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2019 | Buch

Geschlechterungleichheiten in der Universitätsmedizin

Zum Einfluss der Organisationskultur auf den Ausstieg von Habilitandinnen

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Über dieses Buch

Überdurchschnittlich viele Frauen verlassen die Wissenschaft in der Habilitationsphase. Das untersucht Marina Ginal am Beispiel des Ausstiegs von Hochschulmedizinerinnen aus dem Wissenschaftsbetrieb. Die Studie zeigt im qualitativen Längsschnitt die charakteristischen Hürden einer Habilitation. Sie verknüpft soziologische und psychologische Einflüsse auf dem Weg zur Professur und erläutert, warum „Gläsernen Decken“ heute vor allem als individuelles Scheitern erscheinen. Hierfür werden die untersuchten Prozesse u.a. mit Theorien über hegemonial männliche Organisationskulturen, unternehmerische Arbeitsweisen sowie mit Salutogenese, Disstress und Selbstwirksamkeit verbunden. Die Studie verknüpft damit individualpsychologische Prozesse mit deren gesellschaftlicher Bedeutung für zeitgenössische Ungleichheiten und plädiert für dringend erforderliche Änderungen der Organisationskultur.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Kapitel 1. Einleitung
Zusammenfassung
„Und wenn er denkt, du bist der Zukünftige, dann wird es auch was. Das ist einfach so.“ Dieser Ausspruch einer Wissenschaftlerin widerspricht der universitären Vorstellung, dass, wer innovativ forscht und exzellente Ergebnisse generiert, es im Laufe einer Wissenschaftskarriere weit bringen kann. Denn obgleich in der Wissenschaft objektive Leistung und vor allem neue wissenschaftliche Erkenntnisse zählen, beträgt der Anteil an Lehrstuhlinhaberinnen in Deutschland gerade einmal ein Zehntel.
Marina Ginal

Problemstellung, Methode und Theorie

Frontmatter
Kapitel 2. Die Hochschulmedizin: Habilitation, Karrierewege und Geschlechterungleichheiten
Zusammenfassung
Die Fragestellung der vorliegenden Studie bezieht sich auf den Ausstieg von Frauen aus der Hochschulmedizin nach der Promotion. Das Kapitel klärt deshalb zum einen, wie sich konkret Geschlechterungleichheiten in diesem Fach und vergleichend mit anderen Disziplinen darstellen. Zum anderen arbeitet das Kapitel die Besonderheiten der Universitätsmedizin im Gegensatz zu anderen Fächern heraus.
Marina Ginal
Kapitel 3. Methodischer Zugang: Komplexe Wechselwirkungen erheben und auswerten
Zusammenfassung
Die vorliegende Untersuchung beschäftigt sich mit der Frage, wie komplexe Prozesse zwischen Organisation und Individuum so ineinandergreifen, dass Frauen in der Habilitationsphase die Hochschulmedizin verlassen. Wie im vorangegangen Kapitel dargestellt, ist das Ziel dieser Studie soziologische und psychologische Mechanismen darzustellen, die zu diesen Ausschlüssen beitragen. Diese prozessorientierte Fragestellung bedarf sowohl in der Datenerhebung als auch in deren Auswertung unterschiedlicher Perspektiven auf denselben Gegenstand.
Marina Ginal
Kapitel 4. Vergeschlechtlichte Organisation: Feld, Habitus und Auswirkungen auf Selbstkonzepte
Zusammenfassung
Nach der Vorstellung der methodischen Erhebungs- und Auswertungsverfahren, mit dem Ziel, die multikausalen Prozesse zwischen Individuum und Organisation erforschbar zu machen, widmen sich die folgenden beiden Kapitel 3 und 4 den theoretischen Konzepten, die die empirischen Auswertungen nahelegten. In diesem Kapitel wird detailliert untersucht, wie eine Konstruktion von „Weiblichkeit“ als Negativfolie auf den Ausschluss von Frauen einwirkt. So werden in einem ersten Schritt theoretische Annahmen an eine Hochschulmedizin als „vergeschlechtliche Organisation“ formuliert.
Marina Ginal
Kapitel 5. Gouvernementale Wissenschaft: Entgrenzung, emotionaler Kapitalismus und individueller Stressabbau
Zusammenfassung
In diesem Kapitel werden die ökonomisierenden Rahmenbedingungen der Hochschulmedizin beleuchtet. So wurde bereits umrissen, dass sich Wissenschaft und Medizin durch verschiedene Reformen stark verändert haben (Kapitel 1). An dieser Stelle soll es darum gehen, wie sich diese Veränderungen auf die Akteurinnen und Akteure der Organisation „Hochschulmedizin“ auswirken.
Marina Ginal
Kapitel 6. Zwischenfazit: Geschlechterungleichheiten zwischen Organisation und Individuum in der Habilitationsphase
Zusammenfassung
Mit den Ausführungen in Kapitel 1 kann konstatiert werden, dass sich in der Habilitationsphase der Hochschulmedizin ein Schereneffekt der Geschlechterverhältnisse abzeichnet. Sind in diesem Fach noch während des Studiums und der Promotion zu zwei Dritteln Frauen vertreten, kehrt sich dies in der Habilitationsphase um. Die in der Hierarchie übergeordneten Positionen in Klinik und Wissenschaft sind nun zu fast 90 % männlich dominiert.
Marina Ginal

Empirie und Ergebnisse

Frontmatter
Kapitel 7. Aus der Perspektive von Habilitandinnen: Fallbeschreibung hürdenreicher Habilitationsverläufe
Zusammenfassung
Ziel dieser Studie ist die Analyse und Darstellung der Mechanismen, die zu einem Ausschluss von Habilitandinnen beitragen. Nicht nur kommt es gerade in der Habilitationsphase zu eklatanten Ausschlüssen von Frauen, wie das Kapitel 1.1. unter dem Begriff „Schereneffekt“ graphisch vorstellte. Auch stellen sich diese Ausschlüsse als personale Problematik dar.
Marina Ginal
Kapitel 8. Vergeschlechtlichte Organisationskultur: Die Hürden im Habilitationsverlauf
Zusammenfassung
Dieses Kapitel analysiert, an welchen Punkten des Habilitationsverlaufs sich soziale Ungleichheiten abzeichnen. Die soziologischen Konzepte zeigten, dass es sich bei der Hochschulmedizin um eine vergeschlechtliche Organisation handelt. Wie in Kapitel 3.1. demonstriert, stellen sich organisationale Strukturen und Prozesse als vermännlicht dar, werden aber als genderneutral vermittelt.
Marina Ginal
Kapitel 9. Auswirkungen auf Selbstkonzepte: Individualisierende Ausschlüsse im Habilitationsverlauf
Zusammenfassung
Das vorangegangene Kapitel untersuchte die organisational ungleichen Rahmenbedingungen, die durch eine Kultur hegemonialer Männlichkeit als ‚Orientierungsmuster‘ zu einem Ausschluss von Frauen der Kontrastgruppe „Hürdenreich“ beitrugen. Deutlich wurde, dass ein akademischer Feudalismus souveräne Machttechniken (wie Willkür oder Verbote durch Vorgesetzte) ermöglicht, die in der Kontrastgruppe „Hürdenreich“ blockierend wirken. Begleitet werden diese Machttechniken durch einen normalisierten ‚harten‘ Wettbewerb der unternehmerisch-entgrenzten Universität.
Marina Ginal
Kapitel 10. Wandel in den Geschlechterverhältnissen? Ein Ressourcenvergleich zwischen den Kontrastgruppen „Hürdenreich“ und „Anerkannt“
Zusammenfassung
Da bislang organisationskulturelle Ausschlüsse mitsamt psychosozialen Auswirkungen (Kapitel 7 und 8) untersucht wurden, widmet sich dieses Kapitel dem Wandel in den Geschlechterverhältnissen. Die Auswertung wird durch die Kontrastgruppen „Hürdenreich“ und „Anerkannt“ repräsentiert. Beide Extremtypen basieren auf der Verallgemeinerung von jeweils fünf Einzelfällen, die in Tabelle 9 näher beschrieben werden.
Marina Ginal
Kapitel 11. Einfluss der Organisationskultur auf den Ausstieg von Wissenschaftlerinnen: Empirische Interdependenzen, theoretische Verortungen und praktische Anregungen
Zusammenfassung
Ausgangspunkt der vorliegenden Analyse war die Feststellung eines Schereneffekts zwischen Promotion und Habilitation. Untersucht wurde, welche organisationskulturellen Praktiken in dieser Statuspassage auf den Ausschluss von Weiblichkeit wirken. Die Studie orientierte sich dabei an geschlechterkonstruktivistischen Ansätzen, denenzufolge Männlichkeit und Weiblichkeit nicht als ,Persönlichkeitsmerkmale‘ von Individuen, sondern als in machtvolle Formen verwobene Positionierungen innerhalb von Beziehungsstrukturen aufzufassen sind (Connell 1993: 602).
Marina Ginal
Backmatter
Metadaten
Titel
Geschlechterungleichheiten in der Universitätsmedizin
verfasst von
Marina Ginal
Copyright-Jahr
2019
Electronic ISBN
978-3-658-27995-0
Print ISBN
978-3-658-27994-3
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-27995-0

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