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2014 | Buch

Interessenvertretung in der Europäischen Union

Zur Rechtmäßigkeit politischer Einflussnahme

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Über dieses Buch

Alexander Classen widmet sich dem Spannungsverhältnis von demokratisch legitimierter Interessenvertretung und unrechtmäßiger Einflussnahme zu Lasten der Allgemeinheit. In der Öffentlichkeit wird die Nähe von Lobbygruppen zur Politik oft als falsch empfunden, gleichzeitig nimmt der politische Einfluss von Lobbyisten auf dem europäischen Parkett zu. Ausgehend von einer Strukturanalyse des politischen Systems der EU prüft der Autor die derzeitige realpolitische Lage auf Rechtmäßigkeitsdefizite und entwickelt Regulierungsvorschläge für eine effizientere Vermeidung illegitimer und korrupter Einflussnahme. Dabei identifiziert der Autor gesellschaftspolitisch relevante Funktionen der Interessenvertretung, die für eine moderne Gesellschaft von eminenter Bedeutung und für die politischen Institutionen mittlerweile unverzichtbar sind.​

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Untersuchungsgegenstand und Fragestellung
Zusammenfassung
Seit mehreren Jahrzehnten ist die Einflussnahme von Lobbyisten Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen. Der Fortschritt der europäischen Integration hat es den Inhabern politischer Interessen abgenötigt, sich auf die Existenz und Funktionsweise einer weiteren, überstaatlichen Hoheitsebene einzulassen und die Zunahme ihrer Entscheidungskompetenzen anzuerkennen. Die damit einhergehenden Anpassungsprozesse innerhalb der Lobbybranche haben den Lobbyismus zu einem lebendigen Forschungsgegenstand werden lassen, dessen Entwicklungstendenzen in der Wissenschaft rege diskutiert werden. Der Umfang wissenschaftlicher Analysen hat sich von der einst auf das Verbändewesen beschränkte Forschung stark diversifiziert. Untersuchungen zum Lobbyismus werden aus rechtlicher, wirtschaftlicher und gesellschaftswissenschaftlicher Perspektive unternommen. Viele Forschungsvorhaben greifen dabei eine Akteurs-Gruppe heraus und erkennen damit die Tatsache an, dass Lobbying mittlerweile nicht mehr ausschließlich Sache der Verbände ist.
Alexander Classen
2. Interessenvertretung und Lobbying
Zusammenfassung
Die Vertretung von Interessen gegenüber politischen Entscheidungsträgern ist ein realpolitischer Vorgang, den man nicht abschließend beschreiben und damit auch nicht endgültig definieren kann. Der Versuch der Einordnung einiger zentraler Begriffe soll aber ermöglichen, den Untersuchungsgegenstand klar herauszustellen und Kriterien der Abgrenzung zu erzeugen, anhand derer sich die vorliegenden Forschungsfragen beantworten lassen.
Alexander Classen
3. Systembedingte Abhängigkeit der Einflussnahme
Zusammenfassung
Die Vorgehensweise der Interessenvertreter ist in hohem Maße systembedingt. Die politische Einflussnahme findet auf europäischer Ebene, ebenso wie in den Mitgliedstaaten, in Abhängigkeit von den institutionellen Strukturen und administrativen Prozessen statt. Deshalb sollen in diesem Abschnitt diejenigen Eigenheiten des politischen Systems der EU herausgearbeitet werden, die für die Vertretung europapolitischer Interessen von Bedeutung sind. Nach einer allgemeinen Einschätzung der derzeitigen Konstitution des EU-Systems wird vor allem auf den Prozess der Rechtsetzung und der an diesem beteiligten Organe eingegangen. Damit soll die Grundlage dafür gelegt werden, Vorgehensweisen und Präferenzen von Interessenvertretern nachvollziehen zu können. Das Akteursspektrum der Interessenvertreter lässt sich in einige Obergruppen unterteilen. Anhand dieser Gruppen sollen die wesentliche Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Interessenvertreten kurz charakterisiert werden.
Alexander Classen
4. Zur Rechtmäßigkeit der europäischen Interessenvertretung
Zusammenfassung
Fragen zur europäischen Interessenvertretung betreffen häufig den Aspekt ihrer Rechtmäßigkeit. Die Diskussion über Lobbying als unlautere Methode politischer Einflussnahme ist nicht neu. Vor allem die unausgewogene Einflussmacht der Interesseninhaber und die Zunahme informeller Praktiken bei der Vermittlung von Interessen erhöhen die Relevanz dieses Themas. Die Häufigkeit negativ medialer Berichterstattungen hat sich auch in Folge der Bemühungen der Europäischen Kommission, mehr Transparenz in den Entstehungsprozess der europäischen Politik zu bringen, nicht verringert. Kritiker aus Medien, Wissenschaft und Politik sprechen gleichermaßen von einer Grauzone der Rechtsetzungstätigkeit, von unzureichender Transparenz und einer damit verbundenen Unnachvollziehbarkeit und Unabschätzbarkeit des Einflussgewichts der Lobbyisten auf das politische System der Europäischen Union. Im schlimmsten Fall stehen Vorwürfe der Vorteilsverschaffung und Korruption im Raum. Es kann daher angezweifelt werden, ob europäische Gesetze auf rechtmäßige Weise zustande kommen und ob Lobbying seiner Natur nach eine gemeinwohlverträgliche Tätigkeit darstellt. Inwieweit sind diese Befürchtungen und Vorwürfe begründet? Welche Anforderungen sind an eine Interessenvertretung zu stellen, die sich im Rahmen bestehender Gesetze bewegt und als legitime Form politischer Partizipation begriffen werden kann?
Alexander Classen
5. Mittel zur Steigerung der Rechtmäßigkeit
Zusammenfassung
Im vorstehenden Kapitel wurden verschiedene Verhaltensweisen von Interessenvertretern und EU-Bediensteten angesprochen, die auf die Illegalität oder Illegitimität des Austauschverhältnisses schließen lassen. In der politikwissenschaftlichen Forschung werden verschiedene Lösungsansätze zur Eindämmung und Vermeidung unrechtmäßiger Einflussnahme diskutiert. Diese Ansätze sollen nachfolgend innerhalb der beiden Kategorien der Rechtmäßigkeit diskutiert und auf ihre Wirksamkeit hin beurteilt werden. Zuerst werden dabei diejenigen Maßnahmen angesprochen, die auf die Verhinderung illegaler Verhaltensweisen abzielen. Der zweite Unterpunkt widmet sich denjenigen Mitteln, mit deren Umsetzung eine gesteigerte Anerkennung der Lobby-Tätigkeit erzielt werden könnte.
Alexander Classen
6. Gesamtbetrachtung
Zusammenfassung
Lobbying steht in der öffentlichen Kritik, politische Entscheidungen mit unrechtmäßigen Mitteln und auf Kosten des allgemeinen Wohls zu beeinflussen. Die Vorwürfe richten sich gegen ganz unterschiedliche Lobbygruppen und Mitarbeiter der EU-Institutionen. Die allgemeine Bedeutungszunahme der Unionspolitik und die seit einigen Jahren anhaltende Staatsschuldenkrise haben die europäische Politik und mit ihr die Interessenvertretung auf europäischer Ebene verstärkt in den Blickpunkt der öffentlichen Meinung gerückt. In der Wissenschaft werden seit längerem Faktoren, die unrechtmäßige Einflussweisen begünstigen, sowie Maßnahmen zu deren Verhinderung diskutiert. Einschlägige Untersuchungen fokussieren bisher allerdings lediglich eine bestimmte Gruppe von Lobbyisten, einen spezifisches Themengebiet der Politik oder den Entstehungsprozess eines einzelnen Rechtsaktes. Die so ausgerichteten Analysen lassen deshalb keine Erkenntnisse darüber zu, welche Bedingungen unrechtmäßige Formen politischer Einflussnahme begünstigen, die über die konkreten Handlungsweisen der am Lobbying beteiligten Akteure hinaus ihren Ursprung in der Struktur des politischen Systems haben.
Alexander Classen
Backmatter
Metadaten
Titel
Interessenvertretung in der Europäischen Union
verfasst von
Alexander Classen
Copyright-Jahr
2014
Electronic ISBN
978-3-658-05410-6
Print ISBN
978-3-658-05409-0
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-05410-6