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2015 | Buch

Konflikt und Komplexität

Die Intensität innerstaatlicher Gewaltkonflikte in systemtheoretischer Perspektive

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Über dieses Buch

Christoph Trinn analysiert die Möglichkeiten und Grenzen der Vorhersagbarkeit der gewaltsamen Eskalation innerstaatlicher Konflikte. Auch wenn diese durchaus einfachen empirischen Gesetzmäßigkeiten unterliegen, ist der Ausbruch von Gewalt grundsätzlich unvorhersehbar. Die Existenz von Eskalationsmustern und die Unmöglichkeit der Eskalationsprognose erwachsen demselben Phänomen: dem Potenzgesetz als Ausdruck selbstorganisierter Kritikalität. Konfliktintensitäten entspringen einem einheitlichen Kausalmechanismus, der Proteste und Attentate ebenso hervorbringt wie Revolutionen und Bürgerkriege. Der Autor bietet eine komplexitätswissenschaftlich fundierte und empirisch umfangreiche Untersuchung, die Wege zur Risikoeinschätzung und zum Krisenmanagement weist.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Einführung
Zusammenfassung
Der 15. Juli 1983 ist für Sri Lanka ein schicksalsträchtiges Datum. An diesem Tag ereignete sich in der Nähe der Stadt Jaffna im Norden der Insel ein gewaltsamer Zusammenstoß zwischen Soldaten der sri-lankischen Armee und Mitgliedern der separatistischen Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE). In Folge dieses Zwischenfalls starb Charles Lucas Anthony, auch bekannt als ‘Colonel Seelan’, einer der Gründer der LTTE und engster Vertrauter ihres Anführers Velupillai Prabhakaran (Rajasingham 2002). Als Reaktion auf seinen Tod überfielen die LTTE am 23. Juli eine Armeepatrouille und töteten 13 Soldaten. Die für den 24. Juli geplante Beisetzung der Gefallenen in der sri-lankischen Hauptstadt Colombo schürte Unruhe in der singhalesischen Bevölkerung der Stadt, die sich noch am selben Tag in Übergriffen auf Tamilen und tamilische Geschäfte niederschlug. Bis zum 30.
Christoph Trinn
2. Das Potenzgesetzverhalten in Theorie und Empirie
Zusammenfassung
Komplexitätswissenschaft ist die Wissenschaft komplexer Systeme. Angesichts der empirischen Omnipräsenz ihres Untersuchungsgegenstands, der Komplexität, ist sie eine transdisziplinär angelegte und auf universale Fragestellungen zielende Wissenschaft(vgl. Ball 2005). Komplexitätswissenschaftlich orientierte Gesellschaftswissenschaften unterscheiden sich von den herkömmlichen Sozialwissenschaften durch ihre enge Anlehnung an die Naturwissenschaften und den damit einhergehenden Transfer von Konzepten, Theorien und Methoden(vgl. Stewart 1950, Byrne 1998). Wie Thomas Kron (2007: 3) sehr richtig beobachtet, ist ein solcher Transfer „vor allem epistemologisch stark umstritten, zumindest, wenn man nicht das Erkenntnisprogramm der generellen (und soziologischen) Systemtheorie teilt.“ Zu beachten ist jedoch, dass eine Konzeptübertragung, wie sie die Komplexitätswissenschaft ermöglicht, keineswegs zu verwechseln ist mit einer rein metaphorischen Verwendung naturwissenschaftlicher Begriffe (vgl. Contractor 1999).
Christoph Trinn
3. Grundlegung einer thermodynamischen Systemtheorie
Zusammenfassung
In den vorangehenden Kapiteln haben wir bereits einige zentrale Begriffe wie System, Element, Interaktion, Netzwerk, Input, Output, Zustand, Phase, Attraktor oder Komplexität verwendet, ohne sie allerdings scharf zu definieren und in einen größeren theoretischen Kontext zu stellen. Diese Lücke wollen wir in diesem Kapitel systematisch schließen und in diesem Zusammenhang zwischen systemtheoretischen (3.1) und thermodynamischen Konzepten (3.2) unterscheiden. Beide Theoriefelder sind stark aufeinander bezogen, doch unterscheiden sie sich in ihrem jeweiligen Fokus: In der Systemtheorie liegt er auf dem Konzept des Systems, seiner Struktur und seiner Dynamik; in der Thermodynamik geht es vor allem darum, wie Systeme entstehen, sich erhalten oder untergehen.
Christoph Trinn
4. Konflikt, Kritikalität und metabolischer Stress
Zusammenfassung
Das folgende Kapitel wendet sich dem Konzept und der Erklärung von Konflikt und Eskalation im Lichte des in Kapitel 3 ausgeführten theoretischen Rahmens zu. Hierzu wird in 4.1. zunächst ein dementsprechender systemtheoretischer Konfliktbegriff entwickelt. Hierauf aufbauend erarbeiten wir in Hauptabschnitt 4.2. ein metabolisches Erklärungsmodell der Intensität innerstaatlicher Konflikte.
Christoph Trinn
5. Empirische Untersuchung
Zusammenfassung
Das folgende Kapitel bündelt die empirischen Untersuchungen der vorliegenden Arbeit. Nach einer Bewertung der Daten, die zur Erfassung des zu erklärenden Phänomens zur Verfügung stehen, sowie einer Begründung der Auswahl der Untersuchungsfälle (5.1) geht es in dem Kapitel um zwei hauptsächliche Analysen: Zunächst überprüfen wir in Hauptabschnitt 5.2. das Vorliegen von Potenzgesetzmustern innerstaatlicher Konfliktintensitäten und arbeiten dabei auch länderspezifische Unterschiede heraus. In Hauptabschnitt 5.3. widmen wir uns sodann der Erklärung dieser Muster und Unterschiede, indem wir das in Kapitel 4 entfaltete theoretische Modell empirisch überprüfen.
Christoph Trinn
6. Diskussion und Schlussfolgerungen
Zusammenfassung
Leben wir in einer Welt des Chaos, in der gewaltsame Konflikte willkürlich und ohne Vorwarnung aufflammen? Oder liegen der Eskalation von Konflikten bestimmte Gesetzmäßigkeiten zugrunde? Gibt es Eskalationsmuster? Die vorliegende Arbeit zeigt, dass die Frage nach der Regelhaftigkeit differenziert zu beantworten ist: ‘willkürlich’ nein, ‘ohne Vorwarnung’ ja. Innerstaatliche Gewaltkonflikte brechen keineswegs völlig regellos aus, sondern unterliegen in ihrem Schweregrad einfachen empirischen Gesetzmäßigkeiten. Zugleich bedeutet diese Feststellung, dass der Ausbruch von Gewalt grundsätzlich plötzlich erfolgt und unvorhersehbar ist. Die Existenz von Eskalationsmustern und die Unmöglichkeit der Eskalationsprognose entspringen demselben Phänomen: dem Potenzgesetz als Ausdruck selbstorganisierter Kritikalität.
Christoph Trinn
Backmatter
Metadaten
Titel
Konflikt und Komplexität
verfasst von
Christoph Trinn
Copyright-Jahr
2015
Electronic ISBN
978-3-658-09644-1
Print ISBN
978-3-658-09643-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-09644-1

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