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28.07.2016 | Fahrzeugtechnik | Schwerpunkt | Online-Artikel

Gefährliche Monsterjagd im Auto

verfasst von: Christiane Brünglinghaus

4 Min. Lesedauer

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Das Pokémon-Fieber ist ausgebrochen. Der Hype um das erst gut zwei Wochen alte Smartphone-Spiel Pokémon Go nimmt weltweit zu. Doch die App ist ein echtes Problem für die Verkehrssicherheit.

Pikachu, Pummeluff und Glumanda – jeder fünfte Deutsche war bereits auf der Jagd nach den Monstern mit den skurrilen Namen und hat schon einmal das Smartphone-Spiel Pokémon Go gespielt, ergab eine Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitkom. Das Smartphone-Spiel Pokémon Go, das als App heruntergeladen werden kann, verbindet den Spieleklassiker von Nintendo mit einer sogenannten Augmented-Reality-Funktion. Mithilfe der Smartphone-Kamera können Spieler virtuelle Monster, sogenannte Pokémon, in ihrer realen Umgebung lokalisieren und einfangen. Die App hat allein durch ihre beeindruckenden Downloadzahlen bereits weltweit für Aufmerksamkeit gesorgt. 

Die Spieler sind begeistert, doch für die Verkehrssicherheit ist die App ein großes Problem. Laut Bitkom-Umfrage halten 7 von 10 Befragten das Spiel für gefährlich, da es die Spieler zu sehr von ihrer Umwelt ablenke – zum Beispiel im Straßenverkehr. In den USA haben sich schon zahlreiche Unfälle ereignet, auch in Deutschland und anderen Mitgliedstaaten der EU befürchtet die Polizei ein erhöhtes Unfallrisiko durch das Spiel, wie Dekra berichtet. Die Expertenorganisation rät dringend davon ab, im Straßenverkehr auf Monsterjagd zu gehen.

Schon mehrere Verkehrsunfälle durch Smartphone-Spiel

In den USA habe es im Zusammenhang mit der Augmented-Reality-App schon viele Auffahrunfälle und mindestens einen schweren Baumanprall im Staat New York gegeben, berichtet Dekra. Autofahrer halten mitten im Verkehr an, weil ein besonders begehrtes Pokémon in der Nähe ist. Und Motorradfahrer seien von der Polizei gestoppt worden, weil sie ihre Handys mit laufendem Spiel auf den Lenker montiert hatten.

Die mit Pokémon Go verbundene Ablenkungs-Gefahr im Straßenverkehr ist immens. "Wer ein Monster erwischen will, muss ständig auf sein Handy schauen. Und damit geht die Aufmerksamkeit für die Umgebung verloren. Das kann im schlimmsten Fall tödlich enden", warnt Clemens Klinke, Mitglied des Vorstands Dekra SE und verantwortlich für die Business Unit Automotive.

"Viele Menschen machen sich nicht klar, wie groß das Risiko ist, das sie eingehen, wenn sie ihr Handy im Straßenverkehr nutzen." Ein Beispiel: Wer als Autofahrer mit 50 km/h unterwegs ist und fünf Sekunden auf sein Handy schaut, legt in dieser Zeit fast 70 Meter zurück und kann dabei nicht auf das Verkehrsgeschehen reagieren. Nur eine Sekunde Unaufmerksamkeit bedeutet bei Tempo 50 schon einen "Blindflug" von knapp 15 Metern.

Connected Cars werden Ablenkungsgefahr verschärfen

Schon vor der Veröffentlichung von Pokémon Go hatte Dekra auf die Gefahren durch die Nutzung von Smartphones im Straßenverkehr hingewiesen. Eine Erhebung der Dekra-Unfallforschung in sechs europäischen Hauptstädten hatte ergeben, dass rund 17 Prozent aller beobachteten Fußgänger beim Überqueren der Straße ihr Smartphone nutzten.

Daneben bietet die Zunahme an Fahrzeugfunktionen neben allen positiven Aspekten auch ein neues erhöhtes Gefahrenpotenzial durch die Ablenkung des Fahrers. "Durch die neuen Funktionen im Bereich Entertainment, Connectivity oder Infotainment fühlen sich laut einer Umfrage des IT-Dienstleisters CSC 2014 schon 61 Prozent der Fahrer abgelenkt und die Tendenz ist durch die neuen Möglichkeiten des 'Connected Cars' steigend", schreibt Springer-Autor Heiko Herchet im Kapitel Die Revolution in der automobilen Softwareentwicklung und ihre Auswirkungen auf das Interieur aus dem Tagungsband Karosseriebautage Hamburg 2016. Das erfordere neue Bedienkonzepte, so Herchet.

So ein neues Konzept findet man zum Beispiel in der aktuellen E-Klasse, wie im Artikel Neue Maßstäbe bei der Fahrer-Fahrzeug-Interaktion aus dem ATZextra Die neue E-Klasse von Mercedes-Benz beschrieben. Das Cockpit ist mit einem Displaycluster und Head-up-Display ausgestattet, Touch-Bedienelementen im Lenkrad sowie einem neu konzeptionierten grafischen User Interface mit verbesserter und erweiterter Sprachbedienung. Das alles soll neben mehr Komfort auch geringere Ablenkung vom Fahrbahngeschehen bringen.

"Bei der Reduzierung der Zahl der Verkehrstoten hat Europa in den vergangenen Jahrzehnten große Erfolge erzielt. In den letzten Jahren sehen wir aber in mehreren Ländern und zuletzt auch in der EU insgesamt wieder einen Anstieg", so Clemens Klinke von Dekra. "Aus unserer Sicht ist der Themenkomplex Aufmerksamkeit und Ablenkung einer der Schwerpunkte, an denen wir für die weitere Verbesserung der Verkehrssicherheit ansetzen müssen."

Und übrigens: Nicht nur im Straßenverkehr kann Pokémon Go gefährlich sein. In Kalifornien sind nach Dekra-Informationen zwei Spieler am Pazifik mehr als 15 Meter tief einen Abhang hinuntergestürzt, von vielen weiteren Stürzen wird ebenfalls berichtet.

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