2014 | OriginalPaper | Buchkapitel
Finance-Captive im Automobilgeschäft – Benefits und Herausforderungen mit besonderem Fokus auf das Premiumsegment
verfasst von : Thomas Hungerland
Erschienen in: Automotive Management
Verlag: Springer Berlin Heidelberg
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In der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts, als die ersten Automobilhersteller begannen, eigene Finanzdienstleistungen anzubieten, war dies eher eine Randerscheinung und wurde vor allem von Premium-Herstellern nicht als Erfolgsfaktor für das Kerngeschärft betrachtet. Für einen klassischen Daimler-Verkäufer der Nachkriegsjahre war ein Kunde, der seinen Mercedes nicht bar bezahlen konnte, tendenziell unseriös und keiner weiteren Beachtung oder gar Anstrengung wert. In einer folgenden Entwicklungsphase, nachdem sich die Profitabilität des Finanzierungsgeschäfts gezeigt hatte, diversifizierten viele Automobilfinanzierer in andere Felder des Leasing- und Kreditgeschäfts, um die neue Ergebnisquelle weiter sprudeln zu lassen.
Nach einerseits negativen Erfahrungen und Verlusten z. B. im Flottengeschäft und andererseits im Zuge der Fokussierung der Hersteller auf das Automobilgeschäft verlagerten sich auch deren Finanzierungstöchter wieder auf ihre Kernkompetenzen – der Finanzierung des Fahrzeuggeschäfts und verwandter Produkte bzw. Dienstleistungen.
Heute hat jeder namhafte Automobilhersteller eine eigene Finanzierungstochter, größtenteils sind diese auch mit einer Voll- oder Teilbanklizenz ausgestattet. Der strategische Nutzen bewegt sich zwischen zwei Polen – der Absatzunterstützung einerseits sowie der Generierung eigenständiger wirtschaftlicher Beiträge zum Konzernergebnis andererseits – welche naturgemäß nicht immer zielkongruent sind. Insbesondere in der letzten Finanzkrise haben viele Hersteller daneben die Funktion ihrer Captive als zusätzliche Refinanzierungsquelle für den Konzern erkannt und konnten so vergleichsweise erfolgreich um zeitweise sehr kritische Liquiditätsengpässe navigieren. Dazu mussten aber vorab einige wichtige Weichenstellungen vorgenommen worden sein.