2014 | OriginalPaper | Buchkapitel
Investitionscontrolling
verfasst von : Ralf Ewert, Alfred Wagenhofer
Erschienen in: Interne Unternehmensrechnung
Verlag: Springer Berlin Heidelberg
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Das Investitionscontrolling beschäftigt sich vor allem mit der Planung und Steuerung von dezentral getroffenen Investitionsentscheidungen im Unternehmen. Bereichsmanager sollen Anreize erhalten, aus Sicht des Gesamtunternehmens optimale Investitionsprogramme zu implementieren. Bei Vernachlässigung von Interessenkonflikten und asymmetrischen Informationsverteilungen lassen sich diese Fragen durch
„traditionelle“ Simultanansätze
behandeln. Diese Ansätze können zunächst unmittelbar an der eigentlich angestrebten Zielgröße (zB Endwert, Entnahmestrom) anknüpfen. Es existiert aber stets auch eine
Kapitalwertformulierung
des Problems, ebenso gibt es
Äquivalenzdarstellungen
in Form des
Gewinns
(einschließlich der Gewinne aus Finanzinvestitionen) und des
Residualgewinns
. Die Schwierigkeit dieser Formulierungen besteht allerdings in der Bestimmung der
endogenen Kalkulationszinssätze
. Diese Zinssätze kennt man nämlich im Grunde erst dann, wenn auch die optimale Lösung des Planungsproblems bekannt ist.
Beim
Vorliegen
von
Interessenkonflikten
und
asymmetrischer Informationsverteilung
sind die angesprochenen Planungsansätze nicht mehr ohne weiteres verwendbar. Der Zentrale fehlen nämlich die genauen Informationen, um eine Optimierung selbst vornehmen zu können. Und sie kann sich auch nicht unbesehen auf eine wahrheitsgemäße Berichterstattung seitens der Bereichsmanager verlassen, weil diese die Verwendung ihrer Berichte durch die Zentrale antizipieren werden. Wichtig sind demnach
Anreizsysteme
, die für eine wahrheitsgemäße Berichterstattung von Informationen sorgen und/oder richtige Entscheidungen der Bereichsmanager induzieren. Diese Anreizsysteme müssen auf die konkret vorliegende Situation des Unternehmens bezogen sein. Maßgeblich dafür ist die Art der Managerinteressen einerseits sowie die Knappheit der Finanzmittel andererseits. Daraus lassen sich für die Analyse von Anreizsystemen verschiedene Konstellationen gewinnen, die jeweils bestimmte Beurteilungsgrößen und Verfahren ihrer Ermittlung erfordern.
Wenn die Finanzmittel nicht knapp sind und die Manager nur finanzielle Interessen haben, führt eine Beurteilung (Entlohnung) der Manager nach Maßgabe des
bereichsbezogenen Residualgewinns
zu einer insgesamt
optimalen Investitionspolitik
, unabhängig davon, ob eine
Investment Center
- oder eine
Profit Center
- Organisation vorliegt. Bei Verwendung des Gewinns kommt es dagegen regelmäßig zu Überinvestitionsanreizen.
Die
Verwendung des
ROI
und verwandter Rentabilitätskennzahlen kann mit
gravierenden Abweichungen vom Optimum
einhergehen, weil die alleinige Maximierung der Rendite keinen Bezug zu den Kapitalkosten hat. Im Ergebnis treten in den meisten Fällen
Unterinvestitionsprobleme
auf. Insofern ist der
ROI
– ungeachtet seiner praktischen Verbreitung – ein problematisches Kriterium zur Bereichssteuerung.
Wenn die
Finanzmittel knapp
sind, bestehen neben den personellen auch
sachliche Koordinationsprobleme
. Diese erfordern Beurteilungsgrößen, die auch die Situationen in den anderen Bereichen berücksichtigen. In dieser Situation kommt ein Gewinnbeteiligungssystem in Betracht, wonach jeder Manager mit einem bestimmten Anteil am gesamten Unternehmensgewinn bzw am gesamten Residualgewinn beteiligt ist. Hier stellt die allseits wahrheitsgemäße Berichterstattung ein
Nash
-Gleichgewicht dar. Als weitere Möglichkeit wurde das
Groves
-Schema
betrachtet, wonach der Manager einen Anteil an seinem erzielten Gewinn und der Summe der
berichteten
Gewinne der anderen Bereiche erhält. Hier ist die allseits
wahrheitsgemäße Berichterstattung
eine dominante Politik; dies schließt andere
Nash
-Gleichgewichte dennoch nicht aus. Ein Nachteil des
Groves
-Schema besteht in seiner Anfälligkeit für
Absprachen
zwischen den Bereichsmanagern.
Wenn die Manager auch nichtfinanzielle Interessen in Form von
Ressourcenpräferenzen
besitzen, führt die Verwendung des Residualgewinns nicht mehr zum Optimum, weil die Manager wegen ihrer Präferenzen für den Umfang zugeteilter Ressourcen zu Überinvestitionen neigen. Dieses Problem kann aber durch eine
Erhöhung
des für die Residualgewinnberechnung angewandten
Zinssatzes
ausgeschaltet werden. Diese Zinssatzerhöhung hängt von der Intensität der Ressourcenpräferenzen und dem Beteiligungsprozentsatz des Managers ab. Dadurch wird das von der Zentrale bereitgestellte Kapital gerade so verteuert, dass es die Ressourcenpräferenzen des Managers
kompensiert
. Sofern eine
Investment Center
-Organisation vorliegt, führt dieses Beurteilungssystem zur
optimalen Investitionspolitik
. Bei einer
Profit Center
-Organisation müssen dagegen
zusätzliche Bindungsmechanismen
für die Zentrale (zB Führungsgrundsätze) angewandt werden, um einer verzerrten Entscheidung bei der Zentrale
nach
dem Empfang der Managerberichte vorzubeugen.
In einer Situation mit knappen Finanzmitteln können
modifizierte Gewinnbeteiligungssysteme
oder
Groves
-Schemata
, beide auf der Basis
modifizierter Residualgewinne
, bei denen für einen Manager der Residualgewinn des eigenen Bereiches mit einem
erhöhten Zinssatz
berechnet wird, für eine zutreffende Informationsweitergabe sorgen. Die
Zinssatzerhöhungen
dienen auch hier
ausschließlich zur Neutralisierung der Ressourcenpräferenzen
. Sie haben nichts mit der Knappheit der Finanzmittel zu tun; daher weisen sie keine Beziehung zu den endogenen Zinssätzen eines „traditionellen“ Modells der simultanen Investitions- und Finanzplanung auf, bei denen der Knappheitsaspekt eine maßgebliche Rolle spielt. Die Finanzbeschränkung wird
explizit
im Rahmen der Planungsüberlegungen der Zentrale berücksichtigt, so dass der Kapitalkostensatz von dieser Funktion entlastet wird. Daraus folgt, dass bei der Gestaltung der Parameter optimaler Koordinationsmechanismen oftmals gänzlich andere Überlegungen maßgebend sein können, als sie aus eher „traditionellen“ Ansätzen nahegelegt werden.