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2018 | Buch

Klassische Inspirationen zu professioneller Gelassenheit

Sprezzatura statt Machiavelli

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Über dieses Buch

Dieses Buch widmet sich auf feuilletonistische Weise dem Begriff der Sprezzatura. Das Wort und seine Kernbotschaft der gelassenen Eleganz und entspannten Leichtigkeit stammen aus dem "Il Libro del Cortegiano" (1528), dem "Buch des Höflings" von Baldassare Castiglioni. Holger Rust stellt diesen Leitbegriff in den Fokus seiner literarischen Fallstudie und führt die Leser schwungvoll und heiter in die verschiedensten Bereiche: Mode, Musik, Management. Als Gegenentwurf zu den Ideen Niccolò Machiavellis eröffnet die Lektüre spannende Einblicke in die Welt der unangestrengten Virtuosität der Sprezzatura und der Philosophie, die sich dahinter verbirgt.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Kapitel 1. Einführung: Literatur als Business Case Study
Zusammenfassung
Dreißig Jahre ist es nun her, dass der Psychologe Robert Coles an der Harvard Business School den ersten Kurs in klassischer Literatur gab. Ein solch interdisziplinärer Ansatz war bis dahin zumindest ungewöhnlich, wenn nicht undenkbar. Aber Coles hatte eine überzeugende Begründung: In den fiktionalen Werken der Weltliteratur, im besagten Seminar insbesondere am Beispiel der personae dramatis in den Stücken Shakespeares, später dann auch mit der Lektüre des „Great Gatsby“ oder Saul Bellows „Seize the Day“, ließen sich all jene moralischen Dilemmata identifizieren, in die sich auch die handelnden Personen der Wirklichkeit verstrickt fänden.
Holger Rust
Kapitel 2. „Il Libro del Cortegiano“
Zusammenfassung
Im Jahre 1528 publizierte der Diplomat und Berater Baldassare Castiglione sein „Il Libro del Cortegiano“. Das Buch bietet nicht nur einen bemerkenswerten Gegenentwurf zu Machiavelli, der kurz zuvor „Il Principe“ veröffentlicht hatte, sondern richtet sich auch an eine weit größere Gruppe von Interessenten – die „Hofleute“, das heißt heute: Führungskräfte des gehobenen und mittleren Managements. Zur Beschreibung eines solchen „idealen Hofmannes“ entwickelte Castiglione eine Reihe von sehr modern klingenden Motiven: Die wichtigste Voraussetzung für unbemühte Handlungskompetenz seien Bildung und Wissen.
Holger Rust
Kapitel 3. Sprezzatura
Zusammenfassung
„Sprezzatura“ – der Begriff entwickelt sich im Gespräch, das Castiglione an vier Abenden des Jahres 1507 im Palazzo Ducale inszeniert. Der Gesprächsteilnehmer Ludovico da Canossa führt es in einer Nebenbemerkung als allgemeingültige Regel (regula universalissima) ein. Der Übersetzer der deutschen Ausgabe des „Cortegiano“, Albert Wesselski, definierte den Begriff als „gewisse Nachlässigkeit […], die die angewandte Mühe verbirgt und alles, was man tut und spricht, als ohne die geringste Kunst und gleichsam absichtslos hervorgebracht erscheinen lässt.“
Holger Rust
Kapitel 4. Eleganz
Zusammenfassung
Das Kapitel behandelt die erstaunliche Karriere eines Leitbegriffs aus der Renaissance durch das World Wide Web, vor allem, wie in Kap. 3 schon angedeutet, durch Hinweise auf modische Eleganz und Lässigkeit. Vieles von dem, was der Begriff offenlässt, wird allerdings durch die technischen Zugriffe auf die Daten im Internet um seine Originalität gebracht. Eleganz und Lässigkeit, wie sie in den Posts auf Abermillionen Bilder-Blogs erscheinen, werden einer algorithmischen Systematik unterworfen.
Holger Rust
Kapitel 5. Coolness
Zusammenfassung
Im Sinne der von Robert Coles an der Harvard Business School eingeführten literarischen Case Studies geht Kap. 5 dem Synonym „cool“ nach, um seine Herkunft und seine heutige Bedeutung für professionelle Eleganz und Gelassenheit zu erkunden. Erneut beweist sich die Aktualität des Begriffs Sprezzatura in verschiedensten Zusammenhängen: in der Kleidung, der Sprache und Musik – bei ihr vor allem in dem aus der schwarzen Musik hervorgegangenen Jazz und seinen improvisatorischen Arrangements. Wichtigste Voraussetzung für die virtuose Freiheit solcher Improvisationen ist allerdings die Beherrschung der Regeln.
Holger Rust
Kapitel 6. Managermode
Zusammenfassung
Das Geschäftsfeld Mode nährt sich global aus den Quellen unablässiger Innovation, wobei die Kommunikation auf den Internetplattformen im Prinzip einen inspirierenden Einfluss hat. Dieser Einfluss ist kurzfristig – vor allem dann, wenn versucht wird, die User mit gekauften Influencers zu manipulieren und damit die Originalität der Kommunikation zu algorithmisieren. Nach der Veranschaulichung dieser Dynamik in den vorstehenden Kapiteln an den Beispielen Jazz und Mode wird der Prozess nun insbesondere an der Globalisierung der amerikanischen Ivy-League- und Ostküstenmode illustriert.
Holger Rust
Kapitel 7. Managementmoden
Zusammenfassung
Inszenierte Eleganz ist immer auch mit einem strategisch gedachten Statement verbunden. Aus diesem Grund richtet sich die Aufmerksamkeit nun auf die Zusammenhänge zwischen Dress Codes für das Management und Management-Moden. Dem Thema gelten viele Untersuchungen insbesondere amerikanischer Wissenschaftler und Unternehmensberatungen.
Holger Rust
Kapitel 8. Scharlatanerie
Zusammenfassung
Als schlichte Nachahmung und motiviert von den Verkaufserfolgen amerikanischer Success-Literatur hat sich auch in Deutschland ein florierendes Geschäftsfeld für Managementmoden mit dem Versprechen strategischer Eleganz etabliert. Vom schlichten Stilberater über den Charisma-Coach bis hin zum Anbieter pseudoakademischer Titel zielt dieses Angebot vorgeblich auf „Führungskräfte“. Im Zuge „der“ Digitalisierung technisiert sich die Szene und predigt einen rückhaltlosen „Digitalismus“, insbesondere was die Entdeckung von Kundenbedürfnissen in Echtzeit angeht.
Holger Rust
Kapitel 9. Bildungsstädte
Zusammenfassung
Urbino und Bologna stehen beide für die Bedeutung der Bildung: Urbino für die Ideen der untrennbar verknüpften strategischen und intellektuellen Fähigkeiten, Bologna für eine Bildungsreform, die effektives und das heißt wirtschaftsnahes Studieren organisiert. Dieser 1999 eingeleitete „Bologna-Prozess“ hat die Anteile der intellektuellen Ausbildung zumindest aus dem ersten Studienabschnitt weitgehend reduziert. Die bislang beschriebenen Voraussetzungen für professionelle Eleganz und Gelassenheit können zwar unter Angebots-Begriffen wie „Soft Skills“ mit einem festgelegten Gratifikationssystem von Credit Points erworben werden.
Holger Rust
Kapitel 10. Social Places
Zusammenfassung
Was geschieht an den Höfen von heute? Statusspielchen und Wichtigtuerei sind weiterhin verbreitet. Aber die Faszination für andersartige Führungskräfte, die im vorangehenden Kapitel beschrieben wurden, zeigt auch, dass diese Affektiertheiten zusehends in Misskredit geraten. Was aber aufhorchen lässt, ist die Faszination der Führungskräfte für offene Biografien.
Holger Rust
Kapitel 11. Schluss
Zusammenfassung
Und wie nun? Konkret? Man kann einfach da anfangen, wo man ohnehin ist, bei den Bedürfnissen, die hier beschrieben wurden und die ja durchaus auch ihre rituellen Verwirklichungen kennen. So gilt es, zum Beispiel diese ebenso wunderbare wie sonderbare Gewohnheit im Sinne der anregenden Diskurstheorie von Castiglione zu überdenken, der wie selbstverständlich folgend die Teilnehmerschar eines Kongresses oder eines Klausur-Meetings sich nach der Abendveranstaltung noch einmal „auf ein Bier“ an den Bars der Tagungshotels einfindet, um die eine oder andere Fußnote zum Ablauf des Kongresses zu formulieren oder Vergleiche zum letzten Jahr anzustellen, als man eben hier stand und Vergleiche zum vorletzten Jahr zog.
Holger Rust
Metadaten
Titel
Klassische Inspirationen zu professioneller Gelassenheit
verfasst von
Prof. Dr. Holger Rust
Copyright-Jahr
2018
Electronic ISBN
978-3-658-21613-9
Print ISBN
978-3-658-21612-2
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-21613-9

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