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2011 | OriginalPaper | Buchkapitel

Glaube und politisches Engagement – die zivilgesellschaftliche Funktion der Religion bei Alexis de Tocqueville

verfasst von : Oliver Hidalgo

Erschienen in: Religion zwischen Zivilgesellschaft und politischem System

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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Die Debatte über die vorpolitischen Grundlagen des demokratischen Gemeinwesens, die heute meist unter dem Begriff ‚Zivilgesellschaft‛ firmiert, ist untrennbar mit dem Namen Alexis de Tocqueville (1805-1859) verbunden. In seinen Werken hat der französische Aristokrat der modernen Demokratie die Tendenz unterstellt, sich in einer verhängnisvollen Spirale aus

Atomismus

und

Zentralismus

zu verfangen: Je vehementer die Bürger ihren privatistischen und egoistischen Interessen nachgehen, desto mehr verliert die Gesellschaft ihre Fähigkeit zur Selbstregulierung und tritt die Macht des Verwaltungsstaates auf den Plan. Aus der Herrschaft der Bürokraten und Technokraten resultiert wiederum das individuelle Gefühl der Ohnmacht, das den einzelnen Bürger nur noch stärker von seinem möglichen politischen Engagement abhält. Eine solche Entwicklung, in der schwachen und isolierten Individuen ein starker, fürsorglicher und bevormundender Staat gegenüber steht, bezeichnete Tocqueville als „sanften Despotismus“. „Käme es in den demokratischen Nationen unserer Tage zum Errichten des Despotismus“, ist er sich sicher „er wäre ausgedehnter und milder, und die Entwürdigung der Menschen vollzöge er, ohne sie zu quälen“ (DA II: 461). Das individuelle Handeln wird durch die Administration ersetzt, bis diese die gesamte soziale Tätigkeit steuert. Dabei sehen die Menschen in ihren Beherrschern keine Tyrannen, sondern Vormünder, die ihre Schützlinge nach einem vorgefertigten Plan überwachen, belehren und notfalls gegen ihren Willen glücklich machen. Umgekehrt rufen die isolierten und schwachen Individuen „in all ihren Nöten“ die Herrscher an und heften „ihre Blicke auf sie wie auf einen Lehrer oder einen Führer“ (DA II: 447). Der freie Wille wird nicht gebrochen, sondern zermürbt, bis der Einzelne freiwillig auf die Ausübung seines Willens verzichtet. Die Selbstbeschränkung der politischen Aktivität verhindert, dass sich freiheitliche Sitten und Institutionen etablieren können. Die unmündigen Bürger verfallen in immer größere Abhängigkeit von der zentralen Staatsgewalt. Diese zwinge „selten zu einem Tun“, wende sich aber „fortwährend dagegen, dass man etwas tue“. Der zentralisierte Staat „zerstört nicht, er hindert, dass etwas entstehe; er tyrannisiert nicht, er hemmt, er drückt nieder“ und „löscht aus, er stumpft ab, und schließlich bringt er jedes Volk soweit herunter, dass es nur noch eine Herde ängstlicher und arbeitsamer Tiere bildet, deren Hirte die Regierung ist“ (DA II: 464). Diese abschreckende Skizze politischer Entmündigung verdichtet sich schließlich zu der berühmten Passage:

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Metadaten
Titel
Glaube und politisches Engagement – die zivilgesellschaftliche Funktion der Religion bei Alexis de Tocqueville
verfasst von
Oliver Hidalgo
Copyright-Jahr
2011
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-92742-8_2