Der deutsche Mittelstand hat Ausbildungsplätze zu vergeben, aber kein Personal in Aussicht. Allerdings sind die wachsenden In- und Auslandsmärkte nur durch die Schaffung neuer Arbeitsplätze zu meistern. Um Beschäftigungslücken schließen zu können, konzentrieren sich Arbeitgeber nun auf Flüchtlinge.
Der durchschnittliche Asylsuchende ist jünger als 30 Jahre, männlich und stammt aus Syrien, sagen die Zahlen, die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im vergangenen Dezember für das Jahr 2015 veröffentlichte. Demnach gehören 71,1 Prozent der Erstantragsteller zur Gruppe der unter 16 bis 30-Jährigen und mehr als zwei Drittel ist männlichen Geschlechts. Es mangelt allerdings an verlässlichen Angaben zu Bildung und Ausbildung.
Flüchtlinge sind hochmotiviert
Mit Qualifikationen und der Zukunftsorientierung von Flüchtlingen beschäftigte sich das BAMF in einer Anfang Januar veröffentlichten Kurzanalyse. Die Befragung hat ergeben, dass aus den sechs relevanten Herkunftsländern rund 14 Prozent mit Blick auf Schul- und Berufsausbildung als "nicht qualifiziert" und knapp zehn Prozent als "höher qualifiziert" einzustufen sind. Der mit Abstand größte Wunsch aller Befragten ist die berufliche Integration in Deutschland (47,4 Prozent).
Das spielt dem Mittelstand in die Hände. Im 22. Mittelstandspanel von BDI und Pricewaterhouse Coopers sprachen sich 53,3 Prozent der befragten Unternehmensvertreter für die verbesserte Integration von Flüchtlingen aus. Wichtiger (88,2 Prozent) ist ihnen nur eine bessere allgemeine Schulbildung. Die erleichterte Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen fordern 47,8 Prozent. Das sind 13 Prozent mehr als noch vor einem halben Jahr.
Integration durch Profilierung und Ausbildungsanreize
Die Potenziale von Flüchtlingen müssten kurzfristig besser identifiziert werden, schreiben dazu die Springer-Autoren Holger Hinte, Ulf Rinne und Klaus F. Zimmermann in "Flüchtlinge in Deutschland - Herausforderungen und Chancen" . Deshalb sollten vorhandene Qualifikationen frühstmöglich profiliert werden (Seite 745). "Die Aussicht auf ein womöglich beschleunigtes Asylanerkennungsverfahren könnte einen Beitrag dazu leisten, dass Flüchtlinge entsprechende Dokumente vor ihrer Flucht – etwa in digitalisierter Form – archivieren, sodass sie im Asylverfahren zugänglich sein könnten" (Seite 746). Und wie können die Unternehmen aktiv werden?
Flüchtlinge nehmen zunächst Ausshilfsjobs an. Weil die Zugangsbarrieren niedriger sind und der Status im Asylverfahren oft nicht sicher ist (Seite 747). Außerdem verdienen sie dort, wie die "Süddeutsche Zeitung" ausführt, schneller Geld für die Familie in der Heimat oder um Schulden bei Schlepperbanden abzutragen. Aufgabe der Unternehmen ist es dem entgegen zu steuern mit Angeboten, die auf eine nachhaltige Integration zielen. "Ihr konkreter Beitrag kann für jüngere Flüchtlinge in der Bereitstellung oder Mitfinanzierung von Sprachkursen oder Praktikumsplätzen zur Anbahnung von Ausbildung oder Beschäftigung bestehen. Im Umkehrschluss müssen die Unternehmen darauf vertrauen können, dass ihnen bei konkretem Beschäftigungsinteresse unbürokratisch Wege eröffnet werden, Flüchtlinge zu Mitarbeitern zu machen" (Seite 748).