2012 | OriginalPaper | Buchkapitel
Deutschland – Ein Modell im Übergang
verfasst von : Walter Hanesch
Erschienen in: Sozialpolitik und Sozialstaat
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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In einer auf Privateigentum basierenden Marktgesellschaft wie Deutschland ist die Lebenslage der Bevölkerung durch strukturelle Unsicherheit gekennzeichnet. Nach einer jahrzehntelangen Phase relativer Stabilität in den Produktions- und Verteilungsstrukturen hat in den letzten 15 bis 20 Jahren eine neue Phase ökonomischer und sozialer Dynamik eingesetzt. Im globalisierten Standortwettbewerb werden zunehmend Produktions- und Beschäftigungsformen flexibilisiert, damit einhergehend haben sich arbeitsmarktbedingte Existenzrisiken dramatisch zugespitzt. Daneben haben sich soziale Risiken durch die Veränderungen der Lebensformen und Haushaltsstrukturen, durch den demografischen Wandel und die ethnische Pluralisierung der Gesellschaft verschärft. Als Folge dieses Bündels langfristiger Entwicklungstrends hat die soziale Ungleichheit in Deutschland in bisher nicht gekanntem Tempo und Ausmaß zugenommen: So kam eine OECD-Studie zur Einkommensverteilung und Armut in den OECD-Ländern zu dem Ergebnis, dass die Einkommensungleichheit und die Armut in Deutschland seit 2000 stärker als in jedem anderen OECD-Land zugenommen haben (OECD 2008). Neue Studien zeigen sogar einen Trend in Richtung einer Polarisierung der Einkommensverteilung: Während die Zahl der Empfänger mittlerer Einkommen sich in den letzten Jahren rückläufig entwickelt hat, sind die unteren und oberen Ränder der Verteilung immer stärker besetzt. Während also die Mittelschicht erodiert, nehmen Armut und Reichtum immer mehr zu (Goebel et al. 2010). Interessanterweise ist diese Entwicklung durch die unterschiedlichen Konjunktur- und Wachstumsphasen der jüngsten Zeit kaum beeinflusst worden. Die jüngste weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise hat allerdings die Labilität der neuen Weltwirtschaftsordnung erkennbar werden lassen.