen gaben an, mehr Zuhause (MW = 3.13; SD = 1.16) als in der Schule (MW = 2.73; SD = 1.19) mit Lernsoftware zu arbeiten. Allerdings scheint dies nicht mit einer Aufforderung der Eltern in Zusammenhang zu stehen, da die Schüler:innen berichteten, dass ihre Eltern sie eher nicht auffordern, mit Lernsoftware zu üben (MW = 1.66; SD = 0.88; Skala von 1 = Trifft nicht zu bis 5 = Trifft zu). Am häufigsten wird offenbar den Lernapplikationen der Zugriff auf die Kamera (36 = Ja; 38 = Nein; 6 = Weiß nicht), gefolgt von der Kontaktliste (27 = ja, 42 = Nein, 11 = Weiß nicht) und dem Standort gewährt (20 = Ja; 56 = Nein; 4 = Weiß nicht), wobei anzumerken ist, dass die Mehrheit der Schüler:innen generell Lernapps keinerlei Zugriffe zu gewähren scheint.
Von den befragten Lehrkräften gab die Mehrheit an, Internetanwendungen im Unterricht zu verwenden (51 = Ja; 18 = Nein). Allerdings wurden dabei die AGBs der jeweiligen Lernapplikationen eher nicht gelesen (18 = Ja; 43 = Nein; 8 = Weiß nicht). Interessanterweise schätzen die Lehrkräfte, dass Internetanwendungen häufiger Zuhause (MW = 2.93; SD = 1.05; Skala 1 = Nie bis 5 = Sehr häufig) als in der Schule (MW = 2.64; SD = 1.14; Skala 1 = Nie bis 5 = Sehr häufig) genutzt werden, was in Einklang damit steht, dass im Durchschnitt nur gelegentlich zur Nutzung von Lernsoftware im Unterricht aufgefordert wird (MW = 2.78; SD = 0.97; Skala 1 = Trifft nicht zu bis 5 = Trifft zu). Insgesamt sprach sich die Mehrheit der befragten Lehrkräfte für eine Nutzung von Lernsoftware im Unterricht aus (52 = Ja; 9 = Nein; 8 = Weiß nicht).
Bezüglich der generellen Nutzung von Internetanwendungen gab die Mehrheit der Eltern an, dass ihre Kinder Internetanwendungen zum Lernen und Üben nutzen (49 = Ja; 6 = Nein), jedoch hat sich weniger als die Hälfte der Eltern im Zuge dessen mit den AGBs vertraut gemacht (23 = Ja; 28 = Nein; 4 = Weiß nicht). Als durchschnittliche tägliche Mediennutzungsfrequenz ihrer Kinder gaben die Eltern 174.04 Minuten an (SD = 118.39), wobei dies offenbar starken Unterschieden unterworfen ist (Range = 0 bis 600 Minuten), die sich nicht durch Altersunterschiede der Kinder erklären lassen. Dabei werden laut Einschätzung der Eltern offenbar täglich im Durchschnitt 69.09 Minuten (SD = 64.70; Range = 0 bis 300 Minuten) mit Internetanwendungen verbracht. Ebenso wie die Schüler:innen und Lehrer:innen gaben auch die Eltern an, dass Lernsoftware häufiger Zuhause (MW = 3.70; SD = 1.00; Skala 1 = Nie bis 5 = Sehr häufig) als in der Schule genutzt wird (MW = 2.96; SD = 1.21; Skala 1 = Nie bis 5 = Sehr häufig). Weiterhin bitten die Eltern ihre Kinder gelegentlich mit Lernanwendungen zu arbeiten (MW = 2.98; SD = 1.27; Skala 1 = Nie bis 5 = Sehr häufig) ebenso wie sie ihren Kindern gelegentlich weitere, nicht in der Schule genutzte Lernapplikationen installiert haben (MW = 3.33; SD = 1.44; Skala 1 = Nie bis 5 = Sehr häufig). Dabei scheinen die Eltern davon auszugehen, dass ihren Kindern die Arbeit mit Lernsoftware (eher) Spaß macht (MW = 3.67; SD = 1.11; Skala 1 = Trifft nicht zu bis 5 = Trifft zu).
In Einklang mit vorherigen Untersuchungen [6] scheint generell eine positive Einschätzung von Lernsoftware und deren Effektivität in Hinblick auf Lernfortschritte zu herrschen. Es fällt jedoch auf, dass insbesondere die Eltern scheinbar die generelle Nutzungsdauer ihrer Kinder zu unterschätzen scheinen, vor allem in Hinblick auf die Smartphone-Nutzung. Allerdings muss man hierbei beachten, dass die befragte Stichprobe der Schüler:innen durchschnittlich älter war als die Kinder der befragten Elternteile. Im Umkehrschluss wird die Nutzungsdauer von Lernanwendungen innerhalb der Gesamtmediennutzung jedoch überschätzt im Vergleich zu den Angaben der Schüler:innen.

4 Einschätzung der Datensicherheit

Wie bereits eingangs erwähnt, wird bislang die Wahrnehmung und Bewertung der Datensicherheit bei der Nutzung von Lernsoftware in Befragungen zumeist weniger berücksichtigt [3], [6]. Bei der Befragung der Schüler:innen zur ihrer Einschätzung der Sicherheit ihrer Daten bei der Nutzung von Lernsoftware und möglichen Nachteilen für ihre Privatheit zeigte sich, dass die Schüler:innen die Datensicherheit auf einem mittleren Level einstuften (MW = 2.77; SD = 0.88; Skala 1 = Trifft nicht zu bis 5 = Trifft zu). Hinsichtlich spezifischer negativer Konsequenzen, die durch die Nutzung von Lernsoftware entstehen können, wurde die Veröffentlichung privater Fotos am wahrscheinlichsten bewertet (MW = 3.75; SD = 1.31; Skala 1 = sehr unwahrscheinlich bis 5 = sehr wahrscheinlich) gefolgt von Identitätsklau (MW = 3.51; SD = 1.28; Skala 1 = sehr unwahrscheinlich bis 5 = sehr wahrscheinlich), Mobbing (MW = 3.40; SD = 1.37; Skala 1 = sehr unwahrscheinlich bis 5 = sehr wahrscheinlich) und einem stärkeren Vergleich zwischen den Schüler:innen (MW = 3.10; SD = 1.46; Skala 1 = sehr unwahrscheinlich bis 5 = sehr wahrscheinlich).
Die Lehrkräfte bewerten die Datensicherheit bei der Nutzung von Lernsoftware auf einem ähnlichen Level wie die Schüler:innen im mittleren Bereich (MW = 2.70; SD = 0.58; Skala 1 = Trifft nicht zu bis 5 = Trifft zu). Allerdings bewerteten sie als mögliche, aus der Nutzung resultierende Konsequenz den stärkeren Vergleich unter den Schüler:innen am wahrscheinlichsten (MW = 3.28; SD = 1.17; Skala 1 = sehr unwahrscheinlich bis 5 = sehr wahrscheinlich), gefolgt von Mobbing (MW = 2.91; SD = 1.19; Skala 1 = sehr unwahrscheinlich bis 5 = sehr wahrscheinlich), der Veröffentlichung von Fotos (MW = 2.84; SD = 1.26; Skala 1 = sehr unwahrscheinlich bis 5 = sehr wahrscheinlich) und einem Identitätsdiebstahl (MW = 2.77; SD = 1.10; Skala 1 = sehr unwahrscheinlich bis 5 = sehr wahrscheinlich). Laut Aussage der Lehrer:innen haben ihre Schüler:innen bislang eher wenige negative Erfahrungen durch die Nutzung von Lernsoftware erfahren, wobei die Mehrzahl der Lehrer:innen angab, dies nicht zu wissen (10 = Ja; 28 = Nein; 31 = Weiß nicht).
Die Gruppe der Eltern bewertete die Sicherheit der Daten bei der Verwendung von Lernapplikationen am höchsten (MW = 2.84; SD =  0.61; Skala 1 = Trifft nicht zu bis 5 = Trifft zu). Bezüglich der Wahrscheinlichkeit möglicher auftretender negativer Konsequenzen stand wie bei den Lehrer:innen der stärkere Vergleich unter den Schüler:innen (MW = 3.22; SD = 1.03; Skala 1 = sehr unwahrscheinlich bis 5 = sehr wahrscheinlich) an erster Stelle, gefolgt von der Veröffentlichung von Fotos (MW = 2.64; SD = 1.18; Skala 1 = sehr unwahrscheinlich bis 5 = sehr wahrscheinlich), Mobbbing (MW = 2.56; SD = 1.15; Skala 1 = sehr unwahrscheinlich bis 5 = sehr wahrscheinlich) und Identitätsdiebstahl (MW =  2.53; SD = 0.86; Skala 1 = sehr unwahrscheinlich bis 5 = sehr wahrscheinlich).
Auf Basis der Ergebnisse lässt sich erkennen, dass es offenbar einen Unterschied in der Perspektive Erwachsener und Jugendlicher zu geben scheint bezüglich antizipierter Ängste und Nachteile bei der Verwendung von Lernsoftware und der durch die Datenweitergabe möglicherweise entstehenden Konsequenzen. Am stärksten unterschieden sich dabei die Eltern von den Schüler:innen und Lehrer:innen in der Bewertung der Datensicherheit bei der Verwendung von Lernsoftware, wobei diese am wenigsten besorgt um die Sicherheit der Daten waren. Allerdings ist hierbei anzumerken, dass die drei Gruppen sich nicht statistisch signifikant in ihrer Einschätzung der Datensicherheit bei der Nutzung von Lernsoftware unterschieden (F (2; 201) = 1.85; p = .160; η2 = .018) und die berichteten Mittelwerte somit lediglich als Tendenz gedeutet werden können.
Des Weiteren wurden auch die möglichen negativen Konsequenzen unterschiedlich bewertet. So bewerteten die Schüler:innen die Veröffentlichung privater Fotos am wahrscheinlichsten, wohingegen Eltern und Lehrkräfte einen Leistungsvergleich zwischen den Schüler:innen am ehesten vermuteten.

5 Wahrgenommene Kontrolle durch Andere

Die Schüler:innen nehmen keine starke Kontrolle durch Eltern (MW = 1.57; SD = 1.11; Skala 1 = Trifft nicht zu bis 5 = Trifft zu) und Lehrer:innen (MW = 1.46; SD = 0.80; Skala 1 = Trifft nicht zu bis 5 = Trifft zu) bei der Nutzung von Lernsoftware wahr. Außerdem empfinden sie keinen stärkeren Vergleich zu anderen Mitschüler:innen (MW = 1.53; SD = 0.66; Skala 1 = Trifft nicht zu bis 5 = Trifft zu).
Die Lehrer:innen gaben an, die Leistungen der Schüler:innen größtenteils zu kontrollieren (32 = Ja; 25 = Nein; 5 = Weiß nicht), konnten jedoch kaum einschätzen, inwieweit die Eltern der Schüler:innen die Leistungen kontrollieren (12 = Ja; 17 = Nein; 40 = Weiß nicht). Die Lehrkräfte schätzen das wahrgenommene Gefühl von Kontrolle der Schüler:innen bei der Nutzung von Lernsoftware weitaus höher ein, als diese angaben (MW = 3.05; SD = 0.87; Skala 1 = Trifft nicht zu bis 5 = Trifft zu).
Die Eltern sind überwiegend der Auffassung, dass die Leistungen ihrer Kinder bei der Nutzung von Lernsoftware von den Lehrkräften kontrolliert werden (28 = Ja; 22 = Nein; 5 = Weiß nicht). Dementsprechend schätzten die Eltern auch das wahrgenommene Gefühl von Kontrolle ihrer Kinder bei der Nutzung von Lernapplikationen höher ein (MW = 2.81; SD = 0.76; Skala 1 = Trifft nicht zu bis 5 = Trifft zu) als die Schüler:innen selbst, jedoch nicht so hoch wie die Lehrer:innen.

6 Selbstwirksamkeit beim Schutz der eigenen Daten

Da bei der Nutzung von Lernsoftware nicht nur Datenschutzrisiken in Bezug auf die Einsichtnahme in persönliche Daten und Lernleistungen durch Lehrer:innen, Eltern und Mitschüler:innen bestehen, was eine Bedrohung der Privatheit in horizontaler Ebene beschreibt, sondern auch die Weitergabe persönlicher Daten an Werbeunternehmen als potenzielles Risiko der Privatheit auf vertikaler Ebene existiert, wurden die Schüler:innen, Lehrkräfte und Eltern zu der Einschätzung ihrer Selbstwirksamkeit beim Schutz der persönlichen Daten im Rahmen der Nutzung von Internetanwendungen wie beispielsweise Lernsoftware befragt. Die Selbstwirksamkeit lässt sich als die Überzeugung definieren, im Besitz der entsprechenden Fähigkeiten zu sein, um eine bestimmte Situation zu bewältigen [2]. Die Schüler:innen schätzten ihre eigene Selbstwirksamkeit in Bezug auf horizontale Privatheitsbedrohungen im mittleren Bereich ein (MW = 2.85; SD = 0.81; Skala 1 = Stimme nicht zu bis 5 = Stimme zu), allerdings höher als ihre Selbstwirksamkeit bezüglich vertikaler Risiken (MW = 2.62; SD = 0.89; Skala 1 = Stimme nicht zu bis 5 = Stimme zu).
Im Vergleich dazu bewerteten die Lehrer:innen ihre Selbstwirksamkeit geringer, jedoch auch hier wurde die Selbstwirksamkeit für den Schutz gegen horizontale Bedrohungen (MW = 2.49; SD = 0.91; Skala 1 = Stimme nicht zu bis 5 = Stimme zu) höher eingeschätzt, verglichen mit der Selbstwirksamkeit, vertikale Eingriffe zu verhindern (MW = 2.28; SD = 0.98; Skala 1 = Stimme nicht zu bis 5 = Stimme zu).
Auch die befragten Eltern schätzten ihre eigene Selbstwirksamkeit hinsichtlich horizontaler Bedrohungen (MW = 2.95; SD = 0.77; Skala 1 = Stimme nicht zu bis 5 = Stimme zu) höher ein als ihre Fähigkeiten, die eigenen Daten in Hinblick auf die vertikale Privatheit adäquat zu schützen (MW = 2.70; SD = 0.94; Skala 1 = Stimme nicht zu bis 5 = Stimme zu).
Insgesamt schätzten dabei die Eltern ihre Fähigkeiten für den horizontalen (F (2, 201) = 5.76; p = .004; η2 = .054), als auch vertikalen (F (2, 201) = 3.73; p = .026; η2 = .036) Schutz signifikant höher ein als die Schüler:innen und Lehrer:innen. Zudem schätzten die Eltern, die Fähigkeiten ihrer Kinder, sich und die eigenen Daten auf horizontaler Ebene zu schützen (MW = 2.38; SD = 1.04; Skala 1 = Stimme nicht zu bis 5 = Stimme zu) höher ein im Vergleich zu vertikalen Schutzfähigkeiten (MW = 2.25; SD = 1.16; Skala 1 = Stimme nicht zu bis 5 = Stimme zu). Auffallend dabei ist, dass die Eltern die eigenen Fähigkeiten in beiden Bereichen als ausgeprägter bewerten als die ihrer Kinder.

7 Einstellung zur Online-Privatheit

Weiterhin wurden die Stichproben der Schüler:innen, Eltern und Lehrkräfte zu ihrer generellen Einstellung zur Online-Privatheit befragt. Dabei kann nach Burgoon (1982) [4] die Privatheit in eine informationale, psychologische und soziale (sowie im Offline-Kontext eine physische) Dimension unterschieden werden.
Die informationale Privatheitsdimension bezieht sich auf die Preisgabe von Informationen, durch die die eigene Person identifiziert werden kann. Dementsprechend wurden die Studienteilnehmer:innen gebeten, auf einer Skala anzugeben, wie vorteil- bzw. nachteilhaft und wie gefährlich sie es empfinden, persönliche Informationen wie beispielsweise ihren Namen im Internet preiszugeben. Erstaunlicherweise empfanden die Schüler:innen die Preisgabe persönlicher Informationen als eher vorteilhaft (MW = 3.62; SD = 1.08; Skala 1 = sehr nachteilig bis 5 = sehr vorteilhaft) und eher ungefährlich (MW = 3.55; SD = 1.01; Skala 1 = total gefährlich bis 5 = total ungefährlich). Ein deutlich anderes Bild zeigte sich bei den Lehrer:innen, die die Preisgabe persönlicher Informationen als deutlich nachteiliger (MW = 2.00; SD = 1.09; Skala 1 = sehr nachteilig bis 5 = sehr vorteilhaft) und gefährlicher (MW = 2.28; SD = 0.97; Skala 1 = total gefährlich bis 5 = total ungefährlich) bewerteten. Die Eltern hingegen schätzten die Informationsweitergabe zwar nachteiliger (MW = 2.42; SD = 0.91; Skala 1 = sehr nachteilig bis 5 = sehr vorteilhaft) und gefährlicher (MW = 2.40; SD = 0.92; Skala 1 = total gefährlich bis 5 = total ungefährlich) als die Schüler:innen ein, jedoch nicht in einem so starken Ausmaß wie die Lehrkräfte.
Die psychologische Privatheitsdimension repräsentiert die Offenbarung von Gefühlen, Werten und Einstellungen, sodass die Stichproben nach ihrer Einschätzung gefragt wurden, wie vorteilhaft und ungefährlich die Preisgabe persönlicher Gedanken, Gefühle und Einstellungen im Internet ist. Die Schüler:innen empfanden es als eher vorteilhaft (MW = 3.90; SD = 1.12; Skala 1 = sehr nachteilig bis 5 = sehr vorteilhaft) und ungefährlich (MW = 3.57; SD = 0.93; Skala 1 = total gefährlich bis 5 = total ungefährlich), im Internet Gedanken und Gefühle zu veröffentlichen. Im Kontrast dazu bewerteten die Lehrer:innen das Teilen von Gefühlen und Gedanken als eher nachteilig (MW = 1.99; SD = 1.01; Skala 1 = sehr nachteilig bis 5 = sehr vorteilhaft) und gefährlich (MW = 2.41; SD = 1.05; Skala 1 = total gefährlich bis 5 = total ungefährlich). Die Bewertungen der Eltern waren im mittleren Bereich angesiedelt, mit einer leichten Tendenz zur eher vorteilhaften (MW = 2.75; SD = 0.84; Skala 1 = sehr nachteilig bis 5 = sehr vorteilhaft) und ungefährlichen Einschätzung (MW = 2.91; SD = 1.04; Skala 1 = total gefährlich bis 5 = total ungefährlich).
Die soziale Privatheit reflektiert das erwünschte Verhältnis von Nähe und Distanz zu anderen Menschen, was im Online-Kontext beispielsweise durch die Regulation von Zugänglichkeit zum eigenen Profil definiert werden kann. In Folge dessen wurden die Teilnehmer:innen gefragt, wie vorteilhaft und ungefährlich sie es finden, zu bestimmen, wer Zugang zu ihren Kommentaren und Updates auf sozialen Netzwerkseiten (z. B. Facebook) hat. Die Schüler:innen bewerteten das Zugriffs-Management auf ihre persönlichen Profile als eher nachteilig (MW = 2.63; SD = 1.51; Skala 1 = sehr nachteilig bis 5 = sehr vorteilhaft) und den freien Zugang als eher ungefährlich (MW = 3.07; SD = 1.18; Skala 1 = total gefährlich bis 5 = total ungefährlich). Bei den Lehrer:innen fielen die Einschätzungen von Zugriffsregulation sehr viel vorteilhafter (MW =  4.09; SD = 1.40; Skala 1 = sehr nachteilig bis 5 = sehr vorteilhaft) aus. Auch die Eltern bewerteten die Regulation von Zugriffen anderer auf die eigenen Profilinhalte als vorteilhaft (MW = 3.67; SD = 1.20; Skala 1 = sehr nachteilig bis 5 = sehr vorteilhaft) und ungefährlich (MW = 3.95; SD = 1.24; Skala 1 = total gefährlich bis 5 = total ungefährlich). Insgesamt fällt deutlich auf, dass die Schüler:innen auf den verschiedenen Ebenen des informationalen (F (2; 201) = 47.96; p < .001; η2 = .326), psychologischen (F (2; 201) = 62.86; p < .001; η2 = .388) und sozialen (F (2; 201) = 22.89; p < .001; η2 = .188) Privatheitsverhaltens am sorglosesten sind.

8 Zugang zu Privatheitswissen (Privacy Literacy)

Eine entscheidende Vorrausetzung zum Schutz der Privatheit und eigenen Daten im Internet besteht darin, zu verstehen, wie Informationen erfasst und weiterverwendet werden können und welchen Handlungsspielraum zum Schutz der Nutzende hat [15].
Die Stichproben aus Schüler:innen, Lehrer:innen und Eltern sind deshalb nach ihrem Zugang zu Wissen über den Schutz der eigenen Privatheit im Internet befragt worden. Der verwendete Fragebogen enthielt dabei zum Beispiel Fragen danach, ob im privaten und schulischen Umfeld darüber gesprochen wird, wie man im Internet seine Daten schützen kann und, ob man selbst aktiv nach Informationen sucht oder durch die Medien mitbekommt. Dabei berichteten die Schüler:innen (MW = 2.28; SD = 0.68; Skala 1 = Nie bis 5 = Immer), deutlich weniger Zugang zu Informationen über den Schutz der eigenen Daten und Privatheit zu erhalten als die Lehrer:innen (MW = 2.71; SD = 0.64; Skala 1 = Nie bis 5 = Immer) und Eltern (MW = 3.06; SD = 0.67; Skala 1 = Nie bis 5 = Immer). Die drei Gruppen der Schüler:innen, Lehrer:innen und Eltern unterscheiden sich dabei in ihrem jeweiligen Zugang zu Privatheitswissen, statistisch signifikant voneinander (F (2; 201) = 23.16; p < .001; η2 = .187).
Bezüglich der spezifischen Wege, über die Informationen und Wissen über Privatheit und Privatheitsschutz erlangt werden, zeigte sich, dass die Schüler:innen am häufigsten im privaten Umfeld Informationen erhalten, wohingegen die Lehrkräfte und Eltern häufiger im beruflichen Umfeld sowie durch die aktive Suche und im Internet mit Privatheitswissen in Berührung kommen. Eine detaillierte Übersicht findet sich in Tab. 1.
Tab. 1
Gegenüberstellung der Wege, über die die Schüler:innen, Lehrkräfte und Eltern Zugang zu Privatsheitswissen erhalten (Skala 1 = Nie bis 5 = Immer)
 
Schüler:innen
Lehrer:innen
Eltern
Im privaten Umfeld
2,42 (1,08)
2,80 (0,82)
2,53 (0,99)
Im Internet
2,41 (1,10)
2,77 (0,96)
3,35 (0,96)
Aktive Suche
2,38 (1,05)
2,87 (1,06)
3,13 (0,96)
Im schulischen/ beruflichen Umfeld
2,35 (1,01)
3,14 (0,97)
3,35 (1,09)
Durch Medienkampagnen
2,20 (1,17)
2,28 (0,95)
3,13 (1,11)
Per Mail
1,95 (1,20)
2,58 (1,09)
2,98 (1,13)
Damit stehen die Ergebnisse der aktuellen Befragung hinsichtlich der Einschätzung des eigenen Zugangs zu Wissen über Privatheitsschutz im Gegensatz zu Autoren, die postulieren, dass Kinder und Jugendliche heutzutage als sogenannte digital natives über ausreichend Wissen und Kompetenzen verfügen, um verantwortungsbewusst mit Internetanwendungen und Lernapplikationen umzugehen – sofern es in ihrem Handlungsspielraum liegt [14].

9 Schutzmaßnahmen

Um zu erfahren, wie praktisch mit dem Schutz der eigenen Daten im Internet umgegangen wird, wurden die Teilnehmer:innen gefragt, welche Schutzmaßnahmen sie in den letzten sechs Monaten im Internet ergriffen haben. Dabei waren Mehrfachnennungen möglich (Übersicht in Tab. 2).
Tab. 2
Gegenüberstellung der von Schüler:innen, Lehrer:innen und Eltern genutzten Schutzmaßnahmen in Prozent und Anzahl der Nennungen (Mehrfachnennungen waren möglich)
https://static-content.springer.com/image/chp%3A10.1007%2F978-3-658-33306-5_10/MediaObjects/504056_1_De_10_Tab2_HTML.png
Die am häufigsten von den Schüler:innen genannte Maßnahme war dabei die Nutzung einer Verschlüsselungssoftware, um im Internet zu surfen (91,1 %). Darauf folgten die Optionen ‚Ich habe Online-Dienstbetreibende darum gebeten, persönliche Daten von mir zu löschen‘ (88,6 %) und ‚Ich habe andere Internet-Nutzende darum gebeten, persönliche Daten von mir zu löschen‘ (87,3 %).
Bei den Lehrer:innen war die am häufigsten ausgewählte Maßnahme ‚Ich habe andere Internet-Nutzende darum gebeten, persönliche Daten von mir zu löschen‘ (92,8 %), direkt gefolgt von der Option ‚Ich habe keine dieser Maßnahmen ergriffen‘ (91,3 %). Am dritthäufigsten wurde die Nutzung von Browsern mit der Tor- oder Wrapper-Software genannt (88,4 %).
Die Gruppe der Eltern gab am häufigsten an, keine der genannten Maßnahmen ergriffen zu haben (98,2 %). Darüber hinaus wurden am zweithäufigsten Schutzmaßnahmen wie das Nutzen von Browsern mit Tor- oder Wrapper-Software (92,7 %) und Anonymisierungstools (87,3 %) angegeben.
In der Gesamtbetrachtung fällt auf, dass die Schüler:innen wesentlich mehr unterschiedliche Maßnahmen anwenden, um ihre Privatheit im Internet zu schützen. Im Unterschied dazu verwendeten die Lehrer:innen insbesondere Maßnahmen, die im eigenen Kontrollspektrum liegen (z. B. die Nutzung von Verschlüssungssoftware oder speziellen Browsern) oder gar keine Maßnahmen, was eventuell auf große individuelle Unterschiede in der Handhabung der eigenen Privatheit im Internet basierend auf Erfahrungshorizont und Erfahrungen rückschließen lässt. Ein Großteil der Eltern scheint überwiegend keine Maßnahmen zu verwenden. Insgesamt sprechen die Ergebnisse dafür, einen reziproken Wissens- und Kompetenzaustausch zwischen Schüler:innen und Lehrer:innen sowie Eltern zu etablieren und vertiefen, sodass die Erwachsenen auch von einem Wissensvorsprung der Kinder und Jugendlichen profitieren könnten.

10 Fazit

Die Ergebnisse der Befragung der Schüler:innen, Eltern und Lehrkräfte liefern nicht nur Evidenz über den Einsatz von Lernsoftware, sondern ebenso über den Wissensstand von Schüler:innen, Lehrer:innen und Eltern in Hinblick auf die Relevanz und Erreichung eines effektiven Datenschutzes bei der Nutzung von Lernsoftware. Auffallend ist dabei insbesondere, dass generell von nur einer geringen Anzahl Schüler:innen Lernsoftware genutzt wird, wobei ein Großteil jedoch gerne mit Software-Lösungen zum Lernen arbeiten würde. Demzufolge sollte zukünftig insbesondere systematisch untersucht werden, welche Lernapplikationen in den Schulen genutzt werden.
Weiterhin zeigte sich, dass die Eltern der befragten Stichprobe die geringsten Bedenken bezüglich der Sicherheit der persönlichen Daten bei der Nutzung von Lernsoftware hatten, was insbesondere in Hinblick darauf problematisch sein kann, dass Eltern ihre Kinder zur Nutzung von Lernapplikationen ermutigen (z. B. um Lerninhalte zu vertiefen oder Wissensdefizite aufzuarbeiten) ohne vollumfänglich die damit einhergehenden Risiken zu beachten oder sich dementsprechend zu informieren, beispielsweise durch das Lesen der AGBs. Entsprechend schätzten sowohl Lehrer:innen als auch Eltern ihre eigenen Fähigkeiten gegenüber vertikalen Privatheitsbedrohungen (u. a. die Weitergabe von Daten an Unternehmen zu Werbezwecken) gering ein, woraus sich schlussfolgern lässt, dass ihnen demnach auch die Kompetenz fehlt, ihre Schüler:innen und Kinder adäquat im Umgang mit derartigen Risiken zu schulen und unterstützen. In diesem Sinne berichteten die Schüler:innen auch über sehr wenig Zugangsmöglichkeiten zu Wissen über Privatheitsrisiken (z. B. über Gespräche im privaten Umfeld, in der Schule oder in den Medien).
Darauf basierend ergeben sich Implikationen, um nicht nur die Aufmerksamkeit des Themas Datenschutz im Bildungsbereich zu forcieren, sondern auch auf Basis der Erkenntnisse über den Wissensstand und die Verantwortungsverortung Maßnahmen für den gezielten Kompetenzerwerb der Schüler:innen abzuleiten. Hierbei sollte in erster Linie der Zugang zu Wissen über Privatheitsschutz fokussiert werden, da vor allem die Schüler:innen kaum Zugang zu Wissen über den Schutz der eigenen Daten und den Umgang mit Privatheit zu haben schienen. Dies könnte beispielsweise als fester Bestandteil in Lehrpläne integriert werden, um den Schüler:innen nicht nur im schulischen Kontext, sondern auch in privaten Nutzungskontexten die reflektierte Auswahl von Software und Applikationen unter (stärkerer) Berücksichtigung datenschutzrelevanter Einstellungen zu ermöglichen.
Bei der Interpretation der Ergebnisse der Befragung müssen allerdings einige Limitationen berücksichtigt werden. Bislang ist nur eine Altersgruppe von Schüler:innen befragt worden, sodass noch unbeantwortet ist, wie jüngere Schüler:innen den Schutz ihrer Daten und Privatheit bewerten. Weiterhin bestanden zwischen den drei Stichproben der Schüler:innen, Lehrkräfte und Eltern keine relationalen Beziehungen, was die Generalisierbarkeit der Ergebnisse einschränkt, insbesondere da die befragten Eltern sehr viel jüngere Kinder hatten. Ein weiterer Aspekt bezieht sich auf die Erhebungszeitpunkte, die vor und während der Covid-19 Pandemie lagen, wodurch digitales Lernen durch Homeschooling und Online-Unterricht unterschiedlich salient wahrgenommen und dementsprechend bewertet worden sein kann.
Open Access Dieses Kapitel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz (http://​creativecommons.​org/​licenses/​by/​4.​0/​deed.​de) veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
Die in diesem Kapitel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen.
Literatur
1.
Zurück zum Zitat Avella, J.T., Kebritchi, M., Nunn, S.G., Kanai, T.: Learning analytics methods, benefits, and challenges in higher education: A systematic literature review. Online Learning, 20(2), 13–29 (2016) Avella, J.T., Kebritchi, M., Nunn, S.G., Kanai, T.: Learning analytics methods, benefits, and challenges in higher education: A systematic literature review. Online Learning, 20(2), 13–29 (2016)
2.
Zurück zum Zitat Bandura, A.: Self-efficacy: toward a unifying theory of behavioral change. Psychol. Rev. 84(2), 191 (1977) Bandura, A.: Self-efficacy: toward a unifying theory of behavioral change. Psychol. Rev. 84(2), 191 (1977)
3.
Zurück zum Zitat Biehl, C.J., Hug, A.: Entwicklung einer Unterrichtsreihe zu dem Thema Datenschutz mit Fokus auf den mathematischen Relationen in Sozialen Netzwerken (Doctoral dissertation, Universität Koblenz-Landau) (2019) Biehl, C.J., Hug, A.: Entwicklung einer Unterrichtsreihe zu dem Thema Datenschutz mit Fokus auf den mathematischen Relationen in Sozialen Netzwerken (Doctoral dissertation, Universität Koblenz-Landau) (2019)
4.
Zurück zum Zitat Burgoon, J.K.: Privacy and communication. Annals. Int. Commun. Associat., 6(1), 206–249 (1982) Burgoon, J.K.: Privacy and communication. Annals. Int. Commun. Associat., 6(1), 206–249 (1982)
5.
Zurück zum Zitat Drachsler, H., Greller, W.: Privacy and analytics: it’s a DELICATE issue a checklist for trusted learning analytics. In: Proceedings of the sixth international conference on learning analytics & knowledge, 89–98 (2016) Drachsler, H., Greller, W.: Privacy and analytics: it’s a DELICATE issue a checklist for trusted learning analytics. In: Proceedings of the sixth international conference on learning analytics & knowledge, 89–98 (2016)
6.
Zurück zum Zitat Fokides, E.: Digital educational games and mathematics. Results of a case study in primary school settings. Educat. Inform. Tech., 23(2), 851–867 (2018) Fokides, E.: Digital educational games and mathematics. Results of a case study in primary school settings. Educat. Inform. Tech., 23(2), 851–867 (2018)
7.
Zurück zum Zitat Ifenthaler, D., Schumacher, C.: Learning analytics im Hochschulkontext. WiSt–Wirtschaftswissenschaftliches Studium, 45(4), 176–181 (2016) Ifenthaler, D., Schumacher, C.: Learning analytics im Hochschulkontext. WiSt–Wirtschaftswissenschaftliches Studium, 45(4), 176–181 (2016)
9.
Zurück zum Zitat Link, T., Schwarz, E.J., Huber, S., Fischer, U., Nuerk, H.C., Cress, U., Moeller, K.: Mathe mit der Matte – Verkörperlichtes Training basisnumerischer Kompetenzen. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 17(2), 257–277 (2014) Link, T., Schwarz, E.J., Huber, S., Fischer, U., Nuerk, H.C., Cress, U., Moeller, K.: Mathe mit der Matte – Verkörperlichtes Training basisnumerischer Kompetenzen. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 17(2), 257–277 (2014)
10.
Zurück zum Zitat Livingstone, S., Stoilova, M., Nandagiri, R.: Talking to children about data and privacy online: research methodology. (2019) Livingstone, S., Stoilova, M., Nandagiri, R.: Talking to children about data and privacy online: research methodology. (2019)
11.
Zurück zum Zitat Niegemann, H., Weinberger, A.:Was ist Bildungstechnologie?. In: Handbuch Bildungstechnologie, (S. 3–16). Springer, Berlin, Heidelberg (2020) Niegemann, H., Weinberger, A.:Was ist Bildungstechnologie?. In: Handbuch Bildungstechnologie, (S. 3–16). Springer, Berlin, Heidelberg (2020)
12.
Zurück zum Zitat Pardo, A., Siemens, G.: Ethical and privacy principles for learning analytics. British J. Edu. Tech. 45(3), 438–450 (2014) Pardo, A., Siemens, G.: Ethical and privacy principles for learning analytics. British J. Edu. Tech. 45(3), 438–450 (2014)
13.
Zurück zum Zitat Romero, C., Ventura, S.: Educational data mining and learning analytics: An updated survey. Wiley Interdisciplinary Reviews: Data Mining and Knowledge Discovery, 10(3), e1355 (2020) Romero, C., Ventura, S.: Educational data mining and learning analytics: An updated survey. Wiley Interdisciplinary Reviews: Data Mining and Knowledge Discovery, 10(3), e1355 (2020)
14.
Zurück zum Zitat Wai, I.S.H., Ng, SS.Y., Chiu, D.K., Ho, K.K., Lo, P.: Exploring undergraduate students’ usage pattern of mobile apps for education. J. Librarian. Inform. Sci. 50(1), 34–47 (2018) Wai, I.S.H., Ng, SS.Y., Chiu, D.K., Ho, K.K., Lo, P.: Exploring undergraduate students’ usage pattern of mobile apps for education. J. Librarian. Inform. Sci. 50(1), 34–47 (2018)
15.
Zurück zum Zitat Zhao, J., Wang, G., Dally, C., Slovak, P., Edbrooke-Childs, J., Van Kleek, M., Shadbolt, N.: I make up a silly name’ Understanding Children’s Perception of Privacy Risks Online. In: Proceedings of the 2019 CHI Conference on Human Factors in Computing Systems, 1–13 (2019) Zhao, J., Wang, G., Dally, C., Slovak, P., Edbrooke-Childs, J., Van Kleek, M., Shadbolt, N.: I make up a silly name’ Understanding Children’s Perception of Privacy Risks Online. In: Proceedings of the 2019 CHI Conference on Human Factors in Computing Systems, 1–13 (2019)
Metadaten
Titel
Digitales Lernen – Welche Rolle spielt die Privatheit der Daten von Schüler:innen bei der Nutzung von Lernsoftware?
verfasst von
Judith Meinert
Nicole C. Krämer
Copyright-Jahr
2022
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-33306-5_10