Kopfklarheit führt zu besseren Entscheidungen. Unternehmen, die Klarheit auch in der Mannschaft schaffen, haben bessere Chancen auf Wachstum, schreibt Springer-Autor Guido Quelle in einem Gastbeitrag.
Wachstum beginnt oben. Wachstum beginnt in den ersten Zeilen der Gewinn- und Verlustrechnung, den Erlösen, Wachstum beginnt im Kopf einer jeden Person und Wachstum beginnt in der Unternehmensführung, dem Kopf des Unternehmens. Wie wollen wir von unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern fordern, dass sie klare, zielgerichtete Entscheidungen treffen und entsprechend wachstumswirksame Maßnahmen ergreifen, wenn wir als Unternehmer keine Klarheit über das unternehmerische Ziel haben, wenn wir nicht in der Lage sind, eine Richtung zu geben, in die das Unternehmen aufbrechen soll, wenn Führungskräfte keine Klarheit darüber haben, wohin sie ihre Teams führen sollen?
Den Führungswillen artikulieren
Zwei Beispiele aus meiner Beratungspraxis mögen die Erfordernis der Kopfklarheit und die Wirkung des artikulierten Führungswillens illustrieren:
Beispiel 1: Ein familiengeführtes, mittelständisches Unternehmen prosperierte ausgezeichnet, lebte aber maßgeblich von den Ideen und Handlungen seines genialen Gründers, der, inzwischen nahezu 70 Jahre alt, buchstäblich jede Schraube im Unternehmen kannte. Sätze wie „So einen Unternehmer wie Herrn ... haben wir noch nie gesehen“ oder „Das kann nur Herr ... entscheiden“ habe ich dort oft gehört. Das Problem: Die
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Genialität und die Klarheit des Unternehmers kam nicht bis in die Mannschaft hinein, jede wichtige Entscheidung musste mit dem Unternehmer abgestimmt werden und es wurden Reibungen erzeugt, die vermeidbar waren, was nicht zuletzt auch zu einer gewissen Fluktuation auf Führungsebene führte. Das Unternehmen wuchs und wächst auch heute noch, ist aber fragil aufgestellt und immer noch von seinem Gründer abhängig, denn auch die Familienmitglieder, die im Unternehmen mitarbeiten, müssen sich an ihm ausrichten. Schwierig, wenn nicht genug gesprochen wird.
Für Aufruhr sorgen
Beispiel 2: Ein börsennotiertes Unternehmen war an seine Wachstumsgrenzen gelangt, es dümpelte förmlich innerhalb der Branche vor sich hin, wenngleich auch auf hohem Niveau. Gemeinsam mit dem Vorstand haben wir die erforderliche Klarheit auf Ebene der Unternehmensführung herbeigeführt, in welche Richtung das Unternehmen aufbrechen solle, um das Plateau zu verlassen und in der Branche für ein wenig Aufruhr zu sorgen. Gemeinsam wurden im kleinen Kreis Maßnahmen skizziert, eine Wachstumsstrategie, die stark vertriebsgetrieben war, wurde grob abgesteckt.
Dann geschah das Entscheidende – und das ist etwas, das zu häufig ignoriert wird: Die Mannschaft wurde durch die Unternehmensführung strukturiert einbezogen und zwar nicht nur im Sinne einer Verkündung, sondern im Sinne eines richtungsbezogenen partizipativen Prozesses, innerhalb dessen jeder beteiligte Mitarbeiter sich tatsächlich – und nicht nur zu Schein – einbringen konnte. Ein damit verbundener positiver Nebeneffekt war, dass sich Leistungsträger herausbildeten, von denen man dies nicht erwartet hätte. Wohlgemerkt: Die Richtung war klar, das Ziel war gesteckt, aber über das WIE konnte diskutiert und gerungen werden.
Chance auf profitables Wachstum
Kostete diese Einbindung Zeit und Geld? Aber ja. Der Lohn aber war, dass die Diskussionen, im übrigen auch diejenigen Diskussionen, die mit dem Betriebsrat zu führen waren, ins Vorfeld geholt wurden und nicht mühsam nachgeholt werden mussten. Das Resultat? Das Unternehmen wurde zwischenzeitlich das profitabelste Unternehmen der Branche und gewann mehrere Platzierungen bei der Branchenwahl des beliebtesten Partners.
Nur Unternehmen, die einen klaren „Kopf“ haben und diese Klarheit auch in der Mannschaft schaffen, haben Chancen auf einen stabilen Prozess profitablen Wachstums. Singuläre Genialität ist bei weitem nicht hinreichend.