1 Einleitung
„die Vielfalt an direkt und indirekt ernährungsbezogenen Aktivitäten und Beziehungen zwischen allen relevanten Akteursgruppen – von der Stadtverwaltung über Unternehmen und Betriebe, Vereine und Initiativen bis zur Bevölkerung – in allen Bereichen von der Produktion, über die Verarbeitung, Versorgung, Zubereitung bis hin zu Konsum und Entsorgung von Nahrungsmitteln in der Stadt.“ (Schanz et al. 2020, S. 9)
2 Systemische Perspektive auf Ernährung im kommunalen Kontext
3 Methodischer Ansatz
3.1 Kausalschleifendiagramme (CLDs) zur Ableitung von Systemarchetypen
3.2 Modellierung eines lokalen Ernährungssystems
Systemvariablen | Indikator(en) | Ausprägungen | Quellen |
---|---|---|---|
Negative Auswirkungen von Ernährung auf Umwelt und Gesundheit | CO2-Emissionen, Biodiversität-Index, BMI-Index, etc. (Messungen) | Starke vs. Schwache negative Auswirkungen | |
Wahrgenommene negative Auswirkungen von Ernährung auf Umwelt und Gesundheit | # und % genannter Auswirkungen (Befragung) | Viele vs. Wenige Auswirkungen wahrgenommen | |
Wissen über nachhaltige Ernährung | # und % genannter DGE-Richtlinien (Befragung) | Profundes vs. Geringes Wissen | |
Verbreitungsgrad nachhaltiger Ernährungsgewohnheiten | # und % Personen, die angeben, sich nachhaltig zu ernähren (Befragung) | Hoher vs. Niedriger Verbreitungsgrad | |
Soziale Anerkennung für nachhaltige Ernährungsgewohnheiten | # und % unterstützender Werbung, Medien-Beiträge, etc. (Zählungen) | Hohe vs. Geringe Anerkennung | |
Motivation für nachhaltige Ernährungsgewohnheiten | # und % Personen, die angeben, motiviert zu sein, sich nachhaltig zu ernähren (Befragung) | Hohe vs. Geringe Motivation | |
Nachfrage nach Produkten für nachhaltige Ernährung | # und % gekaufter Produkte (Zählung) | Hohe vs. Niedrige Nachfrage | |
Spezialisierungsbestrebungen lokaler Ernährungswirtschaft auf nachhaltige Produkte | # und % Betriebe, die angeben, sich auf nachhaltige Produkte spezialisieren zu wollen (Befragung) | Starke vs. Schwache Bestrebungen | |
Anzahl der Betriebe der lokalen nachhaltigen Ernährungswirtschaft | # und % Betriebe | Große vs. Kleine Anzahl | |
Angebot von Produkten für nachhaltige Ernährung | # und % angebotener Produkte (Zählung) | Hohes vs. Geringes Angebot | |
Kooperationsgrad innerhalb der lokalen
nachhaltigen Ernährungswirtschaft | # und % der Kooperationen (inkl. vertraglich geregelt) | Hoher vs. Niedriger Kooperationsgrad | |
Sichtbarkeit nachhaltiger Ernährungswirtschaft | # und % vorstellender Werbung, Medienbeiträge, etc. (Zählungen) | Hohe vs. Geringe Sichtbarkeit | |
Fokus kommunaler Wirtschaftspolitik auf nachhaltige Ernährungswirtschaft | # und % an Verordnungen, Finanzierungen, etc. (Zählungen) | Starke vs. Schwache Ausrichtung | |
Fokus kommunaler Bildungspolitik auf nachhaltige Ernährung | # und % an Bildungsangeboten, etc. (Zählungen) | Starke vs. Schwache Ausrichtung |
4 Ergebnis: Dynamiken und Hebelpunkte eines lokalen Ernährungssystems
4.1 Ernährungsbildung als Reaktion auf negative Auswirkungen des Ernährungssystems
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Die ausgleichenden Rückkopplungen B1 und B2 führen langfristig zu einer Verringerung der negativen Auswirkungen der Ernährung auf Umwelt und Gesundheit und damit zu einer Annäherung an den Zielzustand nachhaltiger Ernährungssysteme. Dies geschieht jedoch mit verschiedenen zeitlichen Verzögerungen. Vielen dieser Verzögerungen kann nur bedingt entgegengewirkt werden, da z. B. Wissensbildung grundsätzlich Zeit benötigt. Einige Kommunen unterstützen diese Prozesse bereits, indem sie den Fokus kommunaler Bildungspolitik auf nachhaltige Ernährung verstärken und damit sowohl das Wissen über nachhaltige Ernährungsgewohnheiten (B1) als auch die Soziale Anerkennung für nachhaltige Ernährungsgewohnheiten vergrößern.
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Ausgehend von der Beschreibung der CLDs lässt sich hier der Systemarchetyp „Gleichgewichtsprozess mit Verzögerung“ identifizieren, da sowohl der Zuwachs an Wissen über- als auch der Zuwachs an Motivation für nachhaltige Ernährungsgewohnheiten durch starke zeitlich-prozessuale Verzögerungen geprägt sind. Dies gilt dadurch auch für den Zuwachs im Verbreitungsgrad nachhaltiger Ernährungsgewohnheiten vor Ort und somit für auch für die Reduzierung der negativen Auswirkungen der Ernährung auf Umwelt und Gesundheit. Der identifizierte Archetyp birgt einerseits die Gefahr, dass aufgrund solcher Verzögerungen Korrekturmaßnahmen vorzeitig abgebrochen werden, da systemimmanenten Verzögerungen (teilweise) nicht erkannt werden. Andererseits besteht die Gefahr, dass Korrekturmaßnahmen unnötig intensiviert werden, da die anvisierte Wirkung häufig ebenfalls erst mit Verzögerung sichtbar wird und/oder das Ausmaß der Verzögerungen nicht bekannt ist (Senge 2021, S. 451).
4.2 Fehlendes Angebot für nachhaltige Ernährung vor Ort
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Die ausgleichenden Rückkopplungsschleifen B1 und B2 führen zu einer Stärkung des Verbreitungsgrades nachhaltiger Ernährungsgewohnheiten vor Ort. Gleichzeitig machen die Rückkopplungsschleifen R1 bis R3 deutlich, wie ein zu geringer oder nicht vorhandener Fokus kommunaler Wirtschaftspolitik auf nachhaltige Ernährung dazu führen kann, dass der Verbreitungsgrad nachhaltiger Ernährungsgewohnheiten vor Ort durch ein fehlendes Angebot an nachhaltigen Lebensmitteln vor Ort geschwächt wird.
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Hieraus lässt sich der Archetyp „Scheiternde Korrekturen“ ableiten. So wird den negativen Auswirkungen der Ernährung auf Umwelt und Gesundheit sowohl über eine Zunahme der wahrgenommenen negativen Auswirkungen von Ernährung auf Umwelt und Gesundheit sowie einem stärkeren Fokus kommunaler Bildungspolitik auf nachhaltige Ernährung zunächst erfolgreich entgegengewirkt (B1–B2). Gleichzeitig verschärft sich die Problematik aber über die nicht beachteten selbstverstärkenden Rückkopplungen R1 bis R3. Diese schwächen das Angebot von Produkten für nachhaltige Ernährung und damit den Verbreitungsgrad nachhaltiger Ernährungsgewohnheiten vor Ort, wodurch die negativen Auswirkungen der Ernährung auf Umwelt und Gesundheit wiederrum zunehmen (Senge 2021, S. 463).
4.3 Hebelpunkte zur nachhaltigen Gestaltung lokaler Ernährungssysteme
Hebelpunkte | Wirkungsziele |
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Stärkung des Fokus kommunaler Bildungspolitik auf nachhaltige Ernährung | ▪ Zunahme des Wissens über nachhaltige Ernährungsgewohnheiten ▪ Zunahme der sozialen Anerkennung für nachhaltige Ernährung |
Stärkung des Fokus kommunaler Wirtschaftspolitik auf nachhaltige Ernährung | ▪ Zunahme der Resilienz der lokalen nachhaltigen Ernährungswirtschaft ▪ Zunahme der Spezialisierungsbestrebungen lokaler Ernährungswirtschaft auf nachhaltige Produkte ▪ Zunahme der sozialen Anerkennung nachhaltiger Ernährungsgewohnheiten |