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2003 | Buch

Kombinatorische Chemie

Konzepte und Strategien

verfasst von: Dr. Jutta Eichler

Verlag: Vieweg+Teubner Verlag

Buchreihe : Teubner Studienbücher Chemie

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Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Einführung
Zusammenfassung
Wie viele andere neue wissenschaftliche Ansätze und Konzepte wurde auch die kombinatorische Chemie in den letzten Jahren oft als sicherer Erfolgsgarant gepriesen, und enorm hohe Erwartungen werden an sie geknüpft. Dabei ist die kombinatorische Chemie im Grunde eine Verlegenheitslösung, allerdings eine sehr leistungsfähige. In der biomedizinischen Forschung gab und gibt es einen Engpass: Zunehmend werden neue chemische Verbindungen mit bestimmten biologischen Eigenschaften benötigt, sei es als molekulare Werkzeuge und Sonden zur Aufklärung biologischer Prozesse oder als neue Wirkstoff-Kandidaten. Zunächst weiß aber niemand wirklich genau, wie diese Verbindungen aussehen müssen, um die gewünschten Eigenschaften zu besitzen. Das auf der rechnergestützen molekularen Modellierung beruhende rationale Design maßgeschneiderter Verbindungen ist im großen und ganzen nicht über das Teststadium, d.h. die nachträgliche Bestätigung experimentell gefundener Daten, hinausgekommen. Also wird versucht, möglichst viele unterschiedliche Verbindungen herzustellen und zu testen, in der Hoffnung, eine der vielen Verbindungen werde die gewünschten Eigenschaften haben. Und dazu wird die kombinatorische Chemie genutzt, mit deren Hilfe zahllose unterschiedliche Verbindungen in kurzer Zeit hergestellt werden können.
Jutta Eichler
2. Festphasensynthese als methodischer Grundpfeiler der kombinatorischen Chemie
Zusammenfassung
Bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde die übergroße Mehrzahl aller chemischen Synthesen in Lösung durchgeführt. Dabei werden die Edukte in entsprechenden Lösemitteln gelöst, die Lösungen gemischt, nach ausreichender Reaktionszeit wird das Produkt durch Extraktion und Fällung isoliert und anschließend gereinigt. Das mag für eine Einstufenreaktion hinreichend einfach sein, bei Mehrstufensynthesen wird dieser Prozess jedoch langwierig und aufwendig, da nach jeder Stufe die Intermediate isoliert und gereinigt werden müssen (Abb. 3). Man kann diesen Prozess auch abkürzen und in sogenannten Eintopfreaktionen alle Reaktionen gleichzeitig ablaufen lassen; dann steht man am Ende aber vor der bisweilen schier unlösbaren Aufgabe der Isolierung des gewünschten Zielproduktes (A-B-C) aus einem komplexen Gemisch aus Produkt, nichtumgesetzten Edukten (A, B, C) und Intermediaten bzw. Fehlprodukten (A-B, A-C, B-C).
Jutta Eichler
3. Synthetische Peptide — Ausgangspunkt der kombinatorischen Chemie
Zusammenfassung
Biologische Prozesse basieren zumeist auf spezifischen Bindungsereignissen, die durch molekulare Erkennung zwischen Proteinen (z.B. Rezeptoren, Antikörper, Enzyme) und ihren Liganden (z.B. Antigene, Hormone, Substrate) eingeleitet werden. Die systematische Erforschung dieser Erkennungsmechanismen auf molekularer und submolekularer Ebene ist daher ein wichtiger Beitrag zum strukturellen Verständnis von Protein-Ligand-Interaktionen und dient als Voraussetzung für die gezielte Beeinflussung biologischer Funktionen, die durch die untersuchten Interaktionen vermittelt werden.
Jutta Eichler
4. Kombinatorische Peptidbibliotheken
Zusammenfassung
Mit den in Kapitel 3.3. geschilderten Strategien ließen sich Ende der achtziger Jahre 100 bis 200 Peptide innerhalb eines Monats parallel herstellen und testen. Durchsätze dieser Größenordnung sind für viele Forschungsaufgaben, in denen es darum geht, bioaktive Peptide ausgehend von einer bekannten Proteinsequenz und/oder -struktur zu entwickeln bzw. zu optimieren, durchaus adäquat. Dieser als rationales Design bezeichnete Ansatz ist jedoch nicht anwendbar, wenn keinerlei oder nur unzureichende Informationen über die Struktur der untersuchten Protein-Ligand-Wechselwirkung verfügbar sind, auf Grundlage derer man synthetische Peptide mit den gewünschten Eigenschaften entwickeln könnte. In diesem Fall bietet es sich an, in Ermangelung einer wissensbasierten Designgrundlage, so viele wie möglich strukturell unterschiedliche Peptide herzustellen und zu testen (Abb. 19). Statistisch gesehen sind dabei die Chancen, die richtigen, d.h. Peptide mit den gewünschten biologischen Eigenschaften zu finden, proportional zur Komplexität und strukturellen Vielfalt der getesteten Peptidpopulation. Die für diesen Ansatz erforderlichen umfangreichen Peptidkollektionen lassen sich vorteilhaft in Gestalt von kombinatorischen Peptidbibliotheken darstellen.
Jutta Eichler
5. Vom Peptid zu besser geeigneten Wirkstoff-Strukturen
Zusammenfassung
Peptide bieten sich aufgrund ihrer in Kapitel 2 dargelegten Eigenschaften als Kandidaten für die Entwicklung biologischer Wirkstoffe, insbesondere von Arzneimitteln, geradezu an. Und in der Tat gibt es eine Reihe peptidischer Arzneimittel, wie z.B. das Peptidhormon Calcitonin zur Behandlung der Osteoporose, Cyclosporin zur Immunsuppression nach Organtransplantationen, oder das Octreotid, ein verkürztes Derivat des Somatostatins, zur Behandlung der Akromegalie und von Magengeschwüren. Peptide haben aber eine Reihe von Nachteilen, die ihre Attraktivität als potentielle Arzneimittel stark einschränken. Dazu gehört vor allem ihre unzureichende Stabilität im Organismus, da sie oft von proteolytischen Enzymen abgebaut werden, ehe sie ihren Wirkort erreichen. Des weiteren werden Peptide aufgrund ihrer Molekülgröße meist nicht oder nur unzureichend aus dem Magen-Darm-Trakt in den Blutkreislauf aufgenommen, so dass sie nicht oral verabreicht werden können. Deshalb ist die pharmazeutische Industrie viel mehr an nichtpeptidischen Strukturen als Kandidaten für die Arzneimittelentwicklung interessiert. Natürlich wurde bald nach der Etablierung der verschiedenen Strategien zur Herstellung und Nutzung kombinatorischer Peptidbibliotheken das enorme Potenzial dieses Konzepts für die Arzneimittelentwicklung erkannt, und mit großem wissenschaftlichen und finanziellen Einsatz daran gearbeitet, die für Peptidbibliotheken entwickelten Strategien auch für die Herstellung und Nutzung nichtpeptidischer Verbindungsbibliotheken mit besser geeigneten Wirkstoff-Strukturen zu adaptieren.
Jutta Eichler
6. Analyse und Charakterisierung kombinatorischer Bibliotheken
Zusammenfassung
Die gründliche analytische Charakterisierung von Syntheseprodukten zur Feststellung ihrer Identität und Reinheit ist für jeden Synthesechemiker selbstverständlich. Die gegenwärtig gebräuchlichsten analytischen Methoden für synthetische Verbindungen sind die analytische Hochleistungsflüssigkeitschromatographie an Umkehrphasen (RP-HPLC) und Massenspektrometrie in der Peptidchemie, bzw. Diinnschichtchromatographie und Kernresonanzspektroskopie (NMR) in der organischen Chemie. Zur Reinigung werden die Produkte üblicherweise an präparativen RP-HPLC- oder anderen Kieselgelsäulen chromatografiert. Um diese analytischen und Reinigungsverfahren anwenden zu können, müssen die Verbindungen in ausreichenden Mengen (≥mg) und in Lösung vorliegen. Kombinatorische Bibliotheken, die aus Einzelverbindungskollektionen in Lösung bestehen, können demzufolge genauso wie individuelle Syntheseprodukte analytisch charakterisiert und gereinigt werden. Auf Grund der wesentlich höheren Probenzahlen sollte man dafür allerdings analytische Methoden im Hochdurchsatzverfahren anwenden, was mit Hilfe automatischer Probengeber technischer Standard bei modernen Analysegeräten ist.
Jutta Eichler
7. Automatisierung und Miniaturisierung
Zusammenfassung
Die mechanischen Abläufe der Festphasensynthese als fortlaufende Wiederholung gleichartiger Prozesse (siehe Kapitel 2.1) ist vorzüglich für eine Prozessautomatisierung geeignet. Dadurch wird die Synthese sowohl deutlich beschleunigt, da die Syntheseautomaten computergesteuert und unbeaufsichtigt arbeiten, als auch labortechnisch wesentlich attraktiver als die doch etwas eintönige manuelle Festphasensynthese. Es sei aber darauf hingewiesen, dass es auch Geräte für die automatische Synthese in Lösung gibt, die aber apparativ aufwendiger sind als die Festphasensynthese-Automaten.
Jutta Eichler
Backmatter
Metadaten
Titel
Kombinatorische Chemie
verfasst von
Dr. Jutta Eichler
Copyright-Jahr
2003
Verlag
Vieweg+Teubner Verlag
Electronic ISBN
978-3-322-80034-3
Print ISBN
978-3-519-00353-3
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-322-80034-3