2011 | OriginalPaper | Buchkapitel
Im Dialog mit den Daten das eigene Erzählen der Geschichte finden: Über die Kodierverfahren der Grounded-Theory-Methodologie
verfasst von : Charles Berg, Marianne Milmeister
Erschienen in: Grounded Theory Reader
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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Die Unterscheidung von qualitativen und quantitativen Verfahren gehört heute zum Grundbestand sozialwissenschaftlicher Methodenlehre. Bemüht werden dabei die unterschiedliche Datenqualität und – aufseiten qualitativer Sozialforschung – die größere Nähe zur subjektiven Erfahrung und zur sozialen Lebenswelt, die Präferenz für natürliche, weniger artifizielle Erhebungssituationen, die stärkere Kontextualisierung und die deutliche Orientierung an alltagsweltlichen Handlungs- und Sinnzusammenhängen (z. B. Breuer 2000; Mruck & Mey 2005). Mehr oder minder unausgesprochen wird dabei unterstellt, dass sich die aufgelisteten Attribute zu einem paradigmatischen Muster zusammenfügen, das eine dichotome Gegenüberstellung der „Natur“ (vgl. Bryman 2008, S.139 und 365) von quantitativer und qualitativer Forschung erlaubt. Nathaniel Gage (1989) spricht gar von „Paradigmenkriegen“. Was sich bezogen auf Epistemologie und Methodologie eher plausibel anhört, erweist sich in der praktischen Forschungsarbeit als kaum brauchbar. Hier ist es meist wichtig, zu strikte oder zu simple Polarisierungen zu vermeiden. Martyn Hammersley (1992, S.80: vgl. auch Hülst 2010, S.283) hat zurecht darauf hingewiesen, dass sich die lehrbuchhafte Opposition von quantitativem und qualitativem „Paradigma“ oft auf ein Bündel unabhängiger Dimensionen bezieht, d. h. ein Forschungsdesign kann z. B. mit quantitativen Daten arbeiten und dennoch in der Interpretation die Nähe zur lebensweltlichen Erfahrung suchen. Das Vorhandensein eines methodologischen Attributs impliziert also nicht notwendigerweise auch das der übrigen Kennzeichen. Dabei lässt die zunehmende Verbreitung qualitativer Sozialforschung die These einer Paradigmendichotomie immer unwahrscheinlicher erscheinen, und allmählich wird die Kluft zwischen quantitativem und qualitativem Arbeiten zumindest partiell überwunden (vgl. Bryman 2008, S.587 it.).