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Erschienen in: Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft 1/2021

Open Access 14.10.2020 | Buchbesprechung

Hopt/Binder/Böcking: Handbuch Corporate Governance von Banken und Versicherungen

2. Aufl., Verlag C. H. Beck, München 2020, XXIII und 753 Seiten

verfasst von: Christian Armbrüster

Erschienen in: Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft | Ausgabe 1/2021

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Bei dem Handbuch handelt es sich um die 2. Auflage des in 1. Auflage von Hopt/Wohlmannstetter herausgegebenen „Handbuchs Corporate Governance von Banken“ aus dem Jahr 2011. Im geänderten Titel kommt zum Ausdruck, dass die Herausgeber eine neue inhaltliche Konzeption verfolgen: Das Werk soll nunmehr nicht allein den Bankensektor in den Blick nehmen, sondern auch das Versicherungswesen. Dieser Ansatz ist vielversprechend, ermöglicht er es doch, diejenigen Faktoren herauszuarbeiten, welche Banken und Versicherer von anderen Unternehmen unterscheiden, und zugleich Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Banken und Versicherern zu analysieren. Wie der Mitherausgeber Hopt, der die Diskussion über Corporate Governance in Deutschland wie auch international von Anfang an maßgeblich geprägt hat, in dem gemeinsam mit Leyens verfassten Eingangskapitel betont, soll es damit auch ermöglicht werden, aus den Unterschieden hinsichtlich der Regelungsfragen und Lösungen in beiden Bereichen von Finanzdienstleistungen zu lernen (§ 1 Rn. 112). An der Neuauflage haben 30 Autorinnen und Autoren aus Wissenschaft und Praxis mitgewirkt, die ihre betriebswirtschaftliche und/oder juristische Expertise beisteuern.
Um es für den in dieser Rezension anzusprechenden versicherungswissenschaftlich interessierten Leserkreis vorwegzunehmen: Den im geänderten Titel und im Vorwort erhobenen Anspruch, nunmehr auch den Versicherungssektor einzubeziehen, kann die Neuauflage noch nicht in jeder Hinsicht einlösen. Viele Beiträge beziehen sich bereits in ihrem Titel ausschließlich auf Banken. Demgegenüber ist nur ein einziges Kapitel ausweislich des Titels allein auf Versicherungsunternehmen ausgerichtet. Dabei handelt es sich um einen Beitrag aus der Feder von Reckhenrich zu den Anforderungen an den Vorstand von Versicherungsunternehmen (§ 8). Dieses Kapitel enthält durchaus lesenswerte Ausführungen etwa zu den Herausforderungen, welche Solvency II und die Digitalisierung für die Leiter von Versicherungsunternehmen bringen (§ 8 Rn. 5 ff., 9 ff.). Allerdings liest sich der Text über weite Strecken eher wie ein allgemeiner, eher essayistisch gehaltener Leitfaden für Unternehmensleiter, wenn etwa die Bedeutung von Kommunikations- und Teamfähigkeit oder von Resilienz für die Unternehmensführung dargelegt werden (§ 8 Rn. 29 ff., 34 ff., 38 f.). Damit soll nicht der Informationswert dieser Ausführungen in Frage gestellt werden; nur fragt der Leser sich, worin der konkrete Bezug zum Versicherungssektor besteht. Das vorangehende parallele Kapitel von G. Schuster zu den Anforderungen an den Vorstand von Kreditinstituten ist gleichfalls nur teilweise branchenspezifisch gestaltet, allerdings inhaltlich vollkommen anders strukturiert. So bietet es neben einer Übersicht zu den Bestellungsvoraussetzungen (§ 7 Rn. 4 ff.) einen gelungenen Überblick zu den wesentlichen Vorstandspflichten (§ 7 Rn. 93 ff.). Damit dürfte manch ein mit dem Versicherungssektor befasster Leser für die ihn in der Praxis beschäftigenden Fragen durchaus einiges anfangen können; indessen wird er durch die Kapitelüberschrift gar nicht angesprochen.
In diesem Befund kommt ein generelles Problem zum Ausdruck: Durch die Aufteilung der ökonomischen und juristischen Fragen auf eine Vielzahl von Einzelthemen, die sehr heterogen behandelt und mehr oder minder unverbunden (ohne wechselseitige Bezugnahmen) nebeneinander gestellt werden, gewinnt der Leser nicht ohne Weiteres ein stimmiges Gesamtbild davon, was die Corporate Governance von Banken und Versicherungen von anderen Branchen einerseits sowie voneinander andererseits unterscheidet. Dabei hätte es sich angeboten, die jeweiligen Besonderheiten – die etwa im Zuge der Debatten auf europäischer und deutscher, aber etwa auch auf italienischer Ebene über eine Allfinanzaufsicht und bei den parallel dazu in der Praxis unternommenen Versuchen, Allfinanzkonzerne zu schaffen, lebhaft diskutiert worden sind – vertieft zu analysieren (zusammenfassend Binder, § 3 Rn. 14 ff.; s. auch Hopt/Leyens, § 1 Rn. 101–111). Hier hätte insbesondere auch die für die Praxis immer wieder bedeutsame Frage thematisiert werden können, inwiefern aufsichtsrechtlich eine Gleichbehandlung von Banken und Versicherungen geboten ist. Ein Musterbeispiel für diese Thematik bieten die Vergütungsregeln, die im Zuge der Finanzkrise für Banken eingeführt und mehr oder minder unverändert auf den Versicherungssektor übertragen wurden, obwohl die Probleme einer an kurzfristigen Parametern orientierten Vergütung (Stichwort: Boni) dort in ungleich geringerem Maße als im Bankensektor aufgetreten waren (kritisch etwa Dreher VW 2010, 1508; s. auch Armbrüster VersR 2011, 1, 4; instruktiv zur aktuellen Rechtslage Hanenberg, § 17 Rn. 75; vgl. auch Binder, § 3 Rn. 9).
Interessant wäre es zudem, den Parallelen und Unterschieden zwischen Banken und Versicherungen auf der Produktseite näher nachzugehen. So gibt es bei Anlageprodukten eine Schnittmenge, bei der sich die auch für die Corporate Governance bedeutsame Frage stellt, welche Regeln auf das jeweilige Produkt anwendbar sein sollen. Dieses Thema klingt in dem Handbuch bisweilen an (s. etwa die Ausführungen von S. Paul, § 18 Rn. 17 ff.), wäre aber durchaus eine systematische und vertiefte Behandlung wert. Gut gelungen ist die vergleichende Gegenüberstellung von Banken und Versicherungen etwa in dem Beitrag zur Corporate Governance von Versicherungsgruppen (Hanenberg, § 17 Rn. 35 ff. und 39 ff. sowie Rn. 70 ff. und 75). Sie könnte als Vorbild für viele andere Kapitel dienen.
Fazit: Das Handbuch bietet in der 2. Auflage einiges, aber keineswegs so vieles an Informationen zu Versicherungen, wie deren gleichrangige Nennung neben den Banken im Titel es suggerieren mag. Das zusätzliche Anliegen, die Corporate Governance von Banken und Versicherungen einander vergleichend gegenüberzustellen und aus Unterschieden zu lernen, verdient nachdrückliche Unterstützung. Seine Umsetzung bleibt freilich bislang auf weite Strecken dem Leser überlassen. Aus Sicht des Versicherungssektors ist zu hoffen, dass sich dies in einer Neuauflage ändern möge.
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Metadaten
Titel
Hopt/Binder/Böcking: Handbuch Corporate Governance von Banken und Versicherungen
2. Aufl., Verlag C. H. Beck, München 2020, XXIII und 753 Seiten
verfasst von
Christian Armbrüster
Publikationsdatum
14.10.2020
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Erschienen in
Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft / Ausgabe 1/2021
Print ISSN: 0044-2585
Elektronische ISSN: 1865-9748
DOI
https://doi.org/10.1007/s12297-020-00480-y

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