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27.01.2016 | Fahrzeug-Lichttechnik | Interview | Online-Artikel

"Der Laser ist eine sehr gute und wahnsinnig kleine Lichtquelle"

verfasst von: Michael Reichenbach

6:30 Min. Lesedauer

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Interviewt wurde:
Prof. Dr. rer. nat. Cornelius Neumann

Professor Cornelius Neumann, Leiter des Lichttechnischen Instituts (LTI) am KIT.

LED-Scheinwerfer sind auf dem Vormarsch in Ober- und Kompaktklasse. Doch wie sieht es mit der Energieeffizienz aus, verglichen mit Xenon und Laser? Welchen Effekt bringt eine bionische Kühlung? ATZ und Springer Professional interviewten dazu Professor Cornelius Neumann, Leiter des Lichttechnischen Instituts (LTI) am KIT.

Wie sehen heute - verglichen mit 2005 vor zehn Jahren - die Ausrüstungsquoten mit LED-Scheinwerfern im deutschen Pkw-Markt aus?

Vor zehn Jahren gab es zwar noch keine LED Scheinwerfer, allerdings die Xenonlampe als Lichtquelle. Man schätzt, dass das Halogenlicht heute noch einen Anteil von 70 Prozent hat. Das ist erschreckend, wenn man weiß, dass die bessere Xe-Technik ja seit den 1990er-Jahren da war. Der Rest verteilt sich auf Xenon und einen noch geringen Anteil LED. Die LED-Technik kann heute kostengünstig und sinnvoll eingesetzt werden. Sie hat den größten Hebel, die Sicherheit auf den Straßen zu erhöhen - und das bei einem minimierten CO2-Fußabdruck. Statt der Fernsehbildschirme hinten für die Kinder sollte der Käufer lieber das Geld in ein LED-Abblend- und -Fernlicht investieren, damit die Familie sicherer zuhause ankommt. Die Kinder spielen sowieso mehr mit dem Smartphone herum (lacht).

Neben einer besseren Ausleuchtung der Straße ist Kraftstoff- und CO2-Sparen angesagt. Bei welchen Lichtsystemen ist noch mehr Energieeffizienz zu holen?

Die LED-Technik ist die effizienteste Lichttechnik, die dem Menschen in seiner Technikgeschichte für den Scheinwerfer zur Verfügung steht. Im Vergleich zur klassischen Glühlampe, die lange Jahre das beste war, und der Gasentladungstechnik hat die weiße LED vom lichttechnischen Wirkungsgrad her, also wie viel Lichtstrom pro Watt elektrischer Leistung emittiert wird, mit weit über 100 lm/W samt Vorschaltelektronik die Nase vorn. Entsprechendes gilt für Signalleuchten: Eine Glühlampe für Signalfunktionen hat 18 lm/W; eine heute üblicherweise eingesetzte rote LED hat über 50 lm/W und bringt die rote Farbe gleich mit. Mit dem roten Filter für die Glühlampe verlieren sie sonst nochmals 75 Prozent des Glühlampenlichts. Damit ist klar: Für farbige Funktionen ist die LED ein Muss. Damit können wir schon einmal 80 Prozent des Kraftstoffverbrauchs einsparen, den wir sonst für die Glühlampen an Bord verwendet haben.

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Und Xenon ist out?

Wir forschen zwar am LTI noch zu Gasentladungslampen, aber nicht mehr für den Fahrzeugbereich. Für die Allgemeinbeleuchtung wurde am LTI beispielsweise 2013 eine mikrowellengezündete quecksilberfreie Gasentladungslampe erfunden.

Der Wirkungsgrad gilt für die einzelne LED oder für das Lichtsystem samt Vorschaltelektronik?

Da müssen Sie unterscheiden zwischen den Signal- und den Scheinwerferfunktionen. Erstere brauchen keine sehr komplexe Steuerung, denn noch gibt es am Heck keine adaptiven Signalfunktionen. Vorne am Auto ist die weiße LED vom Wirkungsgrad her mit über 100 lm/W besser als die 25-lm/W-Halogen-Glühlampe, aber auch schon besser als ein Xenon-Brenner mit 90 lm/W. Sie benötigt aber eine Kühlung, da die Wärme nicht abgestrahlt, sondern über den Festkörper abgeführt wird. Übrigens zeigt die weiße LED eine tolle Entwicklung seit 2007. Das Licht für den LED-Scheinwerfer wird mithilfe mehrerer LED-Packages erzeugt. In ersten Anwendungen für LED-Scheinwerfer brauchten Sie noch fünf Chips pro Package, heute bei gleichem Lichtstrom nur noch zwei oder drei Chips. Aber Ihre Frage ist berechtigt: Die Steuergeräte muss man ordentlich designen, deren Verlustleistung kann man durchaus noch weiter minimieren. Für die LED selbst gilt immer noch, dass wir in einer Dekade eine Verdreißigfachung des Lichtroms pro Package erzielen können.

Wie sieht die Effizienz beim Laser aus?

Der Laser hängt heute noch deutlich zurück ; ob er die LED überholen wird, ist noch offen. Aber er hat ja auch noch die Zukunft vor sich. Der Laser ist eine sehr gute und wahnsinnig kleine Lichtquelle. Der Spot des Lasers auf dem Phosphor ist viel kleiner als die LED. Damit können Sie kleinere Optiksysteme bauen. Das hilft den Designern, denen ja vorschwebt, Licht aus der Fuge zu machen, also nicht sichtbare Scheinwerfer zwischen dem Spalt von Motorhaube und Frontend. Das ist derzeit der Designtrend. Sie erzeugen mit nur einem Laser zwar eine enorm hohe punktuelle Leuchtdichte, aber umso mehr Licht können Sie auch vor das Fahrzeug auf die Straße bringen. Ansonsten müssten Sie dazu mehrere Lichtquellen sprich LEDs nebeneinander stellen, was die Optik vergrößert.

Welche Vorteile besitzt der Laser noch, also etwa als Laserscanner im Ilas-Forschungsprojekt?

Vorteil des Lasers ist, dass sein Lichtstrahl sich nicht so breit auffächert wie der von Halogen- oder LED-Licht. Mit dem Laser können, wie das öffentlich geförderte Projekt von Audi, Osram, Bosch und dem LTI zeigt, scannende Systeme aufgebaut werden, die die Straße nicht in einem Rutsch beleuchten, sondern mit einem Lichtfinger abtasten. Das geht mit LEDs nicht. Wichtig ist zu vermitteln, dass der Laser ungefährlich ist. Durch die speziell aufgebaute Phosphorschicht kann keine gefährliche kohärente Laserstrahlung auf die Straße, den Gegenverkehr oder in das Auge eines Passanten geraten.

Sie forschen auch am Thema Farbhomogenität. Was steckt dahinter?

Das Projekt Farbhomogenität ist sehr aktuell durch die Verwendung von LEDs. Durch die Art der Lichterzeugung - das Mischen des Lichts von roten, blauen und grünen LEDs, im Fahrzeuginnenraum oder weiße LEDs mit Phosphorkonvertierung im Scheinwerfer - können leicht Farbschatten entstehen. Das mag der Fahrer und der Designer nicht, es irritiert. Wir forschen dazu, diese farblichen Abstufungen erst einmal richtig zu messen und simulativ zu beschreiben und sie dann bei virtuellen Prototypen zu verhindern. Dazu laufen bei uns am LTI mehrere Doktorarbeiten. Hinzu kommt die Frage, wie eine perfekte Farbmischung erreicht werden kann. Dazu ist uns in den vergangenen Monaten ein Durchbruch gelungen, und wir haben diesbezüglich gerade ein Patent eingereicht. Es geht um eine Farbmischung in Lichtleitern, die auf den Prinzipien des deterministischen Chaos basiert.

Ein anderer Schwerpunkt des LTI ist Bionic Cooling. Woran forschen Ihre Doktoranden dort?

Wir betrachten dazu Wärmetransport-Prozesse in der Natur wie im Blutkreislauf oder in Blättern und adaptieren sie für Kühlkörper für LED-Systeme, wie beispielsweise LED-Scheinwerfern. Insbesondere die Effekte der Selbstähnlichkeit und der Verästelung nutzen wir für die Konstruktion von passiven Kühlkörpern. Allein durch die Geometrie konnten wir einen bis zu 10 Prozent besseren Kühleffekt erzielen, und das bei oberflächengleichen und volumengleichen herkömmlichen Referenzen. Das ist ein enormer Fortschritt.

Mit dem autonomen Fahren wird es keine Kollisionen/Unfälle mehr geben. Kann man dann auf Scheinwerfer und Rückleuchten ganz verzichten?

Ja, durch das automatisierte Fahren werden die Unfallzahlen und deren Schwere reduziert. Aber die Kamerasensoren sind zeitlich begrenzte Systeme, und damit können die autonomen Systeme - wie unser menschliches Sensorsystem - manchmal nicht schnell genug reagieren. Das heißt, Unfälle werden weiterhin passieren. Und über längere Zeit wird es einen Mischverkehr aus Hand gesteuerten und autonomen Fahrzeugen auf der Straße geben. Fußgänger und Radfahrer sind auch immer noch auf der Straße, die das Licht als Signal zukünftig brauchen. Aus diesen Gründen kann man die Lichttechnik nicht mit dem autonomen Fahren einfach abschaffen. Und die Frage ist doch: Will der Fahrer, der autonom des Nachts fährt, überhaupt nichts mehr von seiner Umgebung und Verkehr sehen und mitbekommen? Ich glaube nicht.

Herr Professor Neumann, ich danke für das Gespräch.

Mehr aus dem Interview wird in der ATZ 2-2016 zu lesen sein.

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