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2000 | Buch

Handbuch der Demographie 1

Modelle und Methoden

herausgegeben von: Prof. Dr. Ulrich Mueller, Prof. Dr. Bernhard Nauck, Prof. Dr. Andreas Diekmann

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

Das Handbuch der Demographie in zwei Bänden gibt einen breiten Überblick über Theorien, Methoden und Anwendungen moderner demographischer Forschung. Im ersten Band werden grundlegende Maße und Meßmethoden aus der Bevölkerungsstatistik, sowie wichtige formale Modelle erläutert. Weiter stellt das Handbuch erklärende Theorien aus der Ökonomie, Soziologie und der Biologie vor. Der erste Band enthält weiter Kapitel zu speziellen Methoden der Demographie, die sich mit Datenquellen, Erhebungsmethoden sowie mit einschlägigen multivariaten statistischen Verfahren beschäftigen. Eigene Kapitel sind auch der Bevölkerungsvorausberechnung, der Netzwerkanalyse und den Methoden der historischen Demographie gewidmet. Der zweite Band enthält Anwendungen.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Maße und formelle Modelle

Frontmatter
1. Die Maßzahlen der Bevölkerungsstatistik
Zusammenfassung
In diesem Kapitel wird eine Einfiihrung in die grundlegenden Instrumente der beschreibenden Bevölkerungsstatistik gegeben. Das Augenmerk liegt auf den Vitalprozessen Geburt, Paarbildung, Tod in geschlossenen Bevölkerungen. Die Vitalstatistik stellt die methodische Grundlage für alle anderen Bereiche der Bevölkerungswissenschaft dar, auch dort, wo der Gegenstand die Entwicklung zusätzlicher und auch andersartiger Messinstrumente erfordert — wie etwa in der Bevölkerungsgeographie, der Migrationsforschung, der Epidemiologie, oder der Arbeitsmarktforschung.
Ulrich Mueller
2. Dynamik einer Population
Zusammenfassung
Gegenstand des Kapitels ist die Aufstellung und Analyse formaler Modelle der Reproduktion einer Population, also der Dynamik, die sich in einer geschlossenen Bevölkerung aus den Vitalprozessen Fruchtbarkeit und Sterblichkeit ergibt.
Ulrich Mueller
3. Dynamik interagierender Bevölkerungen
Zusammenfassung
Das Kapitel geht von der logistischen Gleichung für das Wachstum einzelner (oder mehrerer unverbundener) Populationen und vom Volterra-Lotka-Modell zweier Populationen aus, entwickelt — zunächst auf der Ebene der Populationen — ein Modell für die Interaktionen zwischen mehreren Populationen und untersucht die Fixpunkte des sie beschreibenden Differentialgleichungssystems. Auf die Darstellung der Interaktion zwischen Populationen mittels Differenzengleichungssystemen wird hier verzichtet, weil für Differenzengleichungssysteme vergleichbar einfache Lösungs-und Analysemethoden wie für Differentialgleichungssysteme nicht existieren. Hinzu kommt, dass bei menschlichen Populationen zweifelhaft ist, ob die diskret-zeitliche Perspektive angesichts der Tatsache, dass Geburten und Todesfälle nicht an bestimmte Jahreszeiten gebunden sind, überhaupt angemessen ist.
Klaus G. Troitzsch
4. Wanderungsdynamik
Zusammenfassung
So unterschiedlich die Motivationen eines Individuums sind, die Wohnung, den Wohnort, den Arbeitsplatz oder gar das Land zu wechseln, so vielfältig wurden Hypothesen oder Theorien entwickelt, die der Beschreibung von Wanderungsprozessen und wenn möglich der Fortschreibung bzw. Prognose derartiger Prozesse dienten.
Günter Haag, Kathrin Grützmann
5. Regionaldemographische Ansätze als formales Gerüst für die Formulierung von Prognosemodellen
Zusammenfassung
Regionaldemographische Prognosemodelle haben in der jüngeren Vergangenheit zunehmend an Bedeutung gewonnen. Dieser Trend gründet sich auf das zunehmende Interesse von Regionalplanern, sowie Sozial-und Wirtschaftswissenschaftlern an den regionalen Aspekten der Bevölkerungsdynamik. Auch in der Demographie wird die Bedeutung regionaler Differenzierung für die Erklärung und Interpretation von demographischen Phänomenen zunehmend höher eingeschätzt.
Manfred M. Fischer

Theorien

6. Ökonomische Theorien in der Bevölkerungswissenschaft
Zusammenfassung
Bevölkerungsökonomische Überlegungen haben eine lange Tradition. Dieser Beitrag beschäftigt sich mit einigen dieser Theorien. Nach einer Darstellung methodologischer Grundlagen (Kap. 6.1) werden mit dem Populationsprinzip von Malthus (Kap. 6.2) und der neoklassischen Wachstumstheorie (Kap. 6.3) zunächst zwei prominente Ansätze behandelt, die auf den generellen Zusammenhang zwischen Wirtschafts-und Bevölkerungsentwicklung abstellen. Als Reaktionen auf diese allgemeinen Ansätze sind spezielle familienökonomische Theorien entwickelt worden, von denen hier lediglich Modelle der Fertilität näher besprochen werden (Kap. 6.4). Die Kombination familienökonomischer und wachstumstheoretischer Ideen charakterisiert insbesondere jüngere bevölkerungsökonomische Arbeiten. Eine kurze Zusammenfassung ausgesuchter aktueller Beiträge wird deswegen diesen Überblick beschließen (Kap. 6.5).
Norman Braun
7. Soziologische Ansätze zur Bevölkerungsentwicklung
Zusammenfassung
Das Ziel soziologischer Forschung ist die Erklärung der Genese, der Stabilität und des Wandels kollektiver sozialer Phänomene. Dazu gehört auch das Studium der Bevölkerungsstruktur und -entwicklung eines Landes. In bevölkerungssoziologischen Modellen untersucht man die Stabilität und den Wandel der dominanten Muster demographisch relevanten Verhaltens in einer Gesellschaft und den Zusammenhang zwischen der Entwicklung von Bevölkerungsstruktur und sozialen Strukturen.
Johannes Huinink
8. Menschliche Reproduktion aus verhaltensökologischer Perspektive
Zusammenfassung
Alle Organismen sind durch reproduktive Vorgänge entstanden und selbst zur Reproduktion eingerichtet. Biologen müssen deshalb besonders an dem „Wie und Warum“ von Fortpflanzung interessiert sein, und sie haben in den letzten Jahren diesbezüglich zweifellos einen beachtlichen Wissenszuwachs (vor allem in der Endokrinologie) erarbeitet. Man weiß teilweise sehr genau, wie Hormone zusammenwirken und die Fortpflanzung steuern. Man weiß vor allem aber auch, dass externe Faktoren, wie Ernährung, Arbeitsbelastung und psychosozialer Stress auf die Regulationsmechanismen einwirken und die Fortpflanzungsphysiologie sehr sensibel auf die jeweils individuellen äußeren Lebensbedingungen reagiert. Fortpflanzung steht deshalb in einem ökologischen Kontext.
Eckart Voland, Claudia Engel
9. Theorien der Migration
Zusammenfassung
Es ist nicht gerade eine leichte Aufgabe, einen Überblick über die theoretische Entwicklung der Wanderungsforschung zu geben, denn der Literaturbestand erweist sich als faktisch undurchschaubar. Obwohl dieser Eindruck auch bei der Beschäftigung mit anderen sozialwissenschaftlichen Themen entstehen mag, scheint die Vielfalt in Bezug auf das Wanderungsverhalten besonders ausgeprägt zu sein. Das Thema „Migration“ hat sich von jeher als ein höchst interdisziplinärer Gegenstand präsentiert hat. Beiträge auf dem Gebiet der Migrationsforschung wurden u. a. in der Soziologie, der Ökonomie, der Demographie, der Geographie, der Politologie, der Ethnologie und der (Sozial)-Psychologie erbracht — mit ähnlichen, aber auch unterschiedlichen Interessen und Methoden. Trotz aller Widersprüchlichkeiten, Differenzen und Unübersichtlichkeiten lassen sich jedoch zwei Überzeugungen feststellen, über die ein nahezu ungeteilter Konsens besteht. Die Erste betrifft die herausragende gesellschaftliche Bedeutung, die mit Wanderungsprozessen verbunden ist, die Zweite die Unzufriedenheit über den bisherigen Stand der theoretischen Entwicklung.
Frank Kalter

Methoden

Frontmatter
10. Zugang Zu Den Daten Der Demographie
Zusammenfassung
Gegenstand dieses Kapitels ist die Darstellung der Erhebung demographischer Daten, deren rechtliche Grundlagen, der Aufbereitung und der Zugriffsmöglichkeiten für Wissenschaftler in den deutschsprachigen Ländern Bundesrepublik Deutschland, Österreich und der Schweiz. Das Thema „internationale Daten“ kann nur in einem sehr allgemeinen Überblick dargestellt werden, da eine umfassende Analyse den hier vorgegebenen Rahmen bei weitem sprengen würde.1
Carola Schmid
11. Untersuchungsdesigns in der Bevölkerungswissenschaft
Zusammenfassung
In der Bevölkerungswissenschaft beziehen sich die zu erklärenden (oder abhängigen) Variablen auf Geburten, Heiraten, Sterben und Mobilität. Die Beziehungen zwischen abhängigen und unabhängigen Variablen werden durch Hypothesen oder Theorien aus der Bevölkerungswissenschaft spezifiziert (s. hierzu die Beiträge von Voland, Engel; Braun; Huinink; Kalter in diesem Handbuch). Zur Überprüfung dieser Zusammenhänge benötigt man einen Untersuchungsplan (synonym: Untersuchungsdesign). Abhängig von der Art der Hypothesen stellt sich für das Untersuchungsdesign zunächst die Frage nach der Untersuchungsebene. Bei Individualhypothesen sind die Untersuchungseinheiten Individuen, bei Aggregat-oder Kollektivhypothesen Kollektive und bei Kontexthypothesen sowohl Individuen als auch Kollektive. Kontexthypothesen können anhand von Mehrebenenanalysen überprüft werden. Eine andere kontextbezogene Fragestellung liegt der Netzwerkanalyse zu Grunde, welche die Einbettung von Individuen in soziale Netzwerke thematisiert. nsbesondere fir die Prüfung von Individualhypothesen stellt sich die Frage, ob eine eigene empirische Erhebung durchgeführt werden soll, oder ob unter Umständen nicht auf existierende Datenquellen zurückgegriffen werden kann. Eigene Erhebungen sind in der Regel teuer und aufwändig. In der Praxis viel häufiger anzutreffen sind Sekundäranalysen, in welchen Daten der amtlichen Statistik oder Datensätze abgeschlossener Forschungsprojekte für hypothesenprüfende Zwecke weiterverwendet werden. Weniger die Hypothesenprüfung als vielmehr die „Kondensierung“ der in der Literatur berichteten Forschungsergebnisse ist Gegenstand der Meta-Analyse. Schließlich besteht auch die Möglichkeit, Hypothesen ohne empirische Daten zu überprüfen. Dazu werden durch formale Modellbildung unterschiedliche soziale Realitäten modelliert. Mittels Computersimulation kann dann das Verhalten dieser Systeme unter verschiedenen Bedingungen nachgestellt werden (Arminger, Galler 1991, Bossel 1994, Troitzsch 1990).
Henriette Engelhardt
12. Beschreibung und Modellierung von Verweildauerverteilungen
Zusammenfassung
Demographische Prozesse können als zeitliche Folgen demographischer Ereignisse definiert werden: insbesondere Geburten, Sterbefälle, Heiraten, Scheidungen. Solche Prozesse können mit statistischen Begriffen und Modellen beschrieben werden. Einen allgemeinen Begriffsrahmen liefert die Theorie stochastischer Prozesse.
Götz Rohwer
13. Regressionsverfahren in der Bevölkerungswissenschaft
Zusammenfassung
Ein Großteil der sozialwissenschaftlichen Forschungsarbeiten ist an der Identifikation „kausaler“ Effekte anhand nichtexperimenteller Daten interessiert. Dies belegt bereits ein flüchtiger Blick in die einschlägigen Fachzeitschriften. Regressionsverfahren sind für diesen Zweck besonders geeignet. Insbesondere die Entwicklung von Regressionsverfahren für qualitative abhängige Variablen in den letzten Jahren hat zur Folge, dass für die meisten Fragestellungen der Sozialforschung Regressionsverfahren eingesetzt werden können. In diesem Kapitel werden allerdings nur Regressionsverfahren für Querschnittdaten besprochen. Entsprechende Verfahren für Längsschnittdaten findet man im Kapitel 12 dieses Handbuchs.
Josef Brüderl
14. Methoden der Bevölkerungsvorausberechnung
Zusammenfassung
Bevölkerungsvorausberechnungen sagen aus, wie sich der Bevölkerungsstand und seine Struktur unter bestimmten Annahmen (insbesondere zur Geburtenhäufigkeit, Sterblichkeit und zum Wanderungsverhalten) verändern. I.d.R. wird die Bevölkerung in der Untergliederung nach Geschlecht und Alter vorausberechnet. Mitunter wird dabei nach weiteren Strukturmerkmalen untergliedert, z. B. nach Familienstand, Staatsangehörigkeit oder ethnischer Zugehörigkeit. Werden hierbei Annahmen über eine wahrscheinliche Entwicklung der Bevölkerung und ihrer Struktur gemacht, kann man von Bevölkerungsprognosen sprechen. Da aber bei Prognosen über einen sehr langen Zeitraum mit zunehmender zeitlicher Distanz ganz erhebliche Unsicherheiten auftreten, ist es üblich, hier weiter zu differenzieren und je nach zeitlichem Abstand die Begriffe „Bevölkerungsvorausschätzungen“ (bei einem Zeithorizont von 10–15 Jahren) bzw. „Modellrechnungen” zur Bevölkerungsentwicklung (bei größerem Abstand) zu verwenden (BT-Drucksache 8/4437: 10–13). Die Zeitspanne von 10–15 Jahren als Kriterium für Vorausschätzungen wurde gewählt, da hier für den überwiegenden Teil der Bevölkerung (Personen, die schon zu Beginn des Berichtszeitraums leben), relativ sichere Aussagen gemacht werden können. Dies gilt insbesondere für die künftige Bevölkerung im Erwerbs-und Rentenalter, die bei der Nutzung von Vorausschätzungen vielfach im Mittelpunkt des Interesses steht. Auf diese Altersgruppen wirken sich Änderungen im Geburtenverhalten, die die Alterspyramide der Bevölkerung in den vergangenen Jahrzehnten ganz entscheidend verändert haben, im gegeben Zeitrahmen nicht mehr aus. Neben den Wanderungen spielt hier nur noch die relativ kontinuierlich verlaufende und daher relativ gut absehbare Entwicklung der Sterblichkeit eine Rolle.
Manfred Bretz
15. Methoden der Netzwerkanalyse
Zusammenfassung
Im Rahmen der Bevölkerungswissenschaft wird der Netzwerkbegriff meist im Kontext der Migrationsforschung (Portes 1996) benutzt. Gemeint sind dabei meist neu zu bildende Beziehungsstrukturen, die den Gegenpol einer angenommenen Isolation nach einer Migration bilden. Allgemeiner gesehen wird “das soziale Netzwerk einer Person” als Synonym einer erfolgreichen Integration in einen sozialen Kontext aufgefasst, die im Sinne einer erfolgreichen Lebensbewältigung im Allgemeinen und nach einer Emigration im Besonderen anzustreben ist Ähnlich wie in der anthropologischen Forschung ist damit nicht unbedingt eine nähere Spezifizierung der Begriffe im Sinne der (formalen) Netzwerkanalyse verbunden. Eine Beschreibung von z. B. Migrationsströmen (Bien 1983a, b; Highes 1993; Nogle 1994) bzw. anderen wohldefinierten Beziehungen (Tewman 1988) als Netzwerk ist dagegen eher selten zu finden.
Walter Bien
Methoden der historischen Bevölkerungsforschung — historische Demographie und Bevölkerungsgeschichte
Zusammenfassung
Der Gegenstand der Historischen Demographie — so der ursprünglich von den Herausgebern vorgesehene Titel dieses Artikels — wird häufig mit der Familienrekonstitution assoziiert, was zugleich auf Grund der Eigenart des mit dieser Methode zu bearbeitenden Materials eine Einengung des Blickfeldes auf einzelne Kirchgemeinden bedeutet. Selbstverständlich ist das historische Interesse an Bevölkerung ein breiteres. Deshalb ist eine Vielfalt von Auswertungsverfahren heranzuziehen, die nicht nur lediglich die sesshaften Familien eines Dorfes zum Gegenstand haben, sondern ebenso größere Populationen und damit serielle Massendaten, die grundsätzlich dieselbe Struktur besitzen wie das von der gegenwartsbezogenen Bevölkerungswissenschaft herangezogene Ausgangsmaterial. Der Unterschied zwischen der Vorgehensweise der Demographie in ihrer allgemeinen Form und in ihrer speziellen Anwendung auf historische Fragestellungen liegt weniger in der Art der Daten als in deren Verfügbarkeit und Vollständigkeit begründet. Beides zu verbessern und den Rückgriff auf einen immer größeren Schatz an Informationen zu ermöglichen, ist die ureigenste Aufgabe des Historikers. In methodischer Hinsicht ist er in der Regel auf die Vorgaben der Demographie angewiesen, die er auf die Verwendbarkeit für seine Quellen überprüfen muss und gegebenenfalls zu modifizieren oder zu vereinfachen hat. Es scheint sich von selbst zu verstehen, dass ein weiteres Zurückgreifen in der Zeit immer größere Konzessionen an die Exaktheit der Methoden und der zu erzielenden Ergebnisse verlangt. Das ist aber nicht generell der Fall, wie sich an der Gegenüberstellung von Beispielen aus dem 18. und der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert zeigen ließe.
Rolf Gehrmann
Metadaten
Titel
Handbuch der Demographie 1
herausgegeben von
Prof. Dr. Ulrich Mueller
Prof. Dr. Bernhard Nauck
Prof. Dr. Andreas Diekmann
Copyright-Jahr
2000
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-642-57097-1
Print ISBN
978-3-642-63021-7
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-642-57097-1