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27.01.2021 | Energie + Nachhaltigkeit | Schwerpunkt | Online-Artikel

Dezentrale PV-Lösungen für Sub-Sahara Afrika

verfasst von: Frank Urbansky

3:30 Min. Lesedauer

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In Afrika scheint die Sonne reichlich, zentrale Energieinfrastrukturen sind kaum vorhanden. Was liegt also näher, als Dörfer und Städte mit Photovoltaik-Lösungen zu versorgen? Ein deutsches Projekt zeigt, wie.

Photovoltaik (PV) lohnt sich vor allem da, wo die Sonne reichlich und intensiv scheint. "Die Verfügbarkeit der [Photovoltaik-]Anlage ist definiert als das Verhältnis der benötigten täglichen Energiemenge zur tatsächlich bereitgestellten Energiemenge", beschreibt Springer-Vieweg-Autor Andreas Wagner in seinem Buchkapitel Solares Strahlungsangebot auf Seite 26 den grundsätzlichen Zusammenhang.

Empfehlung der Redaktion

2019 | OriginalPaper | Buchkapitel

Solares Strahlungsangebot

Die Sonne kann näherungsweise als schwarzer Strahler betrachtet werden. Messungen des Sonnenspektrums ermöglichen Rückschlüsse auf die Temperatur sowie auf die Elementen Verteilung der Sonne.

Deutschland eignet sich zwar auch für Sonnenenergie. Jedoch gibt es Erdgegenden, wo mit einer bis zu dreimal so hohen Sonneneinstrahlung deutlich höhere Erträge erzielt werden können. Große Teile Afrikas gehören dazu. Deswegen wurde einst auch das Projekt Desertec gestartet, das im großindustriellen Maßstab in Nordafrika billigen Solarstrom produzieren und nach Europa liefern sollte. Doch daraus wurde nichts. Einigen Investoren erschien das Invest zu riskant. Einige der damals in Frage kommenden Staaten, so Tunesien und Marokko, haben jedoch inzwischen eigene PV-Kapazitäten aufgebaut und nutzen diese.

20 Dörfer versorgt

PV ist für Afrika jedoch auch in deutlich kleinerem Maßstab und dezentraler bedeutend. Der Deutsche Torsten Schreiber gründete vor fünf Jahren das Sozialunternehmen Africa GreenTec und liefert seitdem PV-Anlagen inklusive Batteriespeicher in einem Container nach Afrika. Bisher stehen 20 dieser Anlagen vor allem in Mali. Etliche weitere sind in Planung.

Die Finanzierung erfolgt via Crowdfunding über eine Plattform. Die Anlagen werden jedoch nicht verschenkt, sondern vor Ort durch die Nutzer per Mikrokredit abbezahlt. Durch seine Frau, eine gebürtige Malierin, verschlug es ihn 2014 in den mittelafrikanischen Staat, der sich gerade im politischen Umbruch befand. Schreiber bekam einen Termin beim damaligen Energieminister, der ihm ein Dieselkraftwerk mit 20 MW Leistung und einem täglichen Verbrauch von 170.000 Litern als Beratungsobjekt empfahl.

Für Schreiber war schnell klar, dass dieser Weg keine energetische Zukunft haben kann. Bei seinen damaligen Mitstreitern von Bettervest, einer Invest-Plattform, fand er erste Mitstreiter für das Projekt. So kam das erste Crowdfunding zustande, das binnen 48 Stunden ausgebucht war. Mit dem Geld wurde eine Anlage entwickelt, die auch ohne großes technisches Wissen aufzubauen und zu betreiben war.

2015 trennte sich Schreiber von Bettervest und ist seitdem ausschließlich für Africa GreenTec unterwegs. Dafür verbringt er sechs Monate des Jahres in Afrika. Jetzt, fünf Jahre nach dem Bau der ersten Anlage, beteiligt Africa GreenTec seine Unterstützer direkt am Unternehmen, und das wieder über Crowdinvesting. 

Eigene Tarife entwickelt

Die ersten Container wurden ausgeliefert und erfolgreich aufgebaut. Dennoch kam es zu Spannungen, da alle Dorfbewohner den gleichen Anteil, etwa 20 Euro, beim Zurückzahlen des Mikrokredits hatten, einige jedoch mehr Strom verbrauchten als andere. Deswegen schlüpfte Africa GreenTec selbst in die Betreiberrolle und entwickelte gerechte Tarifmodelle mit Zählern. Inzwischen werden so 100.000 Menschen mit sauberem und kostengünstigem Strom versorgt. Daraus entwickelten sich auch Gewerke und Services, die vorher undenkbar waren, angefangen von der Straßenbeleuchtung über Handwerksbetriebe, die dreiphasigen Strom benötigen, sowie Schweißer, Schreiner, "elektrifizierte" Friseure oder Internetcafés.

Ein weiteres Problem waren die vorhandenen Netze. Die sind auf die Dieselaggregate ausgelegt, die vor Ort zeitweilig oder länger betreiben wurden. Dadurch war die Netzfrequenz vorgegeben. Africa GreenTec musste daher die Module anpassen, Netze ertüchtigen oder neu bauen. Hier werden fünf bis sieben Kilometer Netzbau notwendig, der Bau wird von der DEG – Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mit 50 Prozent unterstützt. Inzwischen wurden 80 Leute ausgebildet, die die Anlagen vor Ort betreuen und am Laufen halten.

Gerade in Ländern, in denen es nie einen Ausbau zentral gesteuerter Energiesysteme geben wird, ist eine derartige Lösung fast zwingend. "Obwohl "zentral" und "dezentral" nicht in ein strikt dichotomes Verhältnis gesetzt werden können, zeichnet sich mit Blick auf die Gestaltung der Energiewende […] seit Längerem eine klare Tendenz zur sog. Dezentralisierung der Energieerzeugung, auch im internationalen Kontext […] ab", beschreiben die Springer-Autoren Jens Ried, Matthias Braun und Peter Dabrock in ihrem Zeitschriftenbeitrag Energiewende: Alles eine Frage der Partizipation? Governance-Herausforderungen zwischen Zentralität und Dezentralität auf Seite 205 diesen Trend.

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