1993 | OriginalPaper | Buchkapitel
Exkurs
Beisichselbstsein. Über die deutsche Gemütlichkeit
verfasst von : Johannes Weiß
Erschienen in: Vernunft und Vernichtung
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Enthalten in: Professional Book Archive
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Eigentümliche sprachliche Ausdrücke sind kein hinreichendes und nicht einmal ein immer anzutreffendes Indiz für eigentümliche Sachverhalte. Doch können für die Soziologie, und zwar nicht nur in der Ideologienlehre oder Ideologiekritik, auch „objektiv“ realitätslose Begriffe ein interessantes Studienobjekt abgeben. Insofern ist es schon beachtenswert, daß die deutschen Ausdrücke „gemütlich“ und „Gemütlichkeit“ in ihrer heutigen Bedeutung in kaum einer anderen Sprache ein genaues Äquivalent besitzen. Diese Einsicht ist nicht neu, sondern fast so alt wie diese Ausdrücke (in der fraglichen Bedeutung und Verwendungsweise) selbst. „Unser neueres, uns so unentbehrliches gemütlich“, so heißt es im Grimmschen Wörterbuch (1985, 3330), “erscheint wirklich erst im 18. Jahrhundert ausgebildet und zwar spät, wie ja auch der engere Begriff von Gemüt, der beide Worte nun beherrscht, sich als sehr jung erwies.“ Nach Ansätzen im Umkreis der Pietisten und Herrenhuter sei das Wort „gemütlich“ im Laufe des 18. Jahrhunderts immer mehr in Gebrauch gekommen und schließlich, nach 1790, vor allem von Goethe „aus dem Hausdeutsch seiner Umgebung aufgenommen“ und in die deutsche Schriftsprache eingeführt worden. Erst später sei es dann z.B. in die schwedische und die niederländische Sprache eingewandert.