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2014 | Buch

Hochschuldidaktische Weiterbildung an Fachhochschulen

Durchführung - Ergebnisse - Perspektiven

herausgegeben von: Rudolf Egger, Doris Kiendl-Wendner, Martin Pöllinger

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

Buchreihe : Lernweltforschung

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Über dieses Buch

An österreichischen Fachhochschulen wird die hochschuldidaktische Weiterbildung der Lehrenden gezielt gefördert. Allen Lehrende soll eine fundierte hochschuladäquate didaktische Ausbildung vermittelt werden, wodurch die Qualität der Lehre gesichert und eine gemeinsame Basis der Lehrkompetenz erzeugt werden soll. In diesem Band der Reihe ‚Lernweltforschung‘ wird exemplarisch eine systematische Sichtung aller Maßnahmen und Aktivitäten der ‚Hochschuldidaktischen Weiterbildung‘ an der Fachhochschule Joanneum Graz vorgenommen. Unter der Fragestellung, welche Effekte die systematisierte hochschuldidaktische Weiterbildung erzeugt hat, werden die bisherigen Erfahrungen analysiert. Damit werden Grenzen und Möglichkeiten einer Professionalisierung der Lehre sichtbar, die neu diskutiert und verortet werden müssen.​

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Die zielgerechte Entfaltung von Lehrkompetenz
Für ein strategisches Konzept zur Förderung einer praxis- und wissenschaftsorientierten Hochschuldidaktik
Zusammenfassung
In diesem Beitrag werden Lehrende als Schlüsselpersonen für bedeutsame Lernprozesse in ihrer Heterogenität und Vielschichtigkeit beschrieben. Dabei zeigt sich, dass sie sich sowohl in ihrem fachspezifischen Habitus (bezogen auf Lehrkonzepte, Lehrstrategien, Traditionen im Fach) als auch durch hochgradig unterschiedliche Lehrbiografien und damit einhergehende Lehrkonzepte sowie durch sehr unterschiedlich entwickelte didaktische Expertise auszeichnen. Konkret werden die unterschiedlichen Lehrbezüge und deren fachlich-didaktischen Bezugspunkte daraufhin untersucht, welche hier wirkenden Arbeitsebenen Entwicklungsunterstützungsleistungen erbringen können. Aus der Zusammenschau der wesentlichen Perspektiven von Lehrenden und organisationalen EntscheidungsträgerInnen wird eine Struktur für die nachhaltige Anhebung des Lehrimages dargestellt.
Rudolf Egger
Hochschuldidaktische Weiterbildung als Instrument der Personalentwicklung und zur Qualitätssicherung in der Lehre
Zusammenfassung
Hochschulen operieren in einem kompetitiven Umfeld. Im Wettbewerb um die besten Studierenden und das bestqualifizierte Personal ist das Branding der jeweiligen Hochschule von großer Bedeutung. Wenn das Branding einer Hochschule (auch) Exzellenz in der Lehre verspricht, so erweckt dies entsprechende Erwartungen aller Beteiligten an die Qualität der (Aus-)Bildung an der jeweiligen Einrichtung.
Exzellenz in der Lehre ist von vielen Faktoren abhängig, unter anderem vom Betreuungsverhältnis zwischen Studierenden und Lehrenden, von den Fähigkeiten der Studierenden und vor allem auch von den Kompetenzen der Lehrenden. Lehrende müssen nicht nur fachlich kompetent sein, sondern auch über Lehrkompetenz (didaktische Fähigkeiten) verfügen. Die Lehrkompetenz kann gezielt durch Maßnahmen gesteigert werden; dazu kann ein hochschuldidaktisches Weiterbildungsprogramm eingesetzt werden.
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit zwei Fragestellungen, die miteinander verbunden sind. Der Beitrag behandelt zunächst die hochschuldidaktische Weiterbildung als Instrument der Personalentwicklung. Hochschuldidaktische Weiterbildung wird nur dann ein sinnvolles Instrument der Personalentwicklung sein, wenn die strategischen Ziele einer Hochschule auf Qualität in der Lehre gerichtet sind und wenn auch konsequenterweise das vorhandene Anreizsystem an der jeweiligen Hochschule Leistungen in der Lehre honoriert. Wenn das Anreizsystem hingegen ausschließlich oder primär Leistungen in anderen Bereichen (Akquisition von Drittmitteln, Publikationen etc.) in den Vordergrund rückt, werden sich Investitionen in die Lehrkompetenz für ProfessorInnen, DozentInnen und wissenschaftliche MitarbeiterInnen nicht auszahlen, weshalb das Instrument der hochschuldidaktischen Weiterbildung unter diesen Rahmenbedingungen ein kümmerliches Dasein fristen müsste.
Der zweite Teil des vorliegenden Beitrages widmet sich der Frage, ob und inwieweit eine hochschuldidaktische Weiterbildung zur Qualitätssicherung in der Lehre eingesetzt werden kann, soll oder muss. Eine Kausalität zwischen der Absolvierung eines (mehrsemestrigen) hochschuldidaktischen Weiterbildungsprogrammes und der Steigerung der Qualität in der Lehre wird kaum nachweisbar sein. Es ist auch Vorsicht dabei geboten, dass Vorgesetzte solchen MitarbeiterInnen, deren Lehrveranstaltungs-Evaluierungen Verbesserungspotenzial in der Lehre aufgezeigt haben, als „Sanktion“ den verpflichtenden Besuch einer hochschuldidaktischen Weiterbildung vorschreiben. Dessen ungeachtet ist in einem prozessorientierten Ansatz zur Qualitätssicherung in der Lehre eine systematische Stärkung der Lehrkompetenz aller Mitglieder des Lehr- und Forschungspersonals an einer Hochschule geboten. Hier schließt sich wieder der Kreis zur Personalentwicklung, indem eine Qualitätssicherung in der Lehre auch jedenfalls die regelmäßige didaktische Weiterbildung aller Lehrenden einschließt.
Doris Kiendl-Wendner
Hochschuldidaktik, Organisationsentwicklung und Begleitforschung an der Hochschule Magdeburg-Stendal – ein integrativer Ansatz
Zusammenfassung
Im vorliegenden Artikel wird das Konzept des Zentrums für Hochschuldidaktik und angewandte Hochschulforschung der Hochschule Magdeburg-Stendal vorgestellt, das hochschuldidaktische Interventionsmaßnahmen, Organisationsentwicklung und Begleitforschung in einem integrativen Ansatz aufeinander bezieht, um eine nachhaltige Qualitätsentwicklung in Studium und Lehre sicherzustellen.
Marianne Merkt
Lehren und Lernen aus konstruktivistischer Sicht
Zusammenfassung
Einrichtungen der Erwachsenenbildung, Fachhochschulen und Hochschulen gestalten ein institutionalisiertes lebenslanges Lernen. In der Erwachsenenbildung dominiert ein nonformales Bildungsangebot, in den Hochschulen die formale Bildung. In allen Einrichtungen sind unterschiedliche Lernstile Erwachsener zu beobachten. Die Bildungs- und Studienangebote basieren auf erkenntnis- und lerntheoretischen Grundlagen. Seit einigen Jahren ist die Erkenntnistheorie des Konstruktivismus – verknüpft mit der Systemtheorie und der Gehirnforschung – weit verbreitet. Die Kernthese lautet, dass wir die Welt nicht realistisch abbilden, sondern dass wir wissenschaftlich und lebensweltlich viable Wirklichkeiten konstruieren.
Die Gehirnforschung bestätigt die konstruktivistische These, dass Lernen vor allem im Erwachsenenalter ein selbstgesteuerter Prozess ist. Während Kinder aufgeschlossen für viele Neuigkeiten sind, lernen Erwachsene primär auf der Grundlage vorhandener neuronaler Strukturen. Konstruktives Studieren ist aber eine Koppelung wissenschaftlichen Wissens mit Wissensnetzen und Fähigkeiten. Besonders ausgeprägt ist bei Erwachsenen das episodische und prozedurale Gedächtnis, während das deklarative Gedächtnis und das Kurzzeitgedächtnis im Alter nachlassen. Bedeutungsvoll für Lerneffekte ist die Verschränkung kognitiver und emotionaler Prozesse. Wissenschaftliches Lernen erfolgt nicht nur nach dem linearen Sender-Empfänger-Modell. Studieren ist ein weitgehend selbstgesteuerter, emergenter Prozess, der durch Lehre angeregt und gefördert werden kann. Generell sollten hochschuldidaktische Instruktionsmethoden durch aktivierende Konstruktionsmethoden ergänzt werden. Der Schlüsselbegriff Viabilität beinhaltet eine ethische Implikation, die auf „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ verweisen kann.
Horst Siebert
Lehren können ist ein Naturtalent
Zusammenfassung
Seit dem UOG ’75 oder der Einführung des dritten Habil-Abschnittes oder den Beschlüssen der Bundeskonferenz für das wissenschaftliche und künstlerische Personal, bei der erste Überlegungen zur Qualitätssicherung in der Lehre durch Evaluierung der Lehrveranstaltungen zur Sprache kamen, war klar: Die Lehre braucht (oder hat) einen eigenen der Forschung vergleichbaren Stellenwert. Das wurde in vielen Projekten und Auszeichnungen (Staatspreise für Hochschuldidaktik und AV-Produktionen; Mediendidaktischer Hochschulpreis: MeDiDa-Prix) demonstriert und in unzähligen Artikeln und Fachbüchern beschworen.
Tatsachen sind:
Der dritte Habil-Abschnitt wurde nicht ernst genommen, die Preise und Auszeichnungen schafften mehr Neid anstelle von Kommunikationsgemeinschaften, die Forschung hält die unangefochtene Spitzenposition, mit der Renommee und Geld zu machen sind.
Mit der Entwicklung und Umsetzung von Blended Learning-Strategien werden die Schwächen in der Lehrkompetenz sichtbar. Eine Reihe von Aus- und Weiterbildungsangeboten soll Abhilfe schaffen. Verpflichtend sind sie selten. Für die Qualität der Lehre gibt es keine Kennzahl in der Wissensbilanz. Schon die Definition von guter Lehre fällt schwer und ist offenbar von Fach zu Fach und von Institution zu Institution (vgl. Universitäten, Kunst-Universitäten, Fachhochschulen) verschieden.
Vielleicht ist es für Universitäten (und Hochschulen) deshalb so schwierig, der Qualitätssicherung der Lehre einen Stellenwert in den Qualitätssicherungs-Managementsystemen zu geben.
Es ist ein erfreuliches Zeichen, dass über Hochschuldidaktik und Lehrkompetenz noch immer oder schon wieder diskutiert wird. Die Zuwendung, die Lehrqualität erhalten hat, war und ist im deutschsprachigen Hochschulraum eine ambivalente Angelegenheit. Welche Geschichte kann man über die Hochschuldidaktik und die Qualität der Lehre an österreichischen Universitäten und Hochschulen aus Sicht einer Beamtin in der Hochschulsektion des Wissenschaftsministeriums erzählen?
Felicitas Pflichter
Die Leistungsfeststellung – Leistungsgarant oder notwendiges Übel?
Zusammenfassung
Die Feststellung eines erfolgten Lernfortschrittes und dessen Codierung durch eine Note ist auch im 21. Jahrhundert ein polarisierendes Thema. Einerseits ist speziell im deutschen Sprachraum die Benotung ein Fakt, welcher seit Jahrhunderten praktiziert und weitergegeben wird. Andererseits haben Generationen von SchülerInnen unter Notendruck und ungerechten Noten gelitten, und ihr weiterer Werdegang wurde dadurch massiv beeinflusst. Somit ist zu hinterfragen, ob Noten lediglich die gezeigte Leistung feststellen sollen, oder ob mithilfe von Noten auch gesellschaftliche Selektion betrieben wird. Letzteres mit dem Hintergrund, neue Eliten zu schaffen?
Rein puristisch betrachtet stellen Noten lediglich ein Messinstrument dar, um einen Lernerfolg zu messen bzw. zu diagnostizieren. Streng genommen merken Sloane und Dilger (The competence clash – Dilemmata bei der Übertragung des ‚Konzepts der nationalen Bildungsstandards‘ auf die berufliche Bildung. Berufs- und Wirtschaftspädagogik, 2005) an, dass von einer im Rahmen einer Prüfung gezeigten Leistung auf das bestimmte Vorhandensein einer Kompetenz geschlossen wird. Nimmt man diesen kritischen Zugang ernst, so trifft dieser Schluss auf eine Kompetenz nur zu, wenn es sich um ein valides Messinstrument handelt.
Im österreichischen Fachhochschulbereich sind Art und Ausmaß der Leistungsbeurteilung auch gesetzlich im FHStG definiert und festgelegt, wobei die nähere Ausgestaltung einer Lehrveranstaltung im Wesentlichen durch die Lehrenden selbst definiert wird. Darüber hinaus wird im vorliegenden Artikel auch die Frage aufgeworfen, ob im FH-Bereich ebenfalls die Tendenz vorherrscht, die Studierenden tendenziell zu kritisch zu beurteilen. Beispielsweise erschien in der Tageszeitung „Die Presse“ am 25.11.2012 ein Artikel, der postulierte, dass die WU-Studierenden zu schlecht benotet würden und somit im internationalen Wettbewerb weniger Chancen auf adäquate Masterplätze hätten. Herrscht diese Tendenz auch an den Fachhochschulen vor oder geht es in diesem Segment in die konträre Richtung, wonach Studierende zu positiv bewertet werden? Welche Rolle spielt hierbei die Pro-Kopf-Finanzierung bzw. der hohe Anteil von externen Lehrenden im Regelbetrieb? Darüber hinaus soll der Artikel auch einen möglichen lernförderlichen Einfluss der Leistungsbeurteilung beleuchten.
Die Fülle der Leistungsfeststellungen an Hochschulen wird von Studierenden und Lehrenden vielfach als lästige Pflicht wahrgenommen. Werden diese allerdings didaktisch kompetent erstellt und die richtigen Schlüsse daraus gezogen, können sie massiv zur Qualität der Ausbildung beitragen.
Erich Hauer
Professionalisierte Profilbildung des Lehr- und Forschungspersonals im Fachhochschul-Bereich
Zusammenfassung
Im gegenständlichen Beitrag werden Einschätzungen und Hinweise zur professionalisierten Profilbildung des Lehr- und Forschungspersonals an Fachhochschulen geboten; dabei wird zunächst an die diesbezüglichen gesetzlichen Vorgaben angeknüpft, um in weiterer Folge die Dimensionen der wissenschaftlichen Qualifikation, der berufspraktischen Erfahrung sowie der pädagogisch-didaktischen Qualität des Lehr- und Forschungspersonals zu thematisieren. Dabei soll dem zuletzt genannten Qualifikationselement unter Berücksichtigung der gewonnenen Erfahrungen des an der FH JOANNEUM angebotenen Lehrganges „Grundlagen der Hochschuldidaktik“ besonders Rechnung getragen werden.
Werner Hauser
„Didaktik? Ja, aber…“ Ein Erfahrungsbericht über die Umsetzung einer verpflichtenden hochschuldidaktischen Weiterbildung
Zusammenfassung
Qualitätssicherung ist ein weitverbreitetes Schlagwort. Nicht nur die Industrie hat ihre eigenen Maßstäbe dafür entwickelt, auch für Hochschulen hat der Begriff in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen, sodass es seit März 2012 sogar ein eigenes Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz gibt.
Von der Qualität, die es an Hochschulen zu sichern gilt, sind natürlich die Kernkompetenzen am meisten betroffen. Also Forschung und Entwicklung, Weiterbildung und an allererster Stelle die wichtigste Kompetenz, nämlich die Lehre. Um die Qualität von Lehre zu entwickeln, zu verbessern und zu fördern braucht es neben optimalen Ressourcen und Rahmenbedingungen jedenfalls motivierte und fachlich kompetente Lehrende, die es verstehen, ihr Fachwissen an die Studierenden so weiterzugeben, dass sie es aufnehmen können. Also müssen Lehrende auch didaktische Fähigkeiten besitzen, um wirklich guten und in jeder Hinsicht „qualitätsvollen“ Unterricht zu machen. In der Auswahl und Förderung von Lehrpersonal wird zu Recht ein starkes Augenmerk auf die fachlichen Kompetenzen gelegt. Aber was nützt es letzten Endes, wenn jemand ein gefragter und hoch kompetenter Wissenschafter ist, dem aber im schlimmsten Fall jegliche didaktische Fähigkeit fehlt? Und woher soll er diese auch haben, wenn von allen Hochschullehrern ganz einfach nur erwartet wird, dass sie unterrichten können, und wenn es keine verpflichtende Ausbildung gibt für den optimalen „Transport“ des eigenen Wissens – oder zumindest eines Teils davon – in die Gehirne junger wissbegieriger Menschen. „Ich unterrichte jetzt schon zehn Jahre an Unis, aber keiner hat mir bisher gezeigt, wie es geht“. Diese markante Aussage eines Teilnehmers der Hochschuldidaktischen Weiterbildung an der FH JOANNEUM umreißt das Dilemma um die nur spärlich vorhandenen Qualifizierungsmöglichkeiten in Sachen Didaktik für Hochschullehrende. Freiwillige Angebote zur didaktischen Weiterbildung werden von denen sehr gerne angenommen, die sich für Didaktik interessieren, die Neues ausprobieren wollen und selbst durchaus gute DidaktikerInnen sind. Diejenigen, die es wirklich notwendig haben, erreicht man damit nicht. Somit wird auch ganz klar das Ziel einer Qualitätssicherung der Lehre verfehlt. Was liegt also näher, als eine für alle Lehrenden verpflichtende hochschuldidaktische Weiterbildung einzuführen und anzubieten? Wer weiß, wie Hochschulen „ticken“, hat auf diese Frage sicher sofort eine Antwort parat: dass nämlich so etwas utopisch, weil nicht machbar sei.
Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit den Erfahrungen, die wir bei der Umsetzung dieses „utopischen“ Vorhabens gemacht haben, ebenso wie mit den Grenzen, an die wir dabei gestoßen sind, und schließlich mit den Lehren, die wir daraus gezogen haben.
Martin Pöllinger
Die Hochschuldidaktische Weiterbildung der FH JOANNEUM als Best Practice-Beispiel für eine didaktisch-pädagogische Professionalisierung des Lehrpersonals?
Eine Befragung zu den Erfahrungen Teilnehmender mit der HDW
Zusammenfassung
Das Weiterbildungsprogramm „Hochschuldidaktische Weiterbildung“ wird seit dem Jahr 2010 an der FH JOANNEUM für alle neu eingestellten hauptberuflich Lehrenden verpflichtend angeboten und erstreckt sich in seiner ursprünglichen Konzeption mit einem Workload von insgesamt 18 ECTS (European Credit Transfer System) über drei Semester. Es bietet dem Lehr- und Forschungspersonal durch eine Kombination von Präsenz-, Online- und Selbstlernphasen, Dokumentation der Praxis und Hospitationen die Möglichkeit, gemeinsam, voneinander und übereinander zu lernen, das eigene Tun zu reflektieren und auf diese Weise zur Qualitätssicherung der Lehre an der Fachhochschule beizutragen. Gegenstand des vorliegenden Beitrages ist die systematische Darstellung der Erfahrungen Teilnehmender der ersten vier Jahrgänge der HDW. Mittels einer quantitativen Untersuchung wird unter anderem der Frage nachgegangen, inwiefern diese strategische Weiterbildungsmaßnahme zur didaktisch-pädagogischen Professionalisierung und im weiteren Sinne zur Personalentwicklung beiträgt. Abschließend werden die Ergebnisse der Befragung im Hinblick auf die Weiterentwicklung der HDW diskutiert.
Hintergrund
Lebenslanges Lernen erweist sich im Zeitalter der Wissensgesellschaft als unabdingbar und ist auch für das bereits hoch qualifizierte Lehrpersonal im tertiären Bildungsbereich ein unerlässlicher Bestandteil der täglichen Arbeit. Mit dem seit 2010 an der FH JOANNEUM verpflichtenden Weiterbildungsangebot „Hochschuldidaktische Weiterbildung“ wird allen hauptberuflich Lehrenden die Möglichkeit geboten, ihre didaktischen Fähigkeiten und Fertigkeiten zu vertiefen und zu ExpertInnen in der Gestaltung und Durchführung von Lernprozessen zu werden. Der vorliegende Beitrag erhebt die Einstellungen und Erfahrungen der TeilnehmerInnen und AbsolventInnen der ersten vier Jahrgänge und wirft die Frage auf, ob diese Form der didaktisch-pädagogischen Professionalisierung das Potenzial zu einem Best Practice-Beispiel hat.
Methode
Eine Befragung mittels eines aus 40 geschlossenen Fragen und vierstufigen Likertskalen sowie drei offenen Fragen bestehenden Fragebogens wurde über einen Zeitraum von vier Wochen an der FH JOANNEUM mit Teilnehmenden und AbsolventInnen der HDW (N = 40) durchgeführt.
Ergebnisse
Es können neben der Erhebung der TeilnehmerInnendaten fünf Hauptkategorien identifiziert werden: i) Einschätzung des persönlichen Nutzens, ii) Einschätzung des Transfererfolges (gegliedert nach besuchten Teilen der HDW), iii) Einschätzung der Nachhaltigkeit, iv) Resonanz durch das soziale Umfeld und v) Anregungen zur Weiterentwicklung. Zwar wird der Nutzen der HDW grundsätzlich als positiv für die tägliche Arbeit bewertet, doch lässt insbesondere die Auswertung der offenen Fragen auch Platz für Interpretationen zur Weiterentwicklung der HDW.
Conclusio
In der vorliegenden Studie wird anhand der systematischen Darstellung der Erfahrungen Teilnehmender die Wichtigkeit einer didaktischen Professionalisierung für den Hochschulbereich thematisiert, und unter Berücksichtigung der gängigen Evaluierungen werden neue Erkenntnisse für die Organisation gewonnen. Basierend auf den Ergebnissen dieser Studie ist eine Weiterentwicklung und Verbesserung der didaktischen Weiterbildung im Sinne der Qualitätssicherung der Lehre möglich.
Eva Maria Calvi
Analyse der Forumsbeiträge in der Hochschuldidaktischen Weiterbildung
Zusammenfassung
Die Hochschuldidaktische Weiterbildung an der FH JOANNEUM (HDW) basiert auf einem „Blended Learning“-Konzept. (Unter „Blended Learning“ versteht man die Kombination aus Präsenzunterricht und Online-Lernphasen.) Fachexpertinnen und Fachexperten gestalten die wenigen Präsenztermine, E-Moderatorinnen begleiten die Gruppen in ihrem Online-Lernprozess. Die E-Learning-Aufgaben zielen auf Austausch, Kooperation und Reflexion in der virtuellen Gruppe ab. Die TeilnehmerInnen sind herausgefordert, gemeinsam neues Wissen zu entwickeln und eine selbstverantwortliche Lerngruppe im virtuellen Raum zu bilden.
Im folgenden Artikel werden die Erfahrungen und Wahrnehmungen der E-Moderatorinnen diskutiert. Die Analyse der Online-Beiträge von drei Gruppen führt zu einem genaueren Verständnis der Bedeutung des Online-Teils der HDW. Um die Diskussionsbeiträge systematisch einordnen zu können, wird ein Modell der Online-Kommunikation angewandt. Drei Gruppen wurden hinsichtlich Sozialer Präsenz, Kognitiver Präsenz, Lehrpräsenz-Moderation und Lehrpräsenz-Instruktion zugeordnet. Die Analyse ermöglicht, das Online-Kommunikationsverhalten der TeilnehmerInnen und seine Auswirkung auf Online-Lernprozesse sichtbar zu machen.
Jutta Pauschenwein, Erika Pernold, Eva Goldgruber, Anastasia Sfiri
Bitte austauschen!
Kollegiale Kommunikation als wichtiger Lernfaktor der HDW
Zusammenfassung
Die hochschuldidaktischen Kurse an der FH sind als Weiterbildung deklariert und definiert. Erst seit kurzer Zeit sind sie für neu eingestellte Lehrende verpflichtend zu absolvieren, ein Großteil der TeilnehmerInnen verfügt über zum Teil langjährige Lehrerfahrung. Bei diesen erfahrenen und dennoch an didaktischer Weiterbildung interessierten MitarbeiterInnen – die Teilnahme ist freiwillig – anzusetzen, ist ebenso mutig wie fruchtbar. Denn die Erfahrungen aus der Gruppe tragen zu einem großen Teil zur Weiterbildung bei. Offene Diskussionen an den Präsenztagen und die Online-Phasen der HDW unterstützen dies sehr gut, wie einige Beispiele aus der HDW-Gruppe, die im Oktober 2012 begonnen hat, zeigen.
Christine Braunersreuther
Bedeutung der Hospitationen im Rahmen der Hochschuldidaktischen Weiterbildung für die Reflexion der eigenen Lehrkompetenz
Zusammenfassung
In dem Artikel wird ein zentrales Element der Hochschuldidaktischen Weiterbildung diskutiert: die Hospitation. Dieses gegenseitige Besuchen von Lehrenden in deren Lehrveranstaltungen wird auf den ersten Blick von vielen Kollegen und Kolleginnen als „absurd“ oder „nutzlos“ abgetan, entpuppt sich aber, nachdem die erste Scheu vor dem Auftreten vor anderen Lehrenden überwunden ist, als sehr hilfreiches Mittel, um die eigene Lehre weiter zu verbessern und die eigenen Kompetenzen auszubauen. In diesem Artikel wird beschrieben, was im Allgemeinen unter eine Hospitation verstanden wird und wie diese konkret umgesetzt werden kann. Des Weiteren wird darauf eingegangen, wie eine Hospitation strukturiert dazu verwendet werden kann, um Feedback für die eigene Lehre zu gewinnen und wie diese in den Lehralltag eingebunden werden kann. Zum Abschluss werden noch Rückmeldungen und Meinungen diskutiert, die während der Hospitationen an der FH JOANNEUM im Rahmen der Hochschuldidaktischen Weiterbildung entstanden sind.
Harald Burgsteiner
Den Blick auf sich selbst richten – Instrumente zur Selbstreflexion für Studierende
Zusammenfassung
Als Social Skills, Soft Skills oder soziale Kompetenzen werden häufig die wesentlichen Schlüsselqualifikationen in der Arbeitswelt beschrieben, die oft stärker als fachspezifische Fertigkeiten den individuellen Erfolg auf dem Arbeitsmarkt bedingen. Social Skills finden sich zurzeit im gesamten Schul- und Bildungssystem als Zusatzqualifizierungsstrang bzw. als tragendes Element. Nebenbei ist es interessant, dass trotz hoher Popularität die Mechanismen der sozialen Kompetenzen theoretisch und empirisch nur wenig aufgearbeitet sind.
Es verwundert daher nicht, dass Trainingsansätze von Social Skills an der Oberfläche didaktischer Vermittlungsversuche, Einstellungen und Verhalten in die gewünschte Richtung zu ändern, hängen bleiben. Dabei wird oft vergessen, dass die elementare Basis einer guten Entwicklung von sozialen Kompetenzen die Klarheit über das eigene Selbst, also die Selbsterkenntnis oder Selbstreflexion ist. Jeder Kommunikationsprozess zum Beispiel ist ein Dialog zwischen AkteurInnen, jedes Agieren der einzelnen Beteiligten prägt den gesamten Prozess. Werden dabei die eigenen Motive und Ausprägungen der Kommunikation auch von den AkteurInnen in Form einer Metaebene selbst reflektiert, hinterfragt und zumindest im Ansatz erklärt, kann die Kommunikation kontrollierter, zielgerichteter, authentischer, effektiver und effizienter erfolgen.
Der Beitrag beginnt mit einer Klärung des begrifflichen Terrains der Selbstreflexion und widmet sich dann der Darstellung und Diskussion von Instrumenten und Methoden, Selbstreflexion bei Studierenden zu ermöglichen und zu fördern.
Anton Prettenhofer
Lehren lernen – Ein Erfahrungsbericht
Zusammenfassung
In den ersten Jahren meiner Lehrtätigkeit standen die Fragen der Erarbeitung der Lehrveranstaltungsinhalte und ihre Anpassung an die Lehrziele der Studiengänge im Zentrum meiner Planungen und Überlegungen. Ich konzentrierte mich auf die zu vermittelnden Inhalte, für ihre didaktische Aufbereitung stand wenig Zeit zur Verfügung und es fehlte auch der Zugang zu entsprechendem Fachwissen. Den Start der Hochschuldidaktischen Weiterbildung habe ich daher mit großem Interesse wahrgenommen, und es wurde mir ermöglicht, den ersten Lehrgang zu belegen. Im ersten Semester dieser dreisemestrigen Fortbildung wurden die strukturierte Planung von Lehrveranstaltungen und die Formulierung der Lehrveranstaltungsziele, im zweiten Semester die Auseinandersetzung mit der Arbeitsbelastung Studierender und die Frage der möglichen Gestaltung von Prüfungen behandelt. Wichtig dabei war, dass die vermittelten Informationen auch in die laufenden Lehrveranstaltungen eingebaut wurden. Das dritte Semester schließlich bot die Möglichkeit, verschiedene didaktische Methoden kennenzulernen, was zu einer enormen Bereicherung des eigenen Unterrichts führte. Meine Auseinandersetzung mit den Inhalten der Hochschuldidaktischen Weiterbildung und meine Erfahrungen bei der Umsetzung von für mich neuen didaktischen Methoden im Unterricht an der FH JOANNEUM werden in diesem Beitrag beschrieben.
Ulrike Zankel-Pichler
Lehren lernen. Tipps für die Praxis
Zusammenfassung
Unterricht ist eine komplexe Interaktion. Das Geschehen wird durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst – von der Unterrichtsplanung der Lehrenden über die allgemeinen und fachlichen Lernvoraussetzungen der Studierenden bis hin zur kommunikativen Situation. Die Gewichtung dieser Faktoren lässt sich im Vorhinein nicht immer genau bestimmen.
Lehrportfolios ermöglichen es, die Organisation der eigenen Lehre, Lehrinhalte und Vermittlungstätigkeiten festzuhalten, diese zu reflektieren und zu evaluieren, und dadurch Entwicklungspotenzial zu erkennen und kontinuierlich an einer Optimierung der Lehre zu arbeiten.
Die Lernzielbestimmung und die damit einhergehende Einteilung in Richt-, Grob- und Feinziele stellt eine wesentliche Basis für die eigene Lehrplanung dar, um darauf das eigene didaktische Handeln abzustimmen. Durch einen auf die zu vermittelnden Lehrinhalte abgestimmten Einsatz verschiedener Unterrichtsmethoden wird der Wissenstransfer effizient gestaltet und darüber hinaus der Erwerb von Kompetenzen ermöglicht. Die Voraussetzung für einen all diese Facetten berücksichtigenden Unterricht ist eine präzise Unterrichtsplanung. Wie und unter welchen Aspekten diese erfolgen kann, soll im Folgenden erläutert werden.
Ursula Lagger
Lehrkompetenz und reflektiertes hochschuldidaktisches Entscheiden
Über den Ertrag und die Grenzen hochschuldidaktischer Weiterbildung
Zusammenfassung
In dieser Zusammenfassung der HDW werden die sich entwickelnden Kompetenzen in der Lehre aus Sicht der TeilnehmerInnen gebündelt und systematisch zusammengeführt. Einerseits geht es um die fachgerechten Hilfestellungen, um Anleitungen und „Tipps und Tricks“ für die Lehre, anderseits hat hier aber auch die notwendige hochschuldidaktische Reflexion von Methoden, das professionelle Selbstverständnis von Lehrenden, der Austausch über unterschiedliche Lehr- und Lernsettings u. dgl. einen wesentlichen Platz. Wesentlich war es dabei, die HDW aus ihren prädiktiv bildungstheoretischen oder didaktischen Vorgaben und Wahrnehmungsweisen zu lösen und stärker jene Elemente zu betonen, die aufgabenspezifisch die Systematisierungsleistung der konkreten Arbeit unterstützen können. Die Möglichkeiten und Grenzen derartiger Bemühungen werden dabei stets eingebettet in eine konkrete Organisationsform, die sich in einem andauernden Wandel befindet, strukturiert.
Rudolf Egger
Metadaten
Titel
Hochschuldidaktische Weiterbildung an Fachhochschulen
herausgegeben von
Rudolf Egger
Doris Kiendl-Wendner
Martin Pöllinger
Copyright-Jahr
2014
Electronic ISBN
978-3-658-01497-1
Print ISBN
978-3-658-01496-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-01497-1

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