Skip to main content

24.04.2014 | Fahrzeugtechnik | Schwerpunkt | Online-Artikel

Elektroroller führen zum Erfolg einer flächendeckenden Elektromobilität

verfasst von: Andreas Burkert

7 Min. Lesedauer

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
loading …

Von wegen langsam. Elektroroller können die Elektromobilität retten. Untersuchungen in der Schweiz zeigen, dass die Verbreitung von E-Scooter nicht nur ökologisch viele Vorteile bietet. Die Zweiräder können in nachhaltigen Mobilitätskonzepten eine wichtige Rolle spielen.

Elektroroller überholt Motorfahrzeug. Wegen ihres geringen Energieverbrauchs und ihrer geringen negativen Umweltauswirkungen eignen sich Elektroroller, sogenannte E-Scooter, bestens für nachhaltige Mobilitätskonzepte. Zu diesem Ergebnis kommt der Schlussbericht "E-Scooter - Sozial- und naturwissenschaftliche Beiträge zur Förderung leichter Elektrofahrzeuge in der Schweiz", veröffentlicht vom Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK und dem Bundesamt für Energie BFE.

Vor dem Hintergrund, dass seit etwa drei Jahren die schweizerische Politik und Öffentlichkeit große Hoffnungen in die Elektromobilität setzen, wollten die Autoren das Nutzungsverhalten wie auch die Chancen einer weniger umweltbelastende Mobilität untersuchen. Dabei sollten auch die ökonomischen Vorteile von E-Scootern gegenüber anderen Motorfahrzeugen aufgeführt werden. Die spielen nämlich eine wesentlich Rolle bei der Akzeptanz der Elektromobilität. Einmal davon abgesehen, dass Elektroroller kaum Lärm verursachen und wegen ihren Platzbedarfs in verstopften Innenstädten ihre Überlegenheit beweisen. Dadurch gehören sie zu den schnellsten Verkehrsmitteln in der Stadt.

Qualitativ hochwertige E-Scooter aus Asien

Weitere Artikel zum Thema

Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass erste globale Rollerhersteller wie Peugeot, Yamaha, PGO und Piaggio Elektroroller auf den Markt gebracht haben und andere solche ankündigen (BMW C Evolution). Die Analysen zeigen aber auch, dass diverse spezialisierte Hersteller von Elektrorollern zwar seit Jahren auf dem Markt präsent sind, allerdings bislang mit wenig Erfolg. Eine Ausnahme ist die Schweizer Firma Kyburz mit ihrem DXP. "Die in China und anderen asiatischen Ländern in großen Stückzahlen produzierten E-Scooter genügen den qualitativen Anforderungen des europäischen Marktes noch nicht", erklären die Autoren. An internationalen Ausstellungen präsentieren jedoch die asiatischen Hersteller immer mehr Produkte, welche spezifisch für den europäischen Markt entwickelt werden. "So ist es eine Frage der Zeit, bis auch in Europa qualitativ hochstehende E-Scooter aus Asien angeboten werden", sagen die Autoren.

Und sie weisen darauf hin, dass die Händler die wichtigsten Akteure im Diffusionsprozess von E-Scooter sind. Allerdings mahne sie, dass die jedoch die Anforderungen an die absatzfördernde Kommunikation wie Werbung und Verkaufsförderung nur teilweise erfüllen. Ein Grund für die zurückhaltende Motivation der Händler scheinen auch die hohen Anschaffungskosten, die Batterie und die geringe Reichweite zu sein. "Das Interesse, Know-how und die Bereitschaft für den Besuch von Weiterbildungskursen zu E-Scooter ist insgesamt bei allen Akteuren sehr klein", besagt ein weiteres Ergebnis der Untersuchung. Das Vertrauen in die Technik sowie in die heutigen Importeure von E-Scooters ist zurzeit nicht vorhanden und alle befragten Händler fordern eine technische Weiterentwicklung des Produkts.

E-Scooter sind trotz Elektronikmängel zuverlässig

Die Befragungen der Händler ergab zwar, dass die Verarbeitungsqualität und die Zuverlässigkeit der Komponenten in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen und die Anzahl der Garantiefälle gesunken sind. Dennoch gibt es noch immer einige Mängel. In der E-Scooter-Nutzerbefragung wurden als die häufigsten Fehlerquellen elektrische Komponenten und die Fahrzeugbatterie genannt. Die Ursache von Batteriedefekten sind jedoch oft nicht die Batteriezellen selber, sondern deren Schutzelektronik (das Batteriemanagementsystem) und/oder das Ladegerät.

Zwar sind diese Mängel ärgerlich. Dafür aber zeigen sich viele mit der Ladeinfrastruktur zufrieden. Denn bei vielen Modellen können die Batterien zum Laden vom Fahrzeug getrennt werden. Dank der Weiterentwicklung der Batterietechnik und der Aufteilung der Batteriekapazität auf mehrere (tragbare) Blöcke wird dies bei immer größeren Fahrzeugen möglich sein. Fest eingebaute Batterien werden vorwiegend zu Hause geladen. Ist dies nicht möglich, so kann die fehlende Ladeinfrastruktur zu einem Kaufhindernis werden. Öffentliche Ladestationen bei Zweirad-Abstellplätzen haben zurzeit in erster Linie die Funktion, auf E-Scooter aufmerksam zu machen.

Lesen Sie mehr zu der E-Scooter-Studie auf Seite 2.

Energiebedarf und Reichweite von E-Scooter

Das Werbung für diese Mobilitätsalternative ist dabei wichtig. Denn selbst im Vergleich mit den Beförderungsmitteln des ÖV schneiden Elektroroller bezüglich Umweltauswirkungen besser ab, erklären die Autoren, die auch den Energiebedarf für E-Scooter erhoben haben. Die Daten zeigen, dass der Fahrenergiebedarf der auf dem Rollenprüfstand und im Normalbetrieb getesteten E-Scooter den modellierten Werten gut entspricht. Allerdings wurde festgestellt, dass der Netzenergiebezug teilweise deutlich höher ist als der Fahrenergiebedarf - der Ladevorgang also oft verlustreich (10 bis 30 Prozent) ist. Gewisse Ladegeräte und Batterie-Management-Systeme sind offenbar ineffizient, insbesondere wenn die Batterie bereits fast voll geladen ist.

Der Energiebedarf von E-Scooter addiert sich aus mehreren Komponenten:
1) Der aus der Batterie bezogene Fahrenergiebedarf, der dem Benzinverbrauch eines Benzin-Rollers entspricht und die Verluste des gesamten Antriebsstrangs einschließt.
2) Die ab Steckdose bezogene Energie, welche über ein verlustbehaftetes Ladegerät und Batterieüberwachungssystem eine ebenfalls verlustbehaftete Batterie lädt.

Die vom Bundesamt für Energie BFE in Auftrag gegebene Untersuchung weist damit auf ein erhebliches Verbesserungspotenzial bei den Ladegeräten und den Batteriemanagementsystemen hin. "Bei einer steigenden Nachfrage nach E-Scooter sollten die Qualität und Effizienz dieser Geräte verbessert werden, damit keine unnötigen energetischen Verluste, aber auch keine Schäden entstehen", mahnen die Autoren. Zudem verringert sich bei Kälte die entnehmbare Batteriekapazität, und damit die Reichweite. Dafür aber zeigen die Energiebezugsdaten aus den E-Scooter-Tagebüchern keinen eindeutigen Verbrauchsanstieg im Winter. Im Gegensatz zu anderen Elektrofahrzeugen mit klimatisierter Fahrerkabine bleibt der Gesamtenergiebedarf für die Fahr- und Ladeverluste etwa konstant (fehlende Heizung).

Energieverbrauch: Netzenergiebezüge und Fahrenergiebedarf
E-Scooter-Klassen durchschnittlicher Netzenergiebezug Fahrenergiebedarf
E-Scooterca. 45 km/h 4 kWh/100km 2-4 kWh/100km
E-Scooter ca. 80 km/h6 kWh/100km 4-6 kWh/100km
E-Scooter ca. 100 km/h 8 kWh/100km 6-8 kWh/100km

Lesen Sie mehr zu der E-Scooter-Studie auf Seite 2.

Elektroroller verändern das Mobilitätsverhalten

Trotz der teils nicht optimalen Energieausbeute sind 93 Prozent der 55 befragten Fahrer mit dem E-Scooter "zufrieden" oder gar "sehr zufrieden". Das ist insofern interessant, da ein Elektroroller in der Regel doppelt so teuer ist wie ein vergleichbares Modell mit Verbrennungsmotor. Dafür werden die E-Scooter im Durchschnitt für Fahrten von 15 km beziehungsweise 25 Minuten genutzt, wobei eine breite Streuung vorliegt. 54 Prozent der Fahrten sind Arbeitswege, 23 Prozent Freizeitwege, 13 Prozent Wege für Service und Begleitung und 9 Prozent dienen geschäftlichen Zwecken.

Laut dem Bericht hat der Kauf des E-Scooters nur in sehr geringem Maß zu einer Zunahme (5 Prozent) der Fahrleistung geführt. Allerdings haben die Fahrten mit dem Elektroroller fast zur Hälfte Fahrten mit dem Auto (33 Prozent) oder dem Benzin-Roller (15 Prozent) ersetzt. 36 Prozent der E-Scooter-Fahrten haben ÖV-Fahrten ersetzt und 9 Prozent Fahrrad-Fahrten. Bei 11 Prozent der Probanden ist durch den E-Scooter-Kauf ein Auto ersetzt worden, bei 58 Prozent ein Benzin-Roller. Insgesamt geben 73 Prozent der befragten Probanden an, dass sie den E-Scooter als Ersatz oder an Stelle eines anderen Verkehrsmittels gekauft haben. Nur bei 27 Prozent der Probanden hat der E-Scooter-Kauf zu einer Vergrößerung des Fahrzeugparks geführt.

Trotz vieler Vorteile, noch kein Durchbruch

Doch aller Vorteile zum Trotz und obschon E-Scooter in der Schweiz seit den 1990er-Jahren auf dem Markt sind und im Rahmen des Großversuchs mit Leicht-Elektromobilen in Mendrisio und Partnergemeinden (1995 bis 2001) gefördert worden sind, ein Durchbruch ist bisher ausgeblieben. Mit der nun vorliegen Arbeit wollen die Autoren zum einen Beitrag zur technischen Weiterentwicklung von E-Scooters leisten, zum anderen die Markteinführung dieser Fahrzeuge wissenschaftsseitig unterstützen und ihre Auswirkungen auf Energie, Umwelt und Mobilitätsverhalten analysieren.

Vor diesem Hintergrund geben die Autoren des Abschlussberichts zehn wesentliche Handlungsanweisungen. Unter anderem mahnen sie, dass noch "kein eindeutiges politisches Commitment für E-Scooters zu erkennen ist. Etwa im Rahmen einer zukunftsweisenden Verkehrsstrategie für die Agglomerationen". Darüber hinaus gibt es dem Bericht zufolge in der Schweiz keine starken Lobby-Gruppen, die entsprechenden politischen Druck aufbauen könnten.

"Wir empfehlen daher den interessierten Kreisen den Aufbau eines politischen Netzwerkes, um Kräfte und Mittel zu bündeln. Dieses Netzwerk könnte sich in politische Debatten einbringen und dadurch den Druck erhöhen, dass E-Scooters in zukunftsorientierten Verkehrskonzepten einen angemessenen Platz erhalten und auch Push-Maßnahmen in den Fördermix Eingang finden", betonen die Autoren. Sie schlagen unter anderem vor, die gesetzlichen Emissionsstandards für herkömmliche Motorräder zu verschärfen.

Weiterführende Themen

Die Hintergründe zu diesem Inhalt

    Premium Partner