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07.01.2016 | Fahrzeugtechnik | Nachricht | Online-Artikel

VW Budd-e: digitale Neuinterpretation des Bulli

verfasst von: Christiane Brünglinghaus

9 Min. Lesedauer

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Volkswagen präsentiert auf der CES in Las Vegas die vollvernetzte Studie Budd-e. Sie basiert auf dem modularen Elektrifizierungsbaukasten und ist laut VW der nächste große Schritt für Elektrofahrzeuge.

Wie sehr sich das Reisen bereits um das Jahr 2019 herum verändert haben wird, veranschaulicht Volkswagen auf der CES an Bord des Minivans Budd-e. Und die ist maximal vernetzt. Budd-e wird dabei zur mobilen Schnittstelle zwischen der Welt an Bord und der Welt draußen. Daneben ist der elektrische Minivan die erste Volkswagen-Studie auf der Basis des neuen modularen Elektrifizierungsbaukasten (MEB). Der Budd-e ist eine moderne Interpretation des ersten Bulli von Volkswagen.

Durch die neue Fahrzeugarchitektur lässt sich der Innenraum optimal gestalten. So nutzt der 4.597 mm lange Minivan den umbauten Raum und folgt damit konzeptionell den Gesetzmäßigkeiten des MEB. Breit ist der Wagen 1.940 mm, hoch 1.835 mm. Damit liegt der Budd-e in der Länge zwischen den Volkswagen Vans Touran und Multivan T6; allerdings ist die Studie breiter als die zwei bekannten Serienmodelle. Mit beiden Modellen teilt er sich zudem die Heckklappe und mit dem Multivan die rechte Schiebetür. Durch seine große Breite und einen vergleichsweise großen Radstand (3.151 mm) bei extrem kurzen Überhängen (vorn 694 mm, hinten 752 mm) zeigt der Budd-e knackige Proportionen. Eine neu entwickelte Hinterachslenkung sorgt für einen sehr kompakten Wendekreis von 11,5 m und eine verbesserte Dynamik.

Dass sich mit dem MEB völlig neue Package-Perspektiven ergeben, verdeutlicht im Budd-e die Anordnung des Heiz- und Klimagerätes: Das System wurde komplett in den Vorderwagen integriert. Diese Anordnung vergrößert das Platzangebot im Vorderwagen, perfektioniert die Luftqualität (durch größere und bessere Filter) und sorgt parallel für eine optimale Akustik (durch reduzierte Lüftergeräusche).

Allrad-Elektroantrieb

Durch den MEB ergibt sich eine Antriebsarchitektur, die konsequent auf den Einsatz von kompakten Elektromotoren und Hochleistungsbatterien zugeschnitten wurde. Die Batterie mit einem Energiegehalt von 92,4 kWh ist flach und raumsparend im nahezu gesamten Fahrzeugboden des Budd-e untergebracht. Sie versorgt zwei Elektromotoren, über die beide Achsen angetriebene werden. Die vordere E-Maschine entwickelt 100 kW (200 Nm), die hintere 125 kW (290 Nm); als mechanische Systemleistung stehen 225 kW zur Verfügung. Bei voll geladener Batterie ergibt sich eine Gesamtreichweite von bis zu 233 Meilen (USA / EPA estimated real-world driving range) respektive 533 Kilometern (Europa / NEFZ). Geladen wird die Batterie entweder per Stecker oder induktiver Schnittstelle. Bei einer Ladeleistung von 150 kW (DC) ist die Batterie nach etwa 30 Minuten wieder zu 80 Prozent geladen. Das Allrad-Antriebssystem der Studie ermöglicht eine Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h. Den Sprint auf 60 mph (rund 100 km/h) absolviert der Zero-Emission-Van in 6,9 Sekunden.

MEB ermöglicht neue Innenraumgestaltung

Die Architektur des neuen modularen Elektrifizierungsbaukasten verändert komplett das Package des Autos. Die Interieur-Designer können daher einen Raum schaffen, der nach vorn kaum mehr durch Antriebstechnologien eingeschränkt wird. Genau das zeigt Budd-e. Denn hier wurde die klassische Schalttafel mitsamt den ebenso klassischen Schaltern kurzerhand abgeschafft. Sie wird in der Zukunft der Elektromobilität nicht mehr gebraucht. Vielmehr hat das Designteam die Instrumente – das Human Machine Interface der nächsten Generation – als Displayfläche in einer frei schwebenden Anmutung wie ein Tablet im Raum vor dem Fahrer angeordnet.

Wer die Schiebetür per Gestensteuerung von außen öffnet, tritt ein in einen Innenraum, der mehr an eine Lounge als an ein Automobil im üblichen Sinne erinnert. Der für die CES konfigurierte Zero-Emission-Van ist aufgrund seiner besonderen technischen Ausstattung ein Viersitzer. Will sich der Beifahrer mit den Freunden im Fond unterhalten, dreht er einfach den (wie den Fahrersitz) mit einem Integralgurt ausgestatteten Sitz. Im Fond gibt es zwei klassische Sitzplätze für die Fahrt. Macht Budde Pause, kann darüber hinaus aber ebenso eine längs zur Fahrtrichtung angeordnete Sitzfläche genutzt werden. Darüber ist ein 34 Zoll großer Monitor in die Seitenwand des Volkswagens integriert.

Neues Human-Machine-Interface

Stilprägend für den Innenraum des Budd-e ist darüber hinaus das völlig Human-Machine-Interface. Mit dem Interface-Design des Budd-e löst Volkswagen die klassische Trennung zwischen dem Kombiinstrument vor dem Fahrer und dem Screen des Infotainmentsystems in der Mittelkonsole auf. Beide Bereiche werden auf dem Weg zu einer umfassenden Digitalisierung und Individualisierung des Fahrerarbeitsplatzes zu einer großen Panelfläche und damit zu einer Informationswelt zusammengeführt.

Hinter der kompletten Panelfläche liegt eine verschiebbare 3D-Navigationskarte. Deren Grafik – die Visualisierung des Reisens – wird so zur stilistischen Matrix eines interaktiven Human-Machine-Interface (HMI). Zum Einsatz kommen dabei zwei physisch voneinander getrennte Displays, die optisch und funktional miteinander verschmelzen. Erstens: das Active Info Display als frei programmierbares Kombiinstrument vor dem Fahrer. Zweitens: die Head Unit (HU) als ehemals separat angeordneter Screen des Infotainmentsystems. Im Active Info Display liegt der konzeptionelle Schwerpunkt auf der Fahrer-Information; in der HU ist es das Infotainment und die Information aller Gäste an Bord. Und doch bilden beide Bereiche eine visuelle und inhaltliche Welt, da die Navigationsgrafik und die Anordnung medialer Inhalte wie die Darstellung von Points of Interest (POI), Playlists (Audio), Apps ("App-Connect") und Online-Diensten ("CAR-Net") konfigurierbar sind. Zudem ist es vorgesehen, dass die Schwerpunkte und Inhalte zwischen dem Kombiinstrument und der Head Unit künftig getauscht werden können.

Active Info Display und die Head Unit (HU)

Das frei programmierbare Kombiinstrument des BUDD-e ist eine Weiterentwicklung des 2015 erstmals von Volkswagen angebotenen Active Info Displays. Zentral vor dem Fahrer können im 12,3 Zoll großen und gewölbten Display auf einer Oberfläche die drei Bereiche Drive, Control, Consume individuell konfiguriert werden. Im Bereich "Drive" sind als Teil einer 3D-Karte die aktuelle Strecke samt Gebäuden, die Points of Interest (POI) sowie die Navigationshinweise eingeblendet, im Bereich "Control" befinden sich die Anzeigen zum Fahrzeugstatus und zu den Assistenzsystemen sowie die aktuellen Fahrdaten des Bordrechners, im Bereich "Consume" die Infotainmentinhalte wie "Audio","Messages", "Kalender" oder "Wetter".

Die Head Unit, der auch für den Beifahrer und die Fondgäste einseh- und bedienbare Bereich des neuen HMI, ist in der Mitte der Schalttafel angeordnet. Wie skizziert, ist das Display grafisch und softwareseitig mit dem Active Info Display verbunden. In der Grundgrafik zeigt die Head Unit die erweitere 3D-Kartendarstellung der Navigation (inklusive Gebäude). Die Fläche selbst ist in der obersten Ebene mit frei belegbaren Kacheln ausgestattet. Sie stehen in zwei Größen zur Verfügung.

Insgesamt können bis zu acht Kacheln nebeneinander angeordnet werden. Hier werden im "Fahrmodus" zum Beispiel "Fahrdaten", "Audio" (Playlist / Song / Cover) oder "Nachrichten" eingeblendet. Alternativ gibt es den "Reisemodus"; in diesem Fall liegt der Schwerpunkt auf der grafisch Inszenierung von Reiseinhalten. Wie man es von der Smartphone-Software respektive -Bedienung kennt, ist oben im Screen eine Menü-Lasche integriert. Zieht man sie auf, gibt sie den Schnellzugriff auf wichtige Funktionen und Menü-Punkte frei. Im Detail sind es zum Beispiel Menü-Punkte wie "Music", "Places", "Images", "Phone", "Connected Home" und "Videos".

Klassische Außenspiegel hat der Budd-e nicht, stattdessen gibt es zwei Außenkameras, die ihr Bild an zwei weitere Displays im Innenraum weitergeben.

Intuitive Bedienung des Autos

Intuitiv bedient wird das alles per Gestensteuerung, Touchfunktion (Displays und Touchslider) sowie Sprachsteuerung. Der Fahrer kann in vielen Fällen zwischen den verschiedenen Bedienarten wählen (multimodale Interaktion).

Zudem gibt es ein schalterloses Multifunktionslenkrad. Die glatte Oberfläche der Multifunktionsbereiche arbeitet mit haptischen Feedbacks. Aktiviert werden die einzelnen Funktionen per Druck oder Wischgeste. Beim Berühren der Flächen bekommt der Fahrer ein haptisch spürbares "Pre-Sensing", wodurch er die Funktion lokalisieren kann. Sobald er jetzt die Funktion aktiviert, erhält er ein haptisch nochmals stärkeres Feedback. Darüber hinaus erhält der Fahrer über das Active Info Display ein visuelles Feedback zu den gewählten Funktionen.

Funktionen wie die Lautstärkeregelung erfolgen alternativ über einen neuen Touchslider. Hierbei handelt es sich um eine Weiterentwicklung des 2015 auf der CES im Golf R Touch  präsentierten Systems.

Smart Home: Zugriff auf das Zuhause vom Auto aus

Das komplett neue Infotainmentkonzept des Budd-e  vernetzt den Wagen auch komplett mit der Welt seiner Nutzer. Denkbar ist, dass Verbrauchsmaterialien – etwa die Scheibenwischerblätter des Autos – und Einkäufe aller Art künftig nicht nur via Fahrzeug bestellt, sondern auch an das Auto ausgeliefert werden. Und zwar über eine von außen zugängliche Drop Box im Fahrzeug. Mit "App-Connect" - der Volkswagen-Schnittstelle für alle Apple- und Android-Smartphones - bietet der Budd-e die Möglichkeit, bestimmte Funktionen von "Connected Home" während der Fahrt vom Wagen aus zu steuern. Im Rahmen der CES zeigt Volkswagen zusammen mit dem koreanischen Elektronikkonzern LG, wie vom Conceptcar Budd-e aus der Einblick in den Kühlschrank möglich wird. Genauso ist es machbar, via Budd-e das ganze Haus in einen energiesparenden Ruhemodus zu versetzen. Künftig wird das Autos zudem automatisch dafür sorgen, dass das Licht im und am Haus angeht, sobald der Wagen vorfährt (Home-Net Automation).

Auf der CES wird zusammen mit dem deutschen Hersteller Doorbird demonstriert, wie über "MirrorLink" in Verbindung mit dem neu entwickelten Home-Net Viewer künftig auch Bilder der im und am Haus verbauten Kameras in einem der Displays des Autos angezeigt werden können (denkbar ist dieses Szenario ebenso mit CarPlay und Android Auto). Ein Beispiel: Klingelt ein Besucher zuhause, wird dessen via Home-Kamera aufgenommenes Bild in den Screen des Infotainmentsystem eingespeist. Mehr noch: Über die App ist es zudem möglich, mit dem Besucher via Freisprechanlage des Fahrzeugs zu reden und ihm gegebenenfalls die Tür zu öffnen.

Budd-e erinnert seine Nutzer zudem daran, wenn sie etwas im Wagen vergessen haben sollten. Und zwar über die Smartwatch und / oder das Smartphone. Mit "Home-Net Don’t forget" lassen sich auch Gegenstände im Auto lokalisieren.

Mithilfe des Wagens soll es künftig zudem möglich sein, dass die Gestensteuerung via Fahrzeug auch für bestimmte Funktionen am Haus genutzt werden kann. Genutzt wird hier die bekannte "Easy Open"-Funktion, bei der Budd-e auf Wunsch per Laser einen virtuellen Fußabdruck vor die Heckklappe des Wagens projiziert. Tritt der berechtige Nutzer auf diese Position, öffnet sich automatisch die Heckklappe. Genau das Gleiche funktioniert auch mit der Haustür: Budd-e projiziert den Fußabdruck vor die Tür; stellt der Bewohner seinen darauf, wird sie geöffnet. Dafür müssen für diesen Ablauf zuvor Veränderungen an Haustür und eine Softwareanbindung erfolgen.

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