Die Rheologie ist ein sehr altes Fachgebiet und wurde bereits um 1930 u. a. von E. C. Bingham und M. Reiner in Easton (USA) als eigenständige Disziplin gegründet. Wesentliche Einzelbeiträge veröffentlichten schon sehr viel früher z. B. 1676 R. Hooke, 1687 J. Newton, 1745 L. Euler, 1820 C. L. M. H. Navier, 1845 G. Stokes, 1847 J. L. M. Poiseuille, 1867 B. Maxwell und 1908 L. Prandtl [1]. Ansätze aus diesen Beiträgen werden in diesem Buch auch hergeleitet, wie z. B. das newtonsche Reibungsgesetz oder das Gesetz von Hagen-Poiseuille. [1]
In der Rheologie unterscheidet man zwischen drei rheologischen Grundeigenschaften:
Viskosität
Plastizität
Elastizität
Dabei weisen reale Materialien alle rheologischen Grundeigenschaften auf. Diese sind unterschiedlich ausgeprägt und hängen von der Beanspruchungshöhe, der Beanspruchungsdauer, der Temperatur etc. ab. [1]
Das Bild 3.1 zeigt das Verhalten unterschiedlicher Medien bei Beanspruchung. Bei der Beanspruchung handelt es sich um eine Schubspannung, die zum Zeitpunkt t0 einen Sprung macht und konstant bis zum Zeitpunkt t1 bleibt. Bei t1 stellt sich die Schubspannung sprunghaft auf den Wert Null zurück. Ein newtonsches Fluid deformiert sich linear, solange die Belastung aufrechterhalten bleibt. Wird die Beanspruchung weggenommen, so verbleibt das newtonsche Medium in seiner Deformation. Der ideal elastische Körper folgt der Belastung sprunghaft mit einer Deformation. Sobald die Beanspruchung entfällt, stellt sich die Verformung des ideal elastischen Festkörpers wieder auf den ursprünglichen Zustand zurück. Der viskoelastische Körper folgt der Beanspruchung zunächst sprunghaft in der Deformation. Anschließend retardiert (kriecht) er, solange die Beanspruchung aufrecht erhalten bleibt. Die Deformation nimmt stetig degressiv zu. Sobald die Beanspruchung wegfällt, stellt sich die Deformation teilweise wieder zurück. Anschließend retardiert er wieder, d. h. die Deformation nimmt teilweise wieder ab. [1] [2] [3] [4] [5]
Wie bereits in Kapitel 1 beschrieben wurde, kann die Rheologie als die Wissenschaft von der Deformation und dem Fließen der Stoffe angesehen werden. Als Deformation bezeichnet man die relative Verschiebung der Materialelemente zueinander. [1]
Viskosimeter und Rheometer dienen zur Ermittlung von Stoffdaten unterschiedlicher Medien. Im Gegensatz zu einem Viskosimeter, das lediglich die Viskosität eines Fluids in einer begrenzten Breite von Bedingungen messen kann, ist ein Rheometer in der Lage, Viskosität und Elastizität nicht-newtonscher Materialien über einen breiten Bereich von Bedingungen hinweg zu messen. Zu den wichtigsten Eigenschaften, die gemessen werden können, gehören Viskoelastizität, Fließverhalten, Thixotropie, Dehnviskosität, Kriechverhalten und Kriecherholung sowie für die Verarbeitung relevante Parameter wie Extrudatschwellen und Schmelzebruch.
Bei der Formteil- und Werkzeugauslegung werden heute oftmals computerunterstützte Simulationsprogramme wie Cadmould®, Moldex®, Moldflow®, Sigmasoft® etc. eingesetzt. Diese Programme können basierend auf der Methode der Finiten Elemente
In den bisherigen Kapiteln wurden die Fließeigenschaften unterschiedlicher Medien beschrieben. Mittels der Viskosimetrie/Rheometrie lassen sich die Stoffgrößen der Medien ermitteln und die entsprechenden Fließkurven darstellen. Mit mathematischen Ansätzen, wie dem Potenzansatz von Ostwald und de Waele, dem Carreau-Ansatz oder dem Cross-WLF-Ansatz lassen sich diese Fließkurven auch temperaturabhängig beschreiben.
Die Anwendung der Gleichungen von Hagen-Poiseuille kann nur zum Erfolg führen, wenn bei der Bestimmung der Viskosität das strukturviskose Verhalten der Kunststoffe und auch die Temperaturabhängigkeit der Viskosität beachtet werden. Vereinfacht wird zunächst angenommen, dass die Viskosität über dem Querschnitt konstant ist. Zur Bestimmung der Viskosität werden somit mittlere bzw. repräsentative Größen [1] [2] [3] zugrunde gelegt.
Für die Auslegung und Konstruktion von Spritzgießwerkzeugen ist es erforderlich, den zur Formfüllung notwendigen Einspritzdruck zu kennen. Der Konstrukteur kann hierdurch zum Beispiel die notwendige Zuhaltekraft abschätzen und somit die Maschinengröße festlegen oder bekommt Informationen über die maximale Anzahl füllbarer Kavitäten. Darüber hinaus stellt die Druckbedarfsberechnung eine notwendige Voraussetzung für die Auslegung nicht natürlich balancierter Angusssysteme dar. [1]
In der Regel setzen sich bei Heißkanalsystemen und bei Extruderwerkzeugen die Strömungskanäle aus einer Folge von Einzelkanälen mit unterschiedlichen Geometrien zusammen. Die unterschiedlichen Strömungskanäle können in Reihe oder parallel angeordnet sein.
Durchströmt eine visko-elastische Schmelze eine Düse, so ist sie bestrebt, die energetisch günstigste Strömungsform einzunehmen. Infolgedessen müssen, sobald sich der Querschnitt eines Strömungskanals verändert, neben den Scherströmungseffekten auch die Dehnströmungsanteile berücksichtigt werden. Das kann z. B. beim Spritzgießen im Bereich der Maschinendüse, des Angusses, des Anschnittes und im Heißkanalsystem der Fall sein. In diesen Bereichen kann nicht immer von einer Zylindergeometrie ausgegangen werden. Besonders bei der Maschinendüse wird deutlich, dass sich der Querschnitt in Strömungsrichtung verkleinert. Infolgedessen müssen an solchen Strömungsstellen neben den Scherströmungen (Scherdruckverluste) auch die Dehnströmungseffekte (Dehndruckverluste) berücksichtigt werden. [1] [2] [3]
Die Qualität von Spritzgussformteilen kann durch Lufteinschlüsse oder sogenannte Bindenähte, die beim Zusammenfließen verschiedener Schmelzeströme beim Füllen des Formteils entstehen, ganz wesentlich herabgesetzt werden.
Für Hersteller von Folien, Rohren oder auch Platten ist die Plastifizierleistung (kg/h) eines Extruders von großer Bedeutung; gleiches gilt für den Spritzgießer. Dieser muss Kenntnis über den Plastifizierstrom (g/s) der Spritzgießmaschine besitzen, um abschätzen zu können, ob die Spritzgießmaschine in der Lage ist, das notwendige Schussgewicht in der zur Verfügung stehenden Zeit (Dosierzeit) aufzubereiten. Nachfolgend sollen die Strömungsarten einer Schneckenströmung betrachtet und analysiert werden. Ziel ist es, die auftretenden Strömungsarten mathematisch zu beschreiben und darzustellen.
Das Problem der Umlagerung bei der Coextrusion von Fluiden mit unterschiedlichen viskoelastischen Eigenschaften wurde schon Anfang der siebziger Jahre untersucht [1] [2] [3]. Inhalt dieser Arbeiten war sowohl die Betrachtung des Auftretens der Umlagerung in Abhängigkeit von Fließkanalgeometrie, Fließeigenschaften der Schmelze und Betriebspunkt, als auch die Entwicklung von Modellen für die ablaufenden Vorgänge beziehungsweise die rechnerische Beschreibung der Strömungsvorgänge. Im Folgenden soll zunächst näher auf die Erscheinungsformen der Umlagerungen eingegangen werden.