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27.02.2024 | Kohlenstoffdioxid | Nachricht | Nachrichten

CO2-Speicherung im Nordsee-Boden soll erlaubt werden

verfasst von: dpa

3:30 Min. Lesedauer

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CO2 soll in Deutschland künftig auch unterirdisch gespeichert werden können – zumindest auf hoher See. Die Bundesregierung hat sich grundlegend auf eine Speicherstrategie geeinigt. 

Um die Klimaziele zu erreichen, soll schädliches CO2 in Deutschland künftig auch im Boden gespeichert werden – zumindest in der Nordsee. Es gehe vorrangig darum, Emissionen aus Branchen abzufangen, die nach aktuellem Stand nur schwer oder gar nicht klimaneutral werden könnten, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Dazu gehören zum Beispiel die Zement- und die Kalkindustrie. Doch die sogenannte CCS-Technik soll auch für die Energieproduktion in Gaskraftwerken erlaubt werden, was Umweltschützer stark kritisieren. Das gefährde den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen, warnen sie.

CCS steht als englische Abkürzung für "Carbon Dioxide Capture and Storage". Gemeint ist die Abscheidung und unterirdische Speicherung von klimaschädlichem Kohlendioxid (CO2), das beispielsweise in Industrieanlagen und bei der Verbrennung von Öl, Gas und Kohle entsteht. Mit energieintensiven Verfahren wird das Treibhausgas eingefangen, verflüssigt und dann etwa in den Meeresgrund gepresst und eingelagert. Das soll verhindern, dass das CO2 in die Atmosphäre gelangt und die Erderwärmung beschleunigt.

Speicherung an Land vorerst ausgeschlossen 

Vorerst ist die CO2-Speicherung nur offshore in der sogenannten ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) vorgesehen. Das ist ein Teil der Nordsee, bis zu 200 Seemeilen von der Küstenlinie entfernt. Meeresschutzgebiete werden ausgenommen. Eine Speicherung an Land, zum Beispiel in ehemaligen Gas- und Erdöllagerstätten, soll vorerst ausgeschlossen bleiben. Sollten die Bundesländer darum bitten, könne man darüber aber diskutieren, sagte Habeck. Das CO2 soll über ein noch aufzubauendes Netz an Pipelines zum Speicherort gebracht werden.

Habeck betonte: "Im Zentrum unserer Anstrengungen steht immer, Emissionen erst gar nicht entstehen zu lassen." Der strategische Fokus der CCS-Strategie liege auf schwer oder nicht vermeidbaren Emissionen, die zum Beispiel bei der Abfallverbrennung oder in der Zementindustrie anfallen, auch wenn man erneuerbare Energien einsetzt. In solchen Branchen will die Bundesregierung die effizientesten Projekte auch finanziell fördern. Bei der Energieproduktion, wo Emissionen vermeidbar sind, soll es keine Förderung geben. Kohlekraftwerke sollen außerdem keinen Zugang zum Pipeline-Netz bekommen, weil es beim Kohleausstieg bleiben soll. Bei Gaskraftwerken sieht das zum Missfallen von Umweltschützern anders aus. 

Bisher hat Habeck die geplante Reform mit dem Kanzleramt und dem Finanzministerium vorbesprochen. Es gebe damit eine grundsätzliche Einigkeit der Koalitionspartner, sagte er. Doch die offizielle Abstimmung mit allen Bundesministerien läuft noch. Das Umweltministerium kündigte an, seine Position einzubringen. Ein Sprecher hob die Funktion des natürlichen Klimaschutzes der Meere hervor. Daher begrüße man, dass Meeresschutzgebiete ausgeschlossen würden.

Kritik an Habecks Plänen auch aus eigenen Reihen

Habecks Pläne für die Speicherung von Kohlendioxid auf hoher See stoßen auf Kritik. "Für den Klimaschutz bei der Energiegewinnung haben wir die Erneuerbaren", sagte die klimapolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Nina Scheer, der "Süddeutschen Zeitung". Dafür brauche man keine CO2-Speicherung. "Es muss bei fossilen Kraftwerken ausgeschlossen werden", sagte Scheer. Auch aus Habecks eigenen Reihen kam Gegenwind: "CCS in der Energiewirtschaft sehen wir nicht", sagte die Grünen-Klimapolitikerin Lisa Badum. So sähen es auch Beschlüsse der Grünen-Fraktion vor.

Auch die Linken-Spitzenkandidatin zur Europawahl, Carola Rackete, sagte in der "Augsburger Allgemeinen": "Habeck will die Nordsee in ein riesiges CO2-Endlager verwandeln und massenweise Fracking-Gas importieren." Das Fatale an der Speicherung von CO2 sei, "dass die Verursacher der Klimakrise weiter Unsummen verdienen und die Klimakrise noch länger befeuern, anstatt die eigene Produktion klimafreundlich umzubauen".

Zuspruch aus der Unionsfraktion und Industrie

Aus der Unionsfraktion bekam Habeck hingegen Zuspruch: "Es wurde höchste Zeit, dass der grüne Klimaminister sich hier bewegt", sagte Jens Spahn (CDU) dem "Tagesspiegel". "Die Ampel ist bislang immer nur aus Technologien ausgestiegen, bei CCS sollte sie endlich mal beherzt einen Einstieg schaffen." Habeck müsse sich offensiv "gegen die erneute Technologie-Skepsis" seiner Partei stellen. Auch in der Industrie kommen die ersten Pläne gut an. Der BDI sieht darin einen wichtigen Schritt für die wettbewerbsfähige Transformation der Industrie hin zur Klimaneutralität. 

Fachmann Klaus Wallmann vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel betonte, das Potenzial der Technologie sei beschränkt. "Wir sprechen von ungefähr fünf Prozent der jetzigen Emissionen in Deutschland", sagte Wallmann den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. "Mehr als 90 Prozent müssen wir auf anderen Wegen vermeiden. Beispielsweise durch Energiesparen und die Umstellung auf erneuerbare Energien."

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