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2010 | Buch

Cultural Studies und Medienanalyse

Eine Einführung

verfasst von: Andreas Hepp

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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Über dieses Buch

IIn „Cultural Studies und Medienanalyse“ wird der medienanalytische Ansatz der Cultural Studies umfassend vorgestellt. Bezogen auf den Gegenstand„Medien“ werden einerseits die Theorieansätze der Cultural Studies diskutiert und ihre forschungsgeschichtliche Entwicklung bis heute dargelegt.
Andererseits werden die empirischen Studien der Cultural Studies aus den Bereichen der Produkt- und Diskursanalyse sowie der Rezeptions- und Aneignungsforschung ausführlich behandelt. In der dritten Auflage wurde das Buch im Hinblick auf die jüngste Forschung aktualisiert und erweitert.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Einleitung
Zusammenfassung
Zur Trauerfeier um den Tod Michael Jacksons erschien von Carsten Zorn ein Artikel in der tageszeitung, den er mit folgendem Zitat von Stuart Hall - einem der führenden Vertreter der Cultural Studies - einleitete: „there is a continous struggle to disorganize and reorganize popular culture … A battlefield where no once-for-all victories are obtained but where there are always strategic positions to be won and lost.“ In dem sich dann anschließenden Artikel setzt sich Carsten Zorn damit auseinander, dass durch die Trauerfeier vom 7. Juli 2009 „ein epochaler Bruch zum allgemeinen Bewusstsein“ (Zorn 2009: 13) gekommen ist. Dies sei der „Bruch“ des Endes der alten globalen Popkultur, wie sie für Generationen zu einem selbstverständlichen Teil des Lebens geworden ist und wie sie sich durch die Medienberühmtheit Michael Jackson bzw. das Medienevent seiner Trauerfeier nochmals breit sichtbar manifestiert. Die Überlegungen anderer Feuilletonisten und Musikjournalisten aufgreifend, argumentiert Carsten Zorn - selbst neben seiner Tätigkeit als freier Autor als Wissenschaftler im Bereich der Populärkulturforschung tätig -, dass eine Zentrierung von Kommunikation, wie sie erst die „Superstars“ der Popkultur möglich machte, mit der Etablierung des Internets und der digitalen Medien so nicht mehr denkbar sei. Entsprechend ist die breite Kommunikation über den Tod Michael Jacksons in Twitter, Facebook und anderen Web-2.0-Angeboten der „Bruch“ eines Übergangs, indem hier eine Instrumentalisierung der ‚alten’ Popkultur der Massenmedien durch die ‚neue’ Popkultur des Internets auszumachen ist: „Die neue globale Popkultur […] hängt am Tropf der alten, lebt ganz von ihr - und also dummerweise von etwas, das gerade verschwindet.“ (Zorn 2009: 13).
Andreas Hepp
2. Ein erster Zugang: Grundbegriffe der Cultural Studies
Zusammenfassung
Zu Beginn eines Kapitels, das sich mit Grundbegriffen der Cultural Studies befasst, erscheint es mir angebracht, auf den Aufsatz Cultural Studies: Zwei Paradigmen von Stuart Hall zu verweisen (orig. Hall 1980b; dt. Hall 1999a). Aufgrund der Interdisziplinarität der Cultural Studies, ihrer Ausdifferenzierung und unterschiedlicher Entstehungskontexte ist es nämlich nicht möglich, eine oder zwei grundlegende Publikationen zu nennen, in denen die Grundbegriffe dieses Ansatzes dargelegt würden. Die in den Cultural Studies zentralen Begriffe und Konzepte entstammen höchst unterschiedlichen Traditionen. Dennoch handelt es sich bei ihnen nicht um ein eklektizistisches Konglomerat, und genau dies verdeutlicht Stuart Hall, wenn er von zwei ‚„Hauptparadigmen‘ der Cultural Studies“ (Hall 1999a: 128) spricht, dem Kulturalismus und dem Strukturalismus bzw. der Semiotik. Der Kulturalismus ist jene Tradition, in der die Veröffentlichungen The Uses of Literacy von Richard Hoggart, Raymond Williams‘ Culture and Society und E. P. Thompsons The Making of the English Working Class stehen (siehe Kap. 3.1). Der Kern des Kulturalismus lässt sich damit charakterisieren, dass in ihm Kultur als eng verknüpft mit sämtlichen gesellschaftlichen Praktiken begriffen wird, wobei diese als eine geteilte Form menschlichen Tätigseins verstanden werden (Hall 1999a: 122). Die Semiotik bzw. der Strukturalismus und die sich anschließende Rezeption des Poststrukturalismus fand insbesondere über Claude Levi-Strauss und Roland Barthes Eingang in die Cultural Studies. Hierdurch wurde das auf Ferdinand de Saussure zurückgehende strukturalistische Paradigma zu einem zentralen Fundament kulturtheoretisch orientierter Medienanalyse. Die Hauptstärke des (Post-)Strukturalismus für die Cultural Studies ist darin zu sehen, dass er es ermöglicht, „über die Beziehungen innerhalb einer Struktur nachzudenken, […] ohne sie auf bloße Beziehungen zwischen Personen zu reduzieren“ (Hall 1999a: 129; Herv. i. O.).
Andreas Hepp
3. Rückblick: Ein historischer Abriss der Cultural Studies
Zusammenfassung
Es ist viel in den letzten Jahren - auch im deutschsprachigen Raum - über die ‚Geschichte(en)‘ der Cultural Studies, insbesondere des „Centre for Contemporary Cultural Studies“ publiziert worden. Nicht zuletzt aus diesem Grund nimmt der historische Abriss der Cultural Studies im Folgenden einen eher kleinen Raum ein und versteht sich als eine erste Orientierungshilfe zu einem Verständnis der Entwicklung dieser Formation. Man muss sich allerdings bewusst sein, dass es die Geschichte der Cultural Studies nicht gibt, ja die eigene Geschichtsschreibung in den Cultural Studies ähnlich umstritten ist wie die Diskussion darum, auf welche Weise die Cultural Studies zu bestimmen seien (vgl. Kap. 1.2). Eine Problematisierung der ‚Geschichtsschreibung‘ dieses Ansatzes erscheint begründet, weil mit dieser oftmals der Versuch einer Festschreibung eines spezifischen Verständnisses von Cultural Studies verbunden ist, das andere Positionen auszugrenzen sucht. Insofern deutet die von Lawrence Grossberg polemisch gestellte Frage „What’s in a name?“ (Grossberg 1997a: 245) auf ein substanzielles Problem des Schreibens über die Genese dieses Projekts hin. Vor diesem Hintergrund erhebt der folgende historische Abriss der Cultural Studies keinen Anspruch auf die letztgültig ‚richtige Geschichtsschreibung‘, wobei jedoch grundlegend davon ausgegangen wird, dass sich mit einer Reihe von Schlagworten - dem der Frühtexte, dem des „Centres for Contemporary Cultural Studies“ in Birmingham, dem der Akademisierung und internationalen Ausdifferenzierung der Cultural Studies bis hin zu ihrem Aufgreifen im deutschsprachigen Raum - zentrale Abschnitte in der Entwicklung dieses Projektes gefasst werden können.
Andreas Hepp
4. Text- und Diskursanalyse: Medienprodukte in ihren Kontexten
Zusammenfassung
Die ‚semiotische Basis‘ (Kap. 2.1) der Cultural Studies bedingt, dass in den medienanalytischen Arbeiten dieses Projekts mit einem ‚weiten‘ Textbegriff operiert wird. Wie bereits herausgestellt, bezeichnet innerhalb der Cultural Studies der Ausdruck ‚Text‘ nicht nur Geschriebenes und Gedrucktes, sondern generell jedes kommunikative Produkt (Fernseh- und Radiosendungen oder Filme) in seiner Gesamtheit, einschließlich sprachlicher und weiterer audiovisueller Komponenten. Dies führt dazu, dass in einzelnen Medienstudien der Cultural Studies die Ausdrücke ‚Medientext‘ und ‚Medienprodukt‘ synonym gebraucht werden - eine Verwendungsweise, wie sie auch in Teilen der Semiotik und Linguistik durchaus üblich ist.
Andreas Hepp
5. Aneignungsforschung: Soziokulturelle Lage und Ethnografie
Zusammenfassung
Die Medienanalysen der Cultural Studies sind in den letzten Jahren international und im deutschen Sprachraum insbesondere durch die im Rahmen dieses Ansatzes entstandenen Rezeptionsstudien bekannt geworden. Nicht zuletzt aus diesem Grund, aber auch aufgrund der Vielschichtigkeit der Rezeptionsforschung der Cultural Studies möchte ich diesen Studien ein separates Kapitel widmen. Charakteristisch für die Forschung der Cultural Studies in diesem Bereich ist, dass sie sich am ehesten als Aneignungsforschung begreifen lässt (zum Begriff der Aneignungspraktik vgl. Kap. 2.5 sowie Hepp 1998: 33-45; Hepp 2005, zur weiteren Diskussion Hasebrink 2003 und Krönert 2009). Gemeinsam ist den verschiedenen Studien der Cultural Studies in diesem Feld, dass sie davon ausgehen, dass die Nutzung von Medien kein Prozess der ‚Übernahme‘ von oder ‚Assimilation‘ an bestimmte Medieninhalte ist - wie es traditionell mit dem Ausdruck Rezeption gefasst wird -, sondern ein Vorgang des ‚Sich-Zu-EigenMachens‘ der Medieninhalte. Dieser Prozess ist nicht mit eindimensionalen Wirkungskonzepten wie dem des ‚Stimulus-Response-Ansatzes‘ beschreibbar, ebenso wenig aber mit aktivistischen Konzepten von ‚Gratifikation‘. Vielmehr handelt es sich bei dieser Aneignung von Medieninhalten um einen Vermittlungsprozess zwischen den in spezifischen Diskursen lokalisierten Medieninhalten einerseits und den ebenfalls diskursiv vermittelten, alltagsweltlichen Lebenszusammenhängen der Nutzerinnen und Nutzer andererseits. Zwar ist es sinnvoll, von Rezeption im Sinne von Lesen, (Fern-)Sehen oder Hören in Abgrenzung zum weiteren Gebrauch von Medienprodukten (beispielsweise den Gesprächen über diese) zu sprechen, jedoch ist damit im Sinne der Cultural Studies eine spezifische Form der Aneignung selbst gemeint, indem bereits die Rezeption keine ‚Übernahme‘ von Inhalten darstellt, sondern umfassend alltagsweltlich lokalisiert ist.
Andreas Hepp
6. Ausblick: Perspektiven von Cultural Studies und Medienanalyse
Zusammenfassung
In den Kapiteln dieses Buchs wurde umfassend der medienanalytische Ansatz der Cultural Studies dargelegt. Es ging um eine Vorstellung der Grundbegriffe der Cultural Studies, um einen historischen Abriss ihrer Entwicklung, um die Medienproduktions-, Produkt- und Inhaltsforschung der Cultural Studies, sowie um deren Rezeptions- und Aneignungsforschung. Das Ziel war dabei, entlang von exemplarisch ausgewählten Studien ein möglichst differenziertes und dennoch gut nachvollziehbares Bild des medienanalytischen Ansatzes der Cultural Studies zu zeichnen. Am Ende dieses Unterfangens stellt sich zwangsläufig die Frage nach den Perspektiven einer solchen Medienforschung.
Andreas Hepp
Backmatter
Metadaten
Titel
Cultural Studies und Medienanalyse
verfasst von
Andreas Hepp
Copyright-Jahr
2010
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-531-92190-7
Print ISBN
978-3-531-15543-2
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-92190-7