6.4.2.1 Klassisches Ordnungsrecht
Dem österreichischen Staat steht ein breites Spektrum rechtlicher Instrumente zur Mitgestaltung aller Lebensbereiche zur Verfügung. Dabei beeinflussen staatliche Akte oder Handlungen, aber auch Unterlassungen, menschliches Verhalten mehr oder weniger stark. Zunächst kann der Staat Regelungen erlassen, die die betroffenen Menschen durch Ge- oder Verbote zu verschiedenen Handlungen oder Unterlassungen zu bewegen suchen. Dies kann entweder in generalisierender Form durch Gesetze oder Verordnungen oder durch individuelle Normen, wie Bescheide oder gerichtliche Entscheidungen, bewirkt werden.
Im Bereich der Landnutzung sind dabei unzählige umwelt- und wirtschaftsrechtliche Regelungen, wie sie beispielsweise im Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP-G), Wasserrechtsgesetz (WRG), Abfallwirtschaftsgesetz (AWG), in der Gewerbeordnung (GewO), im Forstgesetz (ForstG), in den Raumordnungs- und Baugesetzen, aber auch in den Naturschutzgesetzen sowie in etlichen konkretisierenden Verordnungen statuiert sind, einschlägig. Ist demnach ein bestimmtes klimaschädliches Verhalten nicht gewollt, kann dem mit entsprechenden (sanktionsbewehrten) Verboten begegnet werden. Ist hingegen klimafreundliches Verhalten erwünscht, kann auf dieser Ebene mit Geboten reagiert werden. In der Regel sieht die Rechtsordnung dabei zwangsbewehrte Mechanismen zur Durchsetzung dieser rechtlichen Vorgaben vor. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass in den einzelnen Materiengesetzen Aufsichtspflichten unterschiedlichen Ausmaßes vorgesehen sind (z. B. Forstaufsicht gem. § 172 ForstG; Gewässeraufsicht gem. §§ 130 ff. WRG; Amtliche Kontrolle gem. §§ 11 ff. Düngemittelgesetz). In diesem Rahmen ist es möglich, Verletzungen von Rechtsvorschriften aufzuzeigen und diesen behördlich zu begegnen (sei es durch bescheidförmige Aufträge, Zwangsakte oder durch die Einleitung von Verwaltungsstrafverfahren). An dieser Stelle ist wichtig zu betonen, dass die Qualität und Quantität des „Monitorings“ dabei von der personellen (und damit verbunden auch von der finanziellen) Ausstattung der zuständigen Behörden abhängen wird.
Ein Beispiel für klassisches Ordnungsrecht im Bereich der Landnutzung ist das grundsätzliche Verbot einer Rodung (vgl. § 17 Abs. 1 ForstG; BGBl 440
1975); eine solche kann daher nur nach erteilter Bewilligung vorgenommen werden (vgl. § 17 Abs. 2 ForstG; BGBl 440
1975). Ebenso stehen die Errichtung und der Betrieb landnutzender Anlagen, wie etwa Kraftwerke, unter dem Vorbehalt zahlreicher weiterer materiengesetzlicher Bewilligungstatbestände (vgl. nur § 3 UVP-G,
2000, oder §§ 9 und 10 WRG,
1959) Zu den landnutzungsbezogenen Regelungen zählen weiters auch solche über die Art der Düngung (vgl. § 4 des Steiermärkischen landwirtschaftlichen Bodenschutzgesetzes) und die Vermeidung von Bodenerosion und Bodenverdichtung (vgl. § 6 des Steiermärkischen landwirtschaftlichen Bodenschutzgesetzes; LGBl 66,
1987). Auch die gesetzliche Implementierung technologischer Standards ist auf dieser Ebene möglich (vgl. § 6 Düngemittelgesetz; BGBl 103,
2021).
6.4.2.2 Ökonomische und förderpolitische Instrumente
In den 1980er-Jahren wurde das Interesse der politischen Entscheidungsträger an Umweltsteuern und anderen ökonomischen Instrumenten der Umweltpolitik geweckt. Es wurde argumentiert, dass die traditionelle regulative Umweltpolitik nicht in der Lage sei, weitere inakzeptable Umweltschäden zu verhindern. Die Erweiterung des umweltpolitischen Instrumentariums wird als eine der wichtigsten Prioritäten im Fünften Umweltaktionsprogramm der Europäischen Gemeinschaft genannt (EU,
1993).
Da im Bereich der Marktkräfte die Preise nicht die vollen Kosten widerspiegeln, die der Gesellschaft durch Produktion und Verbrauch entstehen, einschließlich der Umweltkosten, kann der Staat – innerhalb eines umweltpolitischen Instrumentenmixes – Steuern vorschreiben, die Betroffene durch drohende Mehrkosten zu alternativen, umweltfreundlichen Handlungsweisen animieren sollen. Über diesen Weg kann er auch zu als positiv erachteten Handlungen anreizen, wenn er etwa das gewünschte Verhalten mit steuerlichen Begünstigungen versieht. Daneben steht dem Staat das förderpolitische Instrument der Subvention zur Verfügung. Hierbei verpflichtet sich der Subventionsempfänger in der Regel zu einem entsprechenden (ökologischen bzw. klimafreundlichen) Verhalten und erhält dafür eine meist geldwerte Gegenleistung vom Staat (z. B. Umweltförderungsgesetz, ÖPUL).
Ökonomische Instrumente zielen darauf ab, wirtschaftliche Anreize für umweltfreundliches Verhalten zu setzen. Hierbei geht es vor allem um eine Annäherung an die sogenannte „Internalisierung“ von Umweltkosten (externe Kosten) zur Behebung von Marktversagen und negativen externen Effekten (Pigou,
1920). Dies geschieht beispielsweise durch eine steuerliche Belastung des Einsatzes oder der Emission umweltschädlicher Stoffe (Preislösung). Eine weitere Möglichkeit ist der Emissionsrechtehandel, etwa der EU-Emissionshandel oder der unternehmensinterne Emissionszertifikatehandel. Hier gibt die Politik direkt das Umweltziel vor (Mengenlösung), der Preis für die Emissionszertifikate wird auf dem Markt gebildet. Subventionen oder Steuerabschreibungen können als Finanzierungsinstrumente für positive Anreize genutzt werden. Sie werden vor allem dann vorgeschlagen, wenn es um die Sanierung von Altlasten oder um den Ausgleich von Schäden geht, deren Verursacher nicht mehr feststellbar sind. So verfügt die EU mit LIFE seit 1991 über ein gemeinschaftliches Finanzierungsinstrument für vorrangige Umweltmaßnahmen.
Der Emissionshandel funktioniert nach dem Prinzip „Cap and Trade“. Das bedeutet, dass seitens der EU eine Obergrenze oder ein Grenzwert für die Gesamtmenge bestimmter Treibhausgase vorgeschrieben wird („Cap“), die von der Industrie emittiert werden dürfen, wobei diese Obergrenze kontinuierlich gesenkt wird. Im Rahmen der Obergrenze erhalten oder kaufen die Unternehmen Emissionszertifikate, die sie je nach Bedarf untereinander handeln können, um so eine kosteneffiziente Verringerung von Treibhausgasen zu ermöglichen. Die Düngemittelindustrie in der EU ist durch dieses System mit erhöhten Kosten konfrontiert. Da die europäische Düngemittelindustrie im internationalen Wettbewerb steht und weltweit wohl fast die einzige Düngemittelindustrie ist, die Treibhausgaskosten zu tragen hat, besteht jedoch das Risiko, dass sie ihre Produktion und damit ihre CO
2-Emissionen in Nicht-EU-Länder mit fehlenden klimapolitischen Marktanreizen verlagert, was als „Carbon Leakage“ bezeichnet wird (Dröge,
2021). Um in dieser und anderen Industrien, wie z. B. der Stahlindustrie, gleiche Wettbewerbsbedingungen zu gewähren und dem Carbon Leakage zu begegnen, schlägt die EU-Kommission in ihrem Green Deal vor, ein neues Instrument einzuführen: einen CO
2-Grenzausgleichsmechanismus („Carbon Border Adjustment Mechanism“ – CBAM), der Einfuhren in die EU mit einer Abgabe belastet, die ihrem CO
2-Gehalt entspricht (Dröge,
2021). Die Einführung eines solchen Mechanismus würde die Landwirte weltweit mit höheren Kosten für Mineraldünger konfrontieren und so zu einem effizienteren, sparsameren Umgang mit Mineraldünger anreizen. Eine andere Möglichkeit, den Einsatz von Mineraldünger zu begrenzen, stellt eine Düngemittel- bzw. Stickstoffsteuer dar (Box
6.6).
Das europäische TEEB-Programm („The Economics of Ecosystems & Biodiversity“ – TEEB,
2010) hat die in der Wissenschaft unbestrittene Bedeutung von Ökosystemleistungen ökonomisch bewertet (Kumar,
2010; Hansjürgens et al.,
2019). Jedenfalls ergibt sich sowohl aufgrund der vielfältigen (ökonomischen) Bewertungsmethoden als auch der der Bewertung innewohnenden gesellschaftlichen, rechtlichen und ökonomischen Kontexte (Hanemann,
1995) sowie der den einzelnen Bewertungsuntersuchungen zugrundliegenden Ausgangs- und Veränderungsszenarien eine enorme Bandbreite an Bewertungsergebnissen (in TEEB beispielsweise dargestellt als Ökosystemleistungen in USD pro Hektar und Jahr für verschiedene Ökosysteme, z. B. Flüsse und Seen, Feuchtgebiete, Wälder in gemäßigten Klimazonen); dies zeigt auch die Grenzen der ökonomischen Bewertung von Ökosystemleistungen auf. Die monetäre Bewertung von Umwelt und Natur wird auch aus einer nicht anthropozentrischen Sichtweise kritisiert (z. B. Mace,
2014; Box
1.4).
Für Österreich liegen wenige Untersuchungen vor, die sich mit der ökonomischen (i. S. von monetären) Bewertung von Ökosystemleistungen befassen. Eine naturnähere Bewirtschaftung von Wäldern und Ausweitung von Schutzgebieten kann ökonomisch deutlich vorteilhaft sein bezogen auf den Gesamt-Wohlfahrtseffekt, und zwar durch die Verbesserung von folgenden Ökosystemleistungen [mittlere Evidenz, hohe Übereinstimmung]: regulierende Leistungen (z. B. Schutzwald; Getzner,
2017); Klimaschutz durch Aufbau des Kohlenstoffspeichers in Wäldern (inkl. des Aufbaus von Speichern durch verringerte Entnahme von Biomasse; Getzner & Kirchmeir,
2019); sowie kulturelle Leistungen (z. B. Erholungswert; Getzner & Meyerhoff,
2020); Schutz der Biodiversität (Getzner et al.,
2018); Landschaftsbild (Getzner & Meyerhoff,
2020; Schirpke et al.,
2016). Aus den angeführten Untersuchungen ergibt sich eine robuste Evidenz, dass aus Sicht einer gesamtwirtschaftlichen, wohlfahrtsorientierten Betrachtung die nicht marktgängigen Ökosystemleistungen von gewichtiger, im generellen die marktgängigen Ökosystemleistungen von überragender Bedeutung sind (
Abschn. 8.4.6).
Ökonomische Anreizinstrumente im Sinne von Zahlungen für Ökosystemleistungen, wie die sogenannten „Payments for Ecosystem Services“ (PES), werden in Wissenschaft und Praxis als ein ökonomisches Instrument zur Bewältigung von Umweltproblemen, zur Vermeidung von Risiken für Ökosystemleistungen sowie für die Bereitstellung von Ökosystemleistungen diskutiert (Kemkes et al.
2010; Wunder
2015; Ezzine-de-Blas et al.
2016; Illes et al.
2017; Matzdorf et al.
2019; Tasser et al.
2020; Box
1.4). Demnach wird ein monetärer Anreiz für die Vermeidung von (prinzipiell zulässigen) negativen (externen) Umwelteffekten auf Ökosystemleistungen bzw. ein finanzieller Ausgleich für Maßnahmen zur Erhaltung oder Wiederherstellung von Ökosystemleistungen entrichtet. Die Preissetzung erfolgt dabei oft auf heuristische Weise und nicht entsprechend einer strikten ökonomischen Bewertung der Kosten oder Nutzen der jeweiligen Naturinanspruchnahme bzw. der entsprechenden Ökosystemleistungen (Pirard,
2012). Agrarumweltprogramme können als Zahlungen für Ökosystemleistungen (PES) betrachtet werden, bei denen die Regierungen öffentliche Güter bzw. die Bereitstellung von Ökosystemleistungen kaufen. In der Praxis leisten Regierungen nur selten Zahlungen auf der Grundlage einer monetären Bewertung von bereitgestellten Ökosystemleistungen. Vielmehr stellen die Zahlungen generell Anreize für Landwirte und Landwirtinnen dar, Praktiken anzuwenden, die die biologische Vielfalt und die Ökosystemleistungen fördern, etwa Anreize für extensivere Bewirtschaftung von Flächen oder Flächenstilllegungen in Form von Blühstreifen. Die Regelungen für die Zahlungen der Europäischen Union basieren beispielsweise auf dem Einkommensverzicht, den die Landwirte und Landwirtinnen durch diese Maßnahmen erleiden. Die Agrarumweltprogramme sind von Land zu Land sehr unterschiedlich ausgestaltet, selbst innerhalb der Europäischen Union. Zu den wichtigsten Zielen solcher Programme gehören die Verringerung der Nährstoff- und Pestizidemissionen, der Schutz der biologischen Vielfalt, die Wiederherstellung von Landschaften und die Verhinderung der Landflucht (Dasgupta,
2021).
Obwohl der PES-Ansatz ursprünglich als Alternative zu staatlichen Eingriffen konzipiert wurde, spielen Regierungen bei den meisten bisher umgesetzten PES-Programmen eine Schlüsselrolle, etwa im Bereich der Europäischen Agrarpolitik. Zusätzlich zu der Tatsache, dass viele Ökosystemleistungen Eigenschaften eines öffentlichen Gutes (
Abschn. 8.4.6) aufweisen, liegt die Beteiligung von staatlichen Stellen in der Herausforderung der Entwicklung und Umsetzung von an Bedingungen geknüpften PES begründet. Die hohen Transaktionskosten sowie die Risiken für die Nichterbringung von Ökosystemleistungen sind weitere Gründe für staatliches Handeln im Bereich der Finanzierung von öffentlichen Gütern und Ökosystemleistungen.
Es gibt eine umfangreiche Literatur über die Gestaltung, Effizienz und Wirksamkeit von Agrarumweltprogrammen und die Frage, ob die entsprechenden Zahlungen zu einer langfristigen Nachhaltigkeit führen oder nicht (Ansell et al.,
2016; Kleijn et al.,
2006; Kleijn & Sutherland,
2003). Zu den zentralen Forschungsfragen gehören, ob Agrarumweltprogramme die Ökosystemleistungen verbessern, ob sie in landwirtschaftlichen Randgebieten effektiver sind als in intensiv bewirtschafteten Gebieten, ob sie mehr oder weniger kosteneffizient für die biologische Vielfalt in der Landwirtschaft sind als in Schutzgebieten und inwieweit ihre Wirksamkeit durch die Ausbildung und Beratung der Landwirte und Landwirtinnen beeinflusst wird. Die Erfahrungen aus europäischen Agrarumweltprogrammen zeigen, dass diese für die Erhaltung der Biodiversität auf landwirtschaftlichen Flächen wirksam sein können, aber sie müssen sorgfältig konzipiert, geplant und ausgerichtet werden (Ansell et al.,
2016; Batáry et al.,
2015; vgl. auch Box
6.7).
Zusätzlich zu den staatlichen Zahlungen für Ökosystemleistungen existieren auch rein private PES, also Projekte auf dem freiwilligen Markt (Box
6.8). In Europa sind PES-Schemata bisher am häufigsten in der Landwirtschaft und/oder im Wassermanagement vorzufinden, wobei einige Programme auch auf Wälder, Torfgebiete/Moore sowie Grasland und Überschwemmungsgebiete abzielen (Illes et al.,
2017).
-
Extensivierung der Nutzung von Grünland und Ackerland
-
breiterer Einsatz von bodenschonenden Produktionsverfahren (z. B. Bodenbedeckung, vielfältigere Fruchtfolgen, biologische Wirtschaftsweise, bodenschonende Bearbeitungsverfahren)
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Vermehrung von Wissen und Verbesserung der Fertigkeiten von Landwirtinnen und Landwirten im Bereich Ressourcenschutz
Zur Erreichung dieser Ziele werden jenen Betrieben Förderungen gewährt, die an entsprechenden Maßnahmen teilnehmen, die über das in der Guten Landwirtschaftlichen Praxis definierte Mindestniveau hinausgehen. Die Umsetzung des Programms und die Wirksamkeit der Maßnahmen werden regelmäßig evaluiert. Zu den entsprechenden Studien neueren Datums zählen Anderl et al.,
2017; Dersch et al.,
2017; Foldal et al.,
2019; Handler,
2017; HBLFA Raumberg Gumpenstein,
2017; Strauss et al.,
2020; Suske,
2019. Die Studien liefern Anhaltspunkte über die Wirksamkeit der Maßnahmen und schlagen Verbesserungsmöglichkeiten vor. Ein wesentliches Defizit, welches die Programmwirksamkeit potenziell stark mindert, sind die großen Wissensdefizite in Hinblick auf den aktuellen Zustand der Böden in Österreichs Landwirtschaft.
Der größte Teil der Ökosystemleistungen und Werte, die durch Naturkapital zur Verfügung gestellt werden, werden bei politischen oder privaten Planungs- und Investitionsentscheidungen jedoch nach wie vor nicht angemessen berücksichtigt, weder monetär noch qualitativ. Dies führt auch dazu, dass naturbasierte und potenziell kosteneffiziente Lösungen, etwa im Bereich Klima- und Biodiversitätsschutz sowie Adaption, einen zu geringen Stellenwert erhalten. Dies führt wiederum generell zu Übernutzung und Erosion des Naturkapitals und schließlich zu Kosten und Risiken für Wirtschaft und Gesellschaft [hohe Evidenz, hohe Übereinstimmung]. So sind Ökosystemleistungen und biologische Vielfalt auch für die Gewährleistung der Ernährungssicherheit von entscheidender Bedeutung – bei Verlust der Integrität der Ökosysteme steht u. a. die Ernährungssicherheit auf dem Spiel (World Economic Forum,
2020).
Die Abschaffung von Subventionen für fossile Brennstoffe hat wirtschaftliche, ökologische und soziale Vorteile; Coady et al. (
2017) schätzten den wirtschaftlichen und ökologischen Nutzen einer Reform der Subventionen für fossile Brennstoffe weltweit auf 4,9 Billionen USD im Jahr 2013 bzw. 5,3 Billionen USD im Jahr 2015. Eine Abschaffung der Subventionen könnte laut Coady et al. (
2017) die globalen Emissionen um 21 % reduzieren und Mittel in Höhe von 4 % des globalen BIP (bezogen auf das Jahr 2013) frei machen.
Geht man davon aus, dass veränderte Konsummuster (Nachfrage) auch auf Produktionsweisen (Angebot) wirken, können Maßnahmen auf Konsum- und Haushaltsebene somit (indirekt) die Landnutzung beeinflussen (Ivanova et al.,
2020). Umgekehrt können Änderungen in Produktionsweisen die Nachfrage beeinflussen (Frehner et al.,
2022). Eine Verbrauchsreduktion steht in Einklang mit nationalen Ernährungsempfehlungen; somit wäre auch mit positiven Effekten auf die öffentliche Gesundheit zu rechnen (Behrens et al.,
2017). Im Vergleich zur Diskussion um die Reduzierung des Fleischverzehrs durch den Menschen wurde dem Fleischverzehr durch Heimtiere nur begrenzt Aufmerksamkeit geschenkt (Leenstra et al.,
2018). Es wird geschätzt, dass in den USA und Europa die Landfläche, die für die Produktion von Futtermitteln für Katzen und Hunde benötigt wird, zwischen 10 und 20 % der nationalen Landressourcen beträgt (Leenstra et al.,
2018).
Im Bereich Ernährung könnte der Staat das Konsumverhalten von Bürger_innen z. B. durch eine sogenannte Fleischsteuer („Meat Tax“) beeinflussen. Darunter wird ein höherer Umsatzsteuersatz für tierische Lebensmittel (wie etwa Fleisch, aber auch andere tierische Produkte wie Käse) verstanden. Je nachdem, wie hoch die Preissteigerung durch die Fleischsteuer ausfallen würde, ist davon auszugehen, dass sich höhere Fleischpreise auf das Kaufverhalten auswirken würden (Reisch et al.,
2013; Tukker et al.,
2009). Zu bedenken ist, dass eine Fleischsteuer unterschiedliche Einkommensschichten unterschiedlich stark belastet und tendenziell Billigfleisch (auch: importiertes Fleisch) weniger stark betreffen würde. In diesem Zusammenhang kann auch die auch in Österreich stärker werdende Debatte um das Tierwohl die Kosten der Fleischerzeugung erhöhen und auf diesem Wege Konsum reduzieren und klimarelevante Effekte haben (siehe Novellierung der Tierhaltungsverordnung 2022).
Die Wirksamkeit von konsumbasierten Instrumenten wird von einer Reihe von Faktoren beeinflusst, wie etwa die Erreichbarkeit der Konsument_innen, aber auch deren Normen, Werte und Präferenzen sowie ökonomische Faktoren (Brunner,
2014; Münster et al.,
2009), z. B. die oft fehlende Zweckbindung der Steuermittel. Auch infrastrukturelle Faktoren, wie etwa die Einzelhandelsdichte und damit die Zugänglichkeit zu Lebensmitteln, spielen eine wichtige Rolle (Creutzig et al.,
2016; Nyborg et al.,
2016).
Um Lebensmittelabfälle in Haushalten zu reduzieren, wurde in einigen Ländern (z. B. Schweden, Kanada, Japan; UNEP,
2014) ein volumen- bzw. gewichtsbezogenes Gebührensystem für Haushaltsabfälle („Pay-As-You-Throw“ – PAYT) umgesetzt. Dies scheint ein effektives Instrument zu sein, um Lebensmittelabfälle auf der Haushaltsebene zu reduzieren (Chalak et al.,
2016; Dahlén & Lagerkvist,
2010; EEA,
2009). Allerdings ist nicht klar, ob die berichtete Abfallreduktion auf einen tatsächlichen Lebenswandel seitens der Haushaltsbewohner_innen zurückzuführen ist, oder ob verstärkt alternative Entsorgungswege (z. B. Eigenkompostierung) gewählt werden (Dahlén & Lagerkvist,
2010).
Kwasny et al. (
2022) haben in einer systematischen Literaturanalyse die Wirksamkeit von konsumbasierten Maßnahmen zur Reduktion von Fleischkonsum herausgearbeitet. Zielgruppenspezifische Information, also Botschaften, die an die Werte oder Ziele der Empfängergruppe angepasst sind, sind effektiver als allgemeine Botschaften z. B. was die Änderungen von Einstellungen der Empfänger_innen zu Fleischkonsum angeht (Graham & Abrahamse,
2017; Klöckner & Ofstad,
2017). Im Bereich Ernährung zeigen Studien, dass Botschaften, die gesundheitliche Argumente enthalten, einen stärkeren Effekt auf die Bereitschaft, den Fleischkonsum zu reduzieren, haben als Botschaften, die ausschließlich ökologische Argumente beinhalten (Bertolotti et al.,
2016; Cordts et al.,
2014). Auch im Bereich Lebensmittelabfälle sind personalisierte, zielgruppenspezifische Informationen bzw. Botschaften (z. B. zu Verhaltensweisen, die helfen, Lebensmittelabfälle zu reduzieren) wirksamer als allgemeine Botschaften (Schmidt,
2016). Besonders relevant sind Informationsmaßnahmen, die spezifische Wissenslücken ansprechen, z. B. hinsichtlich der richtigen Lagerung von Lebensmitteln (WRAP,
2017), der Haltbarkeit von Produkten (Farr-Wharton et al.
2014; Jörissen et al.
2015) oder der Bedeutung des Mindesthaltbarkeitsdatums (Newsome et al.,
2014).