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1982 | Buch

Realzins, Inflation und Kapitalzins

Eine Neuinterpretation des Fisher-Theorems

verfasst von: Dr. Wolfgang Gebauer

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

Buchreihe : Studies in Contemporary Economics

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Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Zins und Inflation: Die Analyse von Fisher

Frontmatter
Kapitel 1. Fishers ursprüngliches Theorem
Zusammenfassung
Ausgangspunkt von Fishers Untersuchungen zum Thema „Zins und Inflation“ war die sog. Bimetallismus-Kontroverse, also eine währungspolitische Auseinandersetzung über die Abgrenzung internationaler Reservemedien im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts1). Wegen der damaligen Aufwertung des Goldes, die gleichbedeutend war mit einem Rückgang des Preisniveaus, hatten die „Bimetallisten“ von einem „Betrug am Schuldner“ gesprochen: Im Goldstandard sei die steigende Kaufkraft des Goldes gleichbedeutend mit einer Benachteiligung der Schuldner von vertraglich fixierten, künftig zahlbaren Geld(Gold-)Beträgen. Fisher versuchte die entstandene Kontroverse mit den „Monometallisten“ (den Befürwortern eines reinen Goldstandards im Gegensatz zu einem Gold-Silber-Standard) insofern zu klären, als er in seiner Monographie „Appreciation and Interest“ (1896) darauf hinwies, daß ein wesentliches Element in einem Kreditvertrag nicht die Skalierung der geschuldeten (Haupt-)Summe (etwa in den Recheneinheiten Gold oder Silber) sei (wie von den Bimetallisten betont), sondern der zwischen Schuldner und Gläubiger vereinbarte Zinssatz. Denn eine erwartete Aufwertung des Goldes würde, so Fisher, diesen Zinssatz beeinflussen — und zwar unter bestimmten idealen Annahmen dergestalt, daß bei unterschiedlichen Recheneinheiten nur die nominellen Geldbeträge, nicht aber die von den Geldbeträgen repräsentierten Gütermengen verändert würden2).
Wolfgang Gebauer
Kapitel 2. Fishers Evidenz
Zusammenfassung
„No problem in economics has been more hotly debated than that of the various relations of price levels to interest rates. These problems are of such vital importance that I have gone to much trouble and expense to have such data as could be found compiled,compared, and analyzed“ 1). Diesen Worten Fishers, mit denen er in seiner „Zinstheorie“ das berühmte 19. Kapitel über „The Relation of Interest to Money and Prices“ einleitet, ist die sehr große Bedeutung zu entnehmen, die er der empirischen Überprüfung seines Theorems beigemessen hat.
Wolfgang Gebauer
Kapitel 3. Fishers Auswertung der Evidenz
Zusammenfassung
Die von Fisher verwendete Zeitreihe der Nominalrenditen britischer langfristiger Wertpapiere („consols“) stammte aus Untersuchungen von A. H. Gibson, der schon früh eine enge positive Korrelation zwischen Preisniveau und Nominalzinssätzen (eben jenen Nominalrenditen der „consols“) festgestellt hatte1). Keynes gab diesem empirischen Phänomen den Namen „Gibson-Paradox“; Paradox, weil es der klassischen Zinstheorie widersprach, wonach „der Zinssatz“ zwar von fundamentalen reälen Faktoren wie Ersparnis (bzw. Gegenwantsvorliebe) und Kapitalproduktivität (bzw. „opportunity to invest“) bestimmt wird, jedoch unabhängig ist von „monetären“ Faktoren wie z. B. Geldmenge und Preisniveau2).
Wolfgang Gebauer
Zusammenfassung Teil I
Wolfgang Gebauer

Neuere Partialanalysen des Fisher-Theorems

Frontmatter
Kapitel 4. Partielle Erweiterungen des Theorems
Zusammenfassung
Klammert man die Komplexe Erwartungsbildung und Makrotheorie zunächst einmal aus, so hat sich die neuere Literatur mit vier Erweiterungen des ursprünglichen Theorems von Fisher befaßt: Mit einer Ausweitung des Geltungsbereichs auf mehrere Perioden (Abschnitt 4.1); mit einer strukturellen Spezifizierung der Transmission von Inflationserwartungen auf Nominalzinssätze an Finanzmärkten (Abschnitt 4.2); mit einer Berücksichtigung der Steuern auf Zinseinnahmen (Abschnitt 4.3) sowie mit einer expliziten Ausdehnung des Geltungsbereichs auf Devisenmärkte (Abschnitt 4.4).
Wolfgang Gebauer
Kapitel 5. Inflationserwartungen
Zusammenfassung
Die empirische Überprüfung des Zusammenhangs zwischen Zins und Inflationserwartungen — im Sinne der erwartungstheoretischen Interpretation des modifizierten Fisher-Theorems — erfolgte in den beiden vergangenen Jahrzehnten zunächst hauptsächlich mit (autoregressiven) verteilten Lags (Abschnitt 5.1). Eine Reihe methodisch-kritischer Einwände führte zu Versuchen, Inflationserwartungen mit Hilfe von Umfrageergebnissen zu quantifizieren und so zur Messung eines Preiserwartungseffektes auf nominale Zinssätze zu nutzen (Abschnitt 5.2). Auch gegen diese Methode sind schwerwiegende Einwände geltend zu machen. Eine wesentliche Neuerung liegt in der Hypothese einer rationalen Erwartungsbildung (Abschnitt 5.3), die gleichbedeutend ist mit der Hypothese effizienter Kapitalmärkte (Abschnitt 5.4). In ihrer „schwachen“ Version gleichen die Hypothesen einer rationalen Erwartungsbildung bzw. Markteffizienz dem generalisierten Modell adaptiver Erwartungen; es spricht einiges dafür, diese „weak form rationality“ als gegenwärtig bedeutendste Hypothese der Erwartungsbildung zu betrachten.
Wolfgang Gebauer
Kapitel 6. Realzinssätze
Zusammenfassung
Wie die Diskussion im Kapitel 5 zeigte, ist die Messung von Inflationserwartungen ein bis heute ungelöstes Problem. Folglich ist auch die exakte Berechnung erwarteter Realzinssätze im Sinne Fishers eine schwierige, noch nicht bewältigte Aufgabe. Sie wird noch zusätzlich erschwert durch eine weitverbreitete terminologische und analytische Verwirrung zwischen Realzins und Kapitalzins; diese Thematik wird in Kap. 7 erörtert. Im vorliegenden Kapitel liegt der Schwerpunkt auf der praxisbezogenen Berechnung eines Realzinssatzes ex post, d. h. eines preisbereinigten Realzinssatzes im Sinne von Fisher. Auf diesem Gebiet erscheint noch am ehesten eine Verbesserung des üblichen Realzinskalküls möglich zu sein. Die Realzinsberechnung ex ante dürfte dagegen für einige Zeit, schon angesichts der in Kapitel 5 geschilderten Schwierigkeiten, ein akademisches, theoretisch-empirisches Experimen-tierfeld bleiben. Zur Problematik des erwarteten Realzinssatzes werden daher nur einige einführende, konzeptuelle Klärungen gegeben (Abschnitt 6.1). Es folgen Leitlinien zur Berechnung disaggregierter, ex post beobachteter Realzinssätze (Abschnitt 6.2), die in praxisorientierter Sicht Fragen des Zeithorizonts und der Auswahl geeigneter Nominalzinssätze und Preisindices in den Vordergrund stellen.
Wolfgang Gebauer

Das Fisher-Theorem im gesamtwirtschaftlichen Zusammenhang

Frontmatter
Kapitel 7. Realzins und Kapitalzins
Zusammenfassung
In der modernen Interpretation des Fisher-Theorems wird der Realzins üblicherweise gleichgesetzt mit der Ertragsrate auf Sachkapital, d.h. mit dem Kapitalzins. Bei dieser Gleichsetzung beruft man sich auch gelegentlich auf angebliche Äußerungen Fishers über die Realzinsdefinition im Rahmen seines Theorems. So behauptet z. B. Sargent: „… Irving Fisher… noted that in equilibrium the nominal rate of interest must equal the sum of the marginal rate of return from holding real capital and the expected proportionate rate of change of prices. This condition follows from the fact that in a riskless world, holding period yields must be equal for all assets“1). Ganz offensichtlich wird diese Gleichsetzung behauptet für die Situation eines langfristigen Gleichgewichts, wie sie im Rahmen des ursprünglichen Theorems impliziert ist (s. o. Kap. 1). Sargent definiert denn auch in einer späteren Untersuchung: „… the real rate of interest,… which is the rate of return associated with holding real assets…“2). Von dieser Gleichsetzung ist es nur noch ein kleiner Schritt hin zu der gängigen Annahme, daß die Investitionen in Sachkapital abhängig sind von dem Realzins im Sinne Fishers; so etwa bei Mundell: „It is further assumed that real investment depends on the real interest rate…“3). Solche Prämissen finden sich auch in neuesten Lehrbüchern und Monographien, und zwar makroökonomischen4) wie auch mikroökonomischen5) Zuschnitts.
Wolfgang Gebauer
Kapitel 8. Das Fisher-Theorem im makroökonomischen Modell bei Gleichheit von Realzins und Kapitalzins
Zusammenfassung
Fishers Theorem wurde von Keynes hinsichtlich seines makroökonomischen Gehalts kritisiert. Keynes argumentierte auf der Basis einer grundsätzlich makroökonomisch orientierten Zinstheorie und einer theoretischen Unterscheidung zwischen Realzins und Kapitalzins (Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals). Die Keynes’ sehe makroökonomische Analyse des Fisher-Theorems wurde bis in die jüngste Zeit immer wieder ignoriert: Wie in Kap. 5 rekapituliert, hat man zahlreiche empirische Untersuchungen zum „Fisher-Effekt“ („Preiserwartungseffekt“) durchgeführt, die nicht als reduzierte Form eines strukturellen makroökonomischen Modells interpretiert werden können. Erst ein gutes ViertelJahrhundert nach Keynes’ „Botschaft“ einer inhaltlich makroökonomischen Zinstheorie ist dessen Ansatz einer makroökonomischen Interpretation des Fisher-Theorems wieder aufgegriffen und weitergeführt worden, insbesondere von Mundell2) und Sargent3).
Wolfgang Gebauer
Kapitel 9. Tobins q-Relation, Investitionen und Notenbankpolitik
Zusammenfassung
Die moderne makroökonomische Theorie ist u. a. gekennzeichnet durch eine Analyse der Interaktionen zwischen gesamtwirtschaftlicher Nachfrage (abgeleitet aus dem Keynesianischen IS-LM Modell) und gesamtwirtschaftlichem Angebot, abgeleitet aus Arbeitsmarkt- und Lohn-Preis Modellen1). Die entsprechenden makroökonomischen Angebots- und Nachfragefunktionen determinieren u. a. die Inflationsrate sowie das Niveau der Nominal- und Realzinssätze, wobei in neueren, dynamischen Ansätzen auch das Verhalten dieser Größen im Zeitverlauf theoretisch analysiert wird2). In getrennten Betrachtungen wird dann üblicherweise auf makroökonomische Aspekte einer offenen Volkswirtschaft eingegangen und dabei die „internationale Erweiterung“ des „Fisher-Effekts“ im Sinne des offenen Fisher-Theorems konstatiert3). Sieht man einmal von der oft fehlenden Integration von „closed economy“ und „open economy“ Anlaysen ab4), so liegt ein wesentlicher Mangel neuerer Modelle in der nach wie vor aufrechterhaltenen Gleichsetzung von Realzins und Kapitalzins — eine Gleichsetzung, die vor allem dazu führt, den Fisher-sehen Realzins als Determinante der gesamtwirtschaftlichen Investitionen in Sachkapital anzusehen5). Man begnügt sich damit, die Unterscheidung zwischen Nominalzins und Realzins zu betonen: „To reiterate, it is important to note that the interest rate relevant to the firm’s demand for capital is the real rate, and not the nominal rate“6).
Wolfgang Gebauer
Backmatter
Metadaten
Titel
Realzins, Inflation und Kapitalzins
verfasst von
Dr. Wolfgang Gebauer
Copyright-Jahr
1982
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-642-68751-8
Print ISBN
978-3-540-11839-8
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-642-68751-8