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2024 | Buch

Energieverantwortung

Beiträge zu ethischen Grundlagen und Zuständigkeiten in inter- und transdisziplinärer Perspektive

herausgegeben von: Michael Quante, Anna Kahmen, Christian Loos, Barbara von Groote-Gotzes

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

Buchreihe : Wissenschaftsethik und Technikfolgenbeurteilung

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Über dieses Buch

Der Band widmet sich der Frage, wer verantwortlich ist für einen ethisch angemessenen Umgang mit Energie. Dazu sollen zunächst in einem ersten Schritt die normativen Grundlagen von Energieverantwortung skizziert werden. In einem zweiten Schritt werden mögliche Spannungsfelder identifiziert, die in verschiedenen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Dimensionen bestehen. In einem abschließenden dritten Schritt wird die Perspektive auf Probleme erweitert, die durch die Implementierung energieverantwortlicher Maßnahmen und Bestrebungen entstehen. So leistet der Band eine Ordnung der Fragen rund um Energieverantwortung sowie die Darstellung, Bewertung und Lösung konkreter Handlungsprobleme im Feld der Energie-Nachhaltigkeit.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Einleitung
Zusammenfassung
Der Klimawandel ist die globale Krise unserer Gegenwart. Mit Blick auf die sich hieraus ergebenen Handlungsoptionen und -zwänge stellt der verantwortliche Umgang mit Energie sicher einen der zentralen Bereiche dar. Unsere ethische Verantwortung betrifft dabei beides: Erzeugung und Verbrauch von Energie gleichermaßen. Der vorliegende Band verfolgt zwei Ziele: Erstens soll ein interdisziplinärer Dialog ermöglicht und die dafür notwendigen fachlichen Reflexionen angestoßen werden. Keine Einzeldisziplin kann auf die komplexen Probleme des Klimawandels oder die mit dem Terminus Energieverantwortung angezeigten Herausforderungen alleine eine plausible Antwort geben. Vielmehr müssen die Wissenschaften ein gemeinsames Verständnis der Probleme entwickeln, um auch interdisziplinär geteilte Antworten bereitstellen zu können. Zweitens soll dies in transdisziplinärer Perspektive erfolgen. Das bedeutet, die von der Gesellschaft an die Wissenschaft herangetragenen Fragen und Problemstellungen ernst zu nehmen, aufzugreifen und Antworten zu formulieren, die auch außerhalb der wissenschaftlichen Diskurse als Antworten auf diese Fragen und Problemstellungen verstanden werden können.
Michael Quante, Anna Kahmen, Christian Loos, Barbara von Groote-Gotzes
Energieverantwortung aus der Perspektive der Nachhaltigkeit
Zusammenfassung
Nachhaltigkeit ist als normative Grundlage politischer Entscheidungen zur Transformation des Energiesystems nicht mehr wegzudenken. Sämtliche wirtschaftlichen Prozesse beruhen auf der Extraktion (vor allem) nicht-erneuerbarer Ressourcen, deren energetischer Umwandlung und Nutzung in Produktionsprozessen (von Gütern bzw. für die Bereitstellung von Dienstleistungen) sowie der daraus resultierenden negativen Externalitäten als ökologische Kosten, z. B. die Belastung ökologischer Senken (Atmosphäre, Wälder, Meere, etc.).
Tobias Gumbert, Doris Fuchs
Vom „Framing“ zu Problembeschreibung, Situationsdeutung und Kontextualisierungen in der Endlagersuche
Zusammenfassung
Article deals with the concepts of framing, discourse, and narrativity with respect to a specific case within the transformation of the energy system in Germany, namely the search for a final repository for high radioactive waste. In the first instance, „framing“ is seen as device in strategic and persuasive reasoning, but it can play an important role in discourse as well. This is true for narratives and diagnoses of complex historical situation, too. Author provides a narrative on German environmental policies since the 1970ies to contextualize the search for a repository. Phasing out nuclear energy has consituted a new paradigmatic situation within which the search for a repository becomes a „final chapter“ of a long story. In this situation, the original concept of an inaccesible repository in deep geological underground looks attractive. To allocate a burden in „best“ safety and security is unavoidable to bring the story to a „good“ end. Author argues in favor of a speedy search for such geological repository. It looks incoherent to speed up the race for „climate neutrality“ and delay the seach for a repository. If science can’t identify the single best site, a decision might be reached either by voluntariness with compensation, by parliament, or by a lottery.
Konrad Ott
Energiegerechtigkeit. Die globale Perspektive
Zusammenfassung
Seit dem Pariser Klima-Abkommen von 2015 gibt es eine von fast allen Staaten anerkannte globale Strategie zur Vermeidung sog. Klimagase und zur Anpassung des menschlichen Lebens an die Erwärmung der Atmosphäre. Trotz einer Reihe innerer Unklarheiten und äußerer Ungereimtheiten kann man von einem verbindlichen Maßstab für das internationale politische Handeln sprechen. Von einer global verbindlichen Energiestrategie ist die Welt jedoch weit entfernt, vielmehr sind die Energiepolititken der Staaten an nationalen Zielen orientiert. In dem Beitrag werden die Probleme einer globalen Enegriegerechtigkeit aus der Sicht der politischen Ethik untersucht.
Carl Friedrich Gethmann
Generationenverantwortung und Energie
Zusammenfassung
Einer der auffälligsten gesellschaftlichen Trends der letzten zwanzig Jahre ist die zunehmende Moralisierung von Bereichen des individuellen und gesellschaftlichen Lebens, die in früheren Zeiten eher der Logik der effektiven Interessenverfolgung vorbehalten waren. Die Forderung nach der Übernahme und Wahrnehmung moralischer Verantwortung hat Lebensbereiche erfasst, die lange Zeit weitgehend außerhalb der Moral standen: Wirtschaft, Umwelt, Ressourcennutzung.
Dieter Birnbacher
Das Konstruieren von Beurteilungskontexten in Energieverantwortungsfragen
Zusammenfassung
In der angewandten Ethik ist es die Aufgabe, konkrete und real auftretende Problemfälle mit ethischer Tragweite zu analysieren, zu bewerten und gegebenenfalls Anleitungen zur Lösung von Dissensen anzubieten. Real auftretende Fälle weisen in der Regel viele situative Eigenschaften auf, von denen einige für die ethische Bewertung relevant sind, während andere irrelevant oder zumindest nicht relevant genug sind, um klarerweise die ethische Bewertung zu beeinflussen oder beeinflussen zu dürfen. Aufgabe der Philosophie (und insbesondere einer Philosophie, die sich mit der Frage nach einem verantwortlichen Umgang mit Energie beschäftigt) ist es daher auch, Situationen und ihre Kontexte zu isolieren, damit sie dann einer weiteren ethischen Bewertung ausgesetzt werden können.
Anna Kahmen, Barbara von Groote-Gotzes
Ungleiche Emittenten: Zwischen Energiearmut und Carbon-Überfluss
Zusammenfassung
Tobias Vogels Beitrag über ungleiche Emittenten nimmt die Bedeutung internationaler und inländischer Wohlstandsgefälle für die Klimakrise in den Blick. Mit dem jeweiligen Wohlstandsniveau variieren der Treibhausgasausstoß, die Betroffenheit durch die Erderwärmung, die Finanzierbarkeit klimapolitischer Maßnahmen sowie die Dringlichkeit von Bedürfnissen, die durch emissionsverursachende Aktivitäten befriedigt werden. Vogel zeigt zunächst auf, wie sich Einkommensungleichheiten im Zuge der wirtschaftlichen Globalisierung verändert haben. Daran anschließend analysiert er materielle Ungleichheit anhand der Phänomene weiterhin verbreiteter Energiearmut, dem rasant steigenden Energiehunger einer wachsenden globalen Mittelschicht sowie dem anhaltend exorbitanten Emissionsniveau der in ihren jeweiligen Ländern einkommensstärksten Gruppen. Aus seinen Ausführungen schließt Vogel, dass für eine wirksame und faire Begrenzung des Klimawandels eine stärkere kontextuelle Einordnung der Klimapolitik in die internationalen und inländischen Ungleichheitsdynamiken der wirtschaftlichen Globalisierung geboten sei - und umreißt entsprechende klimapolitische Maßnahmen.
Tobias Vogel
Verbraucherverantwortung in der Energiewende: Mehr als nachhaltiger Konsum
Zusammenfassung
Der Konsum von Gütern und Dienstleistungen ist für die meisten Menschen in industrialisierten Ländern selbstverständlicher Teil des alltäglichen Lebens, für sehr viele andere weltweit ein erstrebenswertes Ziel erwünschter Lebensqualität. Über die Befriedigung elementarer Bedürfnisse hinaus ist der Konsum eine gesellschaftliche Arena, in der sich Lebensgefühl widerspiegelt und sich wirtschaftlicher Erfolg und sozialer Status manifestieren.
Armin Grunwald
Kernenergie – all things considered? Zu den Akzeptabilitätsdimensionen ihrer zivilen Nutzung
Zusammenfassung
Für eine philosophisch-ethische Bewertung stellen Energieversorgungssysteme aufgrund der Komplexität ihrer gegebenen (sowie möglichen) Energieoptionen und der unterschiedlichen Handlungsfelder eine besondere Herausforderung dar: Zum einen müssen die mit den einzelnen Handlungsfeldern zusammenhängenden Kontroversen und Debatten etwa im Hinblick auf divergierende Risikoeinschätzungen sowie Ungewissheiten, Probabilitäten und damit zusammenhängendes explizites Nicht-Wissen berücksichtigt werden. Zum anderen muss ausgehend von dezidierten Handlungsfeldanalysen das komplexe Beziehungsgefüge in energiesystemischer Hinsicht identifiziert und überschaut werden. Dies ist nur dann möglich, wenn eine entsprechend verfahrende philosophisch-ethische Bewertung auf profunde einzelwissenschaftliche sowie interdisziplinäre Wissensbestände zurückgreifen kann und zurückgreift. Das Handlungsfeld der Primärenergieträgergewinnung wird sowohl in der öffentlichen Berichterstattung und Diskussion zu den verschiedenen Energieoptionen als auch in fachwissenschaftlichen Debatten häufig unzureichend behandelt oder sogar völlig außer Acht gelassen. Eine philosophisch-ethische Bewertung darf aber nicht erst am Kernkraftwerk, Windpark, Solarpark oder Kohlekraftwerk etc., sprich im Handlungsfeld der Energieerzeugungsanlagen, beginnen. Beispielsweise lassen sich bei der Energieoption der Kernenergie in der Regel nur Probabilitäten hinsichtlich der Reaktorentwicklung und Konditionierungstechnologien ausmachen. Risiken werden nahezu ausschließlich in Gestalt möglicher Unfälle im Handlungsfeld der Energieerzeugungsanlage und zur Endlagerthematik im Handlungsfeld der Entsorgung diskutiert. Festzustellen ist eine vereinfachende Bewertungspraxis, von der sich auch die fachwissenschaftliche philosophische Ethik nicht freisprechen kann. Klammert man die spezifischen Gewinnungsarten von Primärenergieträgern in einer ethischen Bewertung von Energieversorgungssystemen aus, unterschlägt man damit eine Auseinandersetzung mit den über sie geführten und zu führenden Diskursen. Ziel dieses Beitrags ist es daher, die Komplexität des Handlungsfeldes der Primärenergieträgergewinnung im Sinne einer philosophisch-ethischen Entfaltung der Akzeptabilitätsdimensionen der Energieoption der Kernenergie darzustellen. Dabei sollen reduktionistische Verfahrensweisen ethischer Bewertungen als defizitär ausgewiesen und systematische Grundlagen für eine adäquate Konzeption von spezifizierten Akzeptabilitätskriterien mittlerer Reichweite entwickelt werden.
Christian Loos
Zählt jedes bisschen? Individuelles Verhalten, individuelle Verantwortung und Energieverbrauch
Zusammenfassung
Das Thema der Individualverantwortung wird in Swantje Notzons Beitrag aus verhaltenspsychologischer Perspektive beleuchtet. Aus Forschungsergebnissen zum gesundheitsbewussten Verhalten leitet Notzon Möglichkeiten und Grenzen von Verhaltensänderungen zu nachhaltigerem Handeln ab: Aus Sicht der Psychologie seien Verhaltensänderungen von Einzelnen zwar nicht unmöglich, aber mitunter schwer zu erreichen, weil sie unter anderem von nur teilweise veränderlichen Persönlichkeitsfaktoren abhingen. Gleichzeitig sieht Notzon die Notwendigkeit, von institutioneller Seite durch Veränderung von Rahmenbedingungen sowie durch eine bessere Wissenschaftskommunikation Gelegenheiten zu schaffen, dass Individuen ihre etablierten Verhaltensweisen ändern (können). Notzon zeigt, wie Erkenntnisse der psychologischen Forschung dabei helfen, ein energieverantwortliches Handeln des Einzelnen zu ermöglichen und/oder zu fördern.
Swantje Notzon
Metadaten
Titel
Energieverantwortung
herausgegeben von
Michael Quante
Anna Kahmen
Christian Loos
Barbara von Groote-Gotzes
Copyright-Jahr
2024
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-64989-3
Print ISBN
978-3-662-64988-6
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-64989-3